Die zweite Fragestellung führte zur Erarbeitung von 8 Kategorien (s. Abb. 22), wobei sechs für beide Länder gültig sind und die letzten beiden nur auf Venezuela zutreffen. Die hier behandelten Punkte, die K16 bis K23 umfassen, sind folgende: 1) Die sozioökonomische Situation der Schul- und Hochschullehrkräfte, 2) Die sozioökonomische Situation der Lernenden in Grund- und Sekundarschule, 3) Der Mangel an geeigneten Lehrbüchern für die drei Stufen des Bildungssystems, 4) Lehrmaterial für den Mathematikunterricht, 5) Anzahl der Lernenden pro Klasse, 6) Privatisierung der Bildung, 7) Anzahl der Unterrichtsstunden für Schul- und Hochschullehrkräfte, 8) Überwachung und Bürokratie des Bildungsministeriums in Venezuela. Alle diese ökonomischen, sozialen und strukturellen Bedingungen, die den Mathematikunterricht beeinflussen, wurden als kollaterale Faktoren zusammengestellt, da sie sich um die ökonomische Lage von Ländern wie Nicaragua und Venezuela gruppieren und für die Expertinnen und Experten Priorität genießen im Hinblick auf die curricularen und sozialen Veränderungen, die in beiden Ländern erforderlich sind.
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4.2.1 Bezahlung der Lehrenden im gesellschaftlichen Kontext und ihre Motivationsabnahme |
These 16: |
Diese sowohl in Venezuela als auch in Nicaragua bedeutsamste Kategorie zur ersten Frage wurde von den 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer detailliert und umfassend diskutiert. Außerdem ist zu beobachten (s. Abb. 22), daß in bezug auf die Aussagen in beiden Ländern eine ähnliche Proportionalität besteht, die auf Parallelen der sozialen und ökonomischen Bedingungen zurückgeht, in denen Lehrkräfte in beiden Ländern leben (131) . Die Informationen der 25 Expertinnen und Experten könnten auch für weitergehende soziologische und ökonomische Untersuchungen von großem Interesse (132) sein. Auf jeden Fall stehen sie in engem Zusammenhang mit Problemen des Mathematikunterrichts in Venezuela und Nicaragua, was von allen Expertinnen und Experten mehrfach betont wurde.
Den Lehrenden bleibt im Hinblick auf die sozioökonomischen Schwierigkeiten nur ihre Berufung und die Bereitschaft, einen guten Lern- und Lehrprozeß in Gang zu setzen, denn in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht ist ihr Beruf nicht interessant. Wer das Studium mit dem Ziel aufnahm, seinen sozialen und wirtschaftlichen Status zu verbessern, wurde enttäuscht, da sich die Situation in den letzten zehn Jahren eher noch verschärft hat. "Lehrer sollten entsprechend ihrer Tätigkeit bezahlt werden, so könnte man auch die Lernenden besser motivieren; als erstes muß die Arbeit und ein sozioökonomischer Status gesichert sein, der dem entspricht, was sie tun, wofür sie studiert und einen Teil ihres Lebens und Engagement aufgebracht haben" (CM). Das führt zu dem Gedanken, daß "die niedrige Qualität der Ausbildung in Venezuela gleichzeitig Ursache und Auswirkung der sozioökonomischen Lage der Lehrer ist" (MM). Sie hindert die Lehrenden daran, stärkere Bemühungen für die qualitative Verbesserung des Mathematikunterrichts zu unternehmen (133) . Im folgenden werden auf der Grundlage der Analyse aller Aussagen der Expertinnen und Experten die Momente zusammengetragen, die die Interdependenz zwischen Mathematikunterricht und sozioökonomischer Lage der Lehrkräfte belegen.
4.2.1.1 Die Gehälter und die Zahl der Wochenstunden der Lehrkräfte in Grund- und Sekundarstufe
Zum Zeitpunkt der Durchführung dieser empirischen Studie erhält eine Lehrerin oder ein Lehrer in Nicaragua monatlich 60$ und arbeitet von Montag bis Freitag von 7.00 bis 12.00 Uhr. "Die Grundschullehrer werden bei uns sehr schlecht bezahlt, sie verdienen 400 bis 500 Cordobas, da kann man schon von miserabler Bezahlung sprechen. Einige Grundschul- und Sekundarschullehrer erhalten zusätzlich Geld für die Vorbereitungszeit, aber das ist selten und betrifft nicht alle Schulen" (TG). Das bedeutet, daß eine nicaraguanische Lehrkraft pro Unterrichtsstunde von 45 Minuten weniger als 2$ verdient. In der Sekundarstufe verdienen Lehrende, die ebenfalls 30 Stunden direkt mit den Lernenden arbeiten, monatlich etwa 75$, d.h. "Vollzeitlehrer bekommen etwa 600 Cordobas, an einigen Privatschulen werden für jeweils 10 Unterrichtsstunden zwei Vorbereitungsstunden bezahlt, das sind unglaublich niedrige Gehälter" (ML). Auch die Einkommen der Lehrkräfte in Venezuela stehen in keinem Verhältnis zur Tätigkeit und Verantwortung, die sie täglich übernehmen. Sie haben die gleiche Stundenzahl zu leisten wie ihre KollegInnen in Nicaragua und "bekommen etwa 100$ im Monat, einschließlich zusätzlicher Zahlungen, die in Kollektivverträgen mit dem Bildungsministerium vereinbart sind" (AB). Im Falle der Sekundarstufe "lohnt das Monatsgehalt von 150$ für 36 Stunden (à 45 Minuten) nicht den Aufwand, den Tätigkeit und Verantwortung erfordern" (MF). Dies führt automatisch zur Erhöhung der Stundenzahl. "Lehrer und Angestellte im öffentlichen Dienst haben in der Regel Probleme, die Miete, den Transport und die Ernährung zu bezahlen, mit ihren niedrigen Gehältern können sie nicht einmal die Grundbedürfnisse befriedigen" (CM).
4.2.1.2 Mehr Unterrichtsstunden zur Kompensierung der geringen Gehälter
In Nicaragua und in Venezuela können Mathematiklehrende, im Gegensatz zu anderen Berufen, die Zahl der Stunden erhöhen, um die Inflation teilweise auszugleichen und den Bedarf ihrer Familie zu decken. "In Venezuela gibt es keine Indexierung der Einkommen, und die fehlende wirtschaftliche Stabilität macht es Lehrern unmöglich, Zugang zu Krediten zu erlangen, um ihre Bedürfnisse befriedigen zu können" (JM). In Nicaragua stellt sich die Lage ähnlich dar, und aus diesem Grund arbeiten viele Grundschullehrkräfte in beiden Ländern in zwei Schichten, während Sekundarschullehrkräfte meist über 40 Wochenstunden, in einigen Fällen bis zu 60 Stunden leisten.
"No se puede hacer una atención individual porque los profesores tienen más de 52 horas semanales, casos en los cuales tienen 15 secciones de 7º grado, salen a las 12 y entran a la una en otro colegio hasta las seis y luego trabajan de noche hasta las 11 PM, todo para ganar un sueldo que le alcance para poder vivir" (MG). "Lo que ganan los docentes en ambos niveles sigue siendo muy deficiente para solventar las necesidades inmediatas y por lo tanto tienen que buscarse otros trabajos hasta tener inclusive 60 horas de clase directa con los alumnos semanalmente quedando apenas unos 15 minutos para descansar y comer alguna cosa corriendo" (FV).
