E. Sonderfälle
Verzug bei Geldforderungen und bei Unterhaltspflichten sind
unter dem Gesichtspunkt der Einordnung in die gesetzliche Systematik und unter
Berücksichtigung der hier vertretenen Mahnungsfunktion gesondert zu betrachten. I. Verzug bei Geldforderungen,
§ 284 III BGB
Der Bundestag hat am 24. 2 .2000 ein Gesetz zur
Beschleunigung fälliger Zahlungen verabschiedet, daß am 1. Mai 2000 in Kraft
getreten ist und Neuregelungen für den Bereich des Schuldnerverzuges und des
Werkvertragrechts enthält. Ziel des Gesetzes ist es, die Zahlungsmoral im Allgemeinen zu
verbessern, insbesondere den Liquiditätsschwierigkeiten in der Bauwirtschaft
entgegenzuwirken und weitere Insolvenzen in diesem Bereich zu vermeiden.[314] Um dies zu erreichen,
wurde u.a. der Absatz 3 in die Regelungen des Schuldnerverzuges aufgenommen, der vorsieht,
daß Verzug bei einer Geldforderung nunmehr 30 Tage nach Zugang einer Rechnung oder
gleichwertigen Zahlungsaufforderung eintritt, soweit nicht die Ausnahmebestimmung des
§ 284 III S. 2 BGB greift, der sich auf wiederkehrende Geldforderungen
bezieht. Auf dem ersten Blick hat der Gesetzgeber eine eindeutige
Regelung bzgl. Geldforderungen getroffen. Untersucht man aber den Anwendungsbereich dieser
Norm genauer, so treten zahlreiche Probleme auf. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob
diese Regelung in die gesetzliche Systematik des Schuldnerverzuges paßt. 1. Anwendungsbereich
Auf dem ersten Blick scheint die
Regelung die Voraussetzungen des Verzugs einer Geldschuld abschließend zu regeln. Die
Formulierung abweichend von Absätzen 1 und 2 macht deutlich, daß bei einer
Geldforderungen die ersten beiden Absätze nicht mehr zur Anwendung kommen sollen.[315] Dies bedeutet, daß der
Gläubiger einer Geldforderungen den Schuldner weder durch Mahnung in Verzug setzen kann
noch tritt Verzug bei einer kalendermäßig bestimmten Zeit ein. Daß Absatz 3
tatsächlich abschließend für alle Geldforderungen gilt und nicht nur ergänzend zu
Abs. 1 und Abs. 2 hinzutritt, wird durch § 284 III S. 2 BGB
erhärtet. Der Gesetzgeber läßt bei wiederkehrenden Geldforderungen ausdrücklich den
Verzugseintritt nach § 284 II BGB zu. Ob allerdings der Absatz 3 tatsächlich
in diesem Sinne auszulegen ist, ist äußerst zweifelhaft. Zahlungsverzögerungen werden
nämlich in bestimmten Fällen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage nicht mehr
sanktioniert.[316] Bisher konnte der
Gläubiger einer Geldforderungen den Schuldner nach Fälligkeit zur Leistung auffordern.
Der Schuldner wurde bei einer verzögerten Leistung sofort durch diese Mahnung in Verzug
gesetzt. Sollte § 284 III BGB eine abschließende Regelung für Geldforderungen
darstellen, so wäre dem Gläubiger diese Möglichkeit verwehrt. Vielmehr erhält der
Schuldner einen Aufschub von 30 Tagen, in denen er nicht in Verzug geraten kann. Besonders deutlich werden die Probleme
bei Verträgen, die eine Rechnungsstellung nicht vorsehen. Nach § 284 III BGB
müßte eine zusätzliche Zahlungsaufforderung erfolgen, obwohl die Intention des
Gesetzgebers gerade dahin ging, den Gläubiger von dem Erfordernis der Mahnung zu
befreien. Bei Grundstückskaufverträgen beispielsweise wird i. d. R. ein
Festpreis vereinbart, so daß eine Rechnungsstellung überflüssig ist. Haben die Parteien
darüber hinaus zusätzlich geregelt, daß der Kaufpreis an einem genau fixierten
Kalendertag auf ein Notaranderkonto zu zahlen ist, so tritt gem. § 284 III BGB
Verzug erst ein, nachdem der Gläubiger dem Schuldner eine Rechnung gestellt hat und die
30-Tage-Frist abgelaufen ist.[317] Dieses Ergebnis ist nicht
sachgerecht und widerspricht eindeutig der Intention des Gesetzgebers und der
Gesetzesüberschrift, nach der dieses Gesetz gerade dazu dienen soll, fällige Zahlungen
zu beschleunigen und nicht eine weitere Zahlungsverzögerung des Schuldners zu fördern.
