7.2 Auswertung der zweiten Curriculumkonferenz in Nicaragua

Die Informationen aus der Diskussion bei dieser zweiten Curriculumkonferenz wurde in drei große Bereiche unterteilt, um ausgehend von der Analyse ein möglichst präzises Bild der von der Gruppe diskutierten Themen und der ihnen zugemessenen Bedeutung zu erhalten. Die Kategorien K1 (7.3.1) und K2 (7.3.2) sind direkt miteinander verknüpft, was sich in den Wortmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer widerspiegelte. Die neun Expertinnen und Experten der Gruppe beteiligten sich aktiv an der Diskussion. Daraus entstand eine gewisse Heterogenität der Äußerungen und Meinungen, es gab aber eine Reihe von Übereinstimmungen auf der Grundlage von Kritik und Selbstkritik, die für die Ausformung einer emanzipatorischen Konzeption des Mathematikunterrichts in der Region und für die Beispielwirkung für andere lateinamerikanische Länder von besonderer Bedeutung sind. In Abb. 48 werden die prozentualen Ergebnisse zu den drei wichtigsten Diskussionspunkten dargestellt, die zugleich die unter 5.2.2 (Der Mathematikunterricht und der Lern- und Lehrprozeß sind in Nicaragua und Venezuela undemokratisch), 5.2.3 (Wichtigste Elemente für die Förderung von Demokratie im Mathematikunterricht sind Partizipation, Aktion, Kooperation und Dialog) und 5.3.4 (Projektorientierter Mathematikunterricht) diskutierten Thesen stützen. Folgende Schlußfolgerungen lassen sich aus dem zweiten Treffen ableiten: 

 

7.2.1 Demokratisierung des Mathematikunterrichts und Demokratie im Lern- und Lehrprozeß 

Die zweite Kategorie hatte das größte Gewicht in der Diskussion (Abb. 48), was bedeutet, daß die 9 teilnehmenden Expertinnen und Experten dem Thema der Demokratisierung des Mathematikunterrichts und der Demokratie im Lern- und Lehrprozeß sehr viel Zeit und die größte Zahl von Aussagen widmeten. Dieses Thema wurde am stärksten diskutiert, es nahm mit 37% die meiste Zeit der Gruppendiskussion in Anspruch. Es wurde festgestellt, daß der Mathematikunterricht nicht demokratisch ist, sondern im Gegenteil sehr autoritär, individualistisch und vor allem elitär, und daß eine Demokratisierung in den drei Bereichen des Bildungssystems, besonders in der Grundschule, nicht nur notwendig, sondern auch möglich ist.

 

7.2.2 Partizipation, Kooperation, Gruppenarbeit, Aktion und Dialog im Mathematikunterricht

 

An zweiter Stelle steht K2, wonach Partizipation, Kooperation, Aktion und Dialog Grundbedingungen für die erwünschte Demokratisierung des Mathematikunterrichts in der Schule sind. Das Gewicht in der Diskussion liegt bei 34,3% der Aussagen mit neun aktiv beteiligten Expertinnen und Experten. Ähnlich wie zur vorangegangenen Kategorie meinen die Expertinnen und Experten, daß diese in einer demokratischen Gesellschaft notwendigen Charakteristika im Mathematikunterricht im Department León nicht präsent sind, obwohl es möglich wäre, sie umzusetzen und es sogar bereits einige Erfahrungen dazu in Schulen der Region gibt.

 

7.2.3 Projektorientierter Mathematikunterricht als eine Möglichkeit zur Demokratisierung des Mathematikunterrichts

An dritter Stelle steht mit 28,7% der Aussagen der projektorientierte Mathematikunterricht als Möglichkeit, die Demokratisierung des Mathematikunterrichts in der Region zu fördern. Es ist darauf zu verweisen, daß dies nicht die einzige Möglichkeit ist, sondern hierzu bereits praktische Erfahrungen einiger Lehrer bestehen, die allerdings nicht ausreichend systematisiert oder vom Erziehungsministerium unterstützt wurden. Sie brachten jedoch interessante Ergebnisse im Hinblick auf Partizipation, Dialog, zweiseitige Kommunikation, Gruppenverhalten und Arbeit in Gruppen. Die Expertinnen und Experten meinen außerdem, daß es konkrete Schwierigkeiten bei der Einführung eines Curriculums auf der Grundlage dieser pädagogischen Konzeption gibt, über die mit anderen Lehrenden anhand konkreter Beispiele aus den Schulen selbst diskutiert werden müßte.

