Fünftes Kapitel:

Zusammenfassung und Schlußfolgerung

 

Die Einordnung des Verzuges in die Systematik des Bürgerlichen Rechts sowie die Auslegung der einzelnen Verzugsvoraussetzungen lassen sich nur anhand der Interpretation der Mahnung erklären.  

Die Mahnung nimmt einen entscheidenden Stellenwert in der Verzugslehre ein. Entgegen der Ansicht der Rechtslehre hat die Mahnung nicht die Funktion, den Schuldner zu warnen und ihm noch eine letzte Gelegenheit zur Leistung zu geben. Die Funktion der Mahnung läßt sich vielmehr aus den Tatbestandsmerkmalen der Fälligkeit und des Vertretenmüssens ableiten. 

Bei einer fälligen Forderung i. S. d. § 271 I BGB besteht eine sofortige Verpflichtung zur Leistung und nicht eine bloße Leistungsberechtigung. Dem Schuldner steht aber hinsichtlich der Erfüllungspflicht ein Ermessenspielraum zu. Die Mahnung hat nun für den objektiven Tatbestand des Verzuges die Aufgabe, das Leistungsermessen zu beenden. Vor Ablauf des Ermessenspielraums kann eine pflichtwidrige Leistung noch nicht angenommen werden. 

Bei dem Merkmal des Vertretenmüssens ist die Beweislastverteilung für die Interpretation der Mahnung wesentlich. Ohne zusätzliche Leistungsaufforderung wäre die Beweislastverteilung gem. § 285 BGB ungerechtfertigt. Die Mahnung bewirkt nämlich für den subjektiven Tatbestand des Verzuges, daß die Leistungsverzögerung eindeutig dem Gefahrenbereich des Schuldners zugeordnet werden kann, indem der Schuldner von dem Leistungstermin in Kenntnis gesetzt wird. Die Aufgaben der Mahnung sind danach erfüllt, wenn der Gläubiger die Leistungszeit auf einen bestimmten Termin festgelegt hat, und dieser Termin dem Schuldner zur Kenntnis gebracht wurde. 

Diese Deutung der Mahnung hat weitreichende Konsequenzen. Anhand dieser Interpretation kann nämlich festgelegt werden, bei welchen Tatbeständen eine Mahnung für den Verzugseintritt entbehrlich ist. Steht der Eintritt der Leistungszeit unabhängig von einer Leistungsaufforderung zu einem bestimmten Termin fest und ist dieser Zeitpunkt für den Schuldner unter Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ersichtlich, so erübrigt sich eine Leistungsaufforderung. Es kann daher festgehalten werden, daß eine Mahnung immer dann überflüssig ist, wenn der Eintritt der Leistungszeit für den Schuldner ohne Zweifel feststeht und damit der Zweck der Mahnung bereits erfüllt ist. Unabhängig von der gesetzlichen Ausnahmevorschrift des § 284 II BGB tritt in diesen Fällen der Verzug ohne Mahnung ein. Nach der Auffassung der Rechtslehre, die die Mahnung als Warnung einstuft, ist dagegen die „Entbehrlichkeit der Mahnung“ außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle nur schwer zu begründen   

Darüber hinaus kann der Gläubiger den Schuldner auch ohne Mahnung in Verzug setzen, wenn das Leistungsermessen beendet ist, und der Gläubiger nachweisen kann, daß der Schuldner schuldhaft den Eintritt der Leistungszeit nicht gekannt hat. Ohne Mahnung obliegt nämlich dem Gläubiger die Beweislast dafür, daß der Schuldner den Eintritt des Fälligkeitstermins kannte oder hätte kennen müssen. 

Anhand dieser Interpretation der Leistungsaufforderung lassen sich die Tatbestandsmerkmale einer Mahnung ableiten. Die Mahnung muß eine bestimmte und eindeutige Leistungsaufforderung enthalten. Die Angabe des genauen Umfangs der geschuldeten Leistung ist dagegen nicht erforderlich, da die Mahnung nur die Aufgabe hat, den Schuldner hinsichtlich der Leistungszeit in Kenntnis zu setzen. Eine Mahnung vor Fälligkeit ist grundsätzlich wirkungslos. Aus den Umständen kann sich aber ergeben, daß in dieser Fallkonstellation die Mahnung entbehrlich ist. 

