Findet Vermischung von Tracern statt, läßt sich mit der aus der Wärmelehre bekannten
``Richmannsche'' Mischungsregel jeder beobachtete Datenpunkt als lineare Komposition von
Ursprungskonzentrationen schreiben (siehe beispielsweise 17).
Die Ursprungskonzentrationen werden als ``Quellwassertypen'' (QWT) bezeichnet.
Für die drei oben aufgelisteten Tracergruppen lassen sich folgende allgemeingültige
Gleichungen aufstellen (58):
Konservative Tracer:
Unter konservativen Tracern sollen diejenigen zusammengefaßt werden, die eine nahezu konstante
``Eintragsfunktion'' an der Grenzfläche zwischen Ozean und Atmosphäre besitzen und sich nach
Verlassen eines Bildungsgebietes nicht mehr ändern.
Das heißt jedoch nicht, daß ihre gemessene Konzentration erhalten bleibt, vielmehr kann diese
sich einzig durch Vermischung mit Wasser anderer Tracerkonzentrationen ändern.
Besteht die Möglichkeit, den Effekt der Vermischung zu quantifizieren, so ist die ursprüngliche
Konzentration des Tracers in allen an der Vermischung beteiligten Quellen (Wassermassen)
zurückrechenbar. Pro Meßpunkt ergeben sich soviele Ursprungskonzentrationen, wie Quellen
an der Zusammensetzung des Meßpunktes beteiligt sind.
Zu dieser Gruppe von Tracern gehören Temperatur und Salzgehalt.
Formal läßt sich die konservative Tracerkonzentration (
) in
einem Meßpunkt schreiben als:
Transiente Tracer:
Transiente Tracer zeichnen sich durch ihr mehr oder minder kurzzeitiges Erscheinen im
Ozean aus. Sie sind meist durch menschliches Zutun eingebracht: entweder direkt eingeleitet,
deponiert (z.B. das Einleiten radioaktiver Stoffe) oder über die Atmosphäre eingetragen.
Einige transiente Tracer besitzen zusätzlich ein natürliches ``Hintergrundsignal'' wie etwa das
Helium. Dieses wird in vulkanisch aktiven Zonen frei, kann aber auch durch den
Zerfall von Tritium aus Wasserstoffbombenversuchen in den Ozean gelangen.
In dieser Untersuchung werden nur die beiden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) F-11
und F-12 als transiente Tracer benutzt. Es wird dabei vorausgesetzt, daß das
gemessene Signal einzig durch den atmosphärischen Eintrag zustande gekommen ist.
FCKWs besitzen kein ``Hintergrundsignal'' im Ozean und verhalten sich stabil in der Wassersäule.
Ihre Konzentration kann daher formal geschrieben werden als:
Die Zeitabhängigkeit der Eintragsfunktion ermöglicht im Prinzip die Zuordnung von
``Altern'' der an der Mischung beteiligten Wassermassen. Das Alter ist die Zeit,
die vergangen ist, seit der letzte Kontakt mit der Atmosphäre stattgefunden hat
(vergl. Kapitel 3.5.1).
Nicht konservative Tracer:
Die nicht konservativen Tracer (z.B. der gelöste Sauerstoff), besitzen eine bekannte
zeitunabhängige Eintragsfunktion.
Diese kann wieder eine theoretisch mögliche Sättigungskonzentration sein
(bei nach 160), unter Berücksichtigung der individuellen Sättigung.
Die Ausbreitung dieser Tracer läßt sich unterteilen in einen konservativen Anteil und einen
Anteil, der biogeochemischen Prozessen unterliegt:
Die biogeochemisch beeinflußte Komponente nimmt in der vorliegenden Arbeit eine besondere Rolle
ein, da sie mit Hilfe von Zehrungsraten auf die Zeit referenziert werden kann.
Das wird in der vorliegenden Arbeit durch eine Sauerstoffzehrungsrate (108)
erreicht und bietet die Möglichkeit, Wassermassenalter zu ermitteln (vergl. Kapitel 3.5.2).
Die grundlegende Annahme dabei ist, daß eine im Ozean beobachtete Konzentration von Temperatur und Salzgehalt aus unvermischten Ursprungskonzentrationen zusammengesetzt werden kann. Voraussetzung dafür ist die lineare Vermischung mit identischen Mischungskoeffizienten aller beteiligten Tracer. Vermischung, die auf unterschiedlichen Mischungskoeffizienten beruht, können so nicht erfaßt werden. Die großskalige Vermischung im Ozean kann aber als turbulent angesehen werden. Die turbulente Vermischung ist tracerunabhängig, daraus hervorgehende Verteilungen können mit linearen Mischungsmodellen analysiert werden.