Aufgrund dieser widersprüchlichen und nicht sachgerechten Ergebnisse ist über einen
eingeschränkten Anwendungsbereich des § 284 III BGB nachzudenken. Es ist zu überlegen, ob
§ 284 III BGB nicht nur ergänzend zu Abs. 1 und Abs. 2 hinzutritt,
so daß der Schuldner bei einer Geldforderung bereits vor Ablauf von 30 Tagen nach einer
Mahnung des Gläubigers, bzw. bei einer nach dem Kalender bestimmten Leistungszeit auch
ohne Mahnung, in Verzug kommt. Das Regelungsziel des Gesetzgebers könnte durch diesen
Geltungsbereich erreicht werden. Allerdings steht der doch relativ eindeutige Wortlaut des
Gesetzes (Abweichend von Abs. 1 und Abs. 2) und die
Gesetzesbegründung[318] dieser Auslegung entgegen,
so daß diese Auslegung nicht in Betracht kommt. Wirft man einen Blick auf die
Gesetzesgeschichte, so stellt man fest, daß die Vorschrift einseitig für Werkverträge
geschaffen wurde und nur auf Verträge zugeschnitten ist, die wie Werkverträge-
grundsätzlich eine Rechnungsstellung vorsehen.[319] Die Gesetzesbegründung
stellt ausdrücklich nur auf die Probleme in der Bauwirtschaft ab und führte den Absatz 3
ein, um die Liquiditätsprobleme kleinerer und mittlerer Handwerksbetriebe zu mildern.
Kennzeichnend für einen Werkvertrag in der Bauwirtschaft ist aber, daß eine Rechnung
gesetzlich oder vertraglich vorgesehen bzw. in der Praxis allgemein üblich ist. Bei
Verträgen, die i. d. R. eine Rechnungsstellung vorsehen, bewirkt der
§ 284 III BGB tatsächlich eine verbesserte Rechtsstellung für den Gläubiger,
da die Rechtslehre eine Rechnung bisher nicht als Mahnung akzeptiert hat. Der Gläubiger
mußte daher nach der bisherigen Rechtslage trotz der Übersendung der Rechnung
zusätzlich den Schuldner zur Leistung auffordern. Durch die Einführung
der 30-Tage-Frist verfolgt der Gesetzgeber daneben noch das Ziel, den Verbraucher zu
schützen. [320] Dem Schuldner wird eine
angemessene Zeit gewährt wird, die Rechnung zu überprüfen. Bei Verträgen, bei denen
der Betrag der Forderung feststeht und eine Rechnung üblicherweise nicht erforderlich
ist, ergibt diese Frist keinen Sinn. Anhand dieser
Gesetzgebungsgeschichte erkennt man, daß die Regelung nur für Verträge sinnvoll ist,
die eine Rechungsstellung vorsehen bzw. bei denen üblicherweise eine Rechnung erwartet
wird. Es erscheint aus diesem Grunde sachgerecht, eine teleologische Reduktion des
Geltungsbereiches vorzunehmen. Eine widerspruchsfreie und auch im Sinne der
Gesetzesbegründung interessengerechte Lösung wird nur dann erreicht, wenn man
§ 284 III BGB auf Verträge beschränkt, bei denen eine Rechnungsstellung
gesetzlich oder vertraglich vorgesehen oder jedenfalls üblich ist.[321] 2. Regelung und Struktur des § 284
III BGB
Der Gesetzgeber hat sich durch die Einführung des
§ 284 III BGB bei Geldforderungen grundlegend von der gesetzlichen Systematik
des Verzuges gelöst. Es wird bei Geldforderungen von dem Erfordernis
der Mahnung Abstand genommen.[322] Pick stellt ausdrücklich fest, daß das
Mahnungssystem durch das Rechnungssystem ersetzt worden sei.[323] § 284 III BGB
erwähnt das Erfordernis einer Mahnung für den Verzugseintritt nicht mehr. Zwar kommt der
Schuldner einer Geldforderung nur in Verzug, wenn eine Rechnung oder eine gleichwertige
Zahlungsaufforderung vorausgegangen ist. Diese Handlungen können aber nach der
gesetzlichen Formulierung nicht mit einer Mahnung gleichgesetzt werden und sind daher auch
nicht an die Tatbestandsmerkmale und Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Mahnung gebunden.