Bei einem abweichenden Leistungsverlangen („Zuviel- und Zuwenigforderung“) ist die Mahnung nur wirksam, wenn der Schuldner erkennen kann, welche Leistung tatsächlich von ihm verlangt wird und der Gläubiger zur Annahme der tatsächlich geschuldeten Leistung bereit ist. Diese Grundsätze gelten auch für die „Zuwenigforderung“. Bei einer „Zuwenigforderung“ ist die Mahnung für die gesamte Verbindlichkeit verzugsbegründend, wenn der Schuldner aus den Umständen entnehmen kann, welche Forderung von ihm verlangt wird und der Gläubiger zur Annahme der gesamten Leistung bereit ist. 

Bei mehreren Beteiligten richtet sich die Wirksamkeit und Wirkung der Mahnung in erster Linie nach den Rechtsformen der Gläubiger- und Schuldnermehrheiten. Bei mehreren beteiligten Gläubigern kann ein Gläubiger allein nur wirksam den Schuldner zur Leistung auffordern, wenn ihm ein eigenständiges Forderungsrecht zusteht. Ob die Mahnung dann Gesamt- oder Einzelwirkung hat, hängt davon ab, ob das dem einzelnen Gläubiger zustehende Forderungsrecht als dessen eigener materieller Anspruch oder als „Geltendmachungsrecht“ für die Gemeinschaft anzusehen ist. 

Die Rechtsprechung orientiert sich dagegen bei ihren Entscheidungen nur an dem inhaltlichen Kriterium der eindeutigen und bestimmten Leistungsaufforderung. Erstaunlicherweise wird die Warn- und Schutzfunktion der Mahnung in den Entscheidungsgründen der einzelnen Urteile nicht zur Begründung herangezogen. Vor allem die auch von der Rechtsprechung für zulässig gehaltene Verbindung von fälligkeitsbegründender Handlung und Mahnung zeigt, daß in der Rechtsprechung die Warnfunktion nicht ernsthaft verfolgt wird, da gerade diese Verbindung im Widerspruch zu der vertretenen Schutzfunktion steht. 

Die „Entbehrlichkeit der Mahnung“ richtet sich ebenfalls nach der Funktion der Mahnung. Die Leistungsaufforderung ist überflüssig, wenn die Aufgaben der Mahnung erfüllt sind. 

Nach diesem Grundsatz ist die „kalendermäßig bestimmte Zeit“ i. S. d. § 284 II BGB auszulegen. Eine kalendermäßig bestimmter Termin liegt nicht nur dann vor, wenn sich die Leistungszeit unmittelbar oder mittelbar aus dem Kalender ergibt, sondern auch dann, wenn der Termin nach dem Kalender berechenbar ist und der Eintritt des Ereignisses in die Sphäre des Schuldners fällt. Bei der Berechenbarkeit der Leistungszeit muß daher nach der „Art“ der Ereignisse differenziert werden. 

Für die Anwendung des Grundsatzes „fur semper in mora“ besteht im BGB kein Bedürfnis mehr. 

Die Fallgruppen der „Besonderen Dringlichkeit“, der „Selbstmahnung“ und die Verzögerung weiterer Verhaltenspflichten lassen sich mit der hier vertretenen Mahnungsfunktion lösen. 

Bei der Fallkonstellation der „Besonderen Dringlichkeit“ haben sich die Parteien über eine unverzügliche Leistung geeinigt, da dem Schuldner die drohenden Nachteile des Gläubigers im Falle einer Leistungsverzögerung bekannt waren. Die Parteien haben daher eine vertragliche Vereinbarung über den Leistungstermin getroffen und die Leistungszeit auf einen kalendermäßig fixierten Termin –nämlich die Vornahme der Leistungshandlung unmittelbar nach Vertragsschluß- festgelegt. Bei dieser Fälligkeitsvereinbarung kann aus diesem Grunde von einer kalendermäßig bestimmten Zeit i. S. d. § 284 II BGB ausgegangen werden, so daß aufgrund dieses gesetzlichen Ausnahmetatbestandes die Mahnung entbehrlich ist. 

