|
3.3.1 Beschreibung der ersten Kontaktaufnahme mit den Expertinnen- und Experten |
Die erste Phase 1993 war aus mehreren Gründen schwierig und kompliziert, wegen der Bedingungen in beiden Ländern, der Entfernung zwischen ihnen, der Komplexität des Mathematikunterrichts und des auf internationalen Erfahrungen sowohl der venezolanischen als auch der nicaraguanischen Expertinnen und Experten fußenden speziellen Interesses der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Kooperationsgesprächen im Bereich des Mathematikunterrichts mit der Universität Hamburg. Da diese Phase besonders wichtig für die Planung, Organisation und Umsetzung des Forschungsprozesses ist, sollen im folgenden die Vorbereitungsarbeiten für die Untersuchung auf der Grundlage der PAF an beiden Orten detailliert dargestellt werden.
3.3.1.1 Tätigkeiten in Venezuela in der Zeit vom 30. Juli bis 21. September 1993 im Rahmen dieser Studie |
Eine Phase der Dissertation war die empirische Untersuchung der Situation des Mathematikunterrichts sowohl in Venezuela als auch in Nicaragua. Das heißt, daß in diesen beiden Ländern ein direkter Kontakt mit der pädagogischen Realität hergestellt werden mußte, um über andere Ansätze für den Mathematikunterricht nachzudenken. Ferner ist zu berücksichtigen, daß es für die Arbeit auch sehr wichtig war, die Kommunikation mit den Lehrenden an den verschiedenen pädagogischen Fakultäten in beiden Ländern weiterzuentwickeln. Besonders wichtig war es zu ergründen, inwieweit sich in Venezuela und Nicaragua die Auseinandersetzungen über Ideen der Mathematikdidaktik sowohl in der Literatur als auch in der Diskussion der Lehrerinnen und Lehrer widerspiegeln. Das bedeutet, daß der Arbeit der Literatursammlung und den Gesprächen mit den Betroffenen und Expertinnen und Experten eine besondere Bedeutung zukam.
Diese fast drei Monate des Jahres 1993 bestanden deshalb aus einer ständigen Kommunikation mit den folgenden Schulinstitutionen:
3.3.1.2 Tätigkeiten in Nicaragua (UNAN-León) in der Zeit vom 30. Juli bis 21. September 1993 im Rahmen dieser Studie |
Im folgenden soll ein kurzer Bericht über die Aktivitäten an der Partneruniversität in Nicaragua vom 09. August bis 02. September 1993 gegeben werden, weil ein Teil dieser Dissertation die Situation des Mathematikunterrichtes an der Pädagogischen Fakultät in León behandelt.
Folgende wissenschaftliche Einrichtungen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wurden besucht:
Leitung der UNAN-Internationale Beziehungen: Lic. Rodolfo Mairena, Verantwortlicher für internationale Beziehungen und Öffentlichkeitsarbeit.
Erziehungswissenschaftlicher Fachbereich und Preparatoria (Abitur in drei Jahren): Lic. Marcos López, Dekan, und Dra. Mercedes Avellán G., Vizedekanin.
Projektgruppe TENAL im Fach Biologie: Lizentiatinnen und Dozentinnen Martha Guído (Fachleiterin), Marlene Balmaceda, Marlene Arauz, María Teresa Sánchez, Iliana López und Claudia Calderón.
Projektgruppe TENAL im Fachbereich Mathematik: Lizentiaten und Dozentinnen Angela Flores (Fachleiterin), María Elena Rojaz, Miguel Caldera, Tomás Guído, Ronald López, Boanerges Méndez, Maritza Carrillo, Hector Flores und andere.
Gespräche mit weiteren Dozentinnen und Dozenten von anderen Fächern an der Fakultät Erziehungswissenschaft.
Lic. Beatriz Saavedra, Dozentin für Spanisch und Literatur,
Lic. Juan Torres, Dozent und Mitarbeiter im Sekretariat des erziehungswissenschaftlichen Fachbereichs und der Preparatoria,
Lic. Alma Delia, Leiterin der Bibliothek im erziehungswissenschaftlichen Fachbereich und der Preparatoria, Lic. Lyrio Reyes und weitere Dozentinnen im Fachbereich Pädagogik.