§ 284 III BGB stellt nämlich neben der Rechnung ausdrücklich auf eine
gleichwertige Zahlungsaufforderung und nicht auf eine Mahnung ab. Außerdem können
Rechnung und Zahlungsaufforderung nach dem Wortlaut auch schon vor Fälligkeit der
Forderung erfolgen.[324] Diese Änderung in der
gesetzlichen Systematik führt zu Problemen. Beispielsweise ist zu klären, nach welchen
Kriterien sich ausnahmsweise die Entbehrlichkeit einer Rechnung richten soll. Bevor auf die einzelnen
Probleme eingegangen wird, ist zu untersuchen, ob es nach der Systematik des Verzuges
überhaupt zulässig ist, bei Geldforderungen von dem Erfordernis der Mahnung Abstand zu
nehmen. Eine Leistungsaufforderung i. S. d. § 284 I BGB ist
grundsätzlich nur entbehrlich, wenn ihre Funktionen erfüllt sind. Dem Gesetzgeber steht
es normalerweise frei, seine Systematik zu ändern, so daß allein durch die gesetzliche
Vorgabe von der Zulässigkeit der Entbehrlichkeit der Mahnung ausgegangen werden könnte.
Es wurde aber zu Beginn dieser Arbeit dargelegt, daß die Mahnung die Aufgabe hat, die
Leistungsverzögerung dem Gefahrenbereich des Schuldners zuzuordnen, da anderenfalls die
Beweislastverteilung gem. § 285 BGB nicht gerechtfertigt wäre. Die Beweislastregeln
beruhen auf einem in der Natur der Sache liegenden Gerechtigkeitsgebot,[325] so daß ohne besondere rechtfertigende Gründe ein
Abweichen von diesen Beweislastregeln mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht
vereinbar wäre und eine einschränkende Auslegung geboten wäre. Fraglich ist, ob eine
Rechnung oder eine gleichwertige Zahlungsaufforderung die Funktionen der Mahnung
übernehmen können. Diese Handlungen sind zwar in den überwiegenden Fällen geeignet,
die Aufgaben einer Mahnung zu erfüllen, da durch diese Zahlungsaufforderungen der
Leistungstermin auf einen bestimmten Kalendertag festgelegt wird und der Eintritt dieses
Zeitpunktes dem Schuldner zur Kenntnis gebracht wird. Aus diesem Grunde kann nach der hier
vertretenen Auffassung eine Rechnung auch als Mahnung angesehen werden. Problematisch ist
aber, daß nach dem Gesetzeswortlaut eine Rechnung auch schon vor Fälligkeit erteilt
werden kann. Vor Fälligkeit kann eine Rechnung nicht die Funktionen der Mahnung
übernehmen, da vor Eintritt der Leistungszeit diese nicht festgelegt oder dem Schuldner
bekannt gegeben werden kann. Aus diesem Grunde kann mit dieser Argumentation die
Entbehrlichkeit der Mahnung bei § 284 III BGB nicht begründet
werden.[326] Eine
Leistungsaufforderung i. S. d. § 284 I BGB wäre bei Geldforderung
nicht erforderlich, wenn die Festlegung des automatischen Verzugseintritts nach Ablauf von
30 Tagen als gesetzlicher Fälligkeitstermin interpretiert werden könnte.
§ 284 III BGB wäre dann als Spezialfall von § 284 II BGB zu sehen.
