4 Ausgangssituation und Ursachen der zentralen Probleme des Mathematikunterrichts in Nicaragua und Venezuela

 

4.1 Situation des Mathematikunterrichts

Ausgehend von der qualitativen und quantitativen Analyse der zur ersten Fragestellung gesammelten Informationen wurden fünfzehn Kategorien entwickelt, wobei die ersten elf für beide Länder zutreffen, während die letzten vier nur für Venezuela von Belang sind. Anhand der Aussagen der Expertinnen und Experten widerspiegeln sie den Zustand des Mathematikunterrichts in beiden Ländern. Entsprechend der analytischen Zuordnung (vgl. Abb. 21) handelt es sich dabei um folgende Kategorien(109): Mathematikunterricht als schwerwiegendes Problem; Probleme mit Mathematikunterricht; Ablehnung des Fachs; Einstellung der Lernenden; Wiederholung von Schuljahren und Schulabbruch; Haltung der Lehrenden an Schule und Hochschule; schlechte Leistungen; die zweite und dritte Etappe als Beginn der Schwierigkeiten; Spaß und Aversion in der Mathematik; die Rolle der Familie; die Medien; die soziale Komplexität Venezuelas; der Sprachgebrauch im Mathematikunterricht; die Motivation und der soziale (Ruf) Mythos des Mathematikunterrichts. Im folgenden wird jede dieser Kategorien vor allem anhand der Aussagen der Expertinnen und Experten dargestellt.

 

 

 

(Abbildungsverzeichnis)

 

 

4.1.1 Mathematikunterricht als schwerwiegendes Problem aller Beteiligten in der Grund- und Sekundarstufe

 These 1:

Für diejenigen, die im dreiteiligen Bildungssystem, vor allem in der Grund und Sekundarstufe, direkt mit dem Mathematikunterricht zu tun haben, ist dieser zu einem schwerwiegenden Problem geworden.

Diese Schlußfolgerung ergibt sich aus den Wortmeldungen von mehr als 75 % der Expertinnen und Experten in beiden Ländern; darüber hinaus findet sich hier die größte Übereinstimmung der Aussagen der Expertinnen und Experten in Venezuela und in Nicaragua (s. Abb. 21).

Mathematik ist eins der wenigen Fächer, das in allen Curricula der Welt vertreten ist. Obwohl nicht nur dieses Fach den Lernenden in Nicaragua und Venezuela größte Schwierigkeiten bereitet, kommen die Expertinnen und Experten auf Grund ihrer Erfahrungen und Beobachtungen sowie des Austauschs mit Fachkollegen zu dem Schluß, daß hier die größten Unstimmigkeiten und Probleme im Hinblick auf Interesse und Leistung bestehen (110).

"Unbefriedigend ist die Bildungssituation in allen Fächern - in Venezuela wie in anderen Ländern auch - aber in der Mathematik zeigen sich die größten Probleme, hier sind die Anforderungen am höchsten, und in Prüfungen können die Lernenden kaum über ihr Nichtwissen hinwegtäuschen wie in anderen Fächern" (WB) (111).

Diese übereinstimmenden Feststellungen der Befragten beziehen sich auf alle drei Stufen des venezolanischen bzw. nicaraguanischen Bildungssystems, wobei der Schwerpunkt auf den Abschnitt von der siebten Klasse an gelegt wird (112). "Ich teile diese Einschätzung voll und ganz, denn die größten Schwierigkeiten bietet den Lernenden der Mathematikunterricht vor allem in der Sekundarstufe. Von 100 Lernenden müssen 75 die Prüfungen wiederholen, und normalerweise erreicht ein großer Teil von ihnen das Abitur nicht, weil sie an der Mathematik scheitern" (AB). Es ist zu beobachten, daß Lernende der verschiedenen Klassenstufen Schwierigkeiten mit elementaren Konzepten wie z. B. arithmetischen Operationen haben. Verschärft wird diese Situation durch fehlende Grundlagen aus den ersten Jahren des Mathematikunterrichts; die wenigen Kinder, die im formalen Bildungssystem verbleiben, schleppen trotz aller Bemühungen diese Probleme mit sich und bezeichnen sich häufig selbst als unfähig zum Erlernen der Mathematik, was bei einigen zu einem Trauma wird. " Wenn die erste Berührung mit der Mathematik traumatisch und problematisch ist, entsteht niemals Freude und Spaß an diesem Fach" (MF).

Die Expertinnen und Experten gelangen zu der Einschätzung, daß die Kinder und Jugendlichen nicht daran interessiert sind, sich stärker mit der Materie zu beschäftigen, und die reinen Mathematiker in beiden Ländern sind nicht bereit, diese Realität zu akzeptieren, obwohl sie selbst das Niveau der Abiturienten, mit denen sie an den Hochschulen zu tun haben, beklagen.

Das Fach Mathematik ist zu einer regelrechten "Legende" geworden, und das geht in Venezuela so weit, daß in den Lehrerberatungen, die einmal pro Trimester stattfinden und auf denen die Leistungen der Lernenden diskutiert werden, die Mathematiklehrenden aufgefordert werden, den Lernenden, die in diesem Fach Schwierigkeiten haben, spezielle Hilfe angedeihen zu lassen, damit sie sich verbessern und die Schule nicht verlassen.

Es hat den Anschein, daß mathematische Ideen und Konzepte nicht verstanden, Rüstzeug und eine solide Basis für spätere Erfahrungen mit der Mathematik nicht gefestigt werden, daß die Kinder häufig von der Tafel oder aus dem Lehrbuch abschreiben, ohne zu verstehen, "was ein unmittelbarer Grund für die Probleme der Lernenden von Anfang an ist" (ID). Natürlich hat in beiden Ländern eine Vielzahl von Faktoren Einfluß auf diese Situation, angefangen beim Bildungssystem selbst, "das bestimmend auf den gesamten Prozeß einwirkt, denn alle haben Schwierigkeiten mit der Mathematik, sowohl die Lernenden als auch die Lehrenden" (IG).

Hier muß darauf verwiesen werden, daß diese Probleme nichts mit den intellektuellen Fähigkeiten der Kinder zu tun haben, vielmehr beobachten die Expertinnen und Experten, daß die ersten Kontakte zur Mathematik ungeachtet der sozialen Ängste gut verlaufen und den Kindern die mathematischen Inhalte Spaß bereiten, während die Probleme erst im Verlaufe des Lernprozesses auftreten. "Das Erlernen der Multiplikation beginnt in der zweiten Klasse, und die Kinder verstehen es, aber in der achten Klasse können sie es nicht" (GM). Das verstärkt sich in dem Maße, wie die Lernenden weitere mathematische Inhalte kennenlernen, bis zu dem Punkt, daß viele in der Abiturphase nichts mehr von diesem Fach wissen wollen. "Die Abiturienten wissen nicht viel von Mathematik. Das Problem ist wirklich schwerwiegend, denn die Kinder starten gut, aber von Jahr zu Jahr wird es schlimmer, bis sie endgültig aufgeben" (EC).

Dieses Phänomen steht in direktem Zusammenhang mit aktuellen sozialen Erscheinungen im Land. Das bedeutet nicht, daß die Verschlechterung der sozialen Situation auf die Verschlechterung der Bildung zurückgeht. Die obengenannte Auffassung der Expertinnen und Experten, die allerdings von jenen, die im Bildungswesen die Mängel der lateinamerikanischen Gesellschaft erkennen, nicht geteilt wird, deutet darauf hin, daß ausschließlich auf didaktische Aspekte gerichtete Bemühungen, die keinen Einfluß auf gesellschaftliche Veränderungen nehmen wollen, für den Mathematikunterricht keine Erfolge bringen werden, denn "er kann sich noch so sehr bemühen, alles in seinen Kräften Stehende zu tun, wenn sich in der Gesellschaft insgesamt ein anderer Typ des Lernprozesses durchsetzt, den die Schule nicht zur Kenntnis nimmt oder nehmen will" (ID).

Die Meinungen der Expertinnen und Experten über die "fast unerträgliche Situation des Mathematikunterrichts" sollten genau registriert werden, diese Sorge ist nicht oberflächlich, sondern geht auf eine Vielzahl von Faktoren zurück, vor allem die endogenen und exogenen Aspekte, die die Komplexität der nicaraguanischen und venezolanischen Gesellschaft ausmachen. Wir haben es hier mit einer Gesamtheit von determinanten sozialen und institutionellen Ursachen zu tun.

Um die Probleme des Mathematikunterrichts zu verdeutlichen, wird am häufigsten auf die fehlenden Kenntnisse und die geringen Leistungen verwiesen. Bereits in der Grund- und Sekundarstufe haben die Lernenden Schwierigkeiten mit dem Fach, die sich an der Universität verschärfen, wo außerdem die Tendenz zu beobachten ist, daß häufig jeder Kontakt zur Mathematik sorgsam gemieden wird. Angela Flores äußert sich dazu wie folgt:

"Digamos que sí es bastante crítico el rendimiento en esta asignatura, ya que son muchos, yo diría que demasiados los alumnos que tienen problemas con esto de la enseñanza de la matemática. ¿A qué se debe esta situación? Esta es la asignatura donde tienen un menor rendimiento. ¿Por qué ocurre esto? Hay tal vez un salto cualitativo en cuanto a la matemática que se enseñanza, pero no existe un salto cuantitativo en cuanto al rendimiento, es más bien al contrario. Parece ser que la matemática es el dolor de cabeza de la mayor parte de los muchachos en todos los niveles donde se enseña. Y yo continuo preguntándome por qué razón sucede este fenómeno con la matemática especialmente" (AF).

Die Diskussionsteilnehmer verwiesen besonders auf die ablehnende Haltung gegenüber der Mathematik insgesamt. Bedauerlicherweise gibt es angesichts dieser extremen Situation keine Strukturen, die Forschung und zugleich Korrektive ermöglichen würden. Eine Alternative könnte die Förderung von Forschungsarbeit mit den Lernenden sein, so daß kurz- und mittelfristig Veränderungen eingeleitet werden können, z.B. durch einen Prozeß von Forschung und Aktion im Klassenzimmer (113).

Die Expertinnen und Experten vertreten die Ansicht, daß das Problem nicht nur vom Gesichtspunkt der "Variable Leistungen" betrachtet werden sollte, da diese quantitativ am besten bekannt ist, sondern man untersuchen muß, was in den Bildungseinrichtungen passiert. Universitäten und Schulen gehen offenbar in unterschiedliche Richtungen, es gibt keine Kontakte oder Koordinierung zwischen den Mathematiklehrenden; unbekannt ist, wie und woran geforscht und nach Lösungen gesucht werden soll. "Ich meine, die Situation des Mathematikunterrichts in unserem Land ist desorganisiert. Es fehlt an Zusammenhalt, jeder arbeitet für sich, und das Schlimmste ist, daß nicht geforscht wird, um festzustellen, was in der Mathematikausbildung wirklich vorgeht" (TG).

