5.4 Zeitlicher Verlauf ausgewählter Aerosolkomponenten
Im Hinblick auf die in Kapitel 5.2.2. geschilderte Problematik des Aufbaus des Aerosolsammlers bei der Meßkampagne JFJ91 soll hier nur auf den Konzentrationsverlauf der partikulären Aerosolbestandteile NH4+, NO3- und SO42- sowie auf HNO3 (mit ADS bestimmt) eingegangen werden.
Abb. 17: Zeitlicher Verlauf der Konzentrationen einiger wasserlöslicher Aerosolkomponenten am Jungfraujoch, 17.1.-18.2.91.
Vom 15.1. - 4.2.91 wurde das Jungfraujoch von sehr reinen Luftmassen angeströmt. Die Radiosondierungen von Payerne (Wetterberichte der Schweizer Meteorologischen Anstalt Zürich) zeigen für diesen Zeitraum das Auftreten einer Inversionsschicht in ca. 2 km Höhe. Dadurch findet kein Transport der bodennahen, schadstoffbelasteten Luftmassen hinauf zum Jungfraujoch statt.
Im Zeitraum vom 5. bis zum 17.2. traten zwei peakförmige Belastungsspitzen auf, die durch ein Minimum am 9.2. getrennt waren. Die HNO3-, NH4+- und SO42--Konzentrationen erreichten am 13.2. ihren Höchstwert, bei Ca2+, das in gröberen Partikeln enthalten ist, trat das Maximum erst zwei Tage später auf. In dieser Zeit war die Inversionsschicht nicht vorhanden, so daß schadstoffbelastete Luft bis auf die Höhe des Jungfraujoch aufsteigen konnte. In dieser Zeit erfolgte die Anströmung aus Richtung Nord bis West. Da im betrachteten Zeitraum ein Tiefdruckgebiet über Mitteleuropa lag, kommen als Quelle der hohen Schadstoffbelastung z.B. Industriegebiete in Oberitalien oder der ehemaligen CSSR in Frage.
Tab.11: Mittelwerte
der Konzentrationen in [ng/m³] einiger Aerosolkomponenten am
Jungfraujoch, 17.1.-16.2.91 sowie Mittelwerte für die Zeiträume
15.1.-4.2.91 und |
|||
Spezies |
Mittel |
Mittel 15.1.-4.2. |
Mittel 5.-15.2. |
HNO3# |
87 |
57 |
120 |
NO3- |
40 |
7 |
151 |
SO42- |
326 |
49 |
686 |
NH4+ |
99 |
28 |
235 |
Na+ |
7 |
3 |
15 |
K+ |
13 |
5 |
27 |
Ca2+ |
61 |
16 |
137 |
#: ADS-Daten |
In Tab.11 wird eine Übersicht der Konzentrationsmittelwerte, sowohl für die gesamte Meßkampagne, als auch getrennt für die Reinluftphase (20 Proben) bis zum 4.2. und die Phase mit belasteter Luft (11 Proben) im Anschluß daran gegeben. Bei den partikulären Spezies ist der Unterschied zwischen beiden Phasen noch stärker ausgeprägt als bei HNO3. In Kap. 5.4.4 werden die JFJ91-Daten mit Literaturdaten anderer Stationen im Alpenraum verglichen.
Es wurden 54 Probenahmen mit dem ADS durchgeführt. Sieben davon konnten nicht für die Auswertung herangezogen werden, da sich Schnee im ADS angesammelt hatte und dadurch die Partikel/Gas-Trennung nicht möglich war. Bei 10 Probenahmen fiel zumindest zeitweise Schnee. Ein Übersicht über die Mittelwerte der Aerosolkonzentrationen gibt Tab. 12, der zeitliche Verlauf ist in Abb.18 dargestellt. Die Summe der wasserlöslichen Salze wurde aus den Daten des PTFE-Filters berechnet.
Fünf Werte für Na+ wurden von der Auswertung ausgeschlossen, da Na+ bei diesen Proben mehr als 50% zu der Kationenäquivalentkonzentration beisteuerte, was auf eine Kontamination des PTFE-Filters durch NaF aus der Denuderbeschichtung hindeutete. Bei den anderen Proben ist eine Kontamination zwar auch nicht auszuschließen, sie ist aber keinesfalls so gravierend.
Abb. 18.: Zeitlicher Verlauf der Konzentrationen einiger Aerosolkomponenten am Jungfraujoch, 26.4.-30.5.92
Die beobachteten Aerosolkonzentrationen werden nicht nur durch Ferntransporte, sondern auch durch lokale Quellen beeinflußt. Die Epiphaniometerdaten zeigen für den Zeitraum der Meßkampagne den Aufstieg von Luftmassen aus dem Tal am späten Nachmittag. Inversionsschichten traten nur an einigen Tagen in den Nachtstunden auf, was sich an den Radiosondierungen aus Payerne ablesen läßt.