4.2.1.3 Arbeit in anderen Bereichen
In beiden Ländern arbeiten viele Menschen, und zunehmend auch Lehrende, zusätzlich im informellen Wirtschaftssektor. Viele Mathematiklehrende geben abends, am Wochenende und im Urlaub Nachhilfeunterricht. Es besteht sogar die Gefahr, daß sich die Zahl der Mathematiklehrenden verringert, denn
"El factor socioeconómico de los docentes es tan grave que los que trabajan en el mercado pueden resolver sus problemas económicos más fácilmente que los mismos docentes" (RP). "Con la economía informal que tenemos se observa que la gente que mayor posibilidad tiene de hacer dinero es aquella que se dedica a una economía no formal, los vendedores son el ejemplo real de esa situación, alcanzando a los docentes" (CM).
Noch schwieriger ist die Situation auf dem Land, in kleinen Dörfern und Städten, in abgelegenen Regionen, wo die Lehrenden nicht die Möglichkeit haben, an mehreren Schulen gleichzeitig oder zusätzlich auf dem Markt zu arbeiten. In abgelegenen Regionen kommt das Problem hinzu, daß große Entfernungen zu überwinden sind. "Besonders beunruhigend ist es in den weit entfernten Gegenden, weil dort die Schulen keinen festen Lehrerstamm haben, sondern Lehrer aus den Städten kommen und jede Art von Unterricht machen. In der Konsequenz werden zum Teil bestimmte Fächer wie Englisch oder Mathematik gar nicht unterrichtet" (BM).
4.2.1.4 Verringerung des sozialen Ansehens
Die oben genannten Gründe führen dazu, daß Lehrkräfte unter sozialen Bedingungen leben müssen, die ihrer Arbeit und ihrem Verhalten in der Gemeinschaft nicht gerecht werden. Nur wenige von ihnen können sich Fachbücher für ihre eigene Weiterbildung, Computer oder andere Dinge zur Erleichterung ihrer Arbeit leisten. Häufig müssen sie zu verschiedenen Enden der Stadt gelangen und dabei auf ein unzureichendes Transportsystem zurückgreifen. Ihre Wohnbedingungen gestatten keine ausreichende Erholung in den wenigen freien Stunden, zudem wohnen sie häufig weit entfernt von ihren Arbeitsstätten. All diese Schwierigkeiten haben "zu einem Verlust an sozialem Ansehen (geführt), dabei sollten sie, der sozialen Bedeutung ihres Berufes angemessen, sozial anerkannt sein" (WB). Die sozialen, materiellen und Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte sind in den letzten Jahren immer schlechter geworden. "Ich glaube, vor Jahren haben die Lehrer gut verdient und ihr Ruf war hervorragend. Das hat sich sehr verändert. Lehrer wurden in der Gesellschaft wirklich respektiert und verehrt. Heute ist das leider nicht so. Sie hatten Autos, waren gut gekleidet, besaßen Häuser oder Wohnungen" (MG).
4.2.1.5 Konsequenzen für den Mathematikunterricht
Die sozioökonomischen Bedingungen, unter denen Lehrkräfte in Nicaragua und Venezuela arbeiten müssen, führen zu einer Lage, die die Entwicklungsmöglichkeiten des Lern- und Lehrprozesses einschränkt. Daraus erwachsen schwerwiegende Konsequenzen für die Lernenden und für die Gemeinschaft insgesamt, die vom Zustand des Bildungswesens ihrer Gesellschaft betroffen ist. "Die Bildung zu verbessern bedeutet, gut bezahlte und in jeder Hinsicht beachtete Lehrer zu haben" (CM). Eine Lehrkraft, der unter solchen sozialen, ökonomischen und Arbeitsbedingungen wirken muß, ist mentalem und physischem Druck unterworfen, der die Grenzen der Widerstandsfähigkeit erreicht und Hingabe und Konzentration auf die Arbeit verhindert. Die aktuelle Situation der Lehrkräfte führt zu "mentaler und physischer Erschöpfung, Vernachlässigung der Familie und der eigenen Vorbereitung besonders in Prüfungsphasen, wo Berge von Arbeiten auch am Wochenende korrigiert werden müssen" (FV). Die Lehrenden verlieren ihre Energie und die kreativen Fähigkeiten, denn die Lösung existentieller Probleme steht an erster Stelle und nicht die Entwicklung eines Mathematikunterrichts, in dessen Zentrum die Lernenden stehen. "Ein Lehrer, der existentielle Probleme hat, wird sich nie auf seine Arbeit und den Umgang mit den Schülern konzentrieren können" (MG).
Besonders betroffen von dieser Situation ist die Forschungstätigkeit, die Lehrende in Nicaragua und Venezuela brauchen und wollen. "Es muß eine Gruppe von Leuten geben, die sich der Forschung widmen wollen, aber sie müssen bezahlt werden und Möglichkeiten bekommen, sonst funktioniert es nicht, und gute Ergebnisse sind dann auch nicht zu erwarten" (CM). Bessere didaktische Vorbereitung und Weiterbildung kann nicht gefordert werden, wenn dazu nicht motiviert und keine Unterstützung, vor allem in Form von Unterrichtsmaterialien gegeben wird (134) . "Es ist anzunehmen, daß ein großer Teil der Lehrer sich für eine Verbesserung des Mathematikunterrichts einsetzen würde, wenn die sozioökonomischen Probleme gelöst wären" (MM).
Bei 60 Unterrichtsstunden in der Woche, Arbeit in verschiedenen Einrichtungen und 15 Klassen in der Sekundarstufe ist es illusorisch, eine adäquate Vorbereitung von Unterrichtsmaterialien zu erwarten. Die Unterrichtsplanung erfolgt im Unterricht selbst, in den Pausen oder den wenigen freien Stunden daheim. "Sie können den Unterricht nicht angemessen vorbereiten, alles wird zur Routine, es gibt keine Vorbereitung mehr, man kennt alles schon und ist es leid, über Didaktik nachzudenken" (MF). Der Staat ist sich nicht darüber im klaren, daß Bildung allgemein und mathematische Bildung speziell eine soziopolitische Aufgabe ist und auch als solche behandelt werden muß. Dann gäbe es motivierte Lehrende, die sich ihren Lernenden und der Mathematik widmen. "Der Staat muß seiner Verantwortung gerecht werden, den Lehrern ein Einkommen zu sichern, das es ihnen möglich macht, sich ausschließlich auf diese Arbeit zu konzentrieren, so könnte die Mathematikausbildung in unseren Ländern stark verbessert werden" (TG).
Hier ist nachzutragen, daß die Expertinnen und Experten andererseits darauf verweisen, daß eine bloße Gehaltserhöhung die Probleme nicht lösen würde. Es wäre eine notwendige, aber nicht ausreichende Voraussetzung, denn es gibt Beispiele für Tätigkeiten mit vergleichsweise besserer Bezahlung und weniger Arbeit; vielmehr ist eine globale wie lokale Übereinkunft zwischen Staat, Gesellschaft, Lehrenden und Lernenden erforderlich, um Probleme des Unterrichts zu diskutieren und zu lösen. D.h.,
"Pero si en un futuro se llegara a obtener un mejor salario el problema con la educación matemática en Nicaragua seguiría siendo igual, porque esto se debe también a un problema de la enseñanza en general que tenemos en nuestros países" (PP). "Un aumento considerable de los sueldos de los docentes mejoraría la situación de al educación en Venezuela, pero es claro que no es la solución, tenemos que resolver muchas cosas allá abajo, hay otros problemas que influyen significativamente en la educación matemática" (MG).
Im Bereich der Bildungsministerien und in der öffentlichen Meinung beider Länder hat sich eine oft wiederholte und häufig maßlose Kritik an den Lehrenden verfestigt, weil sie den Unterricht nicht vorbereiten, sich nicht weiterbilden, die Kinder nicht angemessen betreuen usw. Gefragt wird aber nicht nach den Bedingungen einer feindlichen, harten und willkürlichen Umwelt, in denen sie arbeiten und leben müssen. Ein Experte äußert sich dazu wie folgt:
"Necesitamos un docente que sea capaz de responder por 60 o 80 estudiantes y que no tenga necesidad de salir de su liceo para ir corriendo a otro, que no tenga problemas habitacionales, de alimentación, recreacionales. Hay profesores que tienen más de 300 alumnos. Es más sencillo para un docente que tiene 60 horas dar definiciones y dictar las clases de matemática que pensar en otras posibilidades de enseñanza" (CM).