Es fand eine Überprüfung der Bücher in den Fachbereichen Pädagogik, Allgemeine Mathematik und Mathematikdidaktik in der Pädagogischen Fakultät statt. Außerhalb der Universität wurden weitere Institutionen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, so z.B. Lic. Mirna Gómez, zweite Schulleiterin der Schule "Hermanos de Salzburg" besucht, und es gab diverse Treffen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die im Rahmen der Kooperation zwischen León und Universitäten anderer Länder (z.B. die Universitäten Barcelona und Alcalá de Henares, beide in Spanien) tätig waren.
An der UNAN-León wurden mit zwei TENAL-Gruppen (Mathematik und Biologie) mehrere Treffen durchgeführt. Die Zusammenarbeit mit ihnen bestand aus verschiedenen Vorlesungen, die Basisgruppen mittels Dialog und Diskussion durchführten. Vorher war an der Universität Hamburg ein Dokument über theoretische und konzeptionelle Erziehungsideen vorbereitet worden, das dann in León diskutiert wurde. Außerdem gab es einen Austausch über verschiedene Möglichkeiten, wie das Projekt weiter zu entwickeln wäre. Es fanden im TENAL-León sechs Arbeitssitzungen im Fachbereich Biologie und acht Arbeitssitzungen im Fachbereich Mathematik statt. In allen Sitzungen wurden zusammen mit der Mathematikgruppe verschiedene Vorschläge diskutiert, die beide Universitäten in den bevorstehenden Phasen des Projektes bearbeiten könnten. Auch wurden die Probleme besprochen, mit denen die Studentinnen und Studenten im Fachbereich Mathematik normalerweise konfrontiert werden, besonders im Rahmen des Fachs Mathematikdidaktik.
Es folgt eine formlose Darstellung und Würdigung des Ablaufs und der Ergebnisse des Besuches:
Mit dem Vertreter der UNAN-Internationale Beziehungen, Lic. Rodolfo Mairena, wurden in drei Sitzungen die Aktivitäten diskutiert, die beide TENAL-Gruppen bis dahin realisiert hatten. Thema waren außerdem das Problem der Zukunft des Preparatoriaprojekts und seine Mathematiklehrpläne.
Mit den drei Vertretern der Pädagogischen Fakultät fand ein Gespräch über das TENAL-Projekt statt, die verschiedenen Probleme der Fakultät, die politische Lage und die Situation des Bildungswesens in Nicaragua, das Preparatoriaprojekt, die Integration von weiteren Gruppen ins TENAL-León, die finanziellen Probleme der Fakultät, die neuen Erziehungsideen und über weitere Themen, die sehr wichtig für die Kooperation mit der Universität Hamburg waren.
Die Dozentin Avellán nahm zweimal an den Diskussionen mit der TENAL-Biologie teil. Mit ihnen wurden sechs längere Arbeitssitzungen durchgeführt, auf denen verschiedene technische Vorbereitungen, Formalitäten und die theoretischen Auseinandersetzungen zwischen TENAL-Hamburg und León besprochen und Informationen ausgetauscht wurden. Es wurde über die nächsten Projektschritte sowie die pädagogischen und finanziellen Mittel diskutiert.
Zur selben Zeit wurde mit der TENAL-Mathematik gearbeitet. Hier standen jedoch stärker konkrete Aspekte der Erziehung und Mathematikdidaktik im Mittelpunkt, wie z. B. verschiedene Problemkomplexe, die in der Fakultät und der Preparatoria auftauchten. Die TENAL-Mathematik schlug drei wichtige Projekte vor, die sie in die Kooperation einbringen könnte: 1) ein Schulprojekt, in dem für die Studentinnen und Studenten der Fakultät ein Schulpraktikum angeboten würde; 2) die Herausgabe eines Informationsbulletins, das für das TENAL-Projekt und für die Fakultät sehr wichtig wäre. Hier könnten alle Informationen über Fragen und Probleme der Fakultät und über die Darstellung des TENAL-Projekts aufgenommen werden; und 3) die Einrichtung eines Mathematik-Labors, in welchem die Studentinnen und Studenten zwei bis drei Stunden pro Woche arbeiten sollten.