 

(Abbildungsverzeichnis)

 

 

7.3 Auswertung der zweiten Curriculumkonferenz in Venezuela

Aus der Analyse der während der zweiten und letzten Curriculumkonferenz in Venezuela gesammelten Informationen ergaben sich sieben Kategorien, die im folgenden zusammengefaßt dargestellt werden (prozentuale Einordnung auf der Grundlage der Zahl der Aussagen s. Abb. 49), da die Äußerungen der Expertinnen und Experten einerseits die entsprechenden Kategorien aus der Befragung stützen und bestätigen und andererseits zum Teil, ohne den engen Bezug zum Mathematikunterricht aus den Augen zu verlieren, globalen Bildungsproblemen des Landes gewidmet waren, die für sich genommen eine gesonderte Untersuchung erfordern.

 

7.3.1 Krise des Bildungssystems, Verbindung von Politik und Unterricht und Partizipation aller Beteiligten an Verbesserungen im Bildungsbereich

These 1

K1 : Schwierigkeiten gibt es nicht nur im Mathematikunterricht, diese sind vielmehr Konsequenz der gravierenden Krise des Bildungswesens, von der der gegenwärtige Bildungsminister sagt, "das Problem des Landes ist die Bildung".

Diese These wurde von zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit 27% aller Aussagen diskutiert und belegt damit den ersten Rang in der Diskussion. Die hier angesprochene Situation ist seit Jahren auch in den Medien und in der öffentlichen Meinung präsent. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der zweiten Curriculumkonferenz vertreten die Auffassung, daß man nicht über den Mathematikunterricht sprechen kann, ohne auf die Bildungsprobleme insgesamt einzugehen, da sich ihrer Meinung nach die Bildung in der Krise befindet, was sich natürlich auf alle ihre Bereiche auswirkt. Eduardo Contreras beschreibt die venezolanische Bildungskrise folgendermaßen: 

"Lo que dijo el ministro de educación en cuanto al desastre educativo nacional está incompleto. Cuando hay un desastre hay que señalar a las causas y los culpables y él no lo ha hecho. Los culpables son todos los que han sido ministros de educación, jefes de zonas educativas, viceministros de educación. Todos aquellos que han estado trabajando en el ME sin hacer algo positivo por la educación y la enseñanza de la matemática. Todos ellos son cómplices de este gran desastre. Las roscas que se mueven en los partidos políticos y que han usado la educación para sus beneficios personales. La educación venezolana no es manejada ni por el ministro ni por las autoridades del ministerio de educación, sino por los partidos políticos. Ellos han destruido a este país y por supuesto a nuestra educación, juntamente con las roscas sindicalistas. Desde el congreso o desde la cúpula de los partidos políticos han decidido quiénes son los directores y quienes son los supervisores en nuestro sistema educativo. Normalmente son aquellos que apoyan las peores decisiones de los peores partidos políticos. No el que tenga más mérito, sino el que esté mejor conectado con el partido. Ellos son los culpables de este llamado desastre nacional" (EC).

 

K2: Die Bildung in Venezuela ist nicht demokratisch, der Mathematikunterricht ebensowenig. Eine Demokratisierung ist bei Einsatz entsprechender Mittel aber möglich.

Zu dieser zweiten Kategorie äußerten sich nur vier der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Diskussion mit 7,4% der Aussagen. Bereits mehrfach wurde darauf verwiesen, daß von Demokratie im Mathematikunterricht gegenwärtig nicht die Rede sein kann, da die mathematischen Kenntnisse von den Lehrenden aufgezwungen werden, die Lehrmethoden autoritär sind, die Kinder und Jugendlichen wegen unzureichender Leistung in bestimmten Fächern, besonders in Mathematik, direkt oder indirekt aus der Schule gedrängt werden, die Bevölkerung die Mathematik nicht nutzt, um ihre Rechte einzufordern und vor allem, da der Mathematikunterricht sich an Minderheiten orientiert. Alle diese Aspekte wurden diskutiert und die Schlußfolgerung formuliert, daß der Mathematikunterricht in Venezuela gegenwärtig antidemokratische Mechanismen begünstigt. Walter Beyer und Andrés Moya meinen, daß es notwendig ist, einen Prozeß von Gesprächen und Überlegungen zu initiieren, der kurz- und mittelfristig Veränderungen möglich macht: 

