2. Ziel und Fragestellung

Es ist bekannt, daß die Inaktivierung des RB1-Gens an der Enstehung vieler Osteosarkome beteiligt ist (Friend et al. 1986, Benedict et al. 1988, Scholz et al. 1992, Wadayama 1994). Ein Verlust des RB1-Gens korrelierte darüber hinaus mit einem ungünstigen Ausgang der Erkrankung (Wadayama et al. 1994, Feugeas et al. 1996).

Hypermethylierte "CpG-rich-islands", die in der Promoterregion des RB1-Gens liegen, sind eine mögliche Ursache für dessen Inaktivierung in Retinoblastomen (Sakai et al. 1991, Greger et al. 1994, Stirzacker et al. 1997, Ohtani-Fujita 1997).

Da bis heute ausschließlich Retinoblastome in bezug auf Hypermethylierung des RB1-Gens untersucht wurden, soll in dieser Arbeit geprüft werden, ob regulatorische Sequenzen des RB1-Gens auch in Osteosarkomen hypermethyliert sind und dadurch das Gen inaktivieren. Dafür wurde DNA aus 3 Osteosarkomzellinien sowie DNA von 27 Patienten untersucht.

Alle bisher entdeckten Hypermethylierungen des RB1-Gens wurden durch methylierungssensitive Restriktionsenzyme und anschließendes Southern Blotting entdeckt (Bird and Southern 1978, Sakai et al. 1991, Greger et al. 1994).

Daher soll in dieser Arbeit folgendermaßen vorgegangen werden (s. genauer unter 3.2. Methoden):

a) Aus dem großen, ca. 180 kb und 27 Exons langen RB1-Gen soll mit Hilfe des Restriktionsenzyms SacI ein 6,1-kb-Fragment herausgeschnitten werden, in dem die CpG-Inseln des Gens liegen und das den Promoterbereich und Exon 1 beinhaltet.

b) Anschließend soll diese DNA zusätzlich mit zwei methylierungssensitiven Restriktionsenzymen inkubiert werden, nämlich jeweils einmal mit SacII und einmal mit SmaI. Das Prinzip dieser methylierungssensitiven Restriktionsenzyme besteht darin, daß sie ihre Schnittstellen nur in nichtmethyliertem Zustand erkennen und schneiden ( Erkennungssequenz SacII: CCGCGG, SmaI: CCCGGG), während sie in methyliertem Zustand keine Wirkung haben. Man erwartet also, daß in nichtmethyliertem Zustand das SacI-Bruchstück durch anschließenden Verdau mit SacII bzw. SmaI in mehrere kleinere Fragmente geschnitten wird. Sollten diese DNA-Sequenzen jedoch methyliert sein, könnten die methylierungssensitiven Enzyme SacII und SmaI nicht schneiden und das SacI-Fragment bliebe unverändert.

c) Die Fragmente werden durch Elektrophorese getrennt und durch Southern Blotting auf eine Nylonmembran übertragen (Southern 1975).

d) Anschließend werden sie mit der radioaktiv markierten RB1-Gensonde p123 hybridisiert (Feinberg and Vogelstein 1983). Diese Probe p123 ist 923 bp lang und umfaßt die CpG-Inseln des RB1-Gens inklusive Promoterregion und Exon 1 (Dryja et al. 1984). Ein weiteres Anliegen dieser Arbeit war es, diese Gensonde selbst aufzuamplifizieren, so daß sie jederzeit verfügbar ist.

e) Als Negativkontrolle dient Placenta-DNA, als Positivkontrolle wird ein aus einem sporadischen Retinoblastom stammendes methyliertes RB1-Gen benutzt. Sowohl die Negativ- als auch die Positivkontrolle werden mit den jeweils gleichen methylierungssensitiven Restriktionsenzymen inkubiert.

Abb.8 zeigt noch einmal schematisch das RB1-Gen mit seinen 27 Exons, das SacI-Fragment und die Genprobe p123, die die Promoterregion und Exon 1 umschließt, sowie die jeweiligen Schnittstellen der Restriktionsenzyme SacI, SacII und SmaI.

Abb.8 Retinoblastom-Gen und Gensonde p123 mit Schnittstellen der Restriktionsenzyme

a) Retinoblastom-Gen mit seinen 27 Exons
b) SacI-Fragment mit Schnittstellen der methylierungssensitiven Restriktionsenzyme SacII und SmaI sowie Gensonde p123
 

In Abb.9 ist die Sequenz des RB-Gens zu sehen, die von der Gensonde p123 erfaßt wird.
 

5`-Ende

CCCAAAAGGC CAGCAAGTGT CTAACATTTT CTATCTTCTA

AGTGACTGGT AAAGTTCCGC ACCTATCAGC GCTCCAAGTT

TGTTTTTGTT TTGGCCGACT TGCAAAACG GATTGGGCGG

GATGAGAGGT GGGGGGCGCC GCCAAGGAGG GAGAGTGGCG

CTCCCGCCGA GGGTGCACTA GCCAGATATT CCCTGCGGGG

CCCGAGAGTC TTCCCTATCA GACCCCGGGA TAGGGATGAG

GCCCACAGTC ACCCACCAGA CTCTTTGTAT AGCCCCGTTA

AGTGCACCCC GGCCTGGAGG GGGTGGTTCT GGGTAGAAGC

ACGTCCGGGC CGCGCCGGAT GCCTCCTGGA AGGCGCCTGG

ACCCACGCCA GGTTTCCCAG TTTAATTCCT CATGACTTAG

CGTCCCAGCC CGCGCACCGA CCAGCGCCCC AGTTCCCCAC

AGACGCCGGC GGGCCCGGGA GCCTCGCGGA CGTGACGCCG

CGGGCGGAAG TGACGTTTTC CCGCGGTTGGACGCGGCGCT

CAGTTGCCGG GCGGGGGAGG GCGCGTCCGG TTTTTCTCAG

GGGACGTTGA AATTATTTTT GTAACGGGAG TCGGGAGAGG

ACGGGGCGTG CCCCGACGTG CGCGCGCGTC GTCCTCCCCG

GCGCTCCTCC ACAGCTCGCT GGCTCCCGCC GCGGAAAGGC

GTCATGCCGC CCAAAACCCC CCGAAAAACG GCCGCCACCG

CCGCCGCTGC CGCCGCGGAA CCCCCGGCAC CGCCGCCGCC

GCCCCCTCCT GAGGAGGACC CAGAGCAGGA CAGCGGCCCG

GAGGACCTGC CTCTCGTCAG GTGAGCGAGC AGAGCCGCCG

TCGCCTCACG CGGGAAGGGC GCCCCGGGTG TGCGTAGGGC

GGGCGCAAGG CGGCTCGGCG GGGACCCGTC CTCGCCAGGG

GCCG 3`-Ende

Abb.9: Sequenz des RB-Gens, die von p123 erfaßt wird
Die Restriktionsstellen für das Enzym SacII sind hervorgehoben, diejenigen für das Enzym SmaI kursiv gedruckt.

Die Fälle mit hypermethyliertem RB-Gen sollten in Bezug zu anderen Parametern gesetzt werden wie weitere Genveränderungen, Histologie des Tumors oder klinischer Verauf. Sollte tatsächlich Hypermethylierung des RB-Gens ursächlich an der Entstehung von Osteosarkomen beteiligt sein, könnten sich langfristig neue Perspektiven für die Therapie ergeben, da mit 5-aza-Cytidin ein potentiell demethylierender Wirkstoff zur Verügung steht. Diese Zusammenhänge wurden ausführlich unter 1.4 beschrieben.