Mit den Dozentinnen Beatriz Saavedra, Angela Flores und Lyrio Reyes wurde die Lage an der Fakultät und im besonderen die Zukunft des Preparatoriaprojekts diskutiert, zu dem es in der UNAN-León viele Vorbehalte gibt. Gegenstand der Unterhaltung waren auch die Erziehungsideen, die innerhalb der Kooperation bestehen. Die Nicaraguanerinnen meinten, daß diese drei Projekte für León eine große Bedeutung hätten, wenn es möglich wäre, sie zu realisieren. Die drei Dozentinnen waren der Ansicht, daß die Preparatoria eine wichtige Einrichtung in der Stadt León sei, besonders jetzt, da viele junge Menschen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Probleme nicht mehr lernen und studieren könnten.
Es wurden 6 Magisterarbeiten der Pädagogischen Fakultät an der UNAN-León durchgearbeitet, die die Dozentinnen mit Unterstützung der Universität Barcelona unter Berücksichtigung der Aktionsforschung geschrieben hatten. Drei Arbeiten beschäftigten sich direkt mit dem Mathematikunterricht. Es waren folgende Arbeiten:
Didaktik der Geometrie von Lic. Angela Flores,
Didaktik der Analyse von Lic. Thomas Guído,
Didaktik der Statistik von Lic. Miguel Calderas,
Didaktik der spanischen Sprache in der Lehrerausbildung von Lic. Beatriz Saavedra,
Eine Einführung in den Ökologieunterricht von Lic. Claudia Calderón,
Pädagogische Probleme in verschiedenen Fächern der Fakultät von Lyrio Reyes und zwei weiteren Dozenten.
Darüber hinaus gab es mit weiteren Personen sowohl in Venezuela als auch in Nicaragua interessante Gespräche darüber, wie in der TENAL-H-L gearbeitet wird. Obwohl eine Eurozentriertheit der Erziehungsmodelle einheitlich abgelehnt wurde, befürworteten die Experten weitere Kooperationsmöglichkeiten zwischen Europa und Lateinamerika.
Ursprüngliche Intention all dieser Kontakte, Gespräche und Beobachtungen in beiden Ländern war es, im Rahmen der bestehenden und auf Venezuela erweiterten Partnerschaft zwischen der Universität Hamburg und der von León (75) eine Untersuchung zu den realen Bedingungen des Mathematik- und Biologieunterrichts einerseits und zur Entwicklung von Lerneinheiten zur Kombination beider Fächer unter dem Blickwinkel emanzipatorischer Bildung zu initiieren. Dieses Projekt konnte - vor allem aus logistischen Gründen - nicht fortgesetzt werden. (76) Die unter 3.3.1.2 beschriebenen Aktivitäten bildeten die Grundlage für die Vorbereitung der Befragung, die unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Treffen und der konkreten Vorschläge von Angela Flores in Nicaragua und von Walter Beyer in Venezuela erarbeitet wurde. Es ist hier nicht möglich, alle behandelten Themen und Meinungsäußerungen noch detaillierter zu beschreiben. Hervorgehoben werden soll jedoch, daß alle Beteiligten unabhängig von ihrer Spezialisierung aktiv mitwirkten und die Probleme des Mathematikunterrichts auf den drei Ebenen des Bildungssystems benannten, die in folgenden Aspekten zusammengefaßt werden können: interne und externe Probleme der Schulpraxis und des Mathematikunterrichts sowie Probleme im Zusammenhang mit den Lehrmethoden und den sozialen und politischen Zielen, die der Mathematikunterricht in Nicaragua und Venezuela verfolgt.
|
|
|
Endnote:
(72) Siehe eine detallierte Beschreibung über das Projekt TENAL in Neugebauer (1992) und Wagemann (1994).
(73) Siehe CENAMEC (1993).
(74) Siehe Mora (1993)
(75) Für umfangreichere Informationen zum TENAL-Projekt in Vebindung mit der Educación Popular wird die Arbeit von Wagemann (1994) empfohlen.
(76) Das TENAL-Projekt beider Universitäten wird unter Leitung von Dr. Schröder fortgesetzt, zuvor hatte Prof. Oberliesen die Arbeit sechs Jahre lang koordiniert.