"Nosotros vemos que en general el proceso de democratización de la educación y en particular de la enseñanza de la matemática es muy complejo y muy complicado. Se requiere de alguien o algo, un ente que motorice eso. La suma de actitudes muy variadas en cuanto a la enseñanza de la matemática deben ser canalizadas a través de cierto mecanismo también democrático. Es necesario por supuesto una comunidad organizada, donde tenga cabida democráticamente todos los sectores de la población que tengan que ver con la educación matemática" (WB). 

"En primer lugar, queremos y necesitamos democratizar la enseñanza de la matemática y la matemática misma, para ello es necesario también democratizar la formación de docentes en matemática dentro de las instituciones y demás universidades nacionales. La tarea de esta comunidad ha de ser actuar como mecanismo democrático en la elaboración de los curricula de formación docente. Esto va a permitir de alguna manera, crear espacios para la democratización y espacios para la reflexión en la escuela y creemos que todo tiene que girar en la constitución de una organización nacional que agrupe a la comunidad que se encarga de enseñar matemática en función de un cambio substancial y grande del proceso de democratización de esta asignatura" (AM).

 

K3: Die Bildung einer Arbeitsgruppe wie die ASOVEMAT ist notwendig, um den Mathematikunterricht im Land zu verbessern.

Zu der dritten Kategorie äußerten sich ebenfalls vier Teilnehmerinnen und Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit 7,3 % der Aussagen. Ein großer Teil der Diskussion während der Curriculumkonferenz war darauf gerichtet, Bestrebungen und Ideen zu entwickeln, um alle einzubeziehen, die mit dem Mathematikunterricht verbunden sind. Die Gruppe war sehr heterogen, es gab Vertreter des Bildungsministeriums, von CENAMEC und Expertinnen und Experten aus der Praxis, eine sehr interessante Kombination, die eine praktische Möglichkeit offerierte, zu Partizipation, Organisation und Unterstützung der wegen des Zustandes der Bildung besorgten Lehrenden aufzurufen. Mitglieder von ASOVEMAT aus der Hauptstadtregion nahmen ebenfalls an der Konferenz teil. Sie nutzten die Gelegenheit, um die Arbeit dieser "am Anfang stehenden Gruppe für den Mathematikunterricht" zu erläutern und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Mitwirkung aufzufordern. Die zu dieser Kategorie geäußerten Meinungen ordnen sich in die Gesamtproblematik des Lernens und Lehrens im Mathematikunterricht ein. 

"Es necesario el fortalecimiento de la comunidad de profesores de matemática en los niveles de la Escuela Básica y la Educación Media Diversificada y Profesional. Consideramos que no tenemos una comunidad de educación matemática organizada. Creemos que cualquier proceso de democratización pasa por ahí. Lo poco que hay o lo más incipiente como la ASOVEMAT, las jornadas regionales y las discusiones como esta se pueden continuar y fortalecer. Es necesario un espacio para la discusión de la problemática existente en nuestro país sobre el problema de la enseñanza de la matemática. Hace falta una verdadera comunidad de educación matemática. ¿Cuáles serían las tareas de esa comunidad organizada?" (AM).

 

K4: Die vom Bildungsministerium geplanten Übereinkünfte mit den internationalen Organisationen IWF, Weltbank, Interamerikanische Entwicklungsbank und dem "Französischen Projekt" sind nicht geeignet, die Probleme des Mathematikunterrichts in Venezuela zu lösen.

An zweiter Stelle steht mit 20% die vierte Kategorie, bei der es 10 Teilnehmerinnen und Teilnehmern und unter kritischen Gesichtspunkten um die Initiativen des Bildungsministeriums zur Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie IWF, Weltbank, Interamerikanische Entwicklungsbank und "Französisches Projekt" ging, die ihrer Ansicht nach keine Lösung für die Probleme des Mathematikunterrichts in Venezuela bieten. Diese stimmten darin überein, daß das Land aus eigener Kraft seinen Weg finden muß, ohne politische Einmischung dieser internationalen Organisationen, auch wenn sie eine große Rolle bei den Entscheidungen der Regierung zur Sozial- und Wirtschaftspolitik des venezolanischen Staates spielen. 

