C. Mahnungssurrogate
Als besondere Form des Leistungsverlangens sind die Klagerhebung
und Zustellung des Mahnbescheids in § 284 I S. 2 BGB der Mahnung
gleichgestellt. Diese gesetzliche Regelung ist an sich überflüssig, da die Klage auf
Leistung und die Zustellung des Mahnbescheids ein unbedingtes und bestimmtes
Leistungsverlangen enthalten, so daß auch ohne diese Vorschrift diese Handlungen
verzugsbegründend wirken würden. Diese Regelung dient daher nur dazu, eventuelle Zweifel
zu beseitigen, daß der Gläubiger mit der Klagerhebung nicht erst Leistung nach der
Verurteilung verlange, sondern sofortige Erfüllung erwarte.[189] Eine Widerklage und
Stufenklage gem. § 254 ZPO enthalten ebenfalls ein Leistungsverlangen und werden
somit von diese Vorschrift erfaßt, nicht aber eine Feststellungsklage.[190] Die Feststellung eines
Anspruchs ist auf weniger gerichtet als die Leistungsaufforderung in einer
Mahnung.[191] § 284 I S. 2 BGB verlangt aus
diesem Grunde auch eine Klage, die auf Leistung gerichtet ist. Einer Klage auf künftige
Leistung kann ebenfalls keine verzugsbegründende Wirkung zugesprochen werden. Hier fehlt
es allerdings nicht an dem unbedingten Leistungsverlangen, sondern an der Fälligkeit der
Leistung. Verzug tritt bei einer Klage auf künftige Leistung aber durch Fortführung des
Prozesses bei Eintritt der Fälligkeit ein.[192] Der Kommissionsentwurf sieht eine Erweiterung dieser
Mahnungssurrogate vor. Neben den bisherigen Mahnungssurrogaten soll die Bestimmung einer
Frist der Mahnung gleichgestellt werden (§ 284 I S. 2 BGB-KE). Mit dieser
Frist ist die Bestimmung nach § 283 I S. 1 BGB-KE gemeint, die für den
Übergang des Primärleistungsanspruch auf den Schadensersatzanspruch erforderlich ist
(§ 280 II S. 1 BGB-KE). Bei diesem Mahnungssurrogat taucht das Problem auf, zu welchem
Zeitpunkt der Verzug eintritt. Soll der Verzug erst mit Fristablauf beginnen oder bewirkt
schon die Setzung der Frist, daß der Schuldner bei einer Leistungsverzögerung in
Schuldnerverzug gerät? Nach dem Abschlußbericht soll dieses Problem von der Auslegung
des Einzelfalles abhängen, so daß auch schon der Beginn der Fristsetzung
verzugsbegründende Wirkung haben kann. Die Schuldrechtskommission hält es demnach nicht
für ausgeschlossen, daß der Schuldner, wenn er nach der Fristsetzung nicht sofort mit
seiner Leistungshandlung beginnt, zu diesem Zeitpunkt in Verzug gerät und nicht erst nach
Fristablauf. Anhand dieser Problematik des Verzugsbeginns erkennt man, daß
die Fristbestimmung systematisch nicht zu den Mahnungssurrogaten gehört. Die
Gleichstellung der Klageerhebung und Zustellung des Mahnbescheids mit der Mahnung wurde ja
nur deswegen in die gesetzliche Regelung aufgenommen, um gerade die Zweifel zu beseitigen,
zu welchem genauen Zeitpunkt der Gläubiger die Leistung verlangt. Es sollte die
Unsicherheit beseitigt werden, daß der Gläubiger nicht erst nach Verurteilung die
Leistung erwarte. Darüber hinaus enthalten eine Klagerhebung und die Zustellung des
Mahnbescheides auch eine sofortige
Aufforderung zur Leistung. Bei einer Fristsetzung ist diese Auslegung nur schwer
vorstellbar. Eine sofortige Leistungsaufforderung kann einer Fristsetzung normalerweise
nicht entnommen werden; vielmehr bedeutet die Gewährung einer Frist i. d. R.,
daß erst nach Fristablauf die Leistungshandlung vorzunehmen ist. Aus diesem Grunde wird
ohne klarstellende Erklärung des Gläubigers, in der er deutlich machen muß, daß er
sofortige Leistung verlange und die Setzung der Nachfrist nur für die Geltendmachung
weiterer Rechte erforderlich sei, die Fristsetzung i. d. R. als befristete
Mahnung aufzufassen sein.[193] |