These 17: |
Die zweite Kategorie reflektiert, bei quantitativ stärkerer Präsenz in Nicaragua (s. Abb. 22) und geringen inhaltlichen Unterschieden bei den Expertinnen und Experten beider Länder, als zweitwichtigsten Faktor in Nicaragua und viertwichtigsten in Venezuela den bestimmenden Einfluß der sozioökonomischen Situation der Lernenden auf den Lern- und Lehrprozeß im Mathematikunterricht. Der Unterschied im Hinblick auf die Zahl der Aussagen könnte zu dem Schluß führen, daß die sozioökonomische Lage der Lernenden in Nicaragua schwieriger ist als in Venezuela, was durch die vorliegende Untersuchung nicht bestätigt werden kann, obwohl in den Wortmeldungen der nicaraguanischen Expertinnen und Experten eine größere Nachdrücklichkeit und Akzentuierung dieses externen Faktors festzustellen ist. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen beiden Ländern, vor allem bezüglich der Arbeitslosigkeit, Anzahl der Schulen und Kinderarbeit in den Städten und auf dem Land. Es geht nicht um den Vergleich der sozioökonomischen Lage in beiden Ländern, sondern darum, externe Faktoren zu fixieren, die den Mathematikunterricht beeinflussen, denn "Bildung kann sich nicht unabhängig vom sonstigen Leben der Schüler, der Lehrer und der Krise des Landes entwickeln, sie steht im Kontext der Gesellschaft, die in Interaktion mit ihr tritt" (MM). Die Befragten sehen in der sozioökonomischen Lage der Bevölkerung und den politischen Merkmalen beider Länder teilweise die Erklärung für den gegenwärtigen Zustand der Bildung im allgemeinen und des Mathematikunterrichts im besonderen. "Die sozioökonomischen Probleme der Schüler sind vor allem ein politisches, weniger ein akademisches Problem, aber dieser Faktor hat entscheidenden Einfluß auf den Mathematikunterricht. Denn man kann hervorragende Lehrer und exzellente Lehrpläne haben, wenn die Schüler Hunger haben, werden sie weder Mathematik noch irgendetwas anderes lernen" (WB). Hier die wichtigsten Gemeinsamkeiten aus den Befragungen von 24 Expertinnen und Experten:
"La enseñanza de la matemática depende también del colegio que visitan, en los privados tienen sus libros, desayunan y hasta les pagan profesores particulares para que los ayuden, pero en los públicos sucede todo lo contrario, trayendo como consecuencia que los muchachos rechacen la escuela o tengan un bajo rendimiento, ya que un niño con hambre o sin útiles escolares no puede estudiar nunca matemática presentándose inclusive casos en los cuales algunos niños tienen que trabajar cuando tienen su tiempo libre" (FV).
"Con el triunfo de la revolución se volvió a implementar el vaso de leche escolar con la finalidad de que los estudiantes puedan rendir algo más, pero este problema alimenticio no se ha resuelto aún, sino que él se ha agravado. En el pasado hubo unos programas relacionados con la alianza para el progreso con la intención de detener las revoluciones en AL, se daba un vaso de leche y además se atendía a los niños medicinalmente, los médicos visitaban la escuela con cierta frecuencia y revisaban la dentadura de los alumnos" (TG).
"La situación socioeconómica de los alumnos influye mucho en el gusto y el bajo rendimiento en matemática, porque si un alumno llegó con hambre al colegio, no durmió el día anterior, que no está atendido en su casa, que tuvo que hacer un largo camino para llegar a la escuela y que tiene tantos problemas en el hogar nunca podrá gustarle o rendir en matemática" (AB).
"Es muy bonito y productivo ver como las ecuaciones exponenciales, los sistemas de ecuaciones, progresiones geométricas y otros temas de matemática tienen estrecha relación y dan soluciones a problemas tales como: la economía familiar, el crecimiento económico, la pobreza, el hambre, la miseria, etc. Por supuesto que sería bueno que cada uno de los habitantes de la humanidad entendiera qué es lo que hay detrás de todo este rollo del crecimiento de la población y de la miseria que sufren nuestros pueblos. Esto implicaría que la gente tratara de buscarle salidas a este problema grande del hambre y la miseria. La natalidad desproporcionada, niños abandonados, desnutrición, hambre, analfabetismo" (NN).
4.2.3 Mangelnder Zugang zu im Mathematikunterricht unerläßlichen Lehrbüchern
These 18: |
Die Lernenden haben kaum Zugang zu Lehrbüchern erstens, weil es kaum didaktisch angemessene Literatur für den Lern und Lehrprozeß im Mathematikunterricht gibt, und zweitens, weil ihnen die Mittel für den Erwerb dieser Bücher fehlen. Die Lehrenden stützen sich bei der Vorbereitung und im Unterricht auf Beispiele und Übungen aus verschiedenen Büchern, hauptsächlich wird jedoch das Buch von Aurelio Baldor verwendet, das für Länder mit anderen Bedingungen und Merkmalen als Nicaragua un Venezuela entworfen und erarbeitet wurde. Hinzu kommt das Fehlen von Bibliotheken und die Tatsache, daß die Situation in ländlichen Gegenden noch problematischer ist als in den Städten. |
Nach ihrer Bedeutung für beide Länder beinhaltet die dritte Kategorie die Aussage, daß Lehrbücher im Hinblick auf ihre didaktische Ausrichtung und auf die Zugriffsmöglichkeiten für Lernende wie Lehrende eine wichtige Rolle für den Mathematikunterricht spielen. "Fehlende Nutzung von Büchern und unzureichender Zugang zu ihnen bilden einen Hauptgrund für die Probleme in der mathematischen Ausbildung, weil kaum ein Schüler mit einem Buch arbeiten kann, die Lehrer benutzen irgendwelche Bücher in der Annahme, sie seien alle gleich und gleich gut, und viele haben überhaupt keinen Zugang" (AL). In Abb. 22 werden dazu Übereinstimmungen im prozentualen Anteil der Aussagen von Expertinnen und Experten beider Länder deutlich. In Nicaragua haben sich zu dieser Kategorie allerdings trotz der Proportionalität zwischen Zahl der Aussagen und Zahl der Expertinnen und Experten relativ betrachtet weniger Teilnehmerinnen und Teilnehmer geäußert. Erklärung dafür könnte die Tatsache sein, daß Kinder und Jugendliche in Venezuela in der Vergangenheit größere Möglichkeiten hatten, Lehrbücher zu bekommen, da es ein umfangreicheres Angebot gab. Dies hat sich im letzten Jahrzehnt auf Grund der wirtschaftlichen Entwicklung abrupt geändert, und die Lehrenden sind über den Mangel an guten Lehrbüchern für Lernende und Lehrende sehr besorgt. In Nicaragua dagegen haben Lehrende und Lernende schon seit Jahren keinen Zugang zu solchen Materialien, und daher äußerten sich nicht alle Expertinnen und Experten zu Verlagen, Qualität der vorhandenen Lehrbücher und der Arbeit mit diesen Büchern. Im folgenden sind die Ergebnisse der Diskussion über den Stellenwert von Lehrbüchern im Mathematikunterricht in beiden Ländern zusammengefaßt (135) .