Erweiterungen des ``Vermischungsdreiecks'' wurden von (137) und (74) abgehandelt. dehnte dabei die Analyse im ``Vermischungsdreieck'' auf beliebig viele Quellwassertypen aus. Dabei blieb die Annahme erhalten, daß die an der Mischung beteiligten Wassertypen vertikal geschichtet sind und so immer nur 3 Wassertypen direkt miteinander in Kontakt stehen. Basis für die Erweiterung auf beliebig viele Wassermassen war die Annahme, daß Vermischung im Ozean isopyknisch, d.h. auf Flächen konstanter Dichte, abläuft (86).
Eine Weiterentwicklung der Mischungsanalyse wurde durch das Einbeziehen von Sauerstoff,
Nährstoffen und Silikat als zusätzliche Tracer erreicht, die sogenannte Multiparameter Analyse
(148). Mit dieser Analyse können, auf Basis der linearen Vermischung, bei Tracern
Quellwassertypen analysiert werden. Isopyknische und diapyknische Vermischung waren trennbar.
Durch Lösungstechniken der linearen Algebra (64) wurde die Analyse zur
sogenannten Umkehr oder Invers Methode weiterentwickelt (152,72),
die als klassische Optimum Multiparameter Analyse (klassische OMP Analyse) bezeichnet wird.
Beobachtete Tracerkonzentrationen werden dem linearen Vermischungsmodell angepaßt, indem die
Mischungsanteile als freie Modellvariablen bestimmt werden. Die Analyse ist bei
Tracern nur noch auf
Quellwassertypen limitiert, da sie ein überbestimmtes Gleichungssystem
erfordert.
Durch das Einbeziehen der Änderungen von Tracern durch biogeochemische Mechanismen,
wurde die Analyse großskaliger Tracerverteilungen möglich (58).
Das Verfahren wird als erweiterte OMP Analyse bezeichnet.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde ein MATLAB Programmpaket entwickelt,
welches es erlaubt nahezu beliebige Datensätze mit der OMP Analyse zu bearbeiten
(56). Das Programm ist über das Internet verfügbar:
http://www.ifm.uni-hamburg.de/wwwro/omp_std
Download.
Die einzelnen Gleichungen beschreiben die lineare Vermischung der Urspungskonzentrationen
(Quellwassertypen) von den Tracern Temperatur (T), Salzgehalt (S), Sauerstoff (O), Phosphat
(PO
), Nitrat (NO
) und Silikat (Si) in Anteilen
bis
. Es werden so die
Beobachtungsdaten (Tracer
) erhalten zuzüglich von tracereigenen Residuen (
).
Die Residuen können im Sauerstoff und in den Nährstoffen beispielsweise durch biogeochemische
Prozesse hervorgerufen werden, aber auch Meßfehler oder nicht-lineare Mischungseffekte
können verantwortlich sein. Die letzte Zeile des Gleichungssystems beschreibt die
Massenerhaltung, d.h. die Summe aller Anteile ergibt 1.
Eine Lösung des Gleichungssystems bezüglich der Vermischungsanteile wird mit der Randbedingung
ausschließlich positiver Wassermassenanteile () über die ``Methode der kleinsten
Quadrate'' (``least square fit'' - LS Anpassung) gesucht (64).
Dabei muß das Gleichungsystem, um die Randbedingungen erfüllen zu können,
überbestimmt sein, d.h es müssen mehr Gleichungen als Unbekannte vorhanden sein.
Das Gleichungssystem läßt sich in Matrixschreibweise formulieren als
Um eine Region zu analysieren, müssen zuerst die Quellwassertypen (QWT) definiert werden, aus denen
sich die Wassermassenstruktur dort zusammensetzt.
Die Quellwasser müssen so gewählt werden, daß alle Daten durch ihre Vermischung darstellbar sind.
Da klassiche OMP Analyse keine biogeochemischen Änderungen im Tracerfeld berücksichtigt,
lassen sich nur lokale Mischungsstudien durchführen.
Der nächste Schritt ist eine Normierung oder Standardisierung der Quellwassertypenmatrix (),
um eine Vergleichbarkeit der einzelnen Tracer mit ihren unterschiedlichen
physikalischen Einheiten zu schaffen (siehe beispielsweise 2):
Die Gewichtung der Tracer im Gleichungssystem wird über eine Gewichtungsmatrix () gesteuert.
Sie wird durch das Verhältnis zwischen Auflösungsvermögen und Fehler bestimmt (152).
Das Auflösungsvermögen ist die maximale Variabilität in den Quellwassertypen (
).
Die Fehler sind entweder die ``natürliche'' Variabilität jedes Tracers in der Quellregion oder der
Meßfehler, je nachdem welcher Wert größer ist (
).