Ein weiterer Diskussionspunkt während der zweiten Curriculumkonferenz war das Personal-Projekt, das 1991 unter dem Einfluß einer Delegation der Weltbank eingeleitet wurde, die gemeinsam mit dem Bildungsministerium eine Untersuchung des Bildungswesens in Venezuela vornahm, Schulen und andere Bildungseinrichtungen des Landes besuchte. Ergebnis war ein auch vom Bildungsministerium unterzeichnetes Dokument, in dem es heißt, "daß das Bildungssystem ein Chaos ist und daß die Pädagogischen Institute die für das Land notwendigen Lehrer unzureichend ausbilden. Daraus entstand ein Projekt zur Verbesserung der Qualität der Grundbildung, das teilweise von der Weltbank und der Interamerikanischen Entwicklungsbank mitfinanziert wurde. Eine Hälfte der Kosten trägt das Land durch einen Kredit mit sehr niedrigen Zinsen, die anderen 50% hat Venezuela aus eigenen Mitteln zu zahlen" (RB).

Das venezolanische Volk ist nicht bereit, imperialistische Anregungen für seine Bildung anzunehmen. In der lateinamerikanischen Geschichte gibt es viele Beispiele für ausländischen Interessen folgenden Einfluß, vor allem auf die Bildung. Die Versuche werden fortgesetzt, wenn auch nicht mit großem Erfolg - nicht wegen der Oberflächlichkeit oder Apathie der Venezolaner, sondern weil sie historisch gesehen keine Verbesserungen für die Bevölkerung brachten, sondern dem direkten und indirekten Eindringen transnationaler Organisationen in die Wirtschaft und damit der fortgesetzten Ausbeutung der lateinamerikanischen Völker dienten. Dieser politische Aspekt wurde während des Seminars nicht übergangen, wie Julio Mosquera ausführt: 

"En cuanto a la democratización a mí me gustaría volver a plantear lo siguiente: el ministro tiene dos cosas que a mí manera de ver me parecen muy peligrosas, de lo que debería ser un proyecto educativo para el país. Yo oí hablar al asesor Francés en el CENAMEC y lo que él dice no es lo que dice el ministro, el primero señala que el proyecto plantel francés es a largo plazo. Este es un proyecto imperialista y lo que él señala es una cosa imperial de los franceses, que ni siquiera ellos mismos han puesto en práctica. El modelo francés también es cuestionable. También tiene, y debo decirlo, un aspecto importante desde el punto de vista político, que tienen que ver mucho con esto de la democratización, y yo no le veo mucho a esto que señala el ministro" (JM). 

In Venezuela gibt es genügend Fachleute, die an den nationalen Universitäten ausgebildet wurden, originelle Arbeiten zum Mathematikunterricht verfaßt haben, über mehrjährige Erfahrungen aus der konkreten Bildungsarbeit verfügen, die in der Lage sind, ein Projekt zu entwerfen, das nicht ätherisch, abstrakt und erniedrigend ist wie das von der Weltbank vorgeschlagene, sondern ein eigenständiges venezolanisches, für das Regierung und Universitäten die Verantwortung übernehmen müssen. Im Ausland um Finanzierung zu betteln, ist nicht notwendig, denn das Land hat im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Ländern genügend Ressourcen und Kapazitäten, die aber leider vernachlässigt, verschwendet oder abgezogen werden. Mit anderen Worten:  

"Vamos a reunirnos la gente que tenemos que ver con la enseñanza de la matemática y vamos hacer algo concreto por la educación matemática en Venezuela. Vamos a reunirnos con la gente de los pedagógicos, vamos a hacer algo concreto. Podemos tomar una escuela como laboratorio y tratemos de hacer cosas más allá de lo que es nuestra labor pequeñina dentro del aula.. Ellos tienen millones de dólares para ese proyecto. Tienen prestamos del Banco mundial, del fondo monetario internacional, del BID y de los japoneses, etc. Yo lo digo con todo el valor de la palabra, ya que me consta todo lo que estoy diciendo. Es una falsedad hablar del proyecto escuela" (RB).