4.2.3.1 Die Lernenden haben keinen Zugang zu Mathematiklehrbüchern
In Nicaragua und Venezuela gibt es zwar einige Schulbuchverlage, die den Lehrplänen angepaßte Bücher herausgeben, die Preise stehen jedoch in keinem Verhältnis zu den Familieneinkommen, und dies um so weniger, wenn zwei oder mehr Lernende zur Familie gehören. In vielen Fällen handelt es sich um Importe, die zu internationalen Preisen wie in Spanien oder den USA gehandelt werden. Für höhere Klassen und die universitäre Ausbildung verschärft sich die Situation. Unmittelbare Folge ist es, daß Lernende an Schule und Hochschule mit Hilfe der Notizen aus dem Unterricht oder mit von den Lehrenden diktierten Aufzeichnungen arbeiten müssen. Die Lehrenden entscheiden sich häufig, keine Lehrbücher zu bestellen, da das Schuljahr verstreicht, ohne daß sie es kaufen können.
"La carencia de bibliografía es un problema grave tanto en la secundaria como en la universidad, ya que los alumnos no tienen como adquirir sus libros y por lo tanto tienen que estudiar por los apuntes que copian en clase con todas las deficiencias que ello significa. Falta un buen acceso a la bibliografía adecuada tanto para los maestros como para los alumnos" (FV).
Obwohl in beiden Ländern durchaus die Möglichkeit besteht, Mathematiklehrbücher auf den Markt zu bringen, haben die Ministerien diesen Bereich vernachlässigt, und in einigen Fällen wird auf Grund von persönlichen Kontakten und Beziehungen nicht die Forderung erhoben, Lehrbücher in besserer Qualität und mit Unterstützung des Staates zu erarbeiten, damit diese für die Mehrheit der Lernenden auch bezahlbar sind. "Die Lehrbücher sind sehr teuer und von geringer Qualität, es gibt viele Leute, die damit Handel treiben, aber wenig Forschung und Unterstützung für die Erarbeitung guter Mathematikbücher" (WB).
4.2.3.2 Zu den öffentlichen und Schulbibliotheken
In einigen Städten wie Caracas oder León gab oder gibt es dem Bildungsministerium bzw. der Universität angeschlossene Bibliotheken sowie die sogenannten Zentralbibliotheken, die die Lernenden zur Information über allgemeine Themen zu Geschichte, Politik, Geographie usw. nutzen können, sie verfügen jedoch kaum über Bücher, die in Inhalt und Didaktik an den schulischen Mathematikunterricht anknüpfen. Wenn solche Bücher vorhanden sind, dann nicht in ausreichender Zahl, es gibt keine Möglichkeit zum Kopieren oder Ausleihen, Lernende aus anderen Orten oder Städten können diese Bibliotheken häufig gar nicht nutzen. Nur wenige Schulen verfügen über eine eigene Bibliothek, in den wenigen vorhandenen präsentiert sich ein ähnliches Bild, da aktuelle Lehrbücher fehlen. Vielmehr finden sich hier Lehrbücher aus den 70er Jahren, die geprägt sind von der didaktischen Orientierung auf die sogenannte moderne Mathematik, was bei den Lernenden zu Verwirrung und Widersprüchen führt, wenn sie diese Literatur nutzen.
"Mala dotación de las escuelas, que no hay materiales adecuados, que no hay textos buenos, muchas veces ni siquiera se utilizan los textos, y en otros casos se usan textos viejos. Las Bibliotecas y Bibliografía no existe en nuestros países para una buena enseñanza de la matemática" (WB). "Las bibliotecas no están bien dotadas con libros actualizados, algunos docentes hacen algunas guías para los alumnos" (MC).
4.2.3.3 Benutzung der traditionellen Lehrbücher, wie z.B. das Buch von Aurelio Baldor in beiden Ländern
Im Gespräch mit den Expertinnen und Experten und bei der Untersuchung der in beiden Ländern von der siebenten Klasse an genutzten Lehrbücher fand sich die Übereinstimmung, daß das "Baldor-Buch" für Algebra, Geometrie und Trigonometrie und Arithmetik starke Verwendung findet (136) . Dieses Buch hat einen traditionellen Ruf in vielen lateinamerikanischen Ländern, "genutzt wird z.B. das Buch von Aurelio Baldor, der versucht hat, ein lateinamerikanisches Buch zu schreiben, das aber inzwischen sehr alt und vor allem auf Algorithmen spezialisiert ist, das auf Auswendiglernen orientiert, weil sehr mechanische Vorgehensweisen angewandt werden" (TG). Für Venezuela gibt es außerdem ein weiteres Lehrbuch, das einer kritischen Betrachtung unterzogen werden müßte, da es offensichtlich negative Auswirkungen auf den Mathematikunterricht hat, d.h. "zwei Dinge beeinträchtigen die Mathematikausbildung in Venezuela, einmal das Buch von Navarro, und auf der anderen Seite die formale Mathematik der Franzosen; und es ist schwierig, sich davon zu lösen, denn wir sind in diesem Kontext ausgebildet worden" (CM).
4.2.3.4 Die Lehrenden und die Mathematiklehrbücher
Zunächst ist hervorzuheben, daß die Lehrenden in Nicaragua und Venezuela finanziell nicht in der Lage sind, die vom Bildungsministerium empfohlenen Lehrbücher für ihre Unterrichtsvorbereitung und weniger noch für die fachliche und didaktische Weiterbildung zu erwerben. "Die Lehrer arbeiten nur mit den Büchern, die das Bildungsministerium zur Verfügung stellt, in der Regel können sie nicht in die Bibliothek gehen, um andere Literatur zu konsultieren, und die Verlage informieren sie nicht über geplante Neuerscheinungen" (RP). Es gibt wenige Lehrmaterialien für den Mathematikunterricht, und die Bücher sind immer von den gleichen Verfassern, die losgelöst von der didaktischen Forschung "auf der Grundlage von Büchern aus dem Ausland oder etablierten Modellen etwas schreiben, auf 100 Lehrer kommt vielleicht ein Buch, Erprobung gibt es nicht" (TG). Pädagogik- und Mathematikschulen in beiden Ländern haben sich ihrer Verantwortung entledigt, konkrete Vorschläge für Lehrmaterialien und Lehrbücher zu erarbeiten. Nach Aussagen der Expertinnen und Experten gibt es weder in Venezuela noch in Nicaragua eine regelmäßig erscheinende Fachzeitschrift zu Fragen des Mathematikunterrichts, was das geringe Interesse des Staates und der zuständigen Institutionen widerspiegelt.
