3.3.1.2.2. Narzißmustheorie

„Setzt man die Akzente etwas anders, läßt sich schon Freud (1916) so interpretieren, daß die beschriebene Lösung des Aggressionskonflikts eine narzißtisch gestörte Persönlichkeit voraussetzt und daß für die Auslösung des Konflikts das Versagen eines narzißtischen Objekts maßgeblich ist. Konsequent weitergedacht wäre die Aggressionsabwehr etwas Sekundäres, die Beeinträchtigung des Narzißmus das Primäre.“[1] In diesem Satz macht Henseler bereits explizit deutlich, daß sich Aggressions- und Narzißmustheorie zur Suizidalität keinesfalls grundsätzlich gegenseitig ausschließen, sondern vielmehr einander ergänzen, was auch Götze bestätigt, wenn er als Grundlage der heutigen Betrachtungen zur Aggressionstheorie eine „sog. Ich-Schwäche“[2] der Persönlichkeitsstruktur beschreibt. Er stimmt hierin mit Ringel[3] überein, dessen präsuizidales Syndrom er als ebenfalls mit diesen Ansätzen kompatibel einbezieht[4]. Auch bei Kernberg findet sich eine Verbindung zwischen Aggressionstheorie und Narzißtischer Persönlichkeitsstörung, wenn er als deren Grundlage ein verstärktes Ausmaß an Aggression postuliert.

Die von Henseler in Thesenform aufgeführten Charakteristika der suizidalen Persönlichkeit[5] setzen sich ausnahmslos aus Eigenschaften zusammen, wie sie für eine narzißtische Persönlichkeitsstruktur charakteristisch sind:

Ein narzißtischer Defekt, der durch Verleugnung und Idealisierung auf dem Boden einem überhöhten Ich-Ideal entspringender Größenphantasien kompensiert werde mit konsekutiv verminderter Realitätskontrolle, resultiere in einer Tendenz zu narzißtischer Objektwahl[6]. Die hieraus folgenden zwischenmenschlichen Verbindungen seien krisenanfällig, was soziale Isolierung durch Angst vor neuen Beziehungen nach sich ziehe, die darüber hinaus immer wieder mißtrauisch auf die Probe gestellt würden, und damit zu einem regressiven Rückzug in einen phantasierten harmonischen Primärzustand. Die  eigene Selbstüberschätzung betreffe ebenfalls die Auswirkungen der eigenen Aggression, weswegen diese, unterstützt durch das strenge Über-Ich, zu vermeiden getrachtet und gegebenenfalls gegen sich selbst gerichtet werde.[7] Die eigentliche Suizidhandlung erfolge als „Konfliktlösung“[8], um der Gefahr eines drohenden Verlusts des Selbstgefühls „aktiv zuvorzukommen“.[9]

Götze spricht in diesem Zusammenhang davon, daß der narzißtische, zwischen Minderwertigkeitsgefühlen und Omnipotenzphantasien schwankende Mensch den als narzißtisches Objekt geliebten Anderen als „Teil des eigenen Selbst“[10] erlebe, wobei eine „durch Verleugnung und Selbstidealisierung“[11] nicht mehr abwehrbare Bedrohung des Selbst zu einer tiefen Regression mit der „Phantasie von der Aufgabe der Individualität zugunsten einer Verschmelzung mit dem narzißtisch phantasierten Wunschobjekt in einem harmonisch symbiotischen Primärzustand“[12] führe als letzter Versuch, „das geliebte Objekt vor der Verfolgung des eigenen Hasses durch Wendung der Aggression gegen die eigene Person zu retten.“[13]

Der Nachweis dieser Charakterstrukturen bei Kirchner erfolgte ausführlich im Rahmen der Herausarbeitung der Psychodynamik seiner narzißtischen Persönlichkeitsstörung in Kapitel 3.2.2.[14], so daß hiervon ausgehend gezielt die Genese seiner Suizidalität abgeleitet wird:

Wie bei der Herleitung der Suizidalität aus der Perspektive der analytischen Aggressionstheorie herausgearbeitet, kommt der psychodynamischen Bedeutung der Kunst in Kirchners Leben als Repräsentanz der internalisierten guten Vaterimago schon früh die Funktion eines im Selbst integrierten narzißtischen Objekts zu[15].

Die Kunst ist seit früher Kindheit - Kirchner spricht vom Beginn mit dem Zeichnen im „dritten Lebensjahr“[16] - Quelle narzißtischer Bestätigung, vor allem, aber nicht nur, durch den Vater: „Alle meinten, ich müsse Maler werden.“[17] „Als Junge saß ich oft am Fenster und zeichnete, was ich sah...“[18]. Hier bietet sich ihm die Gelegenheit, die so oft bedrohlich erlebte Welt[19] aus sicherer Distanz wahrzunehmen und dennoch das Gefühl zu haben, an ihr teilzunehmen. Gefördert von der Umgebung läßt sich auf dem Zeichenblatt die Welt so konstruieren, wie er sie haben möchte, er wird als „Maler Herr und König über alles Seiende, ihm gehören Länder und Meere und Menschen und Tiere, er kann alles haben, indem er es zeichnet“[20]. Die Basis für eine Gegenwelt der narzißtischen Allmachts- und Größenphantasien gegenüber der angstbesetzten Realität ist gelegt[21], und psychodynamisch nachvollziehbar entwickelt sich in dem Jungen der Wunsch „Maler zu werden“[22].

Entgegen der früheren intensiven Förderung lehnt der Vater mit seiner ganzen Autorität und Strenge diesen Wunsch ab und verlangt, daß sein Sohn so wie er selbst in seiner Jugend die Kunst zugunsten einer bürgerlichen Existenz aufgeben solle[23]. Zuerst unterwirft sich Kirchner den Forderungen des Vaters, besteht die Matura - hier hat er noch den Wunsch des Vaters als seinen eigenen internalisiert[24] - und beginnt das einem bürgerlichen Beruf zustrebende Studium der Architektur - dies bereits gegen den eigenen Willen[25].

Er überträgt in seiner Studentenbude schrittweise die innere Kunstwelt in die Realität, indem er sie nach Art „eines ausgesprochenen Bohemiens, voll von überall bunt herumliegenden Bildern, Zeichnungen, Büchern, Mal- und Zeichengerät, weit mehr eines Malers romantische Behausung als das Heim eines ordentlichen Architekturstudenten“[26] ausgestaltet, und gewinnt nach dem Wegfall der väterlichen Bestätigung für seine Kunst Studienkollegen, die für die gewünschte Anerkennung und damit narzißtische Zufuhr sorgen. Schließlich verläßt er die Realwelt des Vaters ganz und setzt mit Gleichgesinnten[27] die zuvor nur erträumte paradiesische Welt in die Realität um, frei vom Zwang bürgerlicher Konvention mit freizügigem Zusammenleben in der kraß antibürgerlichen Atmosphäre der Ateliers[28] oder in der Ungezwungenheit der Natur[29]. Er konnte sich hierin nicht nur durch die Wertschätzung seiner Arbeit seitens der anderen Brücke-Mitglieder der Brücke, sondern auch durch die sich einstellenden künstlerischen Erfolge in Dresden und darüber hinaus bestärkt fühlen[30]. War für ihn als Kind die Kunst Mittel zur narzißtischen Bestätigung durch den Vater gewesen, erfährt er diese nun durch die seine Werke bewundernde Umwelt.

Nichtsdestotrotz verbirgt sich hinter dieser real gewordenen Inszenierung der inneren narzißtischen Wünsche weiter die frühe tiefe Angst vor der bedrohlichen und versagenden Seite der Welt, verbunden mit Gefühlen von Selbstunsicherheit und Sehnsucht nach symbiotischer Verschmelzung, deren Ursprung aus Kirchners ambivalenter Mutterbeziehung und aus dem Erleben des strengen Vaters hergeleitet werden konnte[31].

Die erste suizidale Krise:

Einerseits angespornt durch die Erfolge in Dresden und andererseits um nicht Neidgefühlen gegenüber den bereits vorausgeeilten Brücke-Kollegen ausgesetzt zu sein[32], entscheidet sich Kirchner 1911 für den Umzug nach Berlin. Er geht also an den Ort, an dem sein Vater Jahrzehnte zuvor die eigenen Träume vom Künstlerleben begraben hatte[33], der internalisierten strengen Vaterimago wird der narzißtische Kampf angesagt[34].

Wieder versucht er seine Umgebung als paradiesische Kunstwelt zu gestalten[35], doch statt des gesuchten Erfolges sieht er sich plötzlich einem „Existenzkampf [, der] ... sehr hart hier“[36] ist, gegenübergestellt und fühlt sich in Berlin „stets in Grund und Boden kritisiert.“[37]

Als Reaktion auf diese narzißtische Kränkung fordert er von seinen Mitstreitern in der Brücke, ihn als eigentliche Führungsfigur der Vereinigung anzuerkennen. Als ihm dies nicht zugebilligt wird, zerbricht die Brücke[38], und er versucht durch Steigerung seines Arbeitseinsatzes doch noch zu Erfolg und Anerkennung zu gelangen. „Der ungeheure Arbeitsfanatismus läßt ihm keine Ruhe, bedürfnislos und in ärmlichen Verhältnissen treibt sich Kirchner >>bis an die äußerste Grenze physischer Belastbarkeit<<, welche er durch Konsum von Drogen (wie Veronal und Morphium) zu übertreffen sucht, um seine Arbeitsintensität nochmals auszudehnen“[39], aber der Erfolg in Berlin bleibt aus.

Aus dieser Dynamik heraus läßt sich erklären, warum Kirchners erste suizidale Krise nicht erst am Anfang des Weltkrieges, sondern schon davor begonnen hat, im Einklang mit Ernas späteren Angaben[40].

Einzige Entlastung bleiben die Sommeraufenthalte auf Fehmarn, wo er anders als in der feindlich erlebten Umgebung Berlins nach eigenen Worten „die letzte Einheit von Mensch und Natur gestalten“[41] lernt, die Freiheit einer paradiesischen Welt nochmals wiederbelebt. Und genau an diesem Ort der letzten narzißtischen Zuflucht erreicht ihn die Nachricht vom Kriegsausbruch.

Er muß die Insel verlassen[42] und sieht sich plötzlich mit der Gefahr konfrontiert, zum Militärdienst eingezogen zu werden. Nicht nur würde dies die Aufgabe seines Kampfes um künstlerische und damit narzißtisch befriedigende Anerkennung durch die Steigerung seiner Arbeitsintensität bedeuten, sondern zusätzlich wird ihm die Unterwerfung unter eine die internalisierte strenge Vaterimago repräsentierende und damit die paranoiden Projektionen wiederbelebende Autorität abverlangt[43]. Zu einem Zeitpunkt, an dem sein Versuch, durch erfolgreiche Realisierung eines Lebens als Künstler den Vater narzißtisch zu übertrumpfen, zu scheitern droht, sieht er sich der Gefahr gegenüber, wie zuvor vom Vater gefordert, „einem normalen bürgerlichen Leben wieder eingegliedert zu werden[44] ..., ja sogar einen ganz üblichen Soldatentod zu sterben.“[45]

Schlagartig wird er „mit einem Ruck sich seiner unendlichen Kleinheit bewußt“[46], das narzißtisch überhöhte Selbstbild bricht zusammen und „das Bild eines ausgehungerten, wütenden, innerlich leeren Selbst in seinem ohnmächtigen Zorn ... und in ständiger Furcht vor der Welt der anderen, die ... [er] als genauso haßerfüllt und rachsüchtig empfindet wie sich selbst“[47] tritt zutage. Unterwirft er sich anfangs seinen Verfolgern - real dem Militär, psychodynamisch den internalisierten paranoiden Projektionen sowohl aus der strengen Vaterimago, als auch aus der versagend erlebten Mutterimago -, indem er sich als „unfreiwillig Freiwilliger“[48] selbst zum Militärdienst meldet, hält er diesem Druck jedoch nicht lange stand, ergreift die Flucht und „widersetzt und gebärdet sich wie ein Tobsüchtiger“[49], als die Militärpolizei versucht ihn festzunehmen.

Unter der narzißtischen Bedrohung und den konsekutiven Angstzuständen kommt es verstärkt durch den sich zur Sucht steigernden Alkohol- und Drogenkonsum[50] „zu einer tiefen Regression“[51] bis auf ein manifest paranoid imponierendes psychotisches Niveau - ein von Kernberg beschriebenes charakteristisches Phänomen der Narzißtischen Persönlichkeitsstörung[52] -, und es stellen sich erstmals Suizidgedanken ein[53].

Vorübergehend aufgefangen durch die schutzgebende regressive Umgebung der Sanatorien, versucht er weiter der narzißtischen Katastrophe durch eine Steigerung der Arbeitsintensität zu entrinnen, was seine „überraschenden Leistungen“[54] trotz der Erkrankung erklärt. So schafft er beispielsweise „ohne Helfer in 6 Wochen das Hauptwerk der deutschen Wandmalerei im 20.Jahrhundert“[55] „mit dem Thema vom glücklichen Leben auf Fehmarn“[56], d.h. seines verlorengegangenen narzißtischen Paradieses.

Zusätzlich bringen die somatisierten Lähmungen[57] in zweifacher Hinsicht Entlastung, zum einen in der Abfuhr psychischen Drucks, zum anderen in der Reduktion der Bedrohung durch das Militär, da sie seine Dienstuntauglichkeit bestätigen.[58]

Der Suizid kann verhindert werden. Neben dem Schutz seines Kunstschaffens durch die Sanatorienaufenthalte erfährt er eine ausgeprägte narzißtische Unterstützung durch Bewunderer seines Werks vor allem in Jena[59]. Von besonderer Bedeutung sind die ihn umsorgenden väterlichen Freunde, die als Repräsentanten der wohlwollenden internalisierten guten Vaterimago[60] die Bedrohung durch dessen im Militär repräsentierten autoritären Anteile abzumildern vermögen. Hier liegt der Grund für seine zumindest bei Graef auch von homosexueller Faszination begleitete Zuneigung[61] zu seinen Förderern, durch deren Zuwendung ihm darüber hinaus im Sinne einer „Einverleibung“[62] der idealisierten Bezugspersonen eine narzißtische Zufuhr zuteil wird: „Das ist doch die Rasse zu der ich gehöre.“[63]

Ganz entsprechend auf eine narzißtische Stärkung hin ausgerichtet ist schließlich auch der Therapieansatz Binswangers in Kreuzlingen. „Der Arzt forderte ihn zur Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Schweizer Kunst auf ..., vermittelte ihm Kunstbücher und leitete die Gespräche immer wieder auf künftige Aufgaben des Künstlers.“[64] Parallel dazu sorgt er für Kontakte zu den oft ebenfalls künstlerisch tätigen Mitpatienten, die den Krieg in Kreuzlingen überdauern[65]. Zahlreiche Besucher kommen außerdem, und „die ganze Familie Binswanger schien sich um ihn zu kümmern“[66]. Auf diese Weise kommt Kirchner erneut zu Kräften und er übersiedelt nach Davos. Dort zieht er sich fern einer direkten Auseinandersetzung mit konkurrierenden Zeitgenossen in der Kunst zurück in die Einsamkeit der Natur, die ihm erneut erlaubt, sich seinen Größenphantasien hinzugeben und aus diesen heraus die Welt wahrzunehmen und sich seine Umgebung zu gestalten[67]. Der Wiederaufbau des Selbstwertes ist schrittweise gelungen, aber die Erfahrung der „unendlichen Kleinheit“[68] hat eine Verletzlichkeit hinterlassen, vor der er sich durch narzißtische Formen der Abwehr schützen muß. Seine „Selbstidealisierung“[69] macht ihn zum größten Künstler[70], seine wirkliche Stellung in der Kunst wird verleugnet[71]. Wie als Kind[72] betrachtet er die Welt aus der sicheren Entfernung des Rückzugs[73] und entwertet alle bedrohlichen Konkurrenten, hierbei gleichfalls seine Aggressionen auf die Umgebung projizierend[74].

Die zweite suizidale Krise:

Kernberg weist darauf hin, „welche verheerenden Auswirkungen ein unbewältigter pathologischer Narzißmus oft erst in der zweiten Lebenshälfte nach sich zieht.“[75] Statt narzißtischer Bestätigung, wie sie im Jugend- und im Erwachsenenalter eher leicht zu erhalten ist, kann der Betroffene trotz aller Verleugnungen nicht umhin, daß er „schließlich doch den grundlegenden Konflikten im Zusammenhang mit dem Altern, chronischer Krankheit, körperlichen und seelischen Einschränkungen und vor allem Trennungen, Verlusten und Einsamkeit ins Auge sehen muß.“[76]

Genau mit diesem situativen Umfeld findet sich Kirchner Ende der zwanziger Jahre bei der sich erneut schleichend entwickelnden Suizidalität konfrontiert. Schon früh fühlt er sich als „harmloser alter Mann“[77], „klagt in verschiedenen Briefen immer wieder über Magen- und Darmprobleme“[78] - an späterer Stelle spricht er von „dauernder Krankheit und Schwäche“[79] -, ist immer wieder Trennungen durch den Tod enger Bekannter, z.B. seiner Schüler, ausgesetzt[80] und leidet an den Gefühlen „des absoluten Alleinstehens“[81] und „sehr grosser Einsamkeit“[82].

Aber dies ist nur der situative Hintergrund für die sich erneut manifestierende Suizidalität. Kirchner selbst spürt, daß seine Einsamkeit in ihm selbst begründet liegt: „Ich war immer allein, je mehr ich unter Menschen kam, fühlte ich meine Einsamkeit, ausgestoßen, trotzdem mich niemand ausstieß.“[83] Sie ist Ausdruck des narzißtischen Rückzugs vor der als existentiell bedrohlich erfahrenen Umwelt in die sicher erlebte Welt der Größenphantasien[84], die in seiner Kunst auszuleben, er schon früh gelernt hat: „Die künstlerische Arbeit gibt uns die innere Überlegenheit ... und das versteht kein anderer Mensch.“[85] Systematisch gibt er sich der Selbsteinschätzung hin, mit seiner Arbeit „tatsächlich in ihrem Ernst, Freiheit und Eigenheit an allererster Stelle“[86] zu stehen, und setzt zu deren Untermauerung jedes verfügbare Mittel ein, seien es die von ihm vehement bestrittenen Vordatierungen[87], die Retuschierungen der Bilder[88], die ebenso massiv verleugneten eigenen Publikationen zu seinem Werk[89] oder der Druck, mit dem er seine Kritiker gefügig macht[90]. Gleichzeitig entwertet[91] er seine Zeitgenossen, schließlich sogar die alten Meister, denen er sich eigentlich ebenbürtig und verbunden fühlt[92],

Auf diese Weise erschafft er sich in der selbstgewählten Isolation aus sich selbst heraus die gewünschte narzißtische Bestätigung, hierin immer wieder durch Erfolge seiner Kunst unterstützt. Aber die Zahl seiner Bewunderer nimmt ab, wenn beispielsweise Grisebach bekennt: „...ich kann mich zu dieser schrankenlosen Begeisterung doch nicht entschließen, die er einfordert“[93], das Ausmaß der Größenphantasien wird zunehmend realitätsferner, und gleichzeitig sieht sich Kirchner wiederholt mit den sich hinter den Größenphantasien verbergenden paranoiden Projektionen[94] konfrontiert, so wenn er im Moment großen Erfolges diesem nicht zu trauen wagt, man denke an seine Reaktion auf den Verkauf eines Bildes an die Berliner Nationalgalerie: „Heute freudiges Ereignis, das Brückebild an die Nationalgalerie Berlin verkauft. Nicht gehandelt. Die erste anständige Tat Justis. A la bonheur. Oder steckt auch da was dahinter, vielleicht wollen sie das Bild zerstören...“[95]

Fatalerweise wandelt sich die Umwelt in einer Weise, die die schlimmsten paranoiden Projektionen real werden läßt. Bereits 1929 ahnt er, daß „wir nochmals Aufruhr, Kampf und Blut erleben müssen, nachdem eben erst der Weltkrieg vorbei ist“[96] und 1930: „Armes Deutschland, das Ende ist nahe, denn Hitler geht natürlich wieder gegen die Franzosen.“[97] Parallel dazu führen die politischen Umwälzungen zu neuen narzißtischen Kränkungen, die sich zuerst gegen ihn und seine Arbeit, schließlich direkt gegen seine Kunstwerke richten und damit seinen Größenphantasien den Boden entreißen. Sein sehnlicher Wunsch nach einer Wandmalerei in Form der Freskenausmalung des Folkwang-Museums in Essen, später dann auch der Frauenkircher Kirche[98], zerschlägt sich[99]. Als einziger öffentlicher Auftrag bleibt zuletzt nur die Supraportenskulptur der Dorfschule in Frauenkirch[100]. Ihm wird nahegelegt wird, auf die erst nach langem Warten erfolgte Berufung in die Preußische Akademie zu verzichten[101]. Die Plazierung an führender Position in der Ausstellung „Entartete Kunst“[102] kränkt ihn schließlich so massiv, daß er akut suizidal wird und gemeinsam mit Erna „von der Brücke bei Wiesen in den Tod zu springen“[103] plant. Dies kann noch einmal abgewendet werden, jedoch wird die große Retrospektive in Basel im November 1937 ebenfalls ein Fehlschlag[104]. Zuletzt trifft zu seinem Geburtstag kein einziger Gruß mehr ein[105], seinem Anspruch, der bedeutendste deutsche Künstler seit Dürer zu sein[106], ist endgültig jede Grundlage entzogen.

Kernberg berichtet zu narzißtischen Persönlichkeiten: „Zuzulassen, daß ihre Illusion von Grandiosität zerbricht, bedeutet für sie, sich abzufinden mit dem gefährlichen ... Bewußtwerden jener anderen, abgelehnten und entwerteten Seite ihres Selbst: einem hungrigen, leeren, einsamen, primitiven Selbst inmitten einer Welt bedrohlicher, sadistisch frustrierender und rachsüchtiger Objekte.“[107] Genau dies erlebt Kirchner, verstärkt durch die reale Bedrohung, daß deutsche Soldaten mit dem Anschluß Österreichs nur wenige Kilometer von Davos entfernt stehen.[108]

Drogen und Somatisierung[109] bieten keine ausreichende psychodynamische Entlastung mehr. Auch die Beziehung zu Erna stabilisiert ihn nicht, da sie aus der von ihm erlebten symbiotischen Verschmelzung[110] heraus als Teil seiner selbst keine wirksame narzißtische Zufuhr bieten kann.

Kirchner versucht der Bedrohung aktiv zuvorzukommen[111]. Er zerstört stellvertretend seine Kunstwerke, rettet diese so vor dem befürchteten Zugriff durch die Nationalsozialisten[112] und schafft eine Abfuhr für seine heftige Aggression[113]. In dem Freiwerdenlassen dieser von ihm selbst auf seine Mutter zurückgeführte Aggression[114] vernichtet er aber mit der Kunst die Repräsentanz des guten internalisierten väterlichen Objekts[115], so daß zuletzt nur die Flucht in „mit dem Tode [verbundene] ... Phantasien von Allmacht und Unsterblichkeit“[116] flüchtet als letzter Ausweg zum Erhalt der Größenphantasien[117] bleibt, womit er sich gleichzeitig Phantasien von Verschmelzungssehnsüchten mit der Mutter[118] als „Aufgabe der Individualität zugunsten einer Verschmelzung mit dem narzißtisch phantasierten Wunschobjekt in einem harmonischen symbiotischen Primärzustand“[119] hingibt.



[1] HEN, SS.70-71

[2] GÖT, S.172

[3] zu Ringel s.Anm.692

[4] GÖT, S.174

[5] HEN, SS.85-89

[6] Dieser Begriff von Freud 1916 eingeführt. GÖT, S.172

[7] ebd.

[8] HEN, S.89

[9] ebd.

[10] GÖT, S.173; s.Anm.766

[11] ebd.

[12] ebd.

[13] ebd. Deutlich hier nochmals der Bezug zur Aggressionstheorie. s.SS.97-98

[14] s.SS.59-89

[15] s.SS.98-99

[16] In „Die Arbeit E.L.Kirchners“ 1937. KOR1, S.333; s.Anm.593

[17] Kirchner in „Anfänge und Ziel“ 1935. GRM, S.47; s.Anm.19

[18] Kirchner an Graef am 21.September 1916. ebd.

[19] s.SS.5-6

[20] Das Zitat „Lionardos“, das Kirchner auch als auf sich zutreffend empfand in einem Brief an Nele van de Velde am 9.Dezember 1920. KIR, S.37, s.Anm.250 und S.85

[21] s.hierzu auch SS.85-86

[22] Rückblickend Kirchner in einem Brief an Graef am 21.September 1916. GRM, S.47

[23] s.Anm.25 und SS.87-88

[24] So gab er zum Zeitpunkt des Besuchs bei Lilienthal an: „...Lilienthal schlug meinem Vater vor, ich solle bei ihm bleiben und die Fliegerei lernen, aber mein Vater wollte nicht. Ich war ja auch erst in Secunda und wollte auf alle Fälle Matura machen zuerst...“ Kirchner in seiner „Lebensgeschichte“ 1937. Dieser Auszug bei GRM, S.47; s.S.7

[25] Dies überliefert Bleyl: „Kirchner ... war in ähnlicher Weise zum Hochschulstudium der Architektur und des Hochbauwesens gekommen wie ich, nämlich durch familienbegründete Zwangsverhältnisse anstelle eines Malerstudiums an der Akademie...“. Bleyl in seinen „Erinnerungen“. Dieser Auszug bei GRM, S.48; s.Anm.27

[26] ebd. In diesem Zusammenhang überrascht es auch nicht, wenn Gordon berichtet: „Von einem kleinen Band Plato abgesehen, war Nietzsche der einzige Philosoph, der den Künstler interessierte.“ (GO, S.15) Ein die Auseinandersetzung mit Nietzsche belegender Hinweis bei WYP, S.21.

[27] s.Anm.150

[28] s.Anm.31

[29] Damals vor allem an den Moritzburger Teichen, ab 1908 auch auf Fehmarn. (s.Anm.30 und 154) Aus dieser Dynamik heraus dürfte die Natur vor allem als gesellschaftsfreier Raum, d.h. frei vom strengen Vater, zu verstehen sein.

[30] s.Anm.155

[31] s.SS.77-78, 85-86 und 88-89

[32] So beispielsweise Pechstein (s.Anm.158). Zu Hinweisen auf Neidgefühle Kirchners gegenüber diesem s.Anm.37 und SS.49-50

[33] s.Anm.25

[34] s.SS.87-89

[35] s.Anm.34

[36] Brief an Luise Schiefler am 5.November 1911. SPIE, S.60; s.Anm.38

[37] Rückblickend an Nele van de Velde am 20.März 1924. KIR, S.56; s.Anm.45

[38] s.SS.10 und 37

[39] REI, S.23; s.Anm.163

[40] s.Anm.140; Bereits um 1910 sind suizidale Gedanken in Zusammenhang mit ausbleibender Anerkennung bekannt: „Wenn ich so wieder einen Blick getan habe in die niedrige Gesinnung und Beschränkung der Chemnitzer Leute [wohl seiner Familie] wundere ich mich immer, woher man eigentlich den Mut nimmt überhaupt weiter zu leben.“ Brief vom 31.03.1910 an Heckel und Pechstein. KET1, S.235

[41] In „Die Arbeit E.L.Kirchners“. GRM, S.185; s.S.10

[42] s.Anm.48

[43] s.S.88, 99 und Anm.473

[44] Die Furcht davor, „dass ihm das Leben zu bürgerlich sei“ schon 1913 gegenüber Erna.

KOR1, S.103; s.Anm.140

[45] Henze in SEE, S.56; s.S.38. An anderer Stelle Kirchner selbst: „Aufgedunsen schwankt man, um zu arbeiten, wo doch jede Arbeit vergeblich und der Ansturm des Mittelmäßigen alles umreißt.“ Brief an Schiefler vom 28.3.1916. GO, S.25; s.Anm.50

[46] Kirchner bezogen auf den autobiographisch ausgestalteten Schlemihl-Zyklus in einem Brief an Schiefler am 19.7.1919. GRM, S.217; s.Anm.50 und 398 {Abb.4}

[47] KER, S.268, s.S.68

[48] Dieser Begriff von Kirchner selbst. (GRM, S.70) Eine vergleichbare Psychodynamik schildert Kraft in seiner Ausarbeitung zu Kubin: „Sein Protest gegen den Vater ... der daraus resultierenden ohnmächtigen Wut ... wandte sich in Form von Selbstmordgedanken gegen ihn selbst. Er beschloß, sich am Grab der Mutter umzubringen ... Nach dem Mißlingen dieses Vorhabens entschloß er sich zum Militär zu gehen.“ KRA, S.111

[49] Leny Miller-Spengler in ihren „Erinnerungen“. Auszug bei GO, S.462 (s.Anm.54). Die Heftigkeit der Gegenwehr spiegelt hier den von Kernberg beschriebenen „ohnmächtigen Zorn“. KER, S.268

[50] Daran zu erkennen, daß der Entzug vom Morphium von 1918-1920 dauerte. s.S.20, s.auch S.13

[51] GÖT, S.173

[52] KER, S.264; s.S.65; zu Hinweisen auf Kirchners psychotische Symptomatik s.S.56.

In diesem Sinne auch Götze: „Ist die Bedrohung oder die Kränkung des Selbst schließlich aber so schwer, daß sie durch Verleugnung und Selbstidealisierung nicht mehr abgewehrt werden kann, dann kommt es zu einer tiefen Regression, d.h. zu einem Kompensationsversuch durch das Agieren einer Phantasie von der Aufgabe der Individualität zugunsten einer Verschmelzung mit dem narzißtisch phantasierten Wunschobjekt in einem harmonischen symbiotischen Primärzustand. Dieser Schritt stellt die letzte Möglichkeit dar, das geliebte Objekt vor der Verfolgung des eigenen Hasses durch Wendung der Aggression gegen die eigene Person zu retten.“ GÖT, S.173

[53] s.Anm.63

[54] So beispielsweise von Frau Dr. Binswanger bemerkt. SCHOOP, S.32; s.Anm.70 und s.auch S.58

[55] GAB2, SS.166-167; s.Anm.61 {Abb.6}. Der hohe narzißtische Gehalt, der aus Kirchners Sicht der Wandmalerei zukam, entspringt seiner „künstlerischen Wertordnung ..., die letztlich aus der Kunsttheorie der Renaissance stammt ... Die höchste Stufe in dieser Wertordnung hatte die monumentale Malerei, die Wandmalerei.“ Grisebach in GRM, S.35

[56] GAB2, SS.166-167; s.Anm.61

[57] s.Anm.59 und S.57

[58] Unter dieser psychodynamisch-diagnostischen Betrachtung verwundert auch nicht die Diagnosestellung des Somatikers Spengler: „Kirchner ist hier - ein sonderbarer Mann. Schwer krank ist er nicht, aber er isst nicht.“ SCHOOP, S.13; s.Anm.56

[59] s.SS.15 und 39

[60] Im Sinne idealisierter Vaterübertragungen, was Kirchner auch selbst beschrieb: „...Gräf, der Vater zugleich war.“ Brief an Grisebach vom 26.12.1917. GR2, S.95; s.SS.70-71

[61] Als Ausdruck ähnlicher Verschmelzungswünsche wie sie gegenüber seiner Mutter bestanden (s.SS.77 und 84). Zu Kirchners Verhältnis zur Homosexualität s. Anm.47 und 62

In Davos findet sich dann in Helene Spengler ergänzend auch eine umsorgende Mutterfigur, der er aber in Mutterübertragung letztlich nie richtig vertrauen wird. s.SS.70-71

[62] Kernberg beschreibt dies als typische Beziehungsform von Personen mit Narzißtischer Persönlichkeitsstörung. KER, S.319; s.S.71

[63] Brief Kirchners an van de Velde vom 16.Januar 1918. (KIR, S.76; s.Anm.180) In gleicher Weise zitiert Kirchner Graef, der zu ihm gesagt habe: „Du hast eine Herrennatur.“ Kirchner in seinem Tagebuch am 6.Juli 1919. GR1, S.44; s.SS.40-41

[64] SCHOOP, S.28; s.Anm.69

[65] Beispielsweise der Schriftsteller Frank (SCHOOP, S.47), das kunstinteressierte Ehepaar Schaxel (SCHOOP, S.48) und s. auch Anm.69.

[66] SCHOOP, S.30; s.Anm.69

[67] s.S.78

[68] Kirchner an Schiefler am 19.7.1919. GRM, S.217; s.Anm.50, 398 und 760

[69] Diese zusammen mit der „Verleugnung“ von Götze als die beiden wichtigsten Abwehrmechanismen zur narzißtischen Stabilisierung präsuizidal angeführt. GÖT, S.173; s.Anm.766

[70] s.SS.40-41, 50-51

[71] s.S.41-42 und 79

[72] s.SS.85-86, 101-102

[73] s.S.82

[74] s.SS.42-43, 79-80 und Anm.76

[75] KER, S.354

[76] ebd.

[77] So im Brief an Nele van de Velde am 4.Juni 1920. (KIR, S.28) Es sei darauf hingewiesen, daß Kirchner damals gerade erst 40 Jahre alt war. (s.Anm.47) In gleicher Weise spricht er bereits wieder unter dem Einfluß von Suizidalität 1936 sechsundfünfzigjährig vom „Abend des Lebens“. Brief an Hagemann vom 27.August 1936. GAB2, S.332; s.Anm.122

[78] KOR1, S.309 und KET2, SS.244, 245, 246

[79] In dem Schreiben, das er am 10.Mai 1938 dem Zivilstandesbeamten Wild vorlegt. KOR1, S.322; s.Anm.137

[80] s.S.24 Zweifelsfrei beinhaltet der Tod der Schüler auch eine für Kirchner narzißtisch schmerzliche Komponente, da ihm die Begründung einer erfolgreichen Schule somit verwehrt bleibt. Zu entnehmen ist dies seiner Bemerkung zu den „mit viel Lärm gepriesenen Schülern von Picasso und Braque.“ GRM, S.94; s.Anm.106

[81] Brief an Knoblauch im Februar 1929. GRM, S.96; s.Anm.113, s.auch Anm.135

[82] Wiederholt, so wie hier zitiert aus seinem Antwortschreiben an die Preußische Akademie.

KOR1, S.314; s.Anm.127, s.auch SS.45, 58, 82

[83] Kirchner über sich in einem Beitrag über seine Kunst. (GRM, S.79; s.Anm.9 und SS. 58, 82)

An anderer Stelle: „Ich kämpfe immer von Zeit zu Zeit gegen die zunehmende Vereinsamung an ... Gewiß habe ich sie noch vergrößert dadurch, daß ich mich hier ansiedelte, wo man immer der Fremde bleiben wird.“ Brief an Nele vom 30.Dezember 1924. KIR, S.60; s.Anm.232

[84] s.S.78

[85] Brief an Nele vom 29.11.1920. (KIR, S.32; s.S.45) Wobei er hier letztlich Ursache und Wirkung vertauscht, da die Kunst eher als Ausdruck der Größenphantasien und nicht als deren Ursache zu verstehen sein dürfte.

[86] Tagebucheintrag Kirchners vom September 1926. GR1,S.101, s.SS.40 und 50-52

[87] s.Anm.76

[88] s.Anm.202

[89] s.Anm.75 und S.42 zu L.de Marsalle.

[90] s.Anm.77

[91] s.Anm.78, 79, 196

[92] s.Anm.79

[93] GR2, S.146; s.Anm.204 und S.54

[94] s.S.75

[95] s.Anm.100 und S.57

[96] Brief Kirchners an Nolde vom 23.10.1929. KOR1, S.279, s.SS.26-27

[97] Brief an Erna vom 29.August 1930. KOR1, S.283; s.Anm.115

[98] s.S.29

[99] s.S.23

[100] s.S.29

[101] s.S.28

[102] s.S.30; s.auch Kirchners eigene Darstellung hierzu in seinem „Märchen“, s.Anm.136

[103] s.Anm.128

[104] s.S.46 und Anm.242; insgesamt bleibt der Erfolg in der Schweiz gering. „Nur gerade zwei Gemälde konnte Kirchner zeit seines Lebens in öffentlichen Sammlungen in der Schweiz unterbringen.“ Stutzer in GE, S.23

[105] s.Anm.133

[106] s.Anm.188; auch Kirchner als L. de Marsalle: „Nur ein so geschultes und empfindliches Auge, wie es Kirchner besitzt, konnte in Verbindung mit dieser visionären Phantasie eine solche Steigerung hervorbringen, wie man sie bisher an deutschen Malern nicht beobachtet hat; man müßte schon auf Dürer zurückgreifen...“ 1933 im Vorwort des Kataloges zur Ausstellung in Bern. BUCH, S.170

[107] KER, S.355; Henseler beschreibt die Suizidhandlung auf diese Weise als „Ehrenrettung“. HEN, S.89

[108] s.Anm.132 und S.92

[109] s.S.29

[110] s.SS.62-63; dies auch deutlich werdend in Kirchners Wunsch nach einem gemeinsamen Suizid mit Erna. (s.Anm.128, 139 und S.63) In diesem Sinne zitiert Henseler Ringel: „Der erweiterte Suizid sei ein Beispiel dafür, daß der Partner <<als Bestandteil des erweiterten eigenen Ich umgedeutet und erlebt wird.>>“ HEN, S.51

[111] In diesem Sinne Henseler: „Die Suizidhandlung ist eine Konfliktlösung. Der Konflikt besteht in der Gefahr, einer vernichtend phantasierten Situation passiv und hilflos ausgeliefert zu sein, und ihrer Abwehr durch Agieren von Phantasien, die dieser Gefahr aktiv zuvorkommen.“ HEN, S.89

[112] s.S.31

[113] In der Postulierung heftiger oraler Aggression bei narzißtischen Persönlichkeiten (z.B. KER, S.269) läßt sich somit eine Verbindung zwischen der Aggressions- (s.SS.97-98) und der Narzißmustheorie zur Suizidalität erkennen.

[114] s.S.84

[115] s.S.87

[116] HEN, S.49

[117] Als im Falle Kirchners beschreibbare bereits frühe Verbindung im Erleben von Tod und Allmachtsphantasien sei nochmals an den Umstand erinnert, daß seiner Geburt zwei Totgeburten folgten, bevor seine jüngeren Brüder zur Welt kamen. s.S.86

[118] s.S.77

[119] GÖT, S.173; auch in diesem Sinne ist Kirchners Wunsch nach einem Doppelsuizid mit Erna als endgültige, im Tode dann gefahrlose Vereinigung verstehbar. s.SS.62-63 und Anm.824