 

K5: Die Mitglieder der Gemeinschaft sollten sich aktiv und gemeinsam mit der Schule an der Forderung nach Verbesserung der Bildung beteiligen, ohne Verantwortlichkeiten zu übernehmen, die nur dem demokratischen Staat zukommen.

Im Hinblick auf ihre Bedeutung steht die fünfte Kategorie mit 12,4% und vier Teilnehmerinnen und Teilnehmern an vierter Stelle. Sie beinhaltet die Auffassung, daß sich die Gemeinschaft gemeinsam mit der Schule an der Forderung nach Verbesserung der Bildung beteiligen sollte, ohne Verantwortlichkeiten zu übernehmen, die einzig dem demokratischen Staat zukommen. Die Expertinnen und Experten verwiesen auf die Notwendigkeit und die Bedeutung der Präsenz der Gemeinschaft, vor allem der Eltern, in der Bildung ihrer Kinder. 

Andererseits werden derartige Initiativen, die aus pädagogischer Sicht sehr interessant sind, von einigen genutzt, um den Staat seiner Rolle als Motor und Ausführender der Bildungspolitik zu entheben und der Privatschule mit ihren individualistischen und antidemokratischen Elementen den Weg zu ebnen. Unter dem Vorwand der Einbeziehung der Gemeinschaft in Schulentscheidungen versuchen einige Kreise der venezolanischen Gesellschaft unter dem Motto "partizipative Gemeinschaft" das venezolanische Bildungssystem in lukrative Einrichtungen umzuwandeln, die vom Wohl der Gemeinschaft abgekoppelt sind. Eine emanzipatorische Bildungskonzeption für den Mathematikunterricht hätte hier kaum Platz. Luis Yáquer meint dazu: 

"Se ha hablado de crear inclusive hasta asociaciones civiles y yo pienso que hasta cierto punto es un poco raro, ya que se pretende que la comunidad se encargue de contratar y de pagar, eso es muy peligroso. Esas llamadas iniciativas particulares. ¿Qué personal me van a contratar? Ellos como son los que pagan serán quienes tendrán el derecho de contratar y de seleccionar al personal. Hay que delimitar muy bien las responsabilidades de cada quien. Hay en este momento una locura tremenda por mejorar y cambiar la educación, pero a consta de una actitud un poco extraña y loca por parte del mismo estado y de muchas opiniones particulares. Esto no significa un trabajo participativo y comunitario" (LY).

 

K6: Die Mathematiklehrenden und die Schule spielen eine wichtige politische Rolle im Hinblick auf soziale Veränderungen.

Mit der Kategorie K6 äußerten acht Teilnehmerinnen und Teilnehmer in 8,9% der Aussagen, daß "die Bildung im allgemeinen und speziell der Mathematikunterricht eine politische Funktion haben. Dieser Aspekt erscheint zum Beispiel in den Arbeiten des Kritikers Ole Skovsmose, und auch ich verweise in meinen Publikationen darauf" (JM). Es ist teilweise gelungen, der Gesellschaft und den Lehrenden deutlich zu machen, daß die Bildung von den politischen Elementen losgelöst ist, die die Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Gesellschaft bestimmen, wodurch die Lehrenden den Gedanken aufgegeben haben, sie seien Schlüsselfiguren für soziale Veränderungen. Viele venezolanische Lehrende, die von einer Vielzahl sozialer, ökonomischer und politischer Probleme betroffen sind, lassen sich nicht davon abbringen, zu dem notwendigen sozialen Wandel beizutragen, indem sie gemeinsam mit ihren Lernenden und anderen Betroffenen emanzipatorische Bildung an einer emanzipatorischen Schule anstreben. Luz Marina Rodríguez erläutert diese Auffassung: 