Häufig wird die Schuld an der Situation anderen Personen, Bildungsstufen oder -einrichtungen zugewiesen. Für die einen ist die Familie schuld, andere sehen die schlechte Ausbildung in den ersten Grundschuljahren als Hauptproblem, wieder andere meinen, es liege an der Lehrerausbildung. Meiner Ansicht nach ist es die Gesamtheit dieser komplexen, dialektisch verknüpften Variablen, die auch von den Teilnehmern genannt und analysiert wurden.

"Decimos que los alumnos no están aprendiendo bien la matemática. Pero este problema es mucho más complejo de lo que podamos imaginar. Creemos que todo esto es un todo complejo que no se puede ver aisladamente, sino como un conjunto de variables que se cruzan entre sí. La idea es analizar bien el problema con todos los que están afectados por él o que participan en él. Yo creo que el problema de los docentes y de los alumnos no es que a ellos no les guste la matemática, sino porque no se enseña con ganas y con un objetivo completamente claro" (ME).

 

4.1.2 Probleme der Mathematiklernenden bis hin zu Trauma und Schulabbruch

These 2:

Die Mehrheit der Lernenden an Schule und Hochschule leidet unter dem Mathematikunterricht bis hin zu traumatischen Erfahrungen und Angstzuständen, die zum Schulabbruch führen können.

In der Abbildung 21 zeigt sich die Übereinstimmung und Homogenität von Aussagen und Teilnehmern aus beiden Ländern in bezug auf diese zweite Schlußfolgerung. Ähnlich wie bei der ersten Kategorie meinen 75% der Expertinnen und Experten in einer Gewichtung, die über dem Durchschnitt aller anderen Kategorien liegt (mehr als 8% in beiden Ländern), daß es bei den Lernenden Probleme, Haß und Ablehnung gegenüber der Mathematik gibt (114). Dies zeigt sich im Mathematikunterricht in unterschiedlicher Form und in den Meinungen der Lernenden selbst über ihr Verhältnis zu diesem Fach z.B. wie folgt:

"Los niños, y cualquier persona, sufren bárbaramente cuando tienen contacto con la matemática y tratan de alguna manera de evadirla de diferentes maneras y buscan aquellos docentes con quienes es más fácil aprobar la asignatura. Hay que tomar en serio la matemática y ser disciplinado y consecuente; hay que hacer cosas concretas porque así como la estamos enseñando no sienten placer y por tanto la rechazan; hacerla más interesante con juegos y otras actividades más prácticas, ellos sufren porque le damos una matemática muy formal" (CM).

Die Lernenden sind unzufrieden, es macht ihnen keinen Spaß und fällt ihnen schwer, "sie entwickeln eine Phobie, weil sie ihrer Meinung nach sehr kompliziert und schwierig ist. Ich glaube, daß sehr viele Kinder darunter gelitten haben, frustriert waren, und das hinterläßt Spuren für das ganze Leben" (AF). Diese Meinung wird von den verschiedenen Gruppen der Bevölkerung übernommen und führt zu Phobie und Angst vor der Mathematik. Ein negatives Bild entsteht in der Gesellschaft, das zu den anderen (im weiteren zu behandelnden), ebenfalls nicht sehr angenehmen Merkmalen des Mathematikunterrichts an den Schulen hinzukommt. Diese Verknüpfung negativer Faktoren wirkt der Entwicklung einer mathematischen Kultur in beiden Ländern entgegen und wird zu einem Teufelskreis.

"El factor psicólogo como el miedo que se le tiene a la matemática es determinante en muchos casos y ha ido tomando cuerpo en la opinión pública, ya que se dice que la matemática es lo más difícil y complicado, los maestros, los hermanos, amigos y la sociedad en general producen este estado de ánimo negativo y cuando un niño llega al 7º grado entonces ya está preparado negativamente para la matemática" (EC).

Die Lernenden empfinden das Fach offensichtlich als sehr abstrakt und rein, sie sagen, "diese Striche und Symbole flößen ihnen Furcht ein und lösen schwere Konflikte aus, das führt zu Phobie und Ablehnung; und die findet sich bei einem großen Teil der Bevölkerung" (AL). Aus dieser Feststellung erwächst die Notwendigkeit einer Mathematik für das Leben (115) die Spaß macht und Freude bereitet. Die Probleme mit der Mathematik ist allgegenwärtig, und Abiturienten kommentieren ihren Abschluß häufig mit den Worten, sie hätten sich von diesen Probleme befreit. Die Unzufriedenheit mit der Schulmathematik ist hier offenkundig.

Die Expertinnen und Experten vertraten die Meinung, daß ein außerordentlich wichtiger Faktor in diesem Zusammenhang die Haltung der Lehrenden zur Art und Weise des Unterrichtens und ihr Verhalten gegenüber den Lernenden ist. Da dieser Aspekt im weiteren noch näher betrachtet wird, sollen hier nur drei Meinungen zum Einfluß der Lehrenden zitiert werden:

"Los niños siempre han sufrido y continuarán sufriendo en la medida que ellos reciban un tipo de enseñanza de la matemática como la que nosotros desarrollamos" (MF). "Los profesores dictan conocimientos matemáticos, pero no enseñan matemática y posteriormente genera el alumno un rechazo y miedo" (MG). "Se observa en nuestros alumnos un miedo y terror muy grande hacia la matemática, quieren salir rápido de la asignatura y produce ansiedad y desesperación en los alumnos, esto se debe en gran medida a muchos factores" (NN).

 

4.1.3 Schrittweise Ablehnung der Mathematik bis hin zum Haß, ohne Lösungsversuch

These 3:

Zahlreiche Lernende an Schule und Hochschule entwickeln schrittweise Ablehnung gegenüber der Mathematik, die bis zum Haß führen kann, und suchen für sich Möglichkeiten, ihr aus dem Weg zu gehen oder irgendwie zum Abschluß zu kommen, ohne das Positive oder Angenehme an ihr zu suchen.

Diese dritte Schlußfolgerung erwächst ebenfalls in beiden Ländern aus der Beteiligung von mehr als 75% der Expertinnen und Experten, wobei das Gewicht der Aussagen in Nicaragua mehr als doppelt so groß ist wie in Venezuela (s. Abb. 21). In Übereinstimmung mit den quantitativen Ergebnissen meinen die Expertinnen und Experten, daß die Existenz sozialer Ablehnung und Vorurteile bei der Bevölkerung Einfluß auf die geringe Kultivierung der Mathematik ausübt. Dies überträgt sich auf die Lernenden und führt zu Angst und Abwertung des Fachs Mathematik. Einer der Teilnehmer stellt dazu fest:

"Lamentablemente existe una aversión generalizada hacia la asignatura y ello lo observamos todos los maestros y profesores que estamos dedicados a la enseñanza. Esa aversión es tan fuerte que inclusive se refleja en la misma comunidad. En todos los niveles ocurre este rechazo hacia la matemática, no solamente en las universidades donde nadie quiere estudiarla como carrera porque no hay futuro con la misma, sino sencillamente existe ese rechazo generalizada y solapadamente en la población" (AF).

Um dem realen oder fiktiven Probleme zu entgehen (s. K2), entscheiden sich die Lernenden für Ablehnung, was in den meisten Fällen zu Schulabbruch führt. Einige Expertinnen und Experten aus Nicaragua beziffern den Schulabbruch aus diesem Grund auf 40%, für Venezuela liegt die Zahl bei 50% (116). Allerdings ist die Mathematik nicht der einzige, sondern einer der Gründe für Schulabbruch. Auch die Studenten suchen nach Wegen, Kontakt zur Mathematik zu vermeiden, was sicher eine Form ist, sich vor diesen Probleme zu schützen und dem "Alptraum" der Vergangenheit, aus Grund- und Sekundarschule, zu entgehen.

"En todos los niveles educativos hay un rechazo hacia la matemática producto de un miedo y terror psicólogo con consecuencias pedagógicas negativas para otras generaciones" (MC). En otras facultades o escuelas como medicina u odontología a donde nosotros vamos para dar clases observamos que los estudiantes rechazan esta asignatura porque no les gusta o no están motivados para ella" (MA).

Es scheint, daß Mathematikprüfungen ein Gradmesser für Angst und Ablehnung sind, denn die Lernenden werden sehr nervös und erzielen schlechte Ergebnisse, "die Kinder fürchten die Begriffe Übung, Theorem und Beweis, Mathematikexamen; und sie lehnen die Mathematik ab, weil sie immer gehört haben, daß sie sehr schwer ist" (FG). Es ist wahrscheinlich, daß "einer der Hauptgründe für Ablehnung und Apathie, Desinteresse und Freudlosigkeit die schlechten Erfahrungen des Kindes im Verlaufe des Mathematikunterrichts sind" (NN). Diese Haltung hat sich sowohl in Nicaragua als auch in Venezuela auf Ausbildungsrichtungen erweitert, die traditionell eng mit der Mathematik verbunden waren, "bis dahin, daß es Ingenieure gibt, die sie nicht mögen" (MF). Viele Berufstätige, vor allem Hochschulabsolventen, sind der Ansicht, daß sie die Mathematik nicht brauchen und sind sogar stolz darauf, nichts mit ihr zu tun zu haben bzw. sie für die Ausübung ihres Berufs nicht zu brauchen.

Immer wieder stellten sich die Expertinnen und Experten Fragen nach Gründen für die Popularisierung dieser Haltung zur Mathematik. "Warum wird die Mathematik von den Lernenden aus verschiedenen sozialen Gruppen und Bildungsniveaus abgelehnt?" (MM) Diese Frage formulierten Expertinnen und Experten aus beiden Ländern, und als Antwort wurde die Vermutung geäußert, daß es daran liegt, daß sie die mathematischen Begriffe nicht richtig verstanden oder verarbeitet haben, denn "wenn meine Schüler die elementaren Konzepte verstehen, merke ich es daran, daß ein Strahlen über ihr Gesicht zieht, nachdem sie sich schon verrückt gemacht hatten, weil sie es nicht begreifen konnten und deshalb ablehnten" (AL). Andererseits hat die Gesamtheit widriger Einflüsse, die im folgenden einzeln untersucht werden, eine Reihe von Vorurteilen und Wertungen hervorgebracht wie z.B.: "Die Gesellschaft, Angehörige, Freunde, Lehrer, Mitschüler und die Medien bewirken bei den Schülern diese ablehnende Haltung, und die Ablehnung und Angst vor der Mathematik sind häufig Ergebnis der schlechten Ausbildung, die wir ihnen vermittelt haben" (RP).

"Pero tenemos que preguntarnos la razón por la cual esto ocurre. No es por azar ni porque a nadie le guste la matemática, el problema es mucho más complejo y creo que esto se debe principalmente a que nosotros mismos, los profesores, hemos desvirtuado la enseñanza de la matemática. Nosotros los maestros hemos contribuido a que el alumno rechace esta asignatura, ya que la hemos convertido en algo muy extraño, donde sólo unos privilegiados tienen derecho a tener contacto con ella. Cuando al niño se le fuerza a comprender conceptos que él realmente no quiere aprender, entonces aparece un rechazo inmediato y natural. Ellos sufren frecuentemente un proceso de desmoralización y de rechazo hacia la matemática" (ME).

Die Expertinnen und Experten stellten das Verhalten der Gesellschaft und der Schule im Hinblick auf Forderungen und Hilfestellungen zur Bewältigung der schulischen Aufgaben stark in Frage:

"Yo he visto que el problema con la enseñanza de la matemática es el miedo y el rechazo. Esto influye tremendamente y de manera muy negativa. Yo lo veo así porque se percibe que hay poco interés hacia la matemática, lo cual ha trascendido hasta la opinión pública. Cuando uno dice que es profesor de matemática resulta que la gente te responde con frecuencia: tu como que eres muy inteligente, porque yo no pude nunca con esa materia. Este nivel psicológico de rechazo se traduce en una motivación negativa y peor aún se ha convertido en aparente normalidad" (EC).

 

4.1.4 Voreingenommenheit gegenüber der Mathematik

These 4:

Mathematik ist das Fach, gegen das die meisten Lernenden Vorurteile mitbringen in dem Sinne, daß sie sehr schwierig und nicht zu verstehen ist. Diese psychologische Prädisposition entwickelt sich von der Grundschule an und führt dazu, daß sie nicht einmal den Versuch unternehmen, einfache Übungen und Probleme zu bewältigen.

Diese vierte Kategorie spielte sowohl im Hinblick auf das Gewicht der Aussagen als auch auf die Zahl der beteiligten Expertinnen und Experten nur in Nicaragua eine Rolle (s. Abb. 21). Obwohl sie mit den bereits genannten K2 (Probleme, Trauma, Angst) und K3 (Ablehnung, Haß, Abbruch und Entfernung vom Bildungssystem) eng verbunden ist, wird sie wegen der Bedeutung, die sie offensichtlich für die nicaraguanischen Expertinnen und Experten hat, extra behandelt. "...es ist immer noch eines der Fächer, gegen das die Schüler die meisten Vorbehalte haben, und bevor der Unterricht überhaupt begonnen hat, denken sie schon, daß sie sich dieser Materie entziehen wollen" (FV). Die Lernenden vor allem der Grundstufe nutzen als Argument, um sich nicht mit Mathematik auseinandersetzen zu müssen, die Annahme, "sie sei sehr schwierig", und das sogar, ohne überhaupt schon Kontakt mit einem mathematischen Thema gehabt zu haben. "Es gibt solche Vorbehalte gegen das Erlernen von noch unbekannten Themen vor allem in der Grundstufe, und das Argument ist, daß die Mathematik so schwierig und nicht zu verstehen ist" (TG).

Die Expertinnen und Experten nannten konkrete Beispiele wie Bruchrechnung, Radikale, Gleichungen, ganze und rationale Zahlen, mündliche Übungen sowie Übungen mit komplexen und ausführlichen Hinweisen, bei denen die Lernenden das Argument benutzen, diese Aufgaben seien so kompliziert; häufig unternehmen sie nicht einmal den Versuch, sie zu lesen oder zu verstehen, oder sie erklären frontal, daß sie es nicht machen wollen oder keine Lust haben, weil die Aufgabe ihnen nicht gefällt oder sie sie nicht verstehen. "Oft verstehen sie einfache mathematische Operationen nicht, wie z.B. Brüche, und wollen Aufgaben nicht lösen, weil sie denken, daß sie sehr kompliziert und schwierig sind, was damit zu tun hat, daß sie Vorbehalte gegen die Mathematik haben" (ML).

Der Begriff der Prädisposition zur Mathematik ist für die Expertinnen und Experten eine unbekannte Größe, die nach Ansicht der Mehrheit von ihnen Untersuchungen der Ursachen dieser Haltung erfordert. Er scheint mit einem Mangel an Inhalten und Interesse an den Erfahrungen in der Mathematik verbunden zu sein. Von sehr jungem Alter an begegnen die Lernenden der Schule mit diesem sozialen Vorurteil, wodurch sich die Prädisposition zur Mathematik auf natürliche Weise reproduziert, d.h.:

"Los estudiantes ya están sociológicamente predispuestos, desde la primaria, a que la matemática es muy difícil y que por lo tanto no la enteran y saldrán mal en los exámenes. No quieren estudiarla y no tienen interés hacia ella y dicen que les cuesta trabajo entenderla. La verdad es que no sabemos exactamente por qué ocurre esto, habría que hacer un estudio profundo sobre el particular y ver porque tanta predisposición y su relación con otras variables" (MA).

Zwei Fragen stellen sich zu diesem Thema: Einerseits, warum diese Kategorie in Venezuela nicht so stark und häufig erwähnt wurde, und zweitens, welche Ursachen die von den Expertinnen und Experten festgestellte Prädisposition in beiden Ländern hat.

 

4.1.5 Schulabbruch aufgrund der Wiederholungspflicht von Prüfungen

These 5:

Mathematik gehört neben einigen anderen zu den Fächern, in denen Prüfungen wiederholt werden müssen, und wird daher zu einem Grund für Schulabbruch. (NV)

Entsprechend der Zahl der Expertinnen und Experten und der Anzahl der Aussagen kann festgestellt werden, daß diese Behauptung für Venezuela wahr ist, da alle Expertinnen und Experten diese Meinung äußerten und sie im Rahmen der 15 Kategorien den dritten Platz einnimmt, während für Nicaragua eine gewisse Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, da nur 50% der Befragten in einer geringen Zahl von Aussagen diese Auffassung unterstützten (s. Abb 21).

In Venezuela hat sich diese Tatsache immer mehr verschärft, da die Mathematik neben den Fremdsprachen eine immer größere Bedeutung im Curriculum der Grund- und Sekundarstufe einnimmt (119). Sie wurde zu einem entscheidenden, in vielen Fällen determinanten Faktor für Überlegungen von Lernenden, die Schule zu verlassen. Es ist bedauerlich, daß die Mathematik als Fach und als Bestandteil des menschlichen Wissens in den meisten Kulturen zu einem Haßobjekt für Lernende geworden ist, die häufig sagen, daß sie wegen solcher Fächer wie Mathematik nicht wieder zur Schule gehen würden, daß Mathematik ihnen nicht gefällt oder daß sie eine Universitätsausbildung nicht abschließen könnten, weil sie die Mathematik nicht beherrschen.

"Yo creo que la Matemática es una asignatura que se transforma en un factor que de alguna manera pudiera entrar en juego y producir una consecuencia negativa en cuanto a la permanencia de los estudiantes en la escuela, esto lo vemos en las estadísticas del ME y de cada plantel, donde la matemática junto a otras asignaturas siempre está presente, inclusive se habla de las tres marías, donde se incluye a la matemática en primer lugar, considerando los alumnos que no podrán proseguir sus estudios en los siguientes niveles" (MM).

In der Mehrzahl der venezolanischen Schulen wird es von den Leistungen in Mathematik und Sprachen (oder Mathematik und einem anderen Fach, je nach Schüler / Schülerin und Klassenstufe) abhängig gemacht, ob ein Schuljahr wiederholt werden muß, dies sind die Fächer, denen die größte Bedeutung zugemessen wird, da sie den Lernenden die Grundlagen für ihre spätere soziale Entwicklung vermitteln. Wenn das so ist, sollten diejenigen, die Schwierigkeiten haben, jedoch nicht bestraft, sondern mit Mitteln und Mechanismen ausgestattet werden, um diese Probleme zu überwinden. "Früher wurde ein Schuljahr in drei Fächern wiederholt, heute sind es zwei, aber immer machte die Mathematik 80 bis 90% aus. Das verursacht Ressentiments, Enttäuschung und Schulflucht. Das ist wohl nicht der einzige Grund, aber der bedeutsamste. Unsere Schule demotiviert die Kinder, entfremdet sie und stößt sie letztlich aus, und wir sind nicht fähig, die wunderbaren Anlagen, die sie mitbringen, zu fördern" (IG).

Charakteristisch ist auch die Tatsache, daß viele Abiturienten im letzten Schuljahr und Studenten versuchen, Mathematik in einer Extraprüfung später abzuschließen, nachdem alle anderen Fächer bereits bestanden sind. "Die Schüler und vor allem die Studenten, die ihre Ausbildung abbrechen, tun das meist wegen der Mathematik, ich kenne viele, die das Abitur deshalb nicht geschafft haben" (NN). Meßbar ist dieser Aspekt ausschließlich anhand der durchschnittlichen Jahresabschlüsse, wo Mathematik fast immer einen geringeren Durchschnitt aufweist, d.h. "in anderen Fächern gibt es weniger Probleme als in Mathematik, hier ist der Durchschnitt fast immer niedriger als in den übrigen. Der Prozentsatz an Wiederholungsprüfungen ist immer höher als in anderen Fächern" (MA).

Mathematik ist zwar nicht das einzige Fach, das den Lernenden Schwierigkeiten bereitet, hier ist jedoch der Anteil an nicht bestandenen Prüfungen besonders hoch, was häufig zum Grund für das Verlassen der Schule wird. Einerseits wird der Mathematik aus verschiedenen Blickwinkeln eine besondere Bedeutung zugemessen, andererseits hat sie unerfreuliche Auswirkungen auf den Schulverbleib. Meiner Ansicht nach sollte sie im Verhältnis zu den anderen Fächern keine so abgehobene Position einnehmen. Dieser Widerspruch zeigt sich in beiden Ländern, besonders stark aber in Venezuela.

"En los IPC y escuelas de educación hay una deserción muy grande y fundamentalmente en matemática y física: Es raro encontrar un alumno que repita en Historia y Química, pero si en Historia y Matemática o en Química y Matemática, vemos en las pruebas que la matemática siempre está presente en las reparaciones y en las dificultades de los estudiantes, en 8º grado más del 50% tienen matemática pendiente. En el octavo y décimo grado o año fallan más los alumnos y es donde hay más aplazados, especialmente en 8º, esto no debería ocurrir con una materia de tanta importancia como la matemática" (MG).

Hervorzuheben ist, daß mit den Meinungen, die aus politischer und pädagogischer Sicht sehr kritisch waren und die ich teile, zum Ausdruck gebracht wurde, daß die Mathematik nicht der einzige Faktor für das Verlassen des Bildungssystems ist, daß sie aber vergleichend und einzeln betrachtet eine wichtige Rolle spielt. In einer komplexen und problematischen Gesellschaft kann man nicht einfach behaupten, nur der Mathematikunterricht sei schuld am Schulabbruch, komparativ gesehen ist es jedoch so. Eine der Expertinnen und Experten aus Venezuela äußert sich dazu wie folgt:

"La matemática es un factor, pero no el decisivo y determinante para la deserción escolar. Con niños que tienen hambre, que tienen que trabajar, no tienen dinero para comprar sus materiales de enseñanza no podemos asegurar su asistencia y permanencia en la escuela, debemos resaltar nuevamente que la matemática es la asignatura que más reprueban y la causa en la universidad para cambiar de carrera; en ella se presenta el mayor índice de reprobados en cualquier clase de cualquier nivel. La deserción en el sistema educativo tiene muchas causas de tipo social, económicas, motivación pérdida de valores, intereses, etc., pero la enseñanza de la matemática es una de las más importantes" (ID).

Ein weiterer bedauerlicher Aspekt der jüngsten Bildungsgeschichte Venezuelas besteht darin, daß die Mathematik wegen der fehlenden Mittel für massenhafte Bildungsangebote häufig genutzt wurde, um die "Besten" für die Fortsetzung des Bildungsweges bis zur höheren und Berufsbildung herauszufiltern. Es ist nicht bekannt, ob eine solche Auffassung bei den Bildungsplanern und auch bei vielen Lehrenden noch greift. Das ist Thema der folgenden Kategorie, in der es um Barrieren geht, und die ebenfalls noch tiefgreifender untersucht werden müßte. Mit der Auffassung eines Experten wird die fünfte These aus der Befragung in Venezuela abgeschlossen: "Es ist offensichtlich, daß die Mathematik dazu beiträgt, daß Schüler die Schule verlassen; sie sollte nicht mehr als traditioneller Filter benutzt werden, denn es gibt andere Fächer und soziale wie ökonomische Faktoren, die unsere Schüler vom Bildungssystem ausschließen" (JM).

 

4.1.6 Die Haltung der Lehrenden und ihre Beeinflussung

These 6:

Mit ihrer Haltung, schockierenden Methoden und pejorativen Hinweisen beeinflussen die Lehrenden die Prädisposition der Lernenden im Mathematikunterricht negativ.

Die sechste Schlußfolgerung ist nach Teilnehmerinnen und Teilnehmern und Aussagen sowohl in Venezuela als auch in Nicaragua gültig, wobei für Nicaragua hinzuzufügen ist, daß es sich um die bedeutendste aller Kategorien zum ersten Fragenkomplex handelt. Die Diskussionsergebnisse lassen den Schluß zu, daß die Rolle der Schul- und Hochschullehrkräfte nicht sehr schmeichelhaft ist, im Gegenteil, in beiden Ländern, vor allem in Nicaragua, wird ihnen von den Expertinnen und Experten mit langjähriger Erfahrung im Mathematikunterricht negativer Einfluß attestiert. In beiden Ländern werden dazu ähnliche Argumente formuliert.

Die Mathematiklehrenden der Sekundarstufe und an den Hochschulen weisen gleiche Merkmale auf, die zu den Schwierigkeiten mit der Mathematik beitragen. "Ich denke, das Problem liegt nicht so sehr bei den Kindern, den Schülern überhaupt, wir Lehrende tragen einen großen Teil der Schuld daran und beeinflussen sehr stark, was im Mathematikunterricht in unseren Ländern passiert" (NN). Generell wird gefordert, daß Mathematiklehrende streng sind, was mit der Methodik und ihrem Verhalten im Klassenzimmer nicht zu vereinbaren ist (120). Vor allem die nicaraguanischen Expertinnen und Experten nannten eine Reihe von Eigenschaften und Merkmalen der Lehrenden, wie Überheblichkeit, Allmachtsstreben, Besserwisserei und andere, die wenig Empathie für sie und die Mathematik entstehen lassen. Allmachtsstreben, das sich in ihrer Überzeugung manifestiert, "die einzigen zu sein, die etwas von Mathematik verstehen" (ML). Miguel Caldera beschrieb das typische Verhalten von Mathematiklehrenden so:

"a) Los profesores de matemática van construyendo y diseñando estrategias de aprendizaje y de enseñanza poco agradables para los alumnos y este elemento pedagógico y sicólogo es repetido con las mismas características; b) La prepotencia de los docentes quienes creen que lo saben todo y muy bien en matemática generan cierto miedo y frustración en los alumnos tanto a la asignatura como a los mismos docentes quienes dicen que el profesor tendrá 100 puntos y el alumno 80 o 90; c) Los docentes muchas veces se sienten superiores y dicen con frecuencia que la matemática no es para las personas normales, los alumnos que tienen muchas dificultades no pueden preguntar porque se les responde de manera burlona y agresiva, lo que genera desconfianza y se acumulan errores; d) En general hay un ambiente hostil hacia el aprendizaje de la matemática tanto en la sociedad como en la misma escuela, los compañeros y el mismo maestro crean una atmósfera desagradable hacia la matemática y esto crea desconfianza y apatía" (MC).

Diese Variable darf selbstverständlich nicht isoliert betrachtet werden, sie steht in dialektischem Verhältnis zu den anderen Variablen des Konstrukts, das in dieser Untersuchung dechiffriert werden soll. Wichtig ist aber, daß es trotz aller Widrigkeiten bei den Lehrenden nichts Mystisches gibt, das eine Basis des gesamten Prozesses und der Konzeption des Mathematikunterrichts bildet. "Der Unterricht ist sehr abhängig von den Lehrkräften, sie haben ein großes Gewicht und spielen eine bedeutende Rolle. Nur wenige Lehrende verfügen über die besonderen Eigenschaften und die Geduld für die Vermittlung von Mathematik" (MG). Die Mathematiklehrenden sollen nicht für die aktuelle Situation des Bildungswesens verantwortlich gemacht werden, vielmehr geht es darum festzustellen, warum es dieses typische Verhalten von Mathematiklehrenden gibt.

Zahlreiche Lehrende sagen ihren Lernenden grundlos von den ersten Unterrichtsstunden an, daß die Mathematik sehr kompliziert und schwierig sei. Dieses pädagogische Verhalten erzeugt bei den Lernenden eine Blockade gegenüber dem Fach, und jegliche didaktische und pädagogische Bemühung muß sich mit dieser Anfangsfrustration auseinandersetzen.

"Los profesores hacemos mucho daño sicólogo a nuestros alumnos al decirles continuamente que la matemática es muy difícil y que del grupo solamente pasarán algunos cuantos, de esta manera reacciona el alumno con poco interés y disminuye su entusiasmo por la asignatura. Se oye decir con frecuencia a los docentes que de 30 alumnos pasarán solamente 5, o que solamente pasará la mitad o que quien no estudia no aprobará la materia o pasará al grado siguiente" (RP).

Hinzuweisen ist auch auf die Tatsache, daß viele Lernende nach Meinung einiger Expertinnen und Experten größere Probleme mit der Allmachtshaltung ihrer Lehrer und Lehrerinnen als mit der Mathematik selbst haben, "ich habe beobachtet, daß Schüler gewisse Schwierigkeiten mit den Lehrern und nicht mit der Mathematik haben" (AL). Die Lernenden bemerken sehr deutlich, welche Beziehung die Lehrenden zur Mathematik haben, wenn sie sie mögen, widerspiegelt sich das auch im Unterricht, was im gegenteiligen Fall ebenso gilt. Das heißt, "der Lehrer selbst hat wenig Spaß an seinem Fach und kann dann unmöglich Freude und Motivation beim Schüler auslösen, wenn etwas lustlos gemacht wird, reagieren die Kinder in gleicher Weise" (AB).

Konserviert haben sich Haltungen, daß der beste Lehrende derjenige ist, in dessen Klasse die meisten Nachprüfungen erforderlich sind, oder dessen Prüfungen die schwierigsten sind, oder der das Fach am abstraktesten unterrichtet. Wo liegt der Ausgangspunkt für dieses Verhalten der Lehrenden? Ist es Ergebnis der Ausbildung an der Universität oder Konsequenz unserer frontalen pädagogischen Auffassung, die auf Druck basiert und auf den Lehrenden zentriert ist? Diese Fragen sollen im folgenden untersucht werden.

 

4.1.7 Defizitäre Leistungen der Lernenden im Vergleich zu anderen Fächern

These 7:

Die Leistungen (121) der Lernenden an Schule und Hochschule im Mathematikunterricht sind im Vergleich zu anderen Fächern nicht befriedigend, in Examen und Prüfungen weisen sie ebenso wie im täglichen Lern und Lehrprozeß Defizite auf.

In Abb. 21 zeigt sich ebenso wie gegenüber der vorherigen Kategorie ein deutlicher Unterschied zwischen beiden Ländern im Hinblick auf das Thema Leistungen im Mathematikunterricht (122). Die Zahl der Expertinnen und Experten und die Menge der Aussagen in Nicaragua belegt, daß die Leistungen im Mathematikunterricht geringer sind als in anderen Fächern. Das bedeutet nicht, daß die Leistungen in Venezuela besser sind, ein solcher Vergleich zwischen beiden Ländern wurde nicht angestellt, sondern in Nicaragua wird dies offensichtlich stärker reflektiert. Bedeutsam an den Meinungen der Expertinnen und Experten aus beiden Ländern ist aber, daß sie in der Bildung nicht an Leistungswettbewerb im Sinne der kapitalistischen Leistungsauffassung interessiert sind, denn "es gibt in der Mathematik viel wichtigere Dinge als geringe Leistungen und die Zeit als Gradmesser derselben im Unterricht. Das Problem der Leistungen ist schwer zu lösen, worum es geht, ist das Lernniveau unserer Schüler und die Freude an der Mathematik" (AL).

Wenn auch auf offizielle Zahlen zu den Leistungen in verschiedenen Fächern kein Verlaß ist, so zeigen doch die Erfahrungen der befragten Expertinnen und Experten, daß die Leistungen der Lernenden in Mathematikprüfungen unter den Erwartungen der Bildungsprogramme und der Lehrenden bleiben. "Die Zahlenvergleiche zu absolvierten oder wiederholten Prüfungen in diesem und in anderen Fächern widerspiegeln nicht, was in diesem Fach geschieht, auch wenn viele damit die Meinung begründen, die Schüler hätten Schwierigkeiten mit der Mathematik" (TG).

Wenn die Mathematikleistungen nach den Wettbewerbsparametern und -kriterien gemessen werden, zeigt sich in beiden Ländern, daß sie unter denen in anderen Fächern und unter den Erwartungen der kapitalistischen Bildungskonzeption liegen. Die Variablen, die diese scheinbar niedrigen Leistungen beeinflussen, sind sehr umfangreich. "Vieles muß untersucht werden, um die Ursachen für das Leistungsproblem im Mathematikunterricht zu finden. Es ist eine Tatsache, daß die Leistungen und die Assimilation der Grundkenntnisse Defizite aufweisen, so verstehen von 30 Schülern häufig nur vier oder fünf, was ihnen erklärt wird" (AF). Die wenigen guten Mathematikschülerinnen und -schüler wollen häufig in beiden Ländern in dieser Richtung weiterlernen und sogar Mathematik oder ein verwandtes Fach studieren. Dies betrifft jedoch leider nicht die Mehrheit. Das heißt:

"Son pocos los alumnos buenos en matemática, de 30 solamente un 10% mantiene un buen rendimiento desde el 7º grado hasta el quinto año. De un estudio localizado con 500 alumnos de 7º grado en nuestro plantel, 50 llegan a 14 puntos y el promedio es alarmante. En todas las asignaturas el promedio de esa muestra está entre 10 y 11 puntos, los docentes de literatura y lenguaje también se quejan de esa situación, pero en matemática es peor" (MG).

In Nicaragua ist die Meinung ähnlich, "im Falle unserer Schulen sind die Leistungen alarmierend, sie liegen unter den Ergebnissen in allen anderen Fächern, und nur bei 8% kann man nach unseren Statistiken von guten Schülern sprechen" (PP).

Ein Aspekt, bei dem drei Expertinnen und Experten aus Venezuela eine andere Meinung vertreten als die übrigen, ist die mögliche Beziehung zwischen den sozioökonomischen Verhältnissen der Lernenden und ihren Leistungen in Mathematik. Die drei Expertinnen und Experten bezogen sich auf Studien von PDVSA und USB (123) zu Bildungsleistungen in "Fe y Alegría", nationalen Schulen und Kreisschulen im Distrikt Sucre in der Hauptstadtregion, nach denen die Leistungen in den drei Bereichen ähnlich waren. Dies widerspricht den Erfahrungen und jüngsten Erlebnissen der Experten, die eine gegenteilige Meinung vertreten. Im weiteren wird eine absolute Übereinstimmung zu sozioökonomischen Faktoren in beiden Ländern zu sehen sein.

4.1.8 Anhäufung von Wissenslücken und ihre Konsequenzen

These 8:

Bereits in der vierten Klasse beginnt die Anhäufung von Wissenslücken zu elementaren mathematischen Konzepten, die in den Folgejahren zu unlösbaren Problemen werden und dazu führen, daß Abiturienten mit Defiziten bei einfachsten mathematischen Kenntnissen an die Universität kommen und Schwierigkeiten beim erfolgreichen Abschluß des Studiums haben.

Die vierte Kategorie, die nach dem Gewicht der Aussagen in Venezuela den dritten und in Nicaragua den vierten Platz einnimmt und zu der sich in Venezuela mehr Teilnehmer geäußert haben, bestätigt die anfängliche Einschätzung, daß der Schwerpunkt der Probleme im Mathematikunterricht zwischen der vierten und sechsten Klassenstufe der Grundschule liegt. Das geht nach Ansicht der Expertinnen und Experten und auch meiner Ansicht nach auf zwei Erscheinungen zurück, die Aufmerksamkeit und tiefergehende Analyse erfordern. Zum einen findet von der sechsten Klasse an ein Übergang von einfacheren mathematischen Inhalten, die für die Kinder der ersten drei Klassenstufen interessanter sind, zu einer mathematischen Konzeptualisierung bei stärkerer Formalität statt. Zum zweiten ist die Ausbildung und das didaktisch-methodische Handeln der Lehrenden in dieser Altersstufe zu betrachten. Hier einige Ergebnisse zur achten Schlußfolgerung:

Anscheinend bildet der erste Kontakt der Lernenden mit mehr oder weniger ausgearbeiteten mathematischen Konzepten den Anfangspunkt der Schwierigkeiten. Die Tatsache, daß die Verständnisprobleme in den ersten Klassenstufen beginnen, kann auf die abrupte Art zurückzuführen sein, in der diese ersten Kontakte mit der Mathematik in beiden Ländern stattfinden. Von Anfang an wird eine große Zahl von mathematischen Inhalten vorgestellt, für deren Verständnis die Zeit nicht reicht. Hinzu kommen der Druck der Schule und die Last der bereits beschriebenen sozialen Vorurteile. Daraus entwickeln sich im Laufe der Zeit die Schwierigkeiten mit der Mathematik in den höheren Klassen. Einer der Teilnehmerinnen und Teilnehmer meint dazu: "Die Probleme im Mathematikunterricht beginnen mit der Spezialisierung im vierten Grundschuljahr, im fünften und sechsten Jahr wird es dann noch komplizierter, obwohl sie zum Beispiel mit den natürlichen Zahlen gut arbeiten können. Aber wenn es schwieriger wird, wie bei den ganzen Zahlen, ziehen sie ihre eigenen Kenntnisse in Zweifel und beginnen schwerwiegende Fehler zu machen " (NN). Bis zum vierten Schuljahr gibt es keine großen Unterschiede in der Arbeit der Lernenden in der Schule und zu Hause, danach verringern sich diese Gemeinsamkeiten. "Ich denke, von der sechsten oder fünften Klasse an verliert sich der rote Faden, und dann beginnen die Probleme im Mathematikunterricht" (TG). Ein Prozeß der Ansammlung von nicht ausgereiften und unzureichend praktisch geübten Konzepten beginnt, der schließlich zu Unsicherheit und Verwirrung über die Vielzahl von unverständlichen Definitionen, Regeln, Formeln, Figuren und Algorithmen führt. "Aus der Grundschule bringen die Schüler lückenhafte oder falsche Kenntnisse über elementare Konzepte wie Brüche, Dezimalzahlen, Gleichungen, Prozentrechnung, einfache geometrische Figuren und Maße mit. Diese schlechte Basis aus der Grundschule macht es ihnen unmöglich, den Anforderungen der Sekundarstufe gerecht zu werden" (ME).

Häufig liegt das Problem der Lernenden nicht im Verständnis eines neuen Begriffs, sondern darin, daß die zuvor behandelten nicht gefestigt sind, so daß selbst bei elementaren Inhalten wiederholt Fehler gemacht werden, die den nächsten Schritt unmöglich machen. "Die Mathematikausbildung muß sich darauf konzentrieren, die Schüler zum richtigen Überlegen zu bringen, und das muß natürlich in der Grundstufe anfangen, denn von dort bringen sie die Wissenslücken mit. In der siebenten Klasse haben sie mit ganzen Zahlen, Brüchen und rationalen Zahlen die größten Schwierigkeiten" (MG).

Das fehlende Verständnis für die grundlegenden mathematischen Inhalte und später der Mathematik insgesamt erklärt sich außerdem aus einer lückenhaften arithmetischen und geometrischen Basis, die in der zweiten Phase der Grundschule, d.h. von der vierten bis zur sechsten Klasse, gelegt werden soll. Diese Themen werden zwar behandelt, aber ohne genügend Zeit und ohne methodische Strategien zur Schaffung solider Grundlagen für die Beschäftigung mit neuen Themen. Häufig antworten die Lernenden, ohne die geringste Ahnung zu haben: "Wenn man sie zum Beispiel fragt, wie eine Figur mit drei Seiten aussieht und wie sie heißt, hört man die unmöglichsten Antworten, und das ist ein Problem der Vorkenntnisse" (AB). Die erste Begegnung mit der Mathematik, das Reifen und Verarbeiten von Kenntnissen sind wichtiger als Abitur und Universität, aber hier fehlt es an geeigneten menschlichen Ressourcen für wirklich guten Unterricht.

Alle Beteiligten stimmen darin überein, daß die Grundschullehrer und -lehrerinnen, die von der 1. bis zur 6. Klasse (in Venezuela sogar bis zur 9. Klasse) alles unterrichten, Teil des Problems und Ausgangspunkt für Lösungsvorschläge sind. Offenbar gibt es seitens der Lehrenden selbst eine gewisse Vernachlässigung der Mathematik aus folgenden zwei Gründen: erstens haben sie keine gute didaktische und mathematische Ausbildung erhalten, und zweitens ziehen sie andere Fächer vor. "Die Grundschullehrer müssen alle Fächer unterrichten und deshalb vernachlässigen sie einige, wie Mathematik, die ihnen nicht liegen. Einige Grundschullehrer beherrschen den Stoff nicht ausreichend, und hier beginnt eine Kette, an deren Ende man die Verantwortlichen für die schlechten Leistungen sucht" (ME). Alle Expertinnen und Experten in beiden Ländern sind der Ansicht, daß pädagogische, didaktische und ökonomische Bemühungen zugunsten der Grundschulausbildung, vor allem aber der Ausbildung der Grundschullehrenden, unternommen werden müssen, wie zwei der Befragten erläutern:

"El trabajo de los maestros (primaria) juega un papel muy importante en la enseñanza de la matemática, a pesar de los múltiples problemas que tienen los alumnos desde todo punto de vista, porque allí empiezan los problemas" (RP). "Hay que empezar por la formación de las maestras de enseñanza primaria y a ellas hay que enseñarles a dar matemática, el problema radica en la escuela básica y principalmente en la primera etapa, sobre todo cuando ellas dan clase desde el primer al tercer grado. Parece ser que tienen mucha inseguridad y además les produce angustia no poder enseñar correctamente ciertos contenidos" (EC).

Eine spezielle Frage, die Lehrende nicht gern kommentieren, ist die Einstellung der Grundschullehrer und -lehrerinnen zu ihrer Ausbildung und zu ihrer Arbeit. "Studenten, die Grundschullehrer werden wollen, sind Lehrer, die alle Fächer unterrichten. Sie selbst sagen aber, daß sie nicht gezwungen sind, Mathematik zu unterrichten" (AB). Das Niveau der mathematischen Kenntnisse dieser Lehrenden ist unzureichend, da der Schwerpunkt in ihrer Ausbildung auf andere Fächer gelegt wird. Da noch ihre eigenen Wissenslücken aus der Schule hinzukommen, sind die Bedingungen für den Mathematikunterricht in der Grundschule unvorteilhaft.

Dies sind keine geeigneten Voraussetzungen für einen guten Start der Grundschülerinnen und -schüler in die Mathematik. "Scheinbar wissen sie viel über viele Fächer, aber auf die Dauer werden mathematische Konzepte und Didaktik nicht vertieft" (NN).

Die Grundschullehrer und -lehrerinnen sind für die Kinder in doppelter Hinsicht unvorteilhaft: Einerseits beeinflußt das mangelhafte Wissen die Suche nach angemessenen methodischen Strategien negativ. "Sie haben nicht genügend Kenntnisse, um bestimmte methodische Strategien für die Vermittlung zu erlernen, und ich beziehe mich auf elementare Dinge wie natürliche, ganze und rationale Zahlen" (AB). Andererseits gibt ihnen die Tatsache, daß sie andere Fächer unterrichten können und müssen, die Möglichkeit, die Mathematik zu meiden. Ein Grund dafür ist möglicherweise eine gewisse Unsicherheit und Furcht vor der Materie, wie Walter Beyer erklärt:

"Allí hay una cosa muy importante, el maestro tiene miedo a equivocarse, en educación el docente no debe equivocarse porque es punitivo. Él siempre tiene la razón. Esto tiene que ver con la sociedad que tenemos, aquí es prohibido equivocarse, si un docente se equivoca entonces todo el mundo le cae encima. Se debería decir: bienvenido el error y vamos a ver por qué razón apareció ese error, vamos a buscar las razones por las cuales se cometió el error. Es necesario ver el mecanismo y las causas por las cuales se cometió el error" (WB).

 

4.1.9 Sinkende Anziehungskraft des Mathematikunterrichts in der Sekundarstufe

These 9:

Die Lernenden der Sekundarstufe mögen die Mathematik nicht nur wenige fühlen sich von ihr angezogen, während die Mehrheit den Kontakt mit der Mathematik ablehnt.

Die neunte Kategorie ist für Nicaragua im Hinblick auf Teilnehmerinnen und Teilnehmer und Aussagen von geringer Bedeutung, in Venezuela weist sie in beiden Parametern ein größeres Gewicht auf. Bezogen wurde diese Feststellung in beiden Ländern auf Lernende der 7. bis 12. Klasse der Sekundarstufe. Weder Grundschule noch Hochschulausbildung wurden hier einbezogen, obwohl es sicher interessant wäre, dies zu untersuchen. Neben der Verwendung des Begriffs `nicht mögen` wurde auch von Ablehnung der Mathematik gesprochen, beide Ausdrücke fielen etwa proportional. Zu berücksichtigen ist, daß dieser Aspekt in beiden Ländern im Zusammenhang mit den Problemen des Mathematikunterrichts genannt wurde.

Die Expertinnen und Experten meinen, daß die Menschen normalerweise nicht sagen, daß sie die Mathematik mögen, "es ist nicht einfach, jemanden zu finden, der sagt, Mathematik hätte ihm Spaß gemacht" (MA). Sie kann auch keinen Spaß machen, wenn sie fremdartig und unter Druck vermittelt wird und außerdem weitere Hürden existieren.

"A un joven o a un niño que lo paran a las 5 de la mañana y lo llevan tan temprano a un salón de clases por qué tiene que gustarle la matemática, está siendo obligado a estar en un sitio que ni siquiera le gusta y que a él no le han preguntado si le gusta. Hay un conjunto de otras causas, el poco gusto por la matemática es una cosa muy compleja y a nadie le gusta lo malo, lo fastidioso y lo que le hace sufrir. Al hombre le gusta lo placentero, lo que le depara una sensación de bienestar, de placer y lo que le da seguridad antológica" (AL).

Die Ursachen für die geringe Freude an der Mathematik müssen sicher noch weiter untersucht werden, die Ablehnung der Mathematik hat aber auch mit dem Erlernen von Inhalten zu tun, die für die Lernenden wenig Sinn ergeben. Die Expertinnen und Experten verweisen darauf, daß sich die Einstellung zum Mathematikunterricht sofort positiv verändert, wenn die Aufgaben einfach und anhand von alltäglichen Problemen präsentiert werden. "Häufig sagen sie, Mathematik mögen sie nicht, und sie werden sie nie anwenden. Dann bringe ich Beispiele für Einkauf und Verkauf auf dem Markt, und das gefällt ihnen" (MA). Diese Feststellungen zeigen, daß die Art und Weise, wie Mathematik zur Zeit vermittelt wird, bei den Lernenden der Sekundarstufe wenig Freude und Interesse weckt, weil sie nicht an den Interessen und Fähigkeiten der Lernenden anknüpft. "Mathematik macht den Schülern immer dann Spaß, wenn sie einfach, ohne große Komplikationen und in Anlehnung an ihre Interessen vermittelt wird. Es muß ihnen Spaß machen und kein Zwang sein" (ME).

 

4.1.10 Rolle der Familie bei der Bewältigung mathematischer Probleme und ihre Vorurteile

These 10:

Die Familie spielt für den Mathematikunterricht eine große Rolle. Hier entstehen einerseits die Vorurteile gegenüber dem Fach, andererseits gibt es wenig Unterstützung für die Kinder bei der Lösung von Mathematikaufgaben.

In Abb. 21 ist ersichtlich, daß in der Kategorie 10 bei beiden Parametern das Gegenteil zur Kategorie neun festzustellen ist, wobei die Proportionalität von Aussagen und Teilnehmerinnen und Teilnehmer bestehen bleibt. Für Venezuela war sie außerdem nicht von so großer Bedeutung, was möglicherweise soziale Ursachen hat, die hier jedoch nicht analysiert werden können. Für 36% der Befragten ist diese Kategorie für den Mathematikunterricht von Bedeutung, in Nicaragua sogar für 50%. Entsprechend der Aussagen beeinflußt die Familie folgende Variablen:

"No solamente la reproducción de los profesores universitarios, sino que todo esto está ligado a una concepción que tiene la sociedad y la familia de la matemática. Eso influye definitivamente en su aprendizaje. Los padres empezamos a decirle a los niños de que no sabemos, de que se nos hace difícil, que no la entendemos. Ese miedo, ese temor empieza a fijarse en las mentes de los alumnos. Yo tengo una tesis y es que la familia y la sociedad sí juegan un papel muy importante en todo esto" (MC). "A mí me parece que hay una tendencia de rechazo generalizado en este asunto de la matemática, en casi todos los niveles del sistema educativo, la enseñanza en las normales, en las universidades y en general donde se forman los docentes" (PP).

Bereits in der Familie hören die Kinder, daß Mathematik sehr schwierig ist und darum mit besonderer Konzentration und Zeitaufwand gelernt werden muß. Freude und Begeisterung der Kinder werden vorgeprägt, ohne daß sie überhaupt schon mit der Mathematik, ihren Schönheiten und ihrem Nutzen in Berührung gekommen wären.

"La familia y especialmente los padres juegan un papel negativo en la enseñanza de la matemática de los niños y de los alumnos en general, ya que ellos dicen con frecuencia que la matemática hay que estudiarla mucho porque ella es muy difícil y nunca han podido entender nada, esta es una tradición arraigada en la población" (MC). "Los alumnos asisten al acto de aprendizaje y enseñanza de la matemática prejuiciados por la sociedad y la familia, lo cual hace que vea la matemática como algo difícil sin poner aprueba su capacidad para la matemática" (MM).

Unter Umständen gewähren die Eltern noch Unterstützung, solange es sich um Grundwissen handelt, aber in dem Maße, wie die Aufgaben komplizierter werden, nimmt die Hilfe ab. Einer der Gründe dafür ist der mathematische Analphabetismus der Bevölkerung, der Unterstützung für die Kinder unmöglich macht, obwohl diese sie dringend brauchen.

Wegen fehlender Informationen und unter dem Einfluß der oben beschriebenen Haltung trägt die Familie kaum dazu bei, die Kinder bei der Überwindung von Schwierigkeiten mit der Mathematik zu unterstützen oder diese Situation zu ändern.

"Los valores que le hemos transmitido a los muchachos se reflejan en el aula y tienen que ver con lo que está sucediendo en la sociedad sobre el rechazo a la enseñanza y en especial a la matemática. No se incide positivamente en la conducta del hogar y de la familia. Entonces el niño le tiene miedo a la matemática desde antes de ir a la escuela, sin que nadie lo proteja o le advierta sobre lo interesante, bonito e importante de esta asignatura" (MC).

"En una sociedad en crisis donde los padres no se responsabilizan por sus hijos, hogares desequilibrados e inestables, donde no hay nadie quien le pregunte al niño por lo visto y por las tareas pendientes porque tienen que trabajar mucho y no pueden llegar a tiempo ya que viven muy lejos. Padres de familia que tienen que buscar formas para poder alimentar a sus hijos" (ML).

 

4.1.11 Rolle der Massenmedien

These 11:

Die Massenmedien wie Presse, Rundfunk und Fernsehen können dazu beitragen, dem Mathematikunterricht Impulse zu geben, in vielen Fällen bringt aber gerade das Fernsehen bei den Lernenden eine ablehnende Haltung gegenüber der Mathematik hervor.

Die Kategorie 11 wurde in beiden Ländern von einer geringen Zahl der Expertinnen und Experten genannt; dies jedoch nicht wegen ihrer mangelhaften Bedeutung, sondern weil es schwierig ist, die traditionellen Medien mit dem Mathematikunterricht in Verbindung zu bringen (s. Abb. 21). Alle Aussagen zu dem Thema bezogen sich jedoch auf zwei Variablen, die mit negativen oder positiven Einflüssen der Medien auf den Mathematikunterricht zu tun haben (125).

In erster Linie handelt es sich um den negativen Einfluß, den ausschließlich das Fernsehen auf das Erlernen der Mathematik ausübt. Einerseits "befördert es eine abschätzige und ablehnende Haltung gegenüber diesem Fach" (TG), da häufig u.a. davon die Rede ist, wie schwierig die Mathematik ist oder daß man sie nie mochte. Andererseits "zerstören die gewaltsamen und inhumanen Sendungen in wenigen Minuten, was von Kindern und Schule an einem Schultag aufgebaut wurde" (MM). Hier ist eine weitergehende Forschung unbedingt erforderlich; es gibt z.B. Aussagen, nach denen der Umfang des Fernsehkonsums direkt proportional zu den Mathematikleistungen ist (126). Das venezolanische und nicaraguanische Fernsehen ist sehr schlecht, es gibt eine Vielzahl von Sendungen voller Gewalt und sehr viel Werbung. Es erreicht faktisch jeden Haushalt. So ist zu beobachten, daß die Bevölkerung, vor allem die Kinder, viele Stunden vor dem Fernseher verbringen und besonders destruktive Programmimporte aus Europa und den USA sehen. "Häufig können die Schüler sich nicht auf ihre Aufgaben konzentrieren, weil sie mit Geschwistern und Eltern zusammen auf engstem Raum leben und stundenlang der Fernseher läuft" (ME).

Ein weiterer, nicht unbedingt negativer Aspekt ist die Tatsache, daß die Medien der Vermittlung von mathematischen und generell wissenschaftlichen Kenntnissen wenig Raum geben. Es gäbe durchaus die Möglichkeit, die Medien und vor allem die Zeitungen sinnvoll für den Mathematikunterricht zu nutzen. So könnten die Zeitungen dienlich sein, "indem man ihnen historische Informationen, Spiele und Rätsel entnimmt, ihre Inhalte einfließen läßt und auch die Struktur der Zeitungen einbezieht" (TG). Die Printmedien sind eine Quelle für Informationen und geeignete Materialien, "sie sind ein adäquates Medium, um Mathematik zu vermitteln, indem man die Nachrichten kritisch und vom mathematischen Standpunkt aus interpretiert" (ME).

Die Expertinnen und Experten verfügen über nicht systematisierte Erfahrungen bei der Nutzung der Presse zur Einführung in bestimmte Themen wie z.B. die Prozentrechnung im zweiten Teil der Grundschule. In Nicaragua gibt es auch Erfahrungen mit der Nutzung des Rundfunks, und in Venezuela entwickelt das CENAMEC, teilweise auf der Grundlage der nicaraguanischen Praxis, ein Projekt zum Mathematikunterricht im Rundfunk. Dabei wird das Ziel verfolgt, Schule und Rundfunk so zu verbinden, daß Lernende, Lehrende und Rundfunkprogramme sowie Lehrbücher in koordinierter Form Themen aus dem Lehrplan behandeln.

Miguel Caldera verwies auf ein Ergebnis der Forschungen in Chinandega, demzufolge die Medien häufig ablehnende Äußerungen zur Mathematik und zum Mathematikunterricht bringen und damit bei Lernenden, Lehrenden und Familien Verwirrung stiften.

"Existe una campaña en los medios de comunicación y en la sociedad en general (en la fiestas, reuniones, novelas, comiquitas, etc.) en contra de la matemática. Esa aversión que señalábamos antes tiene que ver mucho con los prejuicios que existen en la familia y en la escuela misma. Es un gran problema también lo de la inversión económica en educación, nadie quiere invertir un "peso" más en esta área y pareciera que existe más bien un rechazo grande hacia la misma, especialmente en materias como la matemática" (PP).

 

4.1.12 Einfluß der gesellschaftlichen Entwicklungen auf den Mathematikunterricht

These 12:

Die Komplexität der negativen Entwicklungen in der venezolanischen Gesellschaft trägt scheinbar zu einer beschleunigten Verschlechterung des Mathematikunterrichts bei.

Die Kategorie 12, die nur in Venezuela zum Tragen kam, nimmt im Hinblick auf Aussagen und Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen wichtigen Platz ein. Hier sind die Äußerungen zusammengefaßt, die sich im Gespräch über die Situation des Mathematikunterrichts in Venezuela wiederholt auf die soziale Komplexität als Ganzes bezogen. Es ist festzustellen, daß die Expertinnen und Experten die Situation des Mathematikunterrichts mit größerem Pessimismus betrachten als die Nicaraguaner. Zurückzuführen ist das vor allem auf die Verschlechterung der Lage und die Verarmung der Bevölkerung seit 1983, dem Verfall der Erdölpreise (127). Der philosophische und soziologische Charakter der Äußerungen der Expertinnen und Experten erfordert eigentlich ein tieferes Eindringen in zwei Felder, die zwar mit der Untersuchung in Verbindung, nicht jedoch in ihrem Mittelpunkt stehen. Zu berücksichtigen ist in jedem Fall, daß Lernen und Lehren von Mathematik nicht zu trennen sind von der sozialen und philosophischen Komplexität, auf die die Expertinnen und Experten hinweisen. "Das ist ein komplexes und schwerwiegendes Problem, und alle Vorhaben des Ministers und des Ministeriums werden erfolglos bleiben, wenn der soziale Notstand der venezolanischen Bevölkerung nicht thematisiert wird" (CM). Noch gibt es keine "verläßlichen Daten, die diese Verknüpfung belegen und Schlußfolgerungen zulassen, aber es ist klar, daß ein Komplex von Faktoren bestimmenden Einfluß auf die Probleme des Mathematikunterrichts in Venezuela ausübt" (JM), daß die gravierenden sozialen und ökonomischen Veränderungen der letzten 14 Jahre Auswirkungen auf den Mathematikunterricht haben. 

 

4.1.13 Rolle der Sprache im Mathematikunterricht

These 13:

Der Sprachgebrauch spielt eine wichtige Rolle im Gesamtkontext der Probleme des Mathematikunterrichts.

Die Kategorie 13, die in sich sehr komplex ist, wurde nur in Venezuela von 6 Expertinnen und Experten benannt. Diese Kategorie bezieht sich auf den Einfluß des Sprachgebrauchs auf den Mathematikunterricht (128),es geht nicht um die didaktische Tendenz, Mathematik zusammen mit Sprache als neues Lehrfach zu unterrichten, auch wenn beide Fächer miteinander verbunden sind (129). Die befragten Expertinnen und Experten stimmen darin überein, daß die Lernenden der verschiedenen Stufen des Bildungssystems hinsichtlich des Sprachgebrauchs zwei Probleme aufweisen: einerseits fällt es ihnen schwer, verbale Informationen in Aufgabenstellungen oder Hinweisen der Lehrenden oder in den Lehrbüchern korrekt zu erfassen (dazu folgt eine weitergehende Analyse). "Viele Defizite gibt es im Sprachgebrauch und in mathematischer Terminologie, was ebenso gravierend ist wie Defizite in der Mathematik selbst, denn dadurch wird richtiges Verständnis der mündlich gegebenen mathematischen Informationen unmöglich" (EC). Offensichtlich sind die Lernenden nicht an den Sprachgebrauch in der Mathematik gewöhnt (und hier ist nicht die Rede vom mathematischen Symbolismus), wie z.B. Formel, Gleichung, Bruch, geometrische Figur, Radikale etc. Es handelt sich um Begriffe, die mit der Mathematik verbunden sind und im alltäglichen Sprachgebrauch nicht genutzt und nicht beherrscht werden, da sie mit Mathematik zu tun haben und daher Schwierigkeiten bedeuten. Anders gesagt:

"Es un lenguaje aún no comprendido porque cuando uno le habla a los niños y a los estudiantes en general es como si uno les hablara en otro lenguaje que ellos no entienden, él puede participar en cualquier área del conocimiento y es como hablarle en la calle a la gente en Chino y la cuestión es que la naturaleza está escrita en el lenguaje de los números, pero la gente no sabe ni siquiera hablar español, menos concebir la matemática como lengua" (AL).

Diese Schwierigkeit geht auf die abstrakte Präsentation der mathematischen Terminologie im Unterricht zurück, im Alltag sind Begriffe wie Gleichung, Formel, Zahl etc. kaum präsent. "Ein Schüler sieht in seiner Umgebung keine Zylinder, vielmehr ist der Zylinder einfach eine abstrakte, symbolische Darstellung dieser Objekte, das ist der Sprachgebrauch für ihre Darstellung" (JM). Diese Idealisierungen oder Kommunikationsvereinbarungen in der Mathematik wie die geometrischen Figuren könnten durchaus übertragen werden. In Fächern wie Biologie oder Physik treffen die Lernenden auf zahlreiche ihnen bekannte Begriffe, aber im Mathematikunterricht wird mit abstrakten Termini gearbeitet, die den Lernenden wenig sagen. Aus diesem Grund "sollte die mathematische Terminologie so viel wie möglich gemeinsam mit den mathematischen Objekten in der Realität verwendet werden" (AB).

 

4.1.14 Motivation für den Mathematikunterricht

These 14:

Motivation für den Mathematikunterricht.

Das Thema der Motivation im Mathematikunterricht ist problematisch und übersteigt den Rahmen dieser Untersuchung (130). Möglicherweise war dies die Interpretation der wenigen Expertinnen und Experten in Venezuela, die sich zu diesem Punkt äußerten. Die fünf Aussagen standen im Zusammenhang mit dem Begriff Methodik und Lern- und Lehrbedingungen, in dem Sinn, daß die Motivation im Mathematikunterricht direkt proportional von der Methodik und den inneren und äußeren Lernbedingungen abhängt (s. 4. 2). "Wenn es große Probleme gibt, der Lehrer inaktiv ist, nicht fleißig gearbeitet wird, keine Vorbereitung gemacht wird, unregelmäßig am Unterricht teilgenommen wird und Unzufriedenheit herrscht, sind die Schüler demotiviert. Wenn der Lehrer nicht über solide Kenntnisse, eine gute Vorbereitung und Motivation verfügt, scheitert er - unabhängig vom Lehrschema, dem er folgt" (AB).

Bei den Kindern gibt es anfänglich anscheinend eine gewisse natürliche Motivation für die Mathematik, die auf einem bestimmten Abstraktionsniveau der Kenntnisse, wie in K1 dargestellt, verlorengeht. Wenn die Lehrenden vom Konkreten, Interessanten und Erlebbaren zu einer rein symbolhaften Mathematik übergehen, kommt es zu einem Motivationsverlust. "Viele Lehrer suchen nach Möglichkeiten, die Schüler zu motivieren, zu Anfang mit einfachen Beispielen, Geschichten und Problemen, dann beginnt die Formalisierung, und dort tauchen die Schwierigkeiten auf" (MF). "Der Motivationsverlust beginnt, wenn die Lehrer nur noch Aufgaben stellen, für deren Korrektur sie dann keine Zeit haben" (MG).

Wenn die Lernenden spüren, daß ihnen mathematische Probleme und Aufgaben in angenehmer Weise präsentiert werden und daß man sie ernst nimmt, sowohl als Personen als auch mit ihren Schwierigkeiten und Interessen, wachsen sie und ihre Motivation. Finden sie kaum Unterstützung und Anerkennung in der Familie, in der Gesellschaft, in der Schule und bei den Lehrenden, beginnen sie sich zu langweilen und die Lust zu verlieren.

 

4.1.15 Der soziale Mythos vom Mathematikunterricht

These 15:

Der soziale Mythos vom Mathematikunterricht.

Die letzte ebenfalls ausschließlich in Venezuela gewonnene Kategorie, deren Ergebnisse (s. Abb. 21) denen der Kategorie 10 ähneln, läßt die Schlußfolgerung zu, daß es sich hier zwar um ein Thema handelt, das weiter untersucht und diskutiert werden sollte, jedoch in beiden Ländern nicht als Bestandteil der Hauptprobleme des Mathematikunterrichts betrachtet wird. Nach Auffassung der Expertinnen und Experten hat sich "die Mystifizierung der Mathematik ausgeweitet, so wie es auch bei anderen sozialen Merkmalen geschehen ist. Wenn ein Kind von anderen Schülern hört, daß sie Schwierigkeiten mit der Mathematik haben, schwindet seine Vorfreude darauf" (AL). Generell gibt es die Überzeugung, daß Mathematik das schwerste Fach ist, daß dafür mehr Zeit und Anstrengung erforderlich ist, was zu einem Mythos, einem gesellschaftlichen Tabu geworden ist. Zu dieser Entwicklung haben jene Lehrenden beigetragen, die sich selbst als die absoluten Kenner der Mathematik betrachten. "Viele Ursachen sind für die Probleme des Mathematikunterrichts verantwortlich, aber eine entscheidende Rolle in negativer und in positiver Hinsicht spielt die Gesellschaft. Die Kinder hassen die Lehrer und die Mathematik nicht, weil sie schlecht sind und die Mathematik schrecklich ist, sondern weil um das mathematische Wissen ein Mythos entstanden ist" (CM).

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Endnote:

(109) Über die Reihenfolge der Kategorien siehe Abschnitt 3.4.3.7.

(110) Bis September 1996 wurde noch keine systematische und bedeutende Untersuchung durch das Kultusministerium oder private und/oder öffentliche Forschungsinstitute wie die Universitäten in beiden Ländern durchgeführt, die die Problematik des Mathematikunterrichts und insbesondere des Leistungsniveaus der Lernenden analysiert hätte. Nach Daten des ME in Venezuela bis Juli 1995 erreichten die Lernenden im Fach Mathematik der dritten Phase der "Escuela Básica", die das Jahr bestanden hatten, ein durchschnittliches Leistungsniveau von 10 Punkten bei einem Maximum von 20 Punkten (vgl. Statistiken über das Bildungswesen von 1995 des ME in Venezuela, 1996). Nach dem Bericht der Weltbank vom 28. September 1993 in Zusammenarbeit mit dem ME in Venezuela wurde das allgemeine durchschnittliche Leistungsniveau der Lernenden in naturwissenschaftlichen Fächern, Spanisch, Mathematik, Gesundheitserziehung und Gemeinschaftskunde dargestellt. Das Fach Mathematik war das schlechteste von allen. 78,8% der Lernenden fielen in den Prüfungen durch. Bei einer weiteren Untersuchung des ME in Venezuela wurde in der zweiten Phase (4., 5. und 6. Klasse der Primarstufe) ein Leistungsniveau in Mathematik mit nur 10 von 100 Punkten erreicht (siehe "El Universal, 30. Oktober 1994). In Nicaragua standen nicht so zahlreiche Daten zur Verfügung. Trotzdem läßt sich feststellen, daß das Leistungsniveau im Fach Mathematik ähnlich niedrig ist. Nach Ergebnissen der jährlichen Statistik des MED im Departament León bestanden durchschnittlich 30% der Lernenden in der Sekundarstufe und 35 % in der Primarstufe die Prüfungen in Mathematik (vgl. Rodrigo Penado, Koordinator der Abteilung der Fächer Mathematik und Naturwissenschaften in León 1995). Aus den Arbeiten von Miguel Caldera, Tomas Guido und Angela Flores über den Mathematikunterricht in León geht auch hervor, daß die Noten der versetzten Lernenden im Fach Mathematik in den drei Stufen des Bildungssystems bedeutend schlechter waren.

(111) Wie in Abschnitt 3.3.3.3 detailliert erklärt, bezeichnen die Kürzel (z.B. (WB)) den Experten oder die Expertin, die diese Aussagen gemacht hat. Als Quellenangabe dienen die Original-Kassettenmitschnitte sowie die auf zwei Disketten vorliegende Transkription der Kassettenaufnahmen. Interessierte an der kompletten Informationsgrundlage müssen sich persönlich an den Verfasser der vorliegenden Arbeit wenden. Dies geschieht auch aus Gründen des Datenschutzes und auf ausdrücklichen Wunsch der Expertinnen und Experten.

(112) Über das nicaraguanische Bildungssystem siehe z. B. Tünnermann-Bernheim (1992, 13) und in Venezuela Prieto Figueroa (1984).

(113) Siehe Kapitel 3 .

(114) Vgl. Baruk (1989).

(115) Siehe Kapitel 5 und 6.

(116) In beiden Ländern gibt es leider keine genaue statistische Erhebung von den jeweiligen Kultusministerien. Siehe dennoch die jährlichen Berichte des ME in Nicaragua (1996) und Venezuela (1996) für die Schuljahre 1994 / 1995. Für eine erweiterte und ausführliche Darstellung der Erziehung in Nicaragua siehe Arnove (1994). Ellermann (1997, 14) schreibt: "Die Lehrergewerkschaft ANDEN zählt über 1.200.000 unfreiwillige Schulschwänzer. Die UNESCO bestätigte die Zahlen der Gewerkschaft. Damit fällt rund die Hälfte aller schulpflichtigen Kinder aus dem Bildungssystem Nicaraguas heraus". In Venezuela ist die Lage ähnlich: Nach OCEI (1995, 45) "mußten von einer Schulpopulation, geschätzt auf 6.330.719 Lernende an Schule und Hochschule zwischen 3 und 24 Jahren, fast eine Million (999.628) das Schuljahr 90-91 wiederholen. Außerdem zeigten 42,3% der Lernenden in der Stichprobe eine sehr geringe Leistung. Bei 21,75% werden als Ursache der Schuljahreswiederholung Lehrprobleme, sozioökonomische Probleme und/oder der Zwang, Arbeit und Schule zu verbinden, genannt. Von je 100 Lernenden, die im Jahr 1981 mit der ersten Klasse angefangen hatten, beendeten nur 4 mit Erfolg ihr Abitur."

(117) Siehe Martín Wagenschein: "Die Tragik des Mathematikunterrichts" (1970a).

(118) Vgl. Gómez-Granell / Fraile (1993, 110).

(119) Siehe ME von Venezuela (1987, 105ff.).

(120) Im fünften Kapitel wird das Thema "Die Methode des Mathematikunterrichts in beiden Ländern behandelt. In bezug auf das Verhalten der lateinamerikanischen Lehrenden siehe Bigott (1975 und 1992).

(121) Siehe TIMSS (Baumert und Lehmann u. a. 1997).

(122) Der Ausdruck "Leistung im Fach Mathematik" ist bei vielen Aussagen der anderen Kategorien mitgenannt worden, wie z.B. "die sozioökonomische Situation der Lernenden und Lehrenden". Der Begriff "Leistung" hat in der venezolanischen und nicaraguanischen Bildungssprache häufig zwei Konnotationen: einerseits wird er mit den spezifischen Ergebnissen einer Prüfung assoziiert und anderseits mit den globalen Tätigkeiten der Lernenden, Lehrenden und der Schule.

(123) Universidad Simón Bolívar (USB) in Caracas und Petroleos de Venezuela Sociedad Anonima (PDVSA). Es war leider nicht möglich, diese beiden Arbeiten bei der Durchführung dieser Untersuchung zu berücksichtigen. Beide Institutionen sind in Venezuela wissenschaftlich anerkannt.

(124) Um die erwachsenen Eltern in den Mathematikunterricht zu integrieren, muß man auch an ihren mathematischen Kenntnissen anknüpfen. Man sollte ihnen nach dem Prinzip eine Mathematik für die "Comunidad" (Gemeinschaft aller an einer Schule direkt oder indirekt Beteiligten) die Möglichkeit geben, die mathematischen Grundkenntnisse ihrer Kinder ebenfalls zu erlernen, um die Kinder unterstützen zu können. Siehe zum Thema Mathematikunterricht für Erwachsene Schlömann (1993, 319f. und 1995, 412f.), Gruss (1995) und Jungwirth (1993).

(125) Seit 1993 gibt es Erfahrungen über die Benutzung des Rundfunks, um den Mathematikunterricht in der venezolanischen Grundschule zu fördern. Diese basieren auf einem lateinamerikanischen Projekt "Das Radio in der Schule", das Nicaragua Anfang der 70er Jahre als Pilotprojekt durchgeführt hat (CENAMEC 1993). Über den Einsatz von Zeitungen im Mathematikunterricht siehe z.B. a) Picard / Girodet (1978, 29ff.); b) Mora (1987, 21ff.); c) Volk (1994), Katzenbach / Sylvester (1996).

(126) Vgl. Interview von Julio Mosquera (Mora 1996a).

(127) Für aktuelle Informationen zur sozialen, ökonomischen, politischen und bildungspolitischen Realität in Venezuela siehe Vivancos / España (1993) und Cova (1996).

(128) Es existiert eine bedeutende empirische Untersuchung von Beyer (1995) über das Leseverständnis und seine Beziehung zu den mathematischen Tätigkeiten der Lernenden in drei Schulen der Escuela Básica in Caracas. Miguez (1993) verfaßte ebenfalls eine empirische Studie über den Einfluß der mathematischen Sprache bei der Problemlösung von Sachaufgaben.

(129) Im Laufe der 90er Jahre beschäftigen sich Gallin und Ruf (z. B. 1992 und 1995) mit Untersuchungen über Mathematik und Sprache, insbesondere in der Grundschule. In anderen Ländern wie z.B. Australien (vgl. Waywood 1992) wird auch zu diesem Thema geforscht , genauso wie in Venezuela von Beyer (1995) und Miguez (1993). Über die "sprachlichen Aspekte im mathematischen Anfängerunterricht siehe Klöckender (1994).

(130) Über das Thema der Beziehung zwischen den Lernenden und der Mathematik (Interessen und Motivation) siehe z. B. Bauer (1987) und Zech (1996).

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