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Wie bereits angemerkt, gibt es in der PAF keine eigene schematische Methode, nach der sich die Forscher zu richten hätten, bei Elliott (1986), Kemmis und McTaggart (1988), Le Boterf (1988), Bartolomé / Acosta (1992b), Mayring (1990), Huschke-Rhein (1993) oder Moser (1977 und 1995) finden sich aber Versuche einer Ausarbeitung. Sie alle folgen mehr oder weniger den von Lewin (1952) vorgeschlagenen Phasen. Auf Grund der Entfernungen zwischen den drei Ländern (Nicaragua, Venezuela und Deutschland), in denen die vorliegende Studie erarbeitet wurde, war es nicht möglich, ein Modell zu erarbeiten, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Untersuchung selbst aktiver und entscheidender Einfluß nehmen konnten. Folgende Punkte, die nach Gagel (1995, 3) Teil der Grundsätze der Aktionsforschung bei der Durchführung partizipativer Forschungsprojekte sind, wurden jedoch umgesetzt:
Moser hat im Rahmen der Diskussion der Aktionsforschung (1977, 26 und 1995, 127f) eine Methodenmatrix mit drei Säulen und drei Reihen entwickelt: "Die vertikale Dimension unterscheidet analytisch verschiedene Informationstypen: "Wissen über Tatsachen", "Wissen über singuläre Ereignisse" (Prozeßabläufe) und "Wissen über Normen und Regeln" (1995, 127). Die horizontale Dimension beschreibt die Art des Zugangs zu den interessierenden Informationen: ...(a) Die Forschenden intervenieren aus ihrem Forschungsinteresse heraus direkt im sozialen Feld. (b) Sie versuchen, Ereignisse und Handlungsvollzüge im sozialen Feld unter bestimmten Kriterien zu erfassen. (c) Es werden Aspekte und Determinanten der Umwelt eines Projektes untersucht, wobei diese Daten dann im Rahmen der Auswertung auf die Problematik des Projektes bezogen werden" (1995, 127-128). Diese Methodenmatrix entspricht in gewissem Maße den Phasen der vorliegenden Untersuchung. Die Art des Zugangs zur Information und zu den Beziehungen zwischen Betroffenen, Gegenstand und Forscher war folgender:
Im wesentlichen übereinstimmend mit den Vorschlägen der genannten Autoren für die Entwicklung des PAF-Prozesses entstand folgendes Schema, nach dem die empirische Untersuchung in Caracas und León von November 1994 bis März 1995 durchgeführt wurde. Sowohl die Informationstypen als auch die Formen, die zur Informationssammlung verwendet wurden, waren jeweils den Phasen unterworfen, denen sie zugeordnet sind. (siehe Abb. 10).
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Entsprechend dem Modell werden im folgenden die sechs Schritte des Forschungsprozesses in den drei Ländern kurz dargestellt. Die nähere Beschreibung und Analyse findet sich im Untersuchungsprozeß im Abschnitt 3.3.
Kontaktphase und Diagnostik
In beiden Ländern (Nicaragua und Venezuela) begannen (März 1993) erste informelle Gespräche in einigen Einrichtungen (UNAN-LÈON in Nicaragua und UPEL und UNA in Venezuela) sowie mit Lehrenden an Schule und Hochschule, die an einem Austauschprojekt mit der Universität Hamburg im pädagogischen Bereich und speziell zum Mathematikunterricht interessiert waren, wobei festgestellt werden konnte, daß es großes Interesse an der Herstellung von kooperativen Arbeitskontakten zu internationalen Einrichtungen gab. Kommunikation und Informationsaustausch wurden fortgesetzt, besonders mit Angela Flores (UNAN) in Nicaragua und Walter Beyer (UNA) in Venezuela. Aus diesem Kontakt erwuchsen zwei Arbeitsgruppen (Population, die am Prozeß teilnehmen würde), zu denen anfangs in Venezuela 7 und in Nicaragua 10 Personen gehörten. Hier konnte eine erste Diagnose der Realität des Mathematikunterrichts erhoben werden.