"No hemos sabido asumir un compromiso y mantenernos en un puesto de lucha, haciéndonos cómplices del clientelismo partidista, ese puesto de lucha que los docentes deben tener, lo podemos encontrar si leemos los planteamientos de Paulo Freire. Asumir un compromiso con la problemática de los estudiantes, con sus necesidades y conflictos. Yo coincido con muchas de las cosas que plantea la escuela liberadora. Yo tampoco soy católica y en cuanto a la escuela liberadora que representa Paulo Freire, yo estoy totalmente de acuerdo. Yo coincido bastante con los principios que están establecidos en la escuela liberadora. El docente como promotor del cambio social y agente transformador de una sociedad es para mí una de las cosas más importantes. Hemos abandonado lamentablemente puestos de lucha en ese sentido. Debemos retomarlos como principios para tener un docente promotor del cambio social y un posible transformador de esta sociedad. Hay que verlo como un individuo dispuesto a la transformación de la sociedad. Nosotros somos humanos y en ningún momento podemos dejar nuestros problemas fuera del aula. No hay que separar la escuela de nuestra situación concreta. Tampoco separarla de los problemas que sufren los alumnos y los estudiantes. No podemos entrar al aula dejando toda nuestra problemática fuera de la misma. También pareciera que nos sentimos impotentes con la problemática que tienen nuestros estudiantes, aquella que arrastramos nosotros mismos dentro del contexto social" (LR).

 

K7: Die Ausbildung von Mathematiklehrenden in Venezuela befindet sich in einer tiefen Krise, die irreparable Auswirkungen auf den Mathemati unterricht und auf die "Entwicklung" des Landes zeitigen wird.

K7 mit 17,1% der Aussagen bezieht sich ausschließlich auf die Ausbildung von Lehrenden an den Pädagogischen Schulen in Venezuela. Die Krise der Lehrerausbildung manifestiert sich in zahlreichen Erscheinungen, die unter 4.3.1 bereits ausführlich analysiert wurden. In Abb. 49 und in den 13 Einzelbefragungen (Abb. 23) wird sichtbar, daß es sich hierbei um ein wichtiges Thema handelt. Nach Auffassung der Expertinnen und Experten geht es nicht darum, die Meinung reaktionärer Kreise, daß die Lehrenden an den Problemen des Mathematikunterrichts schuld seien, zu akzeptieren, sondern einen Prozeß kritischer und selbstkritischer Überlegungen im Zusammenhang mit der Krise der Lehrerausbildung einzuleiten, der nicht zu einer partiellen oder oberflächlichen Bildungsreform führt, sondern in einer Transformation des Bildungssystems kulminiert, die demokratischen und politischen Zielen der Mehrheit folgt.

 

7.3.2 Zusammenfassung

Einhellig wird die Krise im gesamten Bildungswesen sowie die Krise in der Lehrerausbildung thematisiert und kritisiert (Abb. 49). Bei dieser Kritik der realen Ausgangssituation beteiligten sich mit Abstand die meisten Expertinnen und Experten (27% und 17% der Aussagen). Einen weiteren von vielen geäußerten wichtigen Aspekt bei der Kritik des Bildungssystem stellte die Kritik an internationalen Abkommen dar, die auf Einmischung internationaler Organisationen in die venezolanische Bildung abzielen. Folgende Aussage repräsentiert die vorherrschende Meinung der Expertinnen und Experten: 

"Der Mathematikunterricht ist Teil des Bildungssystems, und er ist Teil einer Gesellschaft, die von Korruption, Drogenhandel, politischen Deformationen, Lüge, Verantwortungslosigkeit, Wirtschaftskrise, moralischer Krise, Ausbeutung gekennzeichnet ist (...) Alles ist miteinander und mit dem, was wir hier diskutieren, der Demokratisierung des Mathematikunterrichts, verflochten" (EC).  

Die Zahl der Äußerungen, die sich auf eine Überwindung der Krise des Bildungssystems und insbesondere des Mathematikunterrichts bezogen, ist deutlich geringer; andererseits verteilen sich diese auch auf verschiedene Themen und Vorschläge, denen aber gemeinsam ist, eine Partizipation aller Beteiligten bei Veränderungen des Bildungssystems zu verlangen. Deutlich wird aber auch, daß es noch eines weiteren Diskussions- und Bewußtwerdungsprozesses auch unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bedarf, um Lösungswege aus der Krise heraus und für eine demokratische Transformation des Bildungswesens zu finden.

 

 

(Abbildungsverzeichnis)

 

 

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