Aus dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung ergibt sich aber eindeutig, daß die
30-Tagesfrist nur zu einem Aufschub des Verzugseintritts und nicht zu einem Aufschub des
Eintritts der Fälligkeit führt.[327] Pick hebt
ausdrücklich hervor, daß die Regelung des § 271 BGB unberührt bleibe und die
Parteien auch künftig die Fälligkeit der Forderungen vereinbaren könnten. Die Parteien
müßten dabei aber berücksichtigen, daß der Verzug grundsätzlich erst in 30 Tagen nach
Erhalt der Rechnung eintrete.[328] Anhand der
Ausführungen von Pick wird ein
grundsätzliches Problem deutlich. Es soll an den bisherigen Fälligkeitsvorschriften nach
dem Bürgerlichen Gesetzbuch festgehalten werden, d. h. auch bei Geldforderungen kommt im
Zweifel die Fälligkeitsregel gem. § 271 I BGB zur Anwendung. Sollte eine
Rechnung vor Fälligkeit zugegangen sein, dann stellt sich das Problem, daß
§ 284 III BGB ein Mahnung nicht vorsieht, obwohl in diesen Fällen die
Beweislastregel gem. § 285 BGB nicht gerechtfertigt wäre, da die Kenntnis
hinsichtlich des Eintritts der Leistungszeit in den Verantwortungsbereich beider
Vertragsparteien fällt. Ist beispielsweise vor Fälligkeit dem Schuldner eine Rechnung
zugegangen, so tritt Verzug erst 30 Tage nach dem Eintritt des Fälligkeitstermins ein.[329] Liegt eine Vereinbarung
über einen kalendermäßig bestimmten Fälligkeitstermin nicht vor, so ist die Berechung
des Verzugseintritts wegen des kalendermäßig nicht fixierten Leistungstermins mit
erheblichen Schwierigkeiten und Unsicherheiten verbunden. In diesem Fall wäre ohne
zusätzliche Leistungsaufforderung die Anwendung des § 285 BGB hinsichtlich der
Kenntnis über den Leistungstermin unbillig, so daß der Gläubiger die Beweislast bzgl.
dieser Kenntnis tragen müßte. [330] § 284 III
BGB schafft für den Schuldner keine Rechtsklarheit hinsichtlich des Eintritts des
Verzugszeitpunktes. Entsprechend der
gesetzlichen Systematik des Verzuges kann bei der Norm des § 284 III BGB ein
sachgerechtes Ergebnis nur erreicht werden, wenn die Rechnungserteilung als Mahnung
interpretiert wird, so daß alle Voraussetzungen und Tatbestandsmerkmale eine Mahnung auch
bei der Rechnung vorliegen müssen. Abweichend von dem Gesetzeswortlaut ist dann aber bei
Rechnungsstellung vor Fälligkeit weiterhin eine Leistungsaufforderung notwendig, da sonst
die Beweislastverteilung gem. § 285 BGB nicht gerechtfertigt wäre. Diese
Gleichsetzung von Rechnung und Mahnung wird durch die Ausführungen von Pick bestätigt, der für die Fälle der
Entbehrlichkeit der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung auf die
Grundsätze der Mahnung zurückgreifen möchte.[331]
Nach dem geltenden Recht seien die Voraussetzungen des § 284 I BGB nicht immer
einzuhalten. Diese Gesichtpunkte würde auch gegenüber der Sonderregelung des
§ 284 III BGB zur Anwendung kommen, so daß beispielsweise eine Rechnung gem.
§ 242 BGB bei einer ernsthaften Erfüllungsverweigerung überflüssig sei. Legt man den
§ 284 III BGB dahin aus, daß eine Rechnung als Mahnung anzusehen ist, der
Verzug aber erst aus Gründen des Schuldnerschutzes nach 30 Tagen eintritt, so können die
Grundsätze der Mahnung auf die Rechnung übertragen werden, d. h. die Fallgruppen der
Entbehrlichkeit der Rechnung oder der Zuviel- und Zuwenigforderung
sind nach denselben Kriterien zu lösen. 3.