4.2.3.5 Die Inhalte der Lehrbücher für Grund- und Sekundarstufe in Venezuela und Nicaragua aus didaktischer Sicht
In dieser Form die Lehrbücher in beiden Ländern zu betrachten, mag sehr allgemein erscheinen, in den Aussagen der Expertinnen und Experten sind jedoch Übereinstimmungen im Hinblick auf die didaktische Einschätzung der Inhalte der Mathematikbücher zu verzeichnen. Folgende Anmerkungen wurden dazu gemacht: Die Bücher beinhalten lange Listen von Übungen ohne Lösungen, die Lernenden und Lehrenden können die Ergebnisse nicht überprüfen, es tauchen viele für die Mathematik wichtige Begriffe auf, die nicht zum konkreten Thema gehören und auch nicht geklärt werden, obwohl die Bücher nicht für das Selbststudium gedacht sind, die Bücher sind so aufgebaut, daß manchmal eine unmittelbare Beziehung zwischen Fragen und auf Definitionen beruhenden Textteilen entsteht, die die Antworten auf die Fragen enthalten, was für Lehrbücher in anderen, stärker theoretisch ausgerichteten Fächern charakteristisch ist. Es fehlt eine durchgängige pädagogische und didaktische Konzeption, vielmehr wird die systematische Struktur einer auf Zielen (die noch zu erläutern sind) und Vorstellungen der Lehrpläne beruhenden Bildung reflektiert. In der konzeptionellen Information herrscht keine Klarheit, d.h. "es gibt einige Konzepte in den Büchern, die nicht klar sind, zum Beispiel der Radius, der einmal als Segment und dann als Länge dieses Segments benutzt wird, und außerdem reichen die Bücher nicht" (MF). Die in den Lehrbüchern präsente Vorstellung vom Mathematikunterricht reflektiert nicht die Interessen der Menschen, sondern vielmehr die des politischen und wirtschaftlichen Systems. "Denn es werden Probleme präsentiert und behandelt, die eine kommerzielle oder technologische Ausrichtung haben" (MG), die nicht unbedingt im Interesse der Bevölkerung liegen. "Die Mehrzahl der Bücher ist so gestaltet, daß Beispiele, Übungen und Problemstellungen im Rahmen der ganzen Zahlen bearbeitet werden, was dazu führt, daß man auf sehr elementarem Niveau stehenbleibt, denn bei der Arbeit mit Dezimalzahlen haben die Lernenden große Schwierigkeiten" (BM). Einfluß hat darauf natürlich der moderne Mathematikunterricht und der Mangel an Didaktikforschung und -diskussion in Lateinamerika. "In den 40er Jahren waren die Bücher eindeutig im Hinblick auf elementare Konzepte, aber unter dem Einfluß der modernen Mathematik weiß heute niemand mehr, was proportionale Größen sind" (SR). Abschließend bleibt zu sagen, daß einige Lehrende durchaus den Versuch unternehmen, gute Lehrbücher zu erarbeiten und dabei bestimmte pädagogische Strömungen zu berücksichtigen, die sicher diskutiert werden können, aber in jedem Fall neue Herangehensweisen an den Mathematikunterricht bieten:
"No hay que escribir libros donde se colocan definiciones y respuestas sin la posibilidad de construir el conocimiento, que se tome en cuenta los conocimientos previos y las conductas de entrada, ver los conceptos pero como producto de un diálogo entre el alumno y el autor, se le dará a él la oportunidad de elaborar sus respuestas, de verificarlas y confirmarlas" (MM).
Lehrbücher sind und bleiben ein tägliches, wenn nicht das wichtigste Arbeitsinstrument für den Mathematikunterricht (137) und erfordern deshalb tiefgreifende und konsequente Forschung, denn sie widerspiegeln fast alle Variablen, die den Mathematikunterricht direkt oder indirekt betreffen, wie z.B. die Konzeption des schulischen Mathematikunterrichts, Lehrmethoden, -ziele, Schwierigkeiten mit Lehrbüchern, Zugang zu guten Lehrbüchern, Vermarktung und Kosten, Inhalte entsprechend der Interessen des Staates und der Gesellschaft, Erläuterungen, Diskriminierung, Sprachgebrauch, Ideologie etc.
These 19: |
Die in der vorangegangenen Kategorie erwähnten Lehrbücher fanden sich zwar in den Äußerungen einiger Expertinnen und Experten zum Thema Lehrmaterialien, wurden aber wegen der traditionellen Bedeutung, die ihnen Lehrende beimessen, und ihrer speziellen Aufgabe im Mathematikunterricht sowie der Tatsache, daß mit Lehrmaterialien nach Meinung der Expertinnen und Experten konkrete und adäquate Objekte gemeint sind, die eine Visualisierung und ein besseres Verständnis mathematischer Inhalte ermöglichen und erleichtern und in den Lehrbüchern häufig zur Einführung, Entwicklung und Festigung der mathematischen Konzepte empfohlen werden, separat betrachtet. Traditionell werden in Venezuela und Nicaragua als Lehrmaterialien vor allem Tafel, Kreide, Projektoren, Folien, Zeichnungen und geometrische Instrumente genannt, aber für einige Expertinnen und Experten ist das Spektrum breiter und umfaßt jene Materialien, die Mathematikunterricht im Zusammenhang mit Themen aus anderen Unterrichtsfächern ermöglichen, z.B. "eine Landkarte oder die Messung eines physikalischen Gegenstandes wie eines unregelmäßigen Steins, dessen Volumen und Zusammensetzung untersucht werden. Alle diese konkreten Dinge können für die Vermittlung mathematischer Kenntnisse genutzt werden, aber diese pädagogische Intention fehlt häufig" (WB).
Nach Quantifizierung der Aussagen, die diese Kategorie stützen (s. Abb. 22), nimmt sie in beiden Ländern den vierten Rang innerhalb der zweiten Dimension ein. Im Hinblick auf Aussagen, Teilnehmerinnen und Teilnehmer gibt es nur geringe Unterschiede zwischen beiden Ländern. Es wäre also anzunehmen, daß die quantitative Meinung zu diesem den Mathematikunterricht stark beeinflussenden Faktor in Venezuela und Nicaragua gleich ist, was bei weiterer Untersuchung und der Formulierung von Curriculum-Veränderungen besondere Aufmerksamkeit verdient. Die wichtigsten Schlußfolgerungen aus der Analyse der Meinungen von 22 Expertinnen und Experten lauten wie folgt.
4.2.4.1 Fehlender Einsatz von Materialien im mathematischen Lern- und Lehrprozeß
In beiden Ländern mangelte es immer an Lehrmaterialien, es gibt keine Tafellineale, keine farbige Kreide, die Tafeln sind sehr klein und meist in schlechtem Zustand, ebensowenig gibt es geometrische Instrumente, Rechner, Projektoren, Kopierer, geometrische Figuren, Folien, Zeichnungen, Fotos usw. "Mathematikunterricht reduziert sich ausschließlich auf die Arbeit des Lehrers, und in seltenen Fällen der Lernenden, mit Kreide und Tafel" (MB). Diese Vorstellung hat sich nicht nur bei Lehrenden und Lernenden verfestigt, sondern vor allem bei Vertretern des Bildungsministeriums, die entsprechend auf Forderungen zur Ausstattung und Erhaltung der Schulen reagieren. Der Mangel an grundlegenden Mitteln für den Mathematikunterricht ist an öffentlichen Schulen noch größer als an privaten, wo die Eltern, die monatlich zahlen, zumindest einige Laboratorien und geometrische Instrumente sehen wollen, selbst wenn die Lehrenden sie nicht nutzen.
4.2.4.2 Mathematikunterricht auf der Grundlage der Arbeit mit konkreten Objekten
Zwei der befragten Expertinnen und Experten (Angela Flores aus Nicaragua und Clemente Moreno aus Venezuela) haben experimentelle Forschungen durchgeführt, die der Entwicklung von Lehrmaterialien für Geometrie dienten. Sie kamen zu dem Schluß, daß "die Lehrmaterialien eine sehr wichtige Rolle im Mathematikunterricht spielen, das hat sich in meiner Forschungsarbeit erwiesen" (AF) und daß "es sehr wichtig ist, konkrete Materialien zu nutzen, vor allem um zu zeigen, was z.B. in der dreidimensionalen Geometrie passiert, denn bei einer Darstellung an der Tafel haben die Lernenden Verständnisprobleme" (MC). Es ist bedauerlich, daß die Mehrheit der Lehrenden für Hausaufgaben oder Gruppenarbeit, meist jedoch Einzelarbeit, im Unterricht nur umfangreiche Listen von Routineübungen oder Kopien von Übungen aus Büchern nutzt. Natürlich ist die Verwendung von Lehrmaterialien eng mit der Konzeption des Mathematikunterrichts verbunden. Wenn es um einen weniger rigiden, lebendigeren und engagierteren Unterricht geht, braucht es nicht Lehrmaterialien als Medium an sich zur Bearbeitung mathematischer Themen, sondern gut erarbeitete Materialien für die Arbeit mit konkreten Objekten und ständigen Wechsel zwischen Konkretem und Abstraktem (138) .