Das so standardisierte und gewichtete System von Gleichungen kann über die LS Anpassung
gelöst werden.
Alle Variablen werden dabei als konservativ angenommen (Gleichung 3.1 und
3.4 ohne biogeochemische Komponente).
Abbildung 3.1 (links) zeigt das Prinzip der Auflösung eines Datenpunktes in
vier Quellwassertypen (QWT bis QWT
). Diese ist gleichbedeutend einer Vermischung entlang
der gestrichelten Linie.
![]() |
Eine zusätzliche Spalte mit der Unbekannten P wird dazu in die Gleichungen, die
biogeochemischen Einflüssen unterliegen (Sauerstoff, Phosphat, Nitrat und Silikat), mit aufgenommen.
Dadurch wird ein zusätzlicher Mechanismus zur linearen Zusammenstellung des Tracerfeldes
im Gleichungssystem bereitgestellt.
Hier wird ausgenutzt, daß sich die Konzentrationen von Nitrat und Phosphat im Ozean in einem
relativ konstanten Verhältnis ändern (r
). Die Änderungen werden durch Remineralisation
hervorgerufen, einem Prozeß, bei dem hauptsächlich Bakterien absinkendes Material zersetzen und
die darin enthaltenen Nährstoffe in gelöster Form wieder ins Wasser gelangen lassen.
Während der Remineralisation von Nährstoffen wird Sauerstoff verbraucht (-r
).
Die Verhältnisse sind Teil der ``Redfield ratios'', die zusätzlich noch das Kohlenstoffverhältnis
(r
) beinhalten (102,1).
Silikat ist zwar nicht direkt am Remineralisationsprozeß beteiligt, kann aber auch in die
Verhältnisse integriert werden (159). Es ist für den Aufbau der Silikatschalen
von Diatomäen und Radiolarien unerläßlich und daher indirekt mit den Nährstoffen
gekoppelt (r
).
Abbildung 3.1 (rechts) zeigt die Prinzipskizze der Vermischung mit gleichzeitiger
Korrektur der biogoechemischen Änderungen bei einem nicht konservativen Tracer.
Der Lösungsvektor ergibt sich aus der vermischungsabhängigen Zusammenstellung der
definierten QWT bei Korrektur in den biogeochemisch beeinflußten Tracern, die die
konservativen und nicht konservativen Beobachtungsdaten am besten wiedergibt.
Werden die Verhältnisse auf den Phosphatwert referenziert (r),
sind gemäß (102) r
=16 und
=138 und gemäß
(159) r
=23.
In diesem Falle steht das
P für die Summe aller Änderungen im Phosphat durch
biogeochemische Prozesse.
Eine Umwandlung des
P in die biogeochemischen Änderungen im Sauerstoff, kann über das
Verhältnis
durchgeführt werden als
P r
.
Das Besondere an den biogeochemischen Änderungen
P ist, daß die OMP Analyse sie
relativ zu den definierten Quellwassern ermittelt.
So können Wasser, die auf ihrem Weg durch den Ozean unterschiedlichen
Vermischungsvorgängen ausgesetzt waren, an beliebiger Stelle als ``quasi initial'' definiert
werden. Es ist dadurch möglich, die biogeochemische Änderung relativ zu diesem
Punkt zu ermitteln.
Für die Ventilation, die klassisch oft mit dem Sauerstoff in Verbindung gebracht wird,
zeigt das P r
die Summe aller biogeochemischen Veränderungen im Sauerstoff
bezüglich der Quellwassertypen, also vergleichbar mit einer quellwasserbezogenen AOU
(``Apparent Oxygen Utilization'').
Folglich muß bei einer Definition der Quellwassertypen in den Gebieten, wo diese durch
Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphäre entstehen, der Term
P r
auch mit der AOU übereinstimmen.
Die Kopplung mit einer Sauerstoffzehrungsrate überführt das
P r
in ein
Sauerstoffalter.
Studien zu den Remineralisationsverhältnissen zeigen, daß diese räumlichen Schwankungen
unterliegen (128,1).
Wurde eine Lösung der erweiterten OMP Analyse gefunden, kann mit den Wassermassenanteilen
für jeden Datenpunkt eine ``reine'' Mischungskonzentration berechnet werden. Wird diese vom
Meßwert abgezogen, ergibt sich für die biogeochemisch beeinflußten Tracer ein Rest,
der identisch r
sein muß. Dabei müssen die Residuen der LS Anpassung
jedoch ungefähr 0 sein.
Setzt man diese Restwerte ins Verhältnis, stellen sie ebenfalls Remineralisationsverhältnisse
bezüglich der Regionen, in denen die Quellwassertypen definiert wurden, dar.
Abweichungen zwischen diesen und den in der OMP Analyse vorausgesetzten Verhältnissen
können Ausdruck der natürlichen Variabilität sein.
Die Analyse gestattet es so, regionale Remineralisierungsverhältnisse zu ermitteln.
Grundsätzlich muß dabei aber die Gültigkeit der Lösung bezüglich der Residuen der LS Anpassung
sichergestellt sein. Eine Untersuchung von (46) zeigt, daß die Ergebnisse der erweiterten
OMP nicht von der Wahl der initialen ``Redfield ratios'' abhängt.
Auch das um die biogeochemischen Änderungen erweiterte System von Gleichungen muß standardisiert
werden. Die Standardisierung geschieht dabei in zwei Schritten:
Zuerst wird das Gleichungssystem der klassischen OMP Analyse wie im vorherigen Abschnitt
beschrieben standardisiert. Danach werden die gewählten Ratios
zu den standardisierten und nicht standardisierten Größen ins Verhältnis gesetzt:
Die so erhaltenen standardisierten Ratios (
) werden in das
standardisierte Gleichungssystem
aufgenommen, welches dann, wie im vorigen Abschnitt
beschrieben, gelöst werden kann.
Es soll hervorgehoben werden, daß der Vorteil der erweiterten OMP Analyse ein Aufteilen des beobachteten Tracerfeldes ist. Der Einfluß der Vermischung wird von den biogeochemischen Änderungen getrennt, beide können seperat diskutiert werden.
Im Prinzip ist die OMP Analyse in der Lage, eine Lösung für ein Meeresgebiet im Indischen Ozean,
beispielsweise mit QWT Werten aus den lokalen Charakteristika der Ostsee, zu finden.
Um die diesbezügliche Qualität der Ergebnisse einzuschätzen, kann auf die Residuen ()
der Analyse zurückgegriffen werden. Diese zeigen, wie ``gut'' jeder Tracer angepaßt wurde - im
Idealfall der optimalen Anpassung würden alle
sein.
Falsche QWT Definitionen eines Tracers wirken sich auch auf die LS-Anpassung der anderen Tracer
aus, da der Lösungsvektor für alle Tracer gleichzeitig gesucht wird.
Dennoch ist das Maximum der Residuen im falsch definierten Tracer zu sehen.
Die Möglichkeit der Fehlerbestimmung in Form falscher QWT Werte ist durch ein zufallsgeneriertes
Verrauschen der QWT Matrix () möglich. Das Rauschen sollte dabei die Größenordnung der
zu erwartenden Variabilität in den Quellgebieten haben, welche beispielsweise aus historischen
Datensätzen ermittelt werden kann.
Der in erster Näherung lineare Zusammenhang von und
(143)
verringert den Rang der Matrix um 1, wenn beide Tracer im Modell verwendet werden.
Da beide aber unabhängig gemessen werden und neuere Untersuchungen das Verhältnis im Ozean als
nicht konstant bestimmten (128), ist es gerechtfertigt, auch beide Tracer zu benutzen,
ohne daß sich der Rang dadurch vermindert.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die erweiterte OMP Analyse eine Möglichkeit bietet, hydrographische Daten in biogeochemische Änderungen (Remineralisation) und transportbedingte Änderungen (Vermischung) zu separieren. Da dieses relativ zu festgelegten Quellwassern passiert, wird die Möglichkeit eröffnet, Rückschlüsse über die Ventilation bezüglich definierter Quellen zu ziehen.
(149) führte die erste beckenweite Quantifizierung von Wassermassen in der Thermokline in Form von Vermischungsanteilen der beteiligten Wassermassen durch. Dazu rückte er vom Konzept der Punktdefinitionen von Wassermassen ab und definierte sie, wenn nötig, als lineare Zusammenhänge zwischen Tracern über einen bestimmten Temperaturbereich. Er rückte zudem vom Vermischungsdreieck (36) ab, das ausschließlich auf der Analyse von Salz- und Temperaturdaten basiert, und benutzte eine Multiparameteranalyse (148). Drei Wassermassen wurden als ventilierende Quellen der Thermokline identifiziert: das Indische Zentralwasser, das Australasiatische Mittelmeerwasser und das Indische Äquatorialwasser. Aus dem Vergleich von isentroper (isopyknischer) und Multiparameteranalyse leitete Tomczak einen starken Einfluß der vertikalen Vermischung auf das Tracerfeld der Nordhemisphäre im Indischen Ozean ab. Weiterhin fand er einen geringen Einfluß des Monsuns auf die Thermoklinenzirkulation.
Die erste Anwendung der klassischen OMP Analyse auf die Thermokline des Indischen Ozeans geht auf (176) zurück, die später von (173) für verschiedene Monsunphasen wiederholt wurde. Beide Arbeiten verwenden als Quellwasser das Indische Zentralwasser, das Australasiatische Mittelmeerwasser und das sogenannte Nordindische Zentralwasser. Das Nordindische Zentralwasser wurde als gealtertes Indisches Zentralwasser definiert, um den methodischen Problemen der klassischen OMP Analyse zu begegnen, den Veränderungen im Tracerfeld durch biogeochemische Prozesse. Der Einfluß des Wassers aus dem Roten Meer bzw. dem Persischen Golf wurde nicht direkt bestimmt, sondern nur über die Residuen der Massenerhaltung beurteilt. Die Wassermassen wurden dabei über eine Cluster-Analyse ermittelt. Diese Methode sucht aus einem Datensatz natürliche Gruppen, die als Wassermassen interpretiert werden können. In den Gruppen können auch vermischte Wasser vertreten sein. Die Aufteilung der Gruppen in sogenannte ``Cluster-trees'', eine hierarchische Struktur aus den Clustern, bringen als unterste Stufe die Quellwassertypen hervor.
Die Zirkulation in beiden Arbeiten wurde letztlich aus der Kernschicht-Methode ermittelt, in der die Verdünnung den Weg der Wassermassen vorgibt. Die zweite, monsunabhängige Untersuchung findet sogar eine monsunabhängige Thermoklinenzirkulation. Diese Untersuchung sollte jedoch mit Skepsis betrachtet werden, da die Variabilität mit einer monsunabhängigen Definition der Quellwassertypen einhergeht. Eine monsunabhängige Änderung der Quellwasser muß zwangsläufig eine Änderung der Wassermassenanteile, also der Verdünnung, herbeiführen. Zwei Punkte der monsunabhängigen Untersuchung von (174) sind fragwürdig:
In der vorliegenden Arbeit wird ein anderer Weg eingeschlagen: die Wassermassen werden nicht empirisch, d.h. aus Häufigkeitsverteilungen der Daten, sondern aufgrund der physikalischen Prozesse, die für ihre Entstehung verantwortlich sind, identifiziert und definiert. Die Weiterentwicklung der OMP Analyse erlaubt es, Quellwasser dort zu definieren, wo sie gebildet werden. Biogeochemischen Änderungen im Tracerfeld werden berücksichtigt.
Die Zirkulation wird nicht über die Verdünnung, sondern über die biogeochemischen Änderungen aufgrund der Remineralisation abgeleitet. Mit entsprechenden Zehrungsraten, die im folgenden abgeleitet werden, können Zirkulationspfade sowie Aussagen über die Zirkulationszeit gemacht werden.
Die Ventilation der Ozeane und der Begriff des ``Alters'' von Wasser sind eng miteinander
verknüpft (146). Das Alter meint dabei die Zeit, die vergangen ist, seit
ein letzter Kontakt mit der Atmosphäre stattfand. Die Ventilation sagt aus, wie gut
eine Region erreicht werden kann. Wird eine Region gering ventiliert, ist sie
schwer erreichbar und das Wasser dort vergleichsweise alt.
Da die meisten Regionen des Ozeans nicht exklusiv mit Wasser einer Quelle ``aufgefüllt'' sind,
muß die Ventilation grundsätzlich als die Erreichbarkeit bezüglich aller Quellen angesehen
werden. Für das Alter eines Volumens im Ozean heißt das, es besitzt soviele Alter, wie Quellwasser
der Ventilation vorhanden sind.
Wird außerhalb einer Region, in der Wassermassen gebildet werden, ein Alter ermittelt, kann dieses
nur eine Mischung von mehreren Altern, ein Misch-Alter sein (51,58).
Um quantitativ das Alter von Wasser zu bestimmen, bieten sowohl biogeochemisch beeinflußte Tracer mit entsprechenden Zehrungsraten und transiente Tracer Möglichkeiten (siehe z.B. 51,49,114). In der vorliegenden Arbeit wird die Altersinformation ausschließlich aus dem Sauerstoff mit entsprechender Sauerstoffzehrung und den FCKWs (F-11, F-12) abgeleitet werden.
![]() |
Das nicht konservative Verhalten der FCKWs ist auf die Zeitabhängigkeit der atmosphärischen Eintragsfunktion zurückzuführen (Abbildung 3.2). Diese wurde anhand von Produktionsraten der chemischen Industrie (bis 1981) und danach durch direkte Messungen rekonstruiert ( S. Walker, P. Salameh und R. Weiss, pers. Mitteilung, 1995). Dabei wird angenommen, daß die Produktion bis 1981 zu 95% in der Nordhemisphäre stattfand, die interhemisphärische Austauschzeit 1.25 Jahre beträgt und die Tracer sich 44 (F-11) bzw. 180 (F-12) Jahre in der Atmosphäre aufhalten, ehe sie dort vollständig abgebaut sind.
Es sei noch erwähnt, daß die atmosphärische Konzentration von F-11 zwar nur halb so groß
ist wie die von F-12. Durch die vergleichbar höhere Löslichkeit ist das Verhältnis im
Seewasser jedoch genau umgekehrt, die F-11 Konzentration ist ca. doppelt so hoch wie
die von F-12.
Das über die ``einfache Altersbestimmung'' ermittelte Alter soll im weiteren Text als
das FCKW Misch-Alter bezeichnet werden. Dieses `Alter' wird noch detaillierter untersucht
werden.
Parameter | Konzentration |
F-11 pmol kg![]() |
1.305 |
F-12 pmol kg![]() |
0.702 |
![]() ![]() |
10.309 |
Salzgehalt | 34.859 |
Beobachtungsjahr | 1987 |
Löslichkeit F-11 | 0.014343 |
Löslichkeit F-12 | 0.037613 |
atmosphärisches Äquivalent F-11 | 90.983 |
atmosphärisches Äquivalent F-12 | 186.637 |
F-11 Alter des Wassers | 12.5 y |
F-12 Alter des Wassers | 12.5 y |
Im Falle der Verdünnung ist nur eines der an der Vermischung beteiligten Quellwasser FCKW
behaftet, alle anderen Quellwasser müssen daher vor 1950 gebildet worden sein.
(50,51) zeigte für diesen Fall, daß die `junge' Komponente unter
Berücksichtigung der Verdünnung die Ventilation eines Gebietes repräsentiert.
Wird zur Altersbestimmung die oben beschriebene ``einfachen Altersbestimmung'' verwandt,
wirkt sich die Verdünnung in einer Verschiebung des ermittelten Alters zu älteren Altern hin aus.
Um dem vorzubeugen, war in früheren Studien das Verhältnis der beiden FCKW Komponenten hilfreich
(z.B. 113): der Verdünnungseffekt war für beide Komponenten vorhanden, ließ das
Verhältnis jedoch unberührt, da es auf beide Komponenten gleichermaßen wirkt.
Seit Ende der siebziger Jahre ist das Verhältnis nicht mehr eindeutig einem Eintragsjahr
zuzuordnen und eine Altersbestimmung für jüngeres Wasser auf diese Weise nicht mehr möglich.
Ein anderer Weg ist die Quantifizierung der Vermischung mit anschließender Rückrechnung auf die
Ursprungskonzentration. Tritt Verdünnung auf und ist nur ein Quellwasser mit FCKW behaftet,
vereinfacht sich Gleichung 3.3 zu:
Errechnet man mit Hilfe dieser Gleichung die unverdünnte Konzentration, kann
die ``einfache Altersbestimmung'' angewandt werden, um das Wassermassenalter
der FCKW behafteten Quelle zu ermitteln. Diese sollte, nach (50,51),
die Ventilation repräsentieren.
Für die Thermokline ist diese Methode allerdings oft nicht anwendbar, da Vermischung
meist mit FCKW behaftetem Wasser stattfindet.
Ein Maß für den `scheinbar' verbrauchten Sauerstoff läßt sich über die Differenz vom beobachteten Sauerstoff zum Sättigungswert bestimmen und wird als AOU (``apparent oxygen utilization'') bezeichnet. Durch Verwendung der AOU werden näherungsweise die Temperatur- und Salzgehaltsbedingungen in den Absinkregionen des Wassers mit berücksichtigt. Die Bezeichnung ``apparent'' (scheinbar) soll jedoch verdeutlichen, daß die AOU eine Mischung aus dem verbrauchten Sauerstoff aller Quellen ist, die ein ozeanisches Volumen ventilieren.
Wird die AOU mit einem Alter des Wassers () ins Verhältnis gesetzt, erhält man die
Sauerstoffzehrungsrate bzw. OUR (``oxygen utilization rate''; 108,49):
![]() |
Das mit einer solchen Vermischung verbundene Sauerstoff Misch-Alter wurde in Gleichung 3.5
abgeleitet. Für zwei Quellwasser ergibt sich, wenn AOU und OUR bekannt sind,
der einfache lineare Zusammenhang:
![]() |
OMP Analyse | |||
Tracer | Beobachtung | QWT![]() |
QWT![]() |
Temperatur (![]() |
12.358 | 12.7 | 9.4 |
Salzgehalt | 35.135 | 35.14 | 34.69 |
O![]() ![]() ![]() |
225.9 | ||
F-11 (pmol kg![]() |
2.0651 | ||
F-12 (pmol kg![]() |
1.0570 | ||
Mischungsanteil(%) | 87 | 13 | |
FCKW/O![]() |
|||
W![]() |
W![]() |
||
F-11/O![]() |
3.1 | 25.4 | |
F-12/O![]() |
3.5 | 28.1 | |
Mittlere Alter (y) | 3.3 | 26.8 |
![]() |
Verfahrensweise des Modells:
Mit den Quelltemperaturen T und Quellsalzgehalten S
werden Sättigungswerte des
Sauerstoffes (160) sowie Löslichkeiten der FCKWs berechnet (157).