Abdingbarkeit und Allgemeine Geschäftsbedingung
Die Regelung des § 284 III
BGB ist nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich dispositiv.[332] Allerdings soll die
30-Tage-Frist künftig zu dem Leitbild des Gesetzes gehören, so daß abweichende
Vereinbarungen zu Lasten des Verbrauchers regelmäßig unangemessene Benachteiligungen
gem. § 9 AGBG sind und deshalb unwirksam sind.[333]
Diese Hervorhebung ist in der Gesetzesbegründung erstaunlich, da dieses Gesetz gerade den
Schutz des kleinen Bauhandwerkers beabsichtigt, so daß diese Betonung der
neuen Leitbildfunktion nicht zu der Intention des Gesetzgebers paßt. 4. Schlußfolgerung
Die Regelung in § 284 III BGB
wirft viele Fragen auf, die erst durch die Rechtsanwendung oder durch eine
Gesetzeskorrektur gelöst werden können. Die Regelung kann insgesamt als verfehlt
angesehen werden, da sie eine Spezialvorschrift für den Anwendungsbereich des
Werkvertragsrechts ist und mit der gesetzlichen Systematik des Schuldnerverzuges nicht in
Einklang zu bringen ist. Eine sachgerechte Lösung ist nur möglich, wenn der
Anwendungsbereich des § 284 III BGB auf Verträge beschränkt wird, bei denen
eine Rechnungsstellung gesetzlich oder vertraglich vorgesehen ist oder jedenfalls üblich
ist. Darüber hinaus ist bei einer Rechnungserteilung vor Fälligkeit eine zusätzliche
Leistungsaufforderung i. S. d. § 284 I BGB erforderlich, da sonst die
Beweislastverteilung gem. § 285 BGB nicht gerechtfertigt wäre. Außerdem hätte
durch Hinzuziehung der Aufgaben der Mahnung schon vor der Gesetzesänderung sachgerechte
Ergebnisse erreicht werden können. Die Rechnung kann nämlich entgegen der Auffassung der
Rechtslehre als Mahnung gedeutet werden, so daß nach der hier vertretenen Auffassung der
beabsichtigte Gesetzeszweck schon mit der bisherigen Rechtslage erreicht werden kann.[334] II.. Verzug bei Unterhaltsverpflichtungen
1. Einführung
Auf den Eintritt des Verzuges wird in zahlreichen
Gesetzesvorschriften Bezug genommen.[335] Der Eintritt des Verzuges
ist beispielsweise für die Verwirkung der Vertragsstrafe von Bedeutung (§ 339 BGB),
für die Wirksamkeit des Rücktritts (§ 354 BGB), für die Haftung des Schenkers
(§ 522 BGB) sowie für die Unterhaltsschulden (§ 1613 I BGB). Im
Gegensatz zu den sonstigen Verweisen ist dem Verzug bei Unterhaltsschulden eine
wesentliche Bedeutung beizumessen, die eine gesonderte Darstellung rechtfertigt. In
Rechtsprechung und Schrifttum wird ausdrücklich die Warn- und Schutzfunktion der Mahnung
bei Unterhaltsverpflichtungen hervorgehoben und im Gegensatz zu den sonstigen
Verzugsprüfungen die Herleitung dieser Mahnungsfunktion mit dem Normzweck des
§ 1613 I BGB begründet.[336] Die Betrachtung dieser
Rechtsprechung wird durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlung vom 1. Mai 2000
nicht überflüssig. Dieses Gesetz führt zu einer Änderung der Verzugsvorschriften und
regelt in Absatz 3 den Verzugseintritt für Geldforderungen. Danach ist auch bei
wiederkehrenden Geldforderungen eine Mahnung entbehrlich und der Verzug tritt nach Ablauf
von 30 Tagen nach Rechnungsstellung oder gleichwertige Zahlungsaufforderung ein. Wie eben
dargelegt, ist dieses Gesetz zum Teil mißglückt und eine teleologische Reduktion des
Geltungsbereichs wäre sachgerecht. Nach der hier vertretenen Auffassung kommt daher