Die Feinstaubkomponenten NH4+, NO3- und SO42- zeigten einen parallelen zeitlichen Verlauf. Ein erstes Konzentrationsmaximum trat am 28.4. bei Westwind auf. Bei Wind aus N bis NO, der auf W bis NW drehte, konnten vom 3.-14.5. niedrige bis mittlere Konzentrationen beobachtet werden. Am 12.5. sanken die Konzentrationen dieser drei Spezies nach Schneefall bis in den Bereich der Nachweisgrenzen, um danach bis zum 18.5. (N/NO-Wind) stark anzusteigen. Vom 20.5. an setzte wiederholt Schneefall ein bei S- bis SW-Wind. In dieser Zeit stiegen die Konzentrationen wieder an.
Die NH3- und HNO3-Konzentrationen zeigten eine geringere Variationsbreite. Teilweise ergab sich ein gegenläufiger Verlauf, da durch das NH4NO3-Dissoziationsgleichgewicht eine Obergrenze für die Summe der Konzentrationen der beiden Gase gegeben ist. Dies gilt allerdings nur, wenn sich ein Gleichgewicht einstellen kann, was z.B. bei fortlaufender Auswaschung durch Schneeflocken nicht der Fall ist.
Calcium als Grobstaubelement zeigt ein von den Feinstaubkomponenten abweichendes Verhaltensmuster. Bei der Probenaufarbeitung wurde das wäßrige Filtereluat erst vor der F-AAS-Messung mit HNO3 angesäuert. Auf diese Art wird hier nur der wasserlösliche Calcium-Anteil im Aerosol erfaßt. Die Gesamt-Ca-Bestimmung erfolgte zusammen mit den Schwermetallbestimmmungen. Kalium verhielt sich im Konzentrationsverlauf ähnlich wie Ca. Auch hier wurde auf den Backup-Filtern nur der wasserlösliche Anteil erfaßt.
Eine Einteilung der Proben nach der vorherrschenden Windrichtung während der Probenahme (anhand der 500 HPa-Höhenwetterkarten abgeschätzt) ergab 17 Fälle bei NO/O-Wind, 21 bei SW/W-Wind und 6 bei NW/N-Wind. Um eine zu starke Zersplitterung des Datensatzes zu vermeiden, wurden Gruppen mit ähnlicher Herkunft und gleicher lokaler Windrichtung zusammengefaßt. Bei 2 Proben war keine Zuordnung möglich, da die Windrichtung nahe dem Mittelpunkt eines Tiefdruckwirbels nicht aus der Karte zu entnehmen war. Von den 10 Schneefallereignissen fanden 7 bei SO-wind, 2 bei NW-Wind und 1 bei wechselnden Windrichtungen statt.
Tab.12: Mittelwerte der Aerosolkonzentrationen in ng/m³ einiger Spezies am Jungfraujoch 26.4.-30.5.92. für alle Proben sowie getrennt nach Schneefall und Hauptwindrichtung. |
||||||||
Spezies |
Mittel |
Schneefall |
Wind |
|||||
ohne |
mit |
NO/O |
SW/W |
NW/N |
||||
Anzahl |
47 |
37 |
10 |
17 |
21 |
6 |
||
HNO3 |
185 |
189 |
157 |
182 |
194 |
152 |
||
NH3 |
124 |
127 |
114 |
134 |
132 |
75 |
||
Cl- |
34 |
38 |
23 |
49 |
28 |
32 |
||
NO3- |
191 |
221 |
79 |
365 |
97 |
103 |
||
SO42- |
1140 |
1197 |
927 |
1380 |
1070 |
1001 |
||
NH4+ |
349 |
389 |
199 |
552 |
256 |
194 |
||
K+ |
20 |
21 |
16 |
31 |
15 |
11 |
||
Ca2+ |
159 |
170 |
119 |
220 |
129 |
146 |
||
Na+ |
51 |
51* |
55* |
47 |
55 |
75 |
||
S wasserlösliche Salze |
1939 |
2085 |
1398 |
2643 |
1636 |
1562 |
||
* basiert nur auf 6 Werten, siehe Text |
Die Mittelwerte der Konzentrationen waren aufgrund der Auswaschungseffekte bei Schneefall niedriger. Aufgrund der hohen Ausfallrate von Probenahmen während der Schneefallereignisse sind diese Unterschiede hier jedoch nur qualitativ zu betrachten. Die Unterschiede erwiesen sich als statistisch nicht signifikant.
Bei Wind aus N/NO waren die
Konzentrationsmittelwerte am höchsten, während sie bei den
Proben der beiden anderen Windrichtungen annähernd gleich groß
sind. Mit einem
t-Test (BRONSTEIN 1981) wurde überprüft, ob die Mittelwerte der
Windrichtungen mit 95 %iger Wahrscheinlichkeit voneinander verschieden
waren. Signifikante Unterschiede wurden dabei nicht gefunden. Mögliche
Quellgebiete für in Luftmassen aus N und NO enthaltene Spezies sind
z.B. Süddeutschland, Polen und die ehemalige CSSR. Dort freigesetzte
Stick- und Schwefeloxide reagieren während des Transports
zumindestens teilweise zu Nitraten und Sulfaten.
Vom 20.10. - 15.11.93 wurden 55 Probenahmen mit dem ADS durchgeführt, von denen 11 aufgrund des Eindringens von Schnee oder Verreifung nicht mit in die Auswertung einbezogen wurden. Es blieben 44 Datensätze, wovon 12 bei Schneefällen gemessen wurden.
Die Mittelwerte der Konzentrationen der wasserlöslichen Aerosolkomponenten sowie von HNO3 und NH3 sind in Tab. 13 aufgeführt. Eine offensichtliche Na+-Kontamination durch NaF aus den ADS-Rohren trat bei 5 Proben auf, diese wurden von der Auswertung ausgeschlossen.
Tab.13: Konzentrationsmittelwerte in [ng/m³] von Aerosolkomponenten am Jungfraujoch, Meßkampagne JFJ93, 20.10.-14.11.93. |
|||||||
Spezies |
alle |
Schneefall |
Wind |
||||
ohne |
mit |
NO/O |
SO/S |
SW/W |
NW/N |
||
HNO3 |
105 |
119 |
69 |
134 |
76 |
60 |
156 |
NH3 |
21 |
26 |
9 |
14 |
23 |
21 |
27 |
NO3- |
8 |
10 |
4 |
8 |
5 |
9 |
6 |
SO42- |
152 |
184 |
67 |
264 |
48 |
132 |
203 |
NH4+ |
43 |
44 |
39 |
32 |
29 |
66 |
51 |
Na+ |
18 |
13 |
34 |
24 |
16 |
23 |
12 |
K+ |
6 |
6 |
5 |
5 |
5 |
11 |
7 |
Ca2+ |
45 |
47 |
40 |
37 |
40 |
59 |
47 |
Mg2+ |
5 |
6 |
5 |
6 |
5 |
6 |
4 |
S wasserlösliche Salze |
312 |
340 |
236 |
368 |
148 |
302 |
329 |
Im Gegensatz zur Meßkampagne JFJ92 waren hier die HNO3--Konzentrationen deutlich höher als die NH3-Konzentrationen, die zum Teil unter der Bestimmungsgrenze von 10 ng/m³ lagen. Die NO3-Konzentrationen waren ebenfalls oft unter der Grenze von
3 ng/m³. Aufgrund der hohen SO42-- und der niedrigen NH4+-Konzentrationen liegt die Vermutung nahe, daß NH4HSO4 oder (NH4)H3 (SO4)2 in der Partikelphase vorliegen.
Abb.19.: Zeitlicher Verlauf der Konzentrationen einiger wasserlöslicher Aerosolkomponenten am Jungfraujoch, 20.10.-13.11.93
Bei der Aufteilung der Datensätze der einzelnen Probenahmen hinsichtlich der Windrichtung (nach der Höhenwetterkarte) ist keine Bevorzugung eines Sektors bei den größten oder kleinsten Konzentrationsmittelwerten zu erkennen (Tab.13).
Die Konzentrationen in den bei Schneefall gesammelten Proben waren im Mittel niedriger als bei den Proben ohne Schnee. Dieser Effekt wurde auch bei der Meßkampagne JFJ92 beobachtet. Nur das Verhalten von Na weicht von diesem Schema ab. Die Ursache dafür ist eine Kontamination des Filters mit NaF.
Vom 25.10. bis zum 30.10. waren die Konzentrationen der wasserlöslichen Aerosolbestandteile bei Wind aus Ost bis Süd erhöht. Die Konzentrationsmaxima von HNO3- und SO42- traten zu Beginn dieses Zeitraums, der Ca2+-Peak trat erst am 28.10. auf. Eine Inversionsschicht trennte vom 28.10. bis zum 5.11. das Jungfraujoch von den niedriger gelegenen Schadstoffquellen (Radiosondierung Payerne). Am 3.11. trat ein Konzentrationsmaximum nur für Ca2+ auf. Vom 8. bis zum 15.11. zeigten die Konzentrationen größere Schwankungen. In dieser Zeit fiel mehrfach Schnee, der Wind kam aus Nordwest. Unter Tiefdruckeinfluß wurde keine Inversionsschicht mehr ausgebildet, es fand eine gute Durchmischung der Luftschichten statt.