Aus vorgegebenen Ausbreitungsaltern (
) werden dann die Konzentrationen von Sauerstoff und
FCKW ohne Vermischung berechnet. Für den Sauerstoff wird eine konstante OUR
mol(kgy)
angenommen, für die FCKWs das Jahr 1994.5 als Referenzjahr gewählt.
Im nächsten Schritt werden die konservativen Tracer (Temperaturen T und Salzgehalte
S
) und die altersabhängigen Tracer (FCKW
, gealterter Sauerstoff
O
) in 10er Schritten linear vermischt: W1=0% wenn W2=100%; W1=10% wenn
W2=90%; usw.
So ergibt sich ein synthetischer Datensatz mit Temperatur, Salzgehalt, FCKWs und
Sauerstoffkonzentrationen bei bekanntem Mischungsverhältnis und Altern.
Zusätzlich wird ein Zufallsrauschen in der Größenordnung der Meßfehler auf die künstlich
erzeugten Daten gegeben.
Um die Ergebnisse besser interpretieren zu können, wird das Alter des Quellwassers 1 (
)
für jede Simulation konstant gehalten und nur das des Quellwassers 2
(
) im Bereich von 0 bis 50 Jahre variiert.
Es wurden bewußt Quellwasser Charakteristika gewählt, die neben der direkten Mischung der
zeitabhängigen Tracer auch den Einfluß der Mischung auf die Löslichkeit bzw. Sättigung
beinhalten kann (Tabelle 3.3).
Der Kontrast in den Quelltemperaturen (
T=7 K)
und Quellsalzgehalten (
S=2.8) entspricht dabei ungefähr dem des Einstroms von
Wasser aus dem Persischen Golf in den nördlichen Indischen Ozean.
Quellwasser 1 | T![]() ![]() |
20 |
S![]() |
37.5 | |
Alter ![]() |
konstant | |
Quellwasser 2 | T![]() ![]() |
13 |
S![]() |
35.4 | |
Alter ![]() |
0 - 50 | |
beide | OUR![]() ![]() ![]() |
5 |
beide | Referenzjahr | 1994.5 |
Abbildung 3.6 zeigt die Misch-Alter relativ zu den Mischungsanteilen und dem Alter des
Quellwassers 2 () für den Sauerstoff (links) und das FCKW F-11 (rechts) ohne ein Verrauschen
der Daten, für den Fall, daß
Jahre ist.
![]() ![]() |
![]() ![]() |
Nach Gleichung 3.5 tritt ein besonderer Fall ein, wenn alle Quellwasser gleiche
Alter besitzen.
Zu erwarten ist, daß die Misch-Alter übereinstimmen und den individuellen Altern entsprechen
(in Abb. 3.6 wäre das bei Jahre).
Eine Abweichung sollte nur durch die Abhängigkeit von Sättigungs- bzw. Löslichkeitsfunktion
auf die nicht genau bestimmbaren Quelltemperaturen und Quellsalzgehalte hervorgerufen werden.
Auf Abb. 3.6 sieht man, daß das Sauerstoff Misch-Alter noch relativ gut die
10 Jahre unabhängig von der Mischung liefert. Die FCKW Misch-Alter zeigen jedoch zu geringe Werte,
begründet in der größeren Abhängigkeit der Löslichkeitsfunktion auf Änderungen in
Quelltemperatur und Quellsalzgehalt.
Dennoch können gleiche Misch-Alter in Sauerstoff und FCKW als Hinweis einzelner Ventilationsbeiträge
genutzt werden.
![]() ![]() |
Als zusätzliche Schwierigkeit kann bei der Analyse der Misch-Alter die Auswirkung von Meßfehlern
angesehen werden. Abbildung 3.8 zeigt die gleichen Misch-Alter wie in Abbildung
3.6, nur mit Zufallsrauschen der Daten in der Größe der Meßfehler.
Die größten Auswirkungen sind im jungen Wasser zu finden: hier haben der verbrauchte Sauerstoff
(AOU) und die atmosphärischen FCKW Gradienten noch die Größenordnung des Datenrauschens, was die
Altersanalyse sehr ungenau werden läßt.
Ein Vergleich mit Beobachtungen aus dem Indischen Ozean:
Werden die Misch-Alter der FCKWs und die AOU Werte ins Verhältnis gesetzt, entspricht das einer
Sauerstoffzehrung (OUR).
Obwohl diese im Modell als konstant angenommen wurde um die
Altersabhängigkeit der Sauerstoffkonzentration zu simulieren, kann durch die oben diskutierten
Vermischungseffekte auf Sauerstoff und FCKWs eine Variabilität hervorgerufen werden.
Der Vergleich zwischen den aus dem Modell abgeleiteten OUR mit denen aus Beobachtungsdaten
ermittelten kann über die AOU geschehen. Das entspricht in erster Näherung einem Zusammenhang
zwischen Ausbreitungsdauer und OUR.
![]() ![]() ![]() ![]() |
Aus den Beobachtungsdaten im Indischen Ozean wurden die FCKW Misch-Alter über die ``einfache
Altersbestimmung'' berechnet (siehe Abschnitt 3.5.1). Werden die Alter mit der
aus dem Sauerstoff berechneten AOU ins Verhältnis gesetzt, resultiert eine OUR.
Diese OUR ist beeinflußt durch die Vermischung sowohl im Sauerstoff wie in den FCKW.
Der Vergleich zeigt, daß das Modell die Beobachtungsdaten gut simulieren
kann (Abb. 3.9).
Die beobachtbare Variabilität der OUR läßt sich, trotz konstanter OUR
mol(kgy)
im Modell,
allein durch die Vermischung erreichen.
Bei Vermischung mit FCKW freiem Wasser (
Jahre) kann die generelle Verteilung der
Nordhemisphäre gut simuliert werden.
Es ist daher nicht verwunderlich, daß die OUR aus den Beobachtungsdaten neben einer
Tiefenabhängigkeit auch eine Breitenabhängigkeit aufweist (Abbildung 3.10).
Eine Erhöhung der OUR nach Norden und zur Oberfläche ist gut zu erkennen.
Die Abhängigkeit von der Breite ist als Hinweis auf die hauptsächlich von Süden stattfindende
Ventilation anzusehen:
Auf dem Weg nach Norden vermischt sich das gut ventilierte Wasser mit vergleichsweise hohen FCKW
Konzentrationen mit Wasser aus dem Norden mit geringen FCKW Konzentrationen.
Daraus ermittelte FCKW Misch-Alter erhöhen sich, da die FCKW Konzentration durch die ``Verdünnung''
geringer werden. Gleichzeitig ist das Wasser aber auch sehr sauerstoffarm und zeigt eine,
für das resultierende Alter, vergrößerte AOU - die OUR wird dadurch überproportional groß.
![]() |
Die größeren Streuungen in der OUR der Nordhemisphäre konnten über das Modell als ein Effekt
der Vermischung erklärt werden. Es kann angenommen werde, daß keine tatsächliche Änderung der
OUR auftritt und daher läßt sich allein aus den Daten der Südhemisphäre eine dichteabhängige
OUR ermitteln (Abb. 3.11). Diese kann dann zur Umwandlung der AOU Werte in Sauerstoff
Misch-Alter für den gesamten Ozean benutzt werden:
![]() |
Besonders an der Oberfläche, d.h. bei geringer Dichte, sind deutliche Unterschiede zwischen der
in der vorliegenden Arbeit gefundenen OUR und der von (49) im Nordatlantik
abgeleiteten OUR zu erkennen. Ob dieses ein regionaler Effekt ist, oder durch die
unterschiedlichen Alterstracer hervorgerufen wird, ist nicht ersichtlich.
In den folgenden Untersuchungen wird Gleichung 3.7 zur Umwandlung der biogeochemischen
Änderungen in Sauerstoff Misch-Alter benutzt werden.
Zusammenfassend ist zu sagen, daß die Bestimmung des Wassermassenalters grundsätzlich
durch die Vermischung limitiert ist.
FCKWs eröffnen, im Fall der Verdünnung und einem speziellen Fall der Vermischung von
zwei Quellwassern mit zur Oberfläche zurückverfolgbaren Charakteristika, die Möglichkeit
individuelle Alter einer bzw. beider Quellwasser zu bestimmen.
Dazu müssen die Anteile der Wassermassen an der Vermischung bekannt sein.
Für andere Mischungssituationen können über die aus dem Sauerstoff oder den FCKWs
ableitbaren Misch-Alter Hinweise zur Ventilation gefunden werden.
Der Sauerstoff wird dabei über Zehrungsraten (OUR) in ein Misch-Alter überführt.
Zur Bestimmung der Altersverteilung wird eine große Datengrundlage verfügbar gemacht, wie sie
allein durch die wenigen Messungen von FCKWs nicht vorhanden ist.