gerade bei Unterhaltsrückständen § 284 I und § 284 II weiter zur
Anwendung. Es ist daher zu untersuchen, ob die Mahnung in diesem
Spezialfall diese zusätzliche Warnfunktion enthalten könnte. Ist die Frage zu bejahen,
so hätte dies weitreichende Konsequenzen: Bei Unterhaltsverpflichtungen müßte der
gesamte Komplex der Mahnung aufgrund dieser veränderten Mahnungsfunktion jeweils
gesondert behandelt werden. Vor allem die Fälle der Entbehrlichkeit der
Mahnung müßten differenziert betrachtet werden, da die Mahnung nur überflüssig
ist, wenn ihre Aufgaben auf andere Weise erfüllt sind. Man könnte sogar zu dem Schluß
kommen, daß die Tatbestandsmerkmale des Verzugs bei Unterhaltsschulden nicht mit den
allgemeinen Verzugsvoraussetzungen i. S. d. §§ 284, 285 BGB identisch
seien, sondern § 1613 I BGB einen Spezialfall des Verzuges enthalte, der
anderen Anforderungen unterläge. Dieses Ergebnis würde des weiteren zu der Konsequenz
führen, daß die umfangreiche Kasuistik der Rechtsprechung[337], die zu dem Themenbereich
Mahnung von Unterhaltsverpflichtungen entstanden ist, nicht auf den
allgemeinen Verzug übertragbar wäre. Bisher wird in der Literatur und Rechtsprechung die
Regelung des Verzugs in § 1613 BGB nicht als Sonderfall angesehen, so daß die
herausgearbeiteten Voraussetzungen der Mahnung bei Unterhaltschulden bisher ohne weitere
Prüfung auf die Voraussetzungen des §§ 284, 285 BGB übertragen werden.[338] Es drängt sich sogar der
Verdacht auf, daß die vom Schrifttum allgemein angenommene Warnfunktion der Mahnung ihren
Ursprung in dieser Norm hat. In der Rechtsprechung wird nämlich außerhalb der
Unterhaltszahlungen nicht auf die Warn- und Schutzfunktion eingegangen, sondern nur
hervorgehoben, daß dem Schuldner klar sein müsse, zu welchem Zeitpunkt er leisten
müsse.[339] 2. Dogmatische Lösung
Der Gesetzestext des § 1613 BGB besagt in Absatz 1, daß
die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen
für abgelaufene Zeiträume im Grundsatz ausgeschlossen ist. Lediglich als Ausnahme ist
vorgesehen, daß Unterhaltrückstände nicht erlöschen. Neben zwei anderen Alternativen
in Absatz 1 stellt der Verzugseintritt einen dieser Ausnahmetatbestände dar. § 1613 BGB kann als Grundnorm für den gesetzlichen
Unterhaltanspruch angesehen werden.[340] Neben Unterhaltsansprüchen
zwischen Verwandten ist die Vorschrift durch gesetzlichen Verweis auf den Familien- und
Trennungsunterhalt entsprechend anzuwenden (§§ 1360 a III, 1361 IV
BGB). Für den nachehelichen Unterhalt enthält § 1585 b BGB eine ähnliche
Regelung. a) Normzweck
Wie eben schon angedeutet, soll die Mahnung aufgrund des
Normzwecks des § 1613 BGB eine Schutz- und Warnfunktion enthalten. Aus diesem Grunde
ist der Zweck der Norm zu untersuchen. Bei § 1613 BGB handelt es sich um zwei
sachlich in unterschiedliche Richtung zielende Gesetzeszwecke. Der erste Zweck geht auf
einen Rechtsgrundsatz des gemeinen Rechts zurück, während der zweite den Gedanken des
Schuldnerschutzes enthält. Der erste Gesetzeszweck bezieht sich auf den Rechtsgrundsatz
in praeteritum non vivitur Nach
diesem Prinzip ( wörtlich übersetzt: in die Vergangenheit wird nicht gelebt)
wird der Ausschluß der Nachforderung damit begründet, daß eine Unterhaltsforderung für
die Vergangenheit sinnlos sei, da nicht in abgelaufenen Zeiträumen gelebt werde.[341] Der Gesetzgeber bezog sich