Eine zusätzliche Leistungsaufforderung bei einer „Selbstmahnung“ des Schuldners ist nicht erforderlich. Der Verzugseintritt kann mit einer analogen Anwendung des § 284 II BGB begründet werden. Durch die bloße Ankündigung der Leistung durch den Schuldner bringt dieser nämlich zum Ausdruck, daß er zu diesem bestimmten Termin leisten werde und ihm der Eintritt der Leistungszeit bewußt sei. Die Vornahme eines Erfüllungsversuches fällt ebenfalls hierunter. Zusätzliche Anforderungen sind für diesen „Erfüllungsversuch“ nicht erforderlich. 

Eine Mahnung ist bei der zu späten Erfüllung einer weiteren Verhaltenspflicht analog § 284 II BGB überflüssig. Für den Schuldner ist bei diesen Verhaltenspflichten aus den Umständen unter Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ohne weiteres erkennbar, daß zu einem konkreten Termin die Leistungszeit eingetreten ist. Diese Pflichten dienen dazu, die Rechtsgüter des Gläubigers vor Schäden zu bewahren. Sobald eine objektive unmittelbare Gefährdung des Gläubigers vorhanden ist, hat sich der Leistungszeitpunkt verdichtet, und der Eintritt dieses Zeitpunktes ist für den Schuldner aufgrund der sonst zu erwartenden Nachteile für den Gläubiger ohne weiteres ersichtlich. Im Zweifel wird ein unmittelbar bevorstehender Schadenseintritt an den Rechtsgütern des Gläubigers mit der Erfüllung der Hauptleistung einhergehen, so daß der Eintritt der Leistungszeit in den meisten Fällen für die weiteren Verhaltenspflichten mit dem Zeitpunkt der Erfüllungshandlung korrespondiert. 

Rechtsprechung und Literatur fällt es schwer, sich bei diesen Fallgruppen zu einem Verzugseintritt ohne Mahnung zu bekennen. Durch nicht verständliche Begründungen, wie stillschweigender Verzicht auf das Erfordernis der Mahnung, die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben oder anderer Rechtsinstitute wie die pFv, wird die grundsätzliche Möglichkeit des Verzugseintritts ohne Mahnung verschleiert. 

Die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmetatbestände lassen sich mit der Argumentation, daß die Aufgaben der Mahnung erfüllt seien, lösen. Ein Rückgriff auf die Fiktion des stillschweigenden Verzichts wird damit überflüssig. In allen Fällen, in denen ein Verzugseintritt ohne Mahnung in diesen eben erwähnten Fallgruppen von der Rechtsprechung bejaht wurde, konnte der Leistungszeitpunkt auf einen bestimmten Termin festgelegt werden, und dem Schuldner war dieser Einritt aufgrund der besonderen Umstände ohne Zweifel bekannt bzw. hätte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bekannt sein müssen. Diese Argumentation wird in der Rechtsprechung und Literatur nicht herangezogen. Dies stellt einen entscheidenden Mangel der bisherigen Rechtsanwendung dar, da die Rechtslehre aus diesem Grunde jede weitere Ausdehnung der Fallgruppen nur mit dem Grundsatz von Treu und Glauben oder dem stillschweigenden Mahnungsverzicht begründen konnte. 

Die Mängel der bisherigen Rechtsanwendung hat die Schuldrechtskommission richtig erkannt und in ihren Gesetzesvorschlag aufgenommen. Bedenklich ist, daß in der Begründung der Kommission eine Auseinandersetzung mit der Interpretation der Mahnung nicht stattfindet. Der Zusammenhang zwischen „Entbehrlichkeit der Mahnung“ und der Erfüllung ihrer Aufgaben wird nicht erkannt. Diese fehlende Auseinandersetzung schlägt sich in dem Gesetzesentwurf nieder. Der Entwurf leidet darunter, daß in erster Linie nur die von der Rechtsprechung aufgestellten Fallgruppen einer gesetzlichen Regelung zugeführt werden sollen. Allgemeine Grundsätze, nach denen sich die „Entbehrlichkeit der Mahnung“ richten könnten, fehlen in dem Kommissionsentwurf. 

Kritisch anzumerken ist, daß die Schuldrechtskommission den Verzugseintritt ohne Mahnung für gerechtfertigt hält, wenn aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzuges erforderlich sei. Es besteht durch die Abwägung der gegenseitigen Interessen die Gefahr, daß überwiegend Billigkeitserwägungen im Vordergrund stehen und der Blick für den eigentlichen Grund der „Entbehrlichkeit der Mahnung“ –nämlich die schon erfüllten Aufgaben der Mahnung- verloren geht. 

Problematisch ist auch, daß der Kommissionsentwurf jede „Art“ von Ereignissen für die Berechenbarkeit der Leistungszeit als ausreichend erachtet. Es würde eine nicht zu rechtfertigende Benachteiligung des Schuldners darstellen, wenn die Mahnung nach § 284 II BGB-KE bei Ereignissen entbehrlich wäre, deren Eintritt der Schuldner normalerweise nicht zur Kenntnis nehmen könne. Es müßte daher zur Wahrung der schutzwürdigen Interessen des Schuldners eine einschränkende Auslegung vorgenommen werden. 

Es wird auch verkannt, daß sich die aufgeführten Mängel mit dem geltenden Recht zufriedenstellend lösen lassen und der Erweiterung des Tatbestandes in § 284 II BGB-KE nur klarstellende Funktion zukommt. 

Die Vertragsparteien haben die Möglichkeit, auf die Mahnung individualvertraglich zu verzichten. Ein Ausschluß der Mahnung durch Allgemeine Geschäftbedingung ist dagegen weder zwischen Verbrauchern noch im kaufmännischen Verkehr zulässig, da hierdurch de facto in die Beweislastverteilung eingegriffen wird. 

Verzug bei Geldforderungen und bei Unterhaltsverpflichtungen sind gesondert zu betrachten. Die Regelung bzgl. der Geldforderungen kann insgesamt als verfehlt angesehen werden. Ein sachgerechtes Ergebnis läßt sich nur erreichen, wenn der Anwendungsbereiches des § 284 III BGB auf Verträge beschränkt wird, bei denen eine Rechnungsstellung gesetzlich oder vertraglich vorgesehen ist oder jedenfalls üblich ist. Außerdem ist zu beachten, daß bei einer Rechnungserteilung vor Fälligkeit eine zusätzliche Leistungsaufforderung erforderlich sein kann, da sonst die Beweislastverteilung gem. § 285 BGB unter Umständen nicht gerechtfertigt ist. Bei Unterhaltspflichten ist der Leistungstermin aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 1612 III BGB kalendermäßig bestimmt, so daß eine Mahnung überflüssig ist. Das „informative Schreiben“, das i. d. R. zur Konkretisierung der Forderung erforderlich ist, darf daher nicht an die Voraussetzungen einer Mahnung gebunden werden. Den Entscheidungen der Rechtsprechung hinsichtlich des Verzuges bei Unterhaltsschulden kann aus diesem Grunde nicht zugestimmt werden. Der Unterhaltschuldner kommt i d. R. ohne Mahnung in Verzug, so daß der Mahnung nicht die Aufgabe zukommen kann, den Gesetzesweck des § 1613 BGB zu verwirklichen. 

Die positive Forderungsverletzung kommt nicht zur Anwendung, wenn die Forderungsverletzung zu einer Verzögerung der Leistung führt, da sonst das Erfordernis der Mahnung umgangen werden könnte. Dieser allgemeine Grundsatz wurde in der Rechtsprechung vielfach nicht eingehalten. Vor allem bei den Fällen der Erfüllungsverweigerung und auch bei den spontan zu erfüllenden Warnpflichten wurde, obwohl eine verspätete Leistung vorlag, ein Schadensersatzanspruch aus pFv gewährt. Hieran wird deutlich, daß Rechtsprechung und Literatur dieses Rechtsinstitut nur benutzen, um das Erfordernis der Mahnung zu umgehen. Der Grundsatz der Subsidiarität ist aber strikt einzuhalten. Eine Leistungsverzögerung kann nicht unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung behandelt werden. Die Lösung ist vielmehr anhand der Grundsätze der „Entbehrlichkeit der Mahnung“ zu entwickeln. In diesen Fällen sind nämlich die Aufgaben der Leistungsaufforderung bereits erfüllt. 

Im Ergebnis ist festzuhalten, daß in der Rechtslehre die Bedeutung dieser Mahnung nicht erkannt wird. Es fehlt eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Funktion der Mahnung. In der Rechtswissenschaft wird nicht gesehen, daß die Interpretation der Mahnung sowohl für die Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale als auch für die Abgrenzung des Verzuges von den anderen Leistungsstörungsinstituten wesentlich ist. Diese fehlende Auseinandersetzung führt aufgrund ihrer zentralen Stellung innerhalb der Verzugsvorschriften zu weitreichenden Konsequenzen. Viele Entscheidungen in der Rechtslehre können aus diesem Grunde nicht dogmatisch begründet werden und beruhen allein auf Billigkeitserwägungen. 

Diese fehlende Dogmatik der Rechtswissenschaft wird in allen Bereichen des Verzuges deutlich und tritt vor allem bei der „Entbehrlichkeit der Mahnung“ zu Tage. In der Rechtslehre wird übersehen, daß die Leistungsaufforderung grundsätzlich überflüssig ist, wenn ihre Aufgaben erfüllt sind. Die Begründungen in der Rechtswissenschaft für die „Entbehrlichkeit der Mahnung“ außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle stützen sich entweder auf einen konkludenten Verzicht auf das Erfordernis der Mahnung oder den Grundsatz von Treu und Glauben. Diese Argumente bringen in der Rechtsanwendung wenig Rechtsklarheit und sind teilweise nur schwer nachvollziehbar, da vor allem der stillschweigende Verzicht auf das Erfordernis der Mahnung nur auf einer Fiktion beruht. Stellt man dagegen auf die Interpretation der Mahnung ab, so können die Fallgruppen der „Entbehrlichkeit der Mahnung“ systematisch erfaßt werden und darüber hinaus ist es möglich, eine allgemeine Grundregel aufzustellen, in welchen Fällen, die Mahnung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle überflüssig ist. Die Mahnung ist grundsätzlich analog § 284 II BGB überflüssig, wenn -ebenso wie bei der kalendermäßig bestimmten Leistungszeit- die Funktion der Leistungsaufforderung erreicht ist. 

Diese aufgezeigten Mängel der Rechtswissenschaft setzen sich in dem Entwurf der Schuldrechtskommission fort und werden auch in der Gesetzesänderung vom 1. Mai 2000 deutlich. Nach dem Gesetz zu Beschleunigung fälliger Zahlungen tritt automatisch 30 Tage nach Rechnungszustellung Verzug ein. Eine Gesetzesänderung hätte es aber nicht bedurft, wenn eine systematische Auseinandersetzung mit den Regelungen des Verzuges erfolgt wäre, da eine Rechnung als Mahnung zu interpretieren ist. 

Unabhängig von der Funktion der Mahnung ist das Problem „Einrede und Schuldnerverzug“ zu lösen. Entgegen einer weitverbreiteten Meinung ist das Verhältnis „Einrede und Verzug“ einer einheitlichen Regelung zugänglich. Allerdings ist vorab zu klären, ob die betreffenden Vorschriften tatsächlich Einreden i. S. d. BGB sind. 

Einreden i. S. d. Bürgerlichen Rechts sind durch die bloße Hemmung des Anspruchs und das Erfordernis der Geltendmachung gekennzeichnet. Sollte bei einer Norm entgegen dem Wortlaut vom dem Erfordernis der Ausübung des Rechts abgesehen werden, so kann die Regelung nicht als Einrede bezeichnet werden. 

Grundsätzlich schließt eine einredebehaftete Forderung den Schuldnerverzug nicht aus. Der Schuldner muß sich vielmehr auf sein Einrederecht berufen. 

Diese Grundregel gilt auch für die Einreden, die in der Rechtslehre im allgemeinen gesondert behandelt werden. Allerdings kann der Schuldner bei Einreden, die nur prozessuale Wirkungen entfalten(vgl. die Einreden gem. §§ 2014, 2015, 320 BGB), aufgrund dieser nur sehr schwachen Wirkung trotz der Ausübung des Einrederechts den Eintritt des Schuldnerverzuges nicht verhindern.