4.2.4.3 Erarbeitung von Materialien für den Mathematikunterricht
Die befragten Expertinnen und Experten sprechen sich nicht für einen übertriebenen Verbrauch von didaktischen Materialien aus, in vielen Fällen kann man ihrer Meinung nach gemeinsam mit den Lernenden interessante, für die konkreten Inhalte geeignete Mittel herstellen. Wichtig ist dabei die Zusammenarbeit von Lehrenden und Lernenden, damit die Problemlösung den Bedürfnissen entspricht und nicht einem Konsumdenken Vorschub leistet, das für die Bildung kontraproduktiv wäre und den Zielen der emanzipatorischen Erziehung (139) widerspräche. "Wenn es an den Schulen kein Material für den Mathematikunterricht gibt, so ist das kein großes Problem, denn die Lehrer können gemeinsam mit den Schülern Lehrmittel aus einfachen und kostengünstigen Materialien herstellen, selbst ein Mathematiklabor kann so entstehen" (WB). Natürlich muß die Erarbeitung guter Lehrmaterialien einem Konzept folgen, erforderlich sind Übereinkünfte und das Vorhandensein von Ressourcen, die die Natur nicht belasten oder zerstören. Die wirklich guten Lehrmaterialien sind einfach, verständlich und finden die Aufmerksamkeit der Schüler, vor allem, wenn sie gemeinsam und den Möglichkeiten der Schüler entsprechend hergestellt sind. Auch der Wissensstand und die mathematischen Zielsetzungen spielen eine wichtige Rolle. Leider glauben viele, daß man Materialien nutzen muß, die einem hohen technologischen Niveau entsprechen, was meiner Ansicht nach keine günstigen Rückwirkungen auf den Unterricht hat.
"Sabemos que hay pocos materiales y construirlos responde a un concepto y a mucha reflexión, hace falta tiempo y un grupo dedicado a ellos y que estén trabajando en talleres, también sin muchos medios económicos sí se pueden obtener cosas buenas (CM). "Con materiales de bajo costo se pueden hacer las cosas que se necesitan de acuerdo a los temas y a los problemas planteados junto con otras asignaturas, sin recurrir a tecnologías sofisticadas" (EC).
Es mangelt an Informationen, Zeit und Raum für die Diskussion über Vor- und Nachteile bei der Nutzung bestimmter Materialien und vor allem für den Erfahrungsaustausch mit anderen Ländern und Institutionen. Dadurch könnten die Ergebnisse bei Verringerung des Aufwandes verbessert und optimiert werden. Für die Länder Lateinamerikas geht es nicht darum, fertige Materialien der Industrieländer zu kopieren und zu kaufen, die möglicherweise dort selbst nicht genutzt werden, vielmehr muß ein Informationsaustausch zwischen progressiven Gruppen angeregt werden, die in dieser Richtung arbeiten, damit "der Mangel an Lehrmaterialien nicht diese Relevanz besitzt, die Lehrern und Lehrerstudenten vermittelt wird" (MM).
These 20: |
Zur fünften Kategorie, den Einfluß der Schülerzahl pro Klasse auf den Mathematikunterricht, gab es eine starke Beteiligung der Expertinnen und Experten (s. Abb. 22); in beiden Ländern ist auch die Zahl der Aussagen ähnlich groß. Übereinstimmung gibt es in der Aussage, daß die Zahl der Schüler zu groß ist, und in den Auswirkungen dieser Tatsache. Viele der Teilnehmer verweisen auf die erste Etappe der Grundschule, die siebente und achte Klasse und die ersten Semester an den Universitäten, in denen 60 und mehr Schüler keine Seltenheit sind. Die Feststellungen der 18 Expertinnen und Experten stimmen mit meinen Erfahrungen überein, daß "die Zahl der Schüler je Klasse in Venezuela zwischen 40 und 50 liegt" (EC), während in Nicaragua "im Durchschnitt 50 bis 55 Kinder betreut werden" (ME). Die Bedeutung der Aussagen liegt nicht so sehr darin, daß die Anzahl der Schüler als zu hoch gewertet wird - sie ist auf jeden Fall übermäßig groß -, sondern in der Erfahrung der Expertinnen und Experten, daß sich hieraus unterschiedliche Auswirkungen für den Mathematikunterricht ableiten, weil "die Arbeit mit 52 Schülern in einer Klasse jede didaktische Strategie, so gut sie auch sein möge, scheitern läßt" (IG).
Die Gründe für diese Erscheinung sind in Nicaragua und Venezuela ähnlich: die Alphabetisierung in den letzten drei Jahrzehnten, das Bevölkerungswachstum, das Streben nach Bildung für die Massen unter quantitativen Gesichtspunkten (140) und vor allem die Vernachlässigung der physischen Infrastruktur seitens des Staates und der Universitäten sowie mangelnde sozioökonomische Absicherung der Lehrenden (s. K16) und unzureichende Quantität und Qualität der Lehrerausbildung.
In beiden Ländern war die Schülerzahl das Hauptargument für die massenhafte Gründung von Privatschulen (s. K21), was so nicht stimmt, da hinter all den privaten Schulen und Universitäten Interessen stehen, die nichts mit Bildungsaufgaben zu tun haben. Das führt dazu, daß an vielen privaten Einrichtungen die Schülerzahlen nicht geringer oder sogar größer sind als an öffentlichen Schulen (141) . Mit den Worten der Teilnehmer ausgedrückt:
In Nicaragua " ist die Zahl der Schüler pro Klasse sowohl in öffentlichen als auch in privaten Schulen sehr groß, man arbeitet mit bis zu 60 Schülern unter durch die Hitze und die schlecht eingerichteten Klassenräume unangenehmen Bedingungen" (FV), während in Venezuela "die privaten Schulen mitunter schlechter sind als die öffentlichen, um des Geschäfts willen werden bis zu 60 Schüler in eine Klasse gesteckt. Und die übrigen haben ebenso viele Schwächen wie jede beliebige öffentliche Schule" (EC).
Aus dieser Kategorie ergeben sich nach Auffassung der Expertinnen und Experten zahlreiche negative Auswirkungen für den Mathematikunterricht. Dazu gehören folgende Punkte:
"No ocurre en ninguna parte del mundo que un docente tenga 200 estudiantes por semana, así él no planifica una prueba jamás y por ello pone 2 o 3 preguntas para responder con una afirmación o una negación, las corregirá rápidamente y nunca tendrá tiempo para planificar y tampoco queda tiempo para reflexionar sobre cómo dictar la materia y cómo profundizar en algunos contenidos; se convierte en alguien que da información y no puede pensar un problema y así está acostumbrado nuestro docente" (CM).
"Si se pueden tener e innovar buenos proyectos en la enseñanza de la matemática y yo lo he puesto en práctica, el problema es que eso lo cansa a uno y le quita mucho tiempo, hay que incorporar a los padres de familia y a la comunidad. Los profesores de matemática tienen menos tiempo con los alumnos y programas más largos, inician a las siete y terminan a las 11 de la noche, así no habrá gusto por la matemática" (IG).
These 21: |
Etwa die Hälfte der Teilnehmer in Venezuela und Nicaragua äußerte sich zur immer stärker werdenden Tendenz der Privatisierung der Bildung in beiden Ländern. Diese Erscheinung gewinnt an Kraft und an Anhängern im Bildungsbereich und selbst bei den Lehrern in Lateinamerika (143) , zugleich steht sie im Rahmen der Verstärkung des sogenannten "Neoliberalismus" in den 90er Jahren.
"Este fenómeno de la privatización de la educación está aunado a la moda del neoliberalismo en toda a Latinoamérica, lo cual traerá consecuencias muy graves para toda la población, ya que quedarán afectados los sectores menos débiles así como la economía del mismo país debido a que es el capital extranjero quien se beneficiará comprando las empresas productivas privadas o públicas de estos países" (FV).
Man glaubt, daß die öffentliche Bildung gescheitert ist, und tatsächlich befindet sich das staatliche Bildungswesen in jämmerlichem Zustand. Der Ausweg wird jedoch nicht im Streben nach emanzipatorischer Bildung im Interesse der Menschen gesucht, sondern in der Ausweitung der privaten Bildung, die in den 60er und 70er Jahren von der Kirche, besonders von den Jesuiten, kontrolliert wurde (144) . Im Rahmen des freien Marktes kann heute jede Lehrkraft ohne größere Anforderungen vom Bildungsministerium die Genehmigung zur Vermarktung der Bildung erhalten. So sehen es die Expertinnen und Experten, die die Meinung vertreten, daß dies durchaus Konsequenzen für den Mathematikunterricht mit sich bringt. In Abb. 22 wird dieser Zusammenhang ebenso deutlich wie bei den anderen Kategorien.
Die grundlegenden Probleme der öffentlichen Bildung sind auf die privaten Schulen übergegangen, außerdem sind die Lehrenden die gleichen, sie wurden an den gleichen Universitäten ausgebildet. Allerdings sind das Interesse an der Mathematik und die Bemühungen der Lehrenden, Lernenden und Eltern (die in der Mehrzahl größere soziale und ökonomische Möglichkeiten haben) stärker ausgeprägt als an öffentlichen Schulen, was mit der sozialen Schicht zusammenhängt, zu der die private Schule gehört, denn es gibt auch arme Privatschulen. Das heißt:
"Los alumnos de colegios privados ricos tienen acceso a la utilización de computadoras, excelentes libros y buena enseñanza, esto es un símbolo de que un sector social tiene mayor posibilidad de aprender matemática y de utilizarla para su propio beneficio. En los colegios privados de alta categoría le dan una importancia grande a la matemática donde los miembros de la comunidad dedican sus fuerzas hacia ella y le asignan un papel muy importante" (ID).
Privatschüler haben darüber hinaus häufig noch Einzelunterricht, speziell in Mathematik (145) . Ob dies positiv oder negativ auf das Erlernen der Mathematik zurückwirkt, ist nicht sicher; aber auf jeden Fall können sie auf diese Weise einige Probleme lösen, wie z.B. Übungsaufgaben rechnen, typische Kontrollen besser bestehen und sich auf die Prüfungen zum Ende des Schuljahrs oder Semesters besser vorbereiten. "Schüler, die an Privatschulen lernen, können auch einen Privatlehrer bezahlen, der ihnen hilft, Probleme zu lösen und erklärt, was sie nicht verstanden haben. Das passiert an öffentlichen Schulen nicht, weil dort die Kinder sehr arm sind" (FV).
In Nicaragua, und dies erklärt teilweise die Unterschiede in den Aussagen von Expertinnen und Experten aus beiden Ländern, ist private Bildung im Moment modern. So hat der Staat sogar eine Maßnahme eingeführt, die Familien stark belastet, und zwar "die Zahlung von monatlich 10 Córdobas, angeblich um zur Bezahlung der Lehrenden und zur Erhaltung der Gebäude beizutragen. Das hat dazu geführt, daß viele Familienväter ihre Kinder von der Schule nehmen, weil sie nicht bezahlen können, bei Familien mit 3 oder 4 Kindern entspricht das Schulgeld einem Monatslohn, vorausgesetzt man hat Arbeit" (PP). Von den 10 Córdobas sollen 25% für die Bezahlung der Lehrkräfte und 75% für die Instandsetzung der Schulgebäude verwendet werden So ist nicht einmal mehr die Bezahlung der Lehrkräfte staatlicherseits sichergestellt.
Um diesen polemischen Aspekt, auf den jedoch hingewiesen werden muß, abzuschließen, bleibt zu erwähnen, daß der Privatschulbereich in diesen Ländern auch deshalb wächst, weil "die Bevölkerung nicht mehr an die öffentliche Schulbildung glaubt, und wer es kann, schickt seine Kinder in die Privatschule, weil er hofft, daß sie dort eine bessere Ausbildung, speziell in Mathematik, erhalten, aber die Armen können das nicht" (MF), und diese bilden die Mehrheit und haben ebenfalls ein Recht auf Mathematikunterricht; wird dies negiert, unterstützt man antidemokratische Strukturen innerhalb des Bildungswesens.
4.2.7 Mehrfachbeschäftigungen der Lehrenden auf Grund der schlechten Bezahlung |
These 22: |
Die siebente Kategorie der zweiten Dimension, die nur in Venezuela mit einem Anteil von 77% der Expertinnen und Experten diskutiert wurde, verweist darauf, daß die Lehrenden in Venezuela stärker als in Nicaragua durch die sozioökonomische Situation (vgl. K16) gezwungen sind, in mehreren Schulen zu arbeiten. "Die Stundenzahl, die man wöchentlich leistet, hat auch großen Einfluß, wer relativ wenig arbeitet wie ich, leistet 48 Unterrichtsstunden (13 Klassen, davon 7 Klassen mit mehr als 200 Schülern), aber es gibt Lehrende, die 72 Stunden arbeiten, und auch sonnabends" (AB). Das kommt besonders häufig in Mathematik vor, dem Fach, das in allen Klassenstufen unterrichtet wird, weil es hier den größten Mangel an ausgebildeten Lehrern gibt.
Andere Fächer sollen nicht unterschätzt werden, in Mathematik gibt es aber im Unterschied zu Chemie, Biologie und Physik keine Laborstunden, außerdem sind zum Beispiel in der 9. Klasse drei Wochenstunden zu leisten, was sich in der Zahl der zu leistenden Unterrichtsstunden niederschlägt und eine größere Zahl von Aufgaben und Prüfungen einschließt (vgl. K32). Aus diesem Grund halten die Expertinnen und Experten es für dringend erforderlich, "eine bestimmte Anzahl von Verwaltungsstunden im Verhältnis zu den Unterrichtsstunden einzuführen, damit der Unterricht besser vorbereitet, die große Zahl von Schülern betreut, der Auswertung des Unterrichts Zeit gewidmet und die Arbeiten und Prüfungen korrigiert werden können. (MF).
4.2.8 Fehlende Supervision und Evaluierung durch Bildungsministerium und Universitäten These 23: |
Die letzte Kategorie, die in Venezuela im Rahmen der Dimension den dritten Rang einnimmt, beinhaltet die Schlußfolgerung von 70% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, daß eine stärkere Evaluierung und Supervision des Mathematikunterrichts durch spezialisierte Pädagogen und Didaktiker fehlt. Obwohl die nicaraguanischen Expertinnen und Experten unter den gleichen Bedingungen, Fragen und methodischen Merkmalen an der Befragung teilnahmen, kam von ihnen nicht die Forderung nach Kontrolle und didaktischer Supervision des Mathematikunterrichts. Das könnte darauf zurückzuführen sein, daß die Bildungssituation in Venezuela besonders gravierend ist (vgl. K1). Die Erklärung dafür kann auch in der Tatsache liegen, daß es in Venezuela eine stärkere Tradition der Supervision gibt, die jedoch ebenso zerstört wurde wie andere soziale Bereiche, während in Nicaragua heute kaum noch Bemühungen für eine positive Supervision unternommen werden, wie sie unter der sandinistischen Regierung eingeführt worden war. Diese Einschätzungen erwachsen aus der Lektüre und dem Nachdenken über die Befragung in beiden Ländern, und sie können nur durch die vorliegende Untersuchung im Rahmen der Objektivität der Analyse von Beiträgen der 25 Befragten verifiziert werden.
Zum ersten und wahrscheinlich einzigen Mal im Prozeß der Gespräche mit den Expertinnen und Experten und der Auswertung der Informationen fällt es schwer, die Meinung von 9 Expertinnen und Experten zu akzeptieren, die den Mathematikunterricht mit überzeugenden Argumenten mit Begriffen wie "Korruption", "fehlende Werte" und "Bürokratie" in Verbindung bringen und sich z.B. auf das Herausschinden von Unterrichtsstunden, insbesondere im Mathematikunterricht beziehen (146) auf die "legalen" Anforderungen des Bildungsministeriums, Schülern, die schlecht sind, aber außerschulische Aktivitäten aufweisen, die Zensur aufzubessern, auf die Überprüfungen durch die Chefs der Mathematikabteilungen, den Verkauf von Mathematikprüfungen an einigen Bildungseinrichtungen. Man kann den Lehrenden nicht im allgemeinen eine Neigung zu Korruption vorwerfen, vielmehr handelt es sich um einen Teufelskreis, in dem einige Lehrende aufgrund der schlechten Bezahlung erpressbar werden, und auf der anderen Seite Lernende den systemimmanenten Leistungsdruck innerhalb des Schulsystems mit Geld zu kompensieren versuchen. Mit anderen Worten:
"Existe una corrupción intelectual en nuestro sistema educativo, como copiadera, robo de información, de ideas, venta de pruebas de matemática, etc., y esta corrupción generalizada viene unida a la perdida de valores en nuestra sociedad, requiriendo urgentemente salidas políticas drásticas" (CM). "La educación Venezuela está plagada de una corrupción moral muy grande y burocracia hasta el punto de que los directores de los liceos han perdido poder, autoridad y creencia, lo cual requiere de un cambio de rumbo" (MF).
Wie diese Probleme von Werten und Ethik in der venezolanischen Gesellschaft, die auch den Mathematikunterricht direkt betreffen, zu lösen sind, ist schwer zu sagen (147) . Eine mittel- und langfristige Möglichkeit ist die Entwicklung einer Bildung auf der Grundlage einer kritischen Bildungskonzeption (148), die es ermöglicht, Ursprung von Problemen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. "Mathematische Bildung ist auch eine Frage der Moral und der Werte, die die venezolanische Gesellschaft in den letzten Jahren verloren hat. Ich weiß nicht genau, wie man das lösen kann, aber ich weiß, daß verschiedene Mittel nötig sind, und daß Geld allein nicht ausreicht" (MG).
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Endnote:
(131) Gerdes (1990, 6f.) analysierte dieses Thema ebenfalls in einigen afrikanischen Ländern.(132)Vgl. Hübener / Karnofsky / Lozano (1991) und Nohlen (1993) und Nohlen / Nuscheler (1993).
(133) Für Venezuela wird im selben Bericht der Weltbank (1993) festgestellt, daß die Lehrenden auf allen Ebenen des nationalen Bildungssystems sehr wenig verdienen. Daher ruft die Gewerkschaft immer wieder zu Streiks auf, um die Konditionen in den Tarifverträgen sowie die Gehälter zu verbessern.
(134)1993 kam es zu einem Abkommen zwischen dem venezolanischen ME, der Weltbank und dem WWF: mittels 430 Millionen Dollar sollte Venezuela versuchen, die Probleme des Bildungswesens zu lösen (Universal" 5 de Marzo de 1995, Cuerpo 2, S. 12 - 13). So vergrößerte sich mit einer wachsenden Auslandsverschuldung und dem Einfluß der ausländischen Banken auf das venezolanische Bildungssystem auch die Abhängigkeit Venezuelas von den großen Industrieländern.
(135) Bis zu dieser Studie gab es in beiden Ländern keine empirische Untersuchung über die Schulbücher im Mathematikunterricht der Primar- und Sekundarstufe. Die Professoren Lacueva und Manterola (1991) legten eine kleine, kritische, empirische Untersuchung über die Schulbücher der Naturwissenschaften in der Primarstufe vor, in der die folgenden Variablen analysiert wurden: technische Aspekte, Textorganisation, Inhalte, Sprache, Lehrmethoden, Lernaktivitäten, Illustrationen, die Anpassung an die offiziellen Lehrpläne und insbesondere an die Ideologie. Viele dieser Beobachtungen stimmen mit den Aussagen der Expertinnen und Experten zu den Schulbüchern der Mathematik überein, die z.B. 1995 während der Forschungsarbeit in Venezuela herangezogen wurden. Für Nicaragua liegen keine ähnlichen Studien vor, sondern lediglich einige wichtige, aber isolierte Kommentare in den Arbeiten von Caldera (1994), Flores (1994) und Guido (1994). Über das Thema "Schulbücher - Untersuchungen" siehe insbesondere Bönkost / Oberliesen (1997).
(136) In beiden Ländern ist die Tatsache interessant, daß man von der 7. Klasse an die Schulbücher (Drei) über Arithmetik, Algebra und Geometrie und Trigonometrie von Baldor (1996) benutzt.
(137) Siehe die 10 Thesen über den Einsatz von Mathematikbüchern als Informationsquellen für die Lernenden in der Dissertation von Zimmermann (1992, 115-117).Es handelt sich um eine spezifische Untersuchung, die sich nicht mit den pädagogischen und didaktischen Charakteristika des Mathematikunterrichts, wie er in den Schulbüchern präsentiert wird, beschäftigt. Aber sie gibt eine Orientierung über den Gebrauch der Schulbücher durch die Lernenden und Lehrenden in Relation zum Schulunterricht und zur Hausarbeit.
(138) In Venezuela und Nicaragua ist der Ansatz von Bruner in der Mathematikdidaktik sehr verbreitet. Das ist eine direkte Folge der pädagogischen Einflüsse aus Nordamerika und Spanien, vermittelt durch die Literatur, die psycho-soziale Phänomene weit entfernt von der Idiosynkrasie und den Bedingungen der beiden Länder erklärt. Das setzt sich in der Idee des entdeckenden Lernens fort, und bei dem Einsatz von Materialien, die die abstrakten Strukturen formen. Gómez-Granell / Fraile (1993, 106) bemerken: Die Theorie von Bruner über die Art und Weise der Repräsentation - aktiv, ikonisch und symbolisch - verwandelt sich in rigide und schematische Praktiken: Jeder mathematische Begriff und jede Operation sollte nach der folgenden Sequenz eingeführt werden: ‘Aktion - Manipulation’, Zeichnung - Schema, Symbol etc. Vgl. (Zech 1996, 89ff.)
(139) Über den Einsatz von Arbeitsmitteln im Unterricht siehe Claussen (1994, 8ff.) und Széll (1984, 38f.).
(140) Vgl. Wagemann (1994) und Weinberg (1995).
(141) Vgl. UNESCO (1995) und Schiefelbein / Corvalán / Peruzzi / Heikkinen / Hausmann (1995).
(142) Vgl. Krippner (1992, 12 -34).
(143) Ratinoff (1996, 55-80) (Experte für BID) verfaßte eine Studie über "La Devaluación y privatización de la enseñanza en América Latina (Die Abwertung und Privatisierung des Unterrichts in Lateinamerika). Obwohl der Autor das gegenwärtige Bildungssystem des Kontinents nicht problematisiert, reflektiert er die wachsende Privatisierung der Bildung und die geringe Bedeutung, die die Bildung für die ökonomischen und politischen Sektoren der Region hat.
(144) Vgl. Cova (1996, 20 - 24).
(145) Diese Situation hat sich in den letzten 10 Jahren sehr verschlechtert. Viele Familien und die Schülerinnen und Schüler selbst bereiten sich schon zu Beginn des Schuljahres darauf vor, Nachhilfeunterricht zu nehmen.
(146) Der spanische Ausdruck "cabalgamiento" beinhaltet z.B., daß ein Lehrer zeitgleich an zwei verschiedenen Schulen unterrichten muß oder daß die Kinder während des Unterrichts lange in Stillarbeitsphasen arbeiten, während die Lehrenden anderen Tätigkeiten, wie z.B. Korrekturarbeiten, nachgehen.
(147) Vgl. über Venezuela die Untersuchung von Ledezma / Mateo / Padrón (1995, 130ff.).
(148) Siehe "Educación Popular" in Kapitel 2.