ausdrücklich auf diese Praxis des gemeinen Rechts und begründete die Einführung dieser
Norm mit dem Gedanken des nur gegenwärtigen Lebens.[342] Dieser Gesetzeszweck ist
nach heute überwiegender Auffassung in den Hintergrund getreten. Als wesentlicher
Gesichtspunkt wird in der neueren Literatur und Rechtsprechung der Schuldnerschutz
angeführt. Mit dem Rechtsgrundsatz des gemeinen Rechts lasse sich der grundsätzliche
Ausschluß des Unterhalts für die Vergangenheit nicht begründen.[343] Der Schuldner solle
vielmehr durch die Beschränkung der Unterhaltsforderungen auf die Gegenwart vor
Nachforderungen größeren Umfangs geschützt werden, auf die er sich nicht eingerichtet
habe.[344] Anhand dieser Normzwecke wird in Literatur und Rechtsprechung
die Funktion der Mahnung bei Unterhaltsverpflichtungen festgelegt. Die Mahnung sei
erforderlich, damit der Verpflichtete sich auf die Unterhaltsleistung einstellen könne. [345]
Der Gesetzeszweck erfordere, daß der Gläubiger seinen Anspruch geltend mache und dies
geschehe durch die verzugsbegründende Mahnung. Der historische Gesetzeszweck werde
ebenfalls durch das Erfordernis einer vorangegangenen Mahnung verwirklicht, da der
Bedürftige genötigt sei, sich alsbald zu melden.[346] Diese Schlußfolgerung erscheint auf den ersten Blick
vertretbar. Grundsätzlich tritt Verzug nur durch Mahnung ein, so daß man davon ausgehen
könnte, daß der Verzug wegen des Erfordernisses der Mahnung in den Tatbestand des
§ 1613 I BGB eingeführt wurde. Die Mahnung würde dann zusätzlich die
Funktion enthalten, den Normzweck des § 1613 BGB zu erfüllen, indem der
Verpflichtete durch die Mahnung von seiner Unterhaltsschuld Kenntnis erhalten würde.
Damit müßte bei Unterhaltsschulden der Mahnung ausnahmsweise eine Warnfunktion
zugesprochen werden mit allen daraus folgenden Konsequenzen. Beispielsweise wäre als zusätzliche
Voraussetzung erforderlich, daß die Leistungsaufforderung bei Unterhaltsschulden die
Forderung genau bezeichnen müßte, da sonst der Schuldner seine Lebensführung nicht
darauf einstellen könne. Bei dem Tatbestand des § 284 I BGB gehört es dagegen
nicht zu den notwendigen Bestandteilen einer Mahnung, daß die Forderung genau beziffert
wird.[347] Bei dieser Interpretation der Norm und der Mahnung wird aber
übersehen, daß für den Verzugseintritt bei Unterhaltsrückständen eine
Leistungsaufforderung grundsätzlich nicht erforderlich ist, da die Leistungszeit
wie gleich noch dargelegt wird- gesetzlich bestimmt ist.[348] Es wäre widersprüchlich,
der Mahnung die Funktion zuzusprechen, den Normzweck zu erfüllen, wenn eine
Leistungsaufforderung nach der gesetzlichen Systematik überflüssig ist. Der Verzug muß
vielmehr aus anderen Gründen und nicht wegen des Erfordernisses der Mahnung als
Voraussetzung für die Geltendmachung rückständiger Unterhaltsforderungen eingefügt
worden sein. b) Kalendermäßig bestimmte
Leistungszeit bei Unterhaltszahlungen
aa) Darstellung der Rechtsansichten
Gem. §§ 1612 III, 1361 IV, 1585 I BGB ist
der Geldunterhalt in Form einer monatlich laufenden, im voraus zahlbaren Rente zu
entrichten. Nach herrschender Auffassung tritt jeweils am Monatsersten der Zeitpunkt der
Fälligkeit ein.[349] Es liegt der Gedanke nahe,
daß durch diese Normen die Fälligkeit i. S. d. § 284 II BGB
kalendermäßig bestimmt ist, da die Unterhaltsrente jeweils am Anfang des Monats
geschuldet wird. Diese Schