Zusammenfassung der Dissertation von V. Beckmann
Zusammenfassung
Die Entwicklung und Natur der AGN ist nach wie vor eine ungelöste Frage der Astrophysik. Während große und vollständige Sammlungen von Quasaren verfügbar sind, sind vollständige Sammlungen von speziellen AGN-Klassen selten. In dieser Arbeit präsentiere ich zwei neue AGN Sammlungen. Die HRX-BL Lac Suche basiert auf 223 BL Lac Kandidaten aus einer Korrelation von Radio- und Röntgenquellen. Die Identifikation dieser Kandidaten ist zu 98% abgeschlossen. 77 Objekte konnten als BL Lacertae Galaxien identifiziert werden und bilden die vollständige HRX-BL Lac Sammlung, die größte homogene Sammlung dieser Art. Für 62 Objekte (81%) dieser Sammlung ist die Rotverschiebung bekannt. Insgesamt wurden in der erweiterten HRX-BL Lac Suche 101 BL Lac gefunden, wovon bei 84 die Rotverschiebung bekannt ist.
Im Rahmen der BL Lac Suche wurden außerdem mehrere pekuliare Objekte entdeckt und untersucht. 1ES 1517+656 ist der hellste bisher bekannte BL Lac im Universum ist. 1ES 0927+500 könnte der erste BL Lac sein, bei dem sich eine Emissionslinie im Röntgenbereich nachweisen lässt. RX J1211+2242 ist wahrscheinlich das Gegenstück zu der bisher unidentifizierten Gammaquelle 3EG J1212+2304. Weiterhin wurden sieben Kandidaten für BL Lac Objekte mit extrem hohen Peak Frequenzen gefunden.
Die Objekte RX J1054+3855 und RX J1153+3517 sind entweder sehr seltene röntgenhelle Quasare, oder aber akkretierende Doppelsterne mit starken Magnetfeldern.
Für die BL Lac Objekte schlage ich ein vereinheitlichendes Modell vor, in dem große elliptische Galaxien, die durch Verschmelzung von Spiralgalaxien bei z > 2 gebildet wurden, als leuchtkräftige, radiodominierte BL Lac Objekte beginnen. Wenn der Materiestrom aus dem AGN energieärmer wird, so wird der BL Lac stärker röntgendominiert und leuchtärmer (bei z < 1). Dieser Effekt äußert sich in unterschiedlichem Entwicklungsverhalten von BL Lac Objekten mit hohen und niedrigen Peak Frequenzen (HBL und LBL). Gestützt wird dieses Modell durch theoretische Arbeiten zur Energieentwicklung von der relevanten Prozesse.
Weiterhin schlage ich eine Ausweitung der BL Lac Definition hin zu Objekten mit Kalzium-Kanten bis zu 40% vor, finde für HBL allerdings keinen Hinweis auf deutliche Emissionslinien.
Die Seyfert II Suche auf der südlichen Hemisphäre ergab eine Sammlung von 29 Galaxien von denen 22 eine vollständige Sammlung bilden. Die hierfür entwickelte Suchmethode ermöglicht die Selektion von Seyfert II Kandidaten mit einer Erfolgsrate von ~40%. Werden die Gesamthelligkeiten der Objekte untersucht, so finden sich drei- bis viermal mehr Seyfert II als Seyfert I. Der Vergleich der Kernhelligkeiten ergibt jedoch, dass die Seyfert I Galaxien doppelt so häufig sind wie die Seyfert II Objekte. Die erstellte Kernleuchtkraft ist die erste ihrer Art. So kann erstmals die Anzahl von Typ 2 AGN abgeschätzt werden und die Leuchtkraftfunktion lässt den Schluss zu, dass eventuell keine absorbierten AGN mit einer absoluten Helligkeit von MV < -28 mag im Universum existieren.
Bei 25 % der Seyfert II Galaxien finden sich Hinweise auf Verschmelzungsprozesse.
In Zusammenarbeit mit Roberto Della Ceca zeige ich, dass es möglich ist Typ 2 AGN aufgrund ihrer "harten" Röntgenstrahlung zu finden. Ich präsentiere hier einen so gefunden Typ 2 AGN.
Diese Arbeit kann als Basis dienen, um im Universum nach seltenen Objekten wie BL Lac und Seyfert II Galaxien bei hohen Rotverschiebungen zu suchen. Dies könnte die Frage klären, ob BL Lac Objekte bereits bei Rotverschiebungen z >> 1 und Typ II Quasare exisitieren. So schlage ich mehrere Vorgehensnweisen vor, um hochrotverschobene BL Lac Objekte und Seyfert II Galaxien zu finden.
Insgesamt erscheint das AGN Phänomen stark an Verschmelzungs- und Wechselwirkungsprozesse der Muttergalaxien gebunden zu sein. Während bei BL Lac Galaxien die Verschmelzungsphase vor der Existenz des BL Lac stattgefunden hat, ist die Seyfert II Aktivität durch Verschmelzungsprozesse gesteuert. Die Rolle der Sternentstehungsrate in Bezug auf die Aktivität der zentralen AGN Quelle bleibt allerdings weiterhin rätselhaft.

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