Zweite diagnostische Phase, Ausweitung der Beteiligung und erster Entwurf der Expertinnen- und Expertenbefragung
Im Anschluß an diese Vorarbeiten, während derer ständig Verbindung zu den beiden Ausbildungsstätten für Mathematiklehrerinnen und -lehrer gehalten wurde, erfolgte die Erarbeitung eines methodologischen Arbeitsvorschlags, der mit beiden Gruppen diskutiert werden sollte. Diese Gespräche fanden im Sommer 1993 in Nicaragua und Venezuela statt, dabei wurden die Ansichten über die Probleme des Mathematikunterrichts und ihre Verknüpfung mit einem Komplex von Variablen benannt, die von der Mikroebene (Lernende und Lehrende im Mathematikunterricht) über die Mittelebene (Schule und Gemeinschaft) bis zur Makroebene (Bildungs- und politisches System der Länder) reichen. Aus der zweiten Phase wurde eine präzisere Diagnose der Probleme der Beteiligten erstellt, die in drei großen Fragenkomplexen (68) zusammengefaßt werden konnten. Zugleich wurde der Rahmen der Untersuchung auf weitere Gruppen von Lehrenden an Schule und Hochschule anderer Einrichtungen und Klassenstufen erweitert. Die Ziele und Fragestellungen wurden präzisiert, und auf dieser Grundlage entstand in Zusammenarbeit mit Prof. Angela Flores in Nicaragua und Prof. Walter Beyer in Venezuela der erste Entwurf des Fragebogens. (69)
Endgültige Fassung der Expertinnen- und Expertenbefragung und Vorbereitung der Hauptphase
In Deutschland werden die Resultate der ersten beiden Phasen analysiert, die Kommunikation mit den Gruppen in beiden Ländern fortgesetzt und der Fragebogen anhand der Ziele und Fragestellungen erstellt. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Erarbeitung eines Readers, der den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der Hauptphase übergeben wird. Diese wird mit den Beteiligten in Nicaragua und Venezuela organisiert, es entsteht die Idee, über die Probleme des Mathematikunterrichts in beiden Ländern auch im Rahmen von Curriculumkonferenzen zu diskutieren.
Durchführung der Expertinnen- und Expertenbefragung und der Curriculumkonferenz
Diese wichtigste Phase des Forschungsprozesses setzte sich aus vier Teilen zusammen: (a) Fertigstellung und Druck des Readers mit Informationen über die Diskussionen zum Mathematikunterricht und zur Educación Popular; (b) Durchführung der Expertinnen- und Expertenbefragung in Nicaragua und Venezuela; (c) Planung und Organisation der Curriculumkonferenz gemeinsam mit den Lehrenden an Schule und Hochschule; (d) Durchführung der Konferenz unter Einbeziehung der Diskussionsergebnisse des Vortages. In dieser Phase wurden keine konkreten Materialien zur Auswertung durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer oder zur Umsetzung mit den Lernenden erarbeitet, da zunächst ein Prozeß der Reflexion und Diskussion erforderlich war, in dem als Pilotprojekt Grundlagen für spätere Untersuchungen nach der PAF gelegt werden sollten. Hier wurde auf der Ebene Praxis-Reflexion-Praxis mit denen gearbeitet, die in ihren Einrichtungen mit Theorie und Praxis konfrontiert sind. Sowohl in den Expertinnen- und Expertenbefragungen als auch in der Curriculumkonferenz wurden Beispiele und Erfahrungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Arbeit mit ihren Lernenden benannt.
Rückmeldung der Information
Transkription aller Informationen und Erstellung der Dokumentationen I und II, die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in beiden Ländern sowie Fachvertretern der Fakultäten und der Bildungsministerien zur Verfügung gestellt wurden.
Auswertung, Darstellung und Rückmeldung der Ergebnisse
Diese aus drei Teilen bestehende Phase folgte der aktuellen Literatur zu Methoden, die üblicherweise in den qualitativen und /oder quantitativen Modellen für die Auswertung der Resultate und ihre Präsentation verwendet werden. Im Verlauf der Phase wurden in informeller Weise Informationen über die allgemeinen Ergebnisse vermittelt, um den Kontakt und den Austausch von weiteren Informationen mit den Beteiligten der Studie beizubehalten. Nach Abschluß der Arbeiten werden alle Beteiligten in beiden Ländern die Informationen auch formell erhalten, damit über die Weiterführung in Form konkreter Projekte diskutiert werden kann.
Endnote:
(68) Diese Fragenkomplexe entsprechen den Ergebnissen, die im vierten, fünften und sechsten Kapitel der vorliegenden Arbeit dargestellt und analysiert werden. (69) Siehe 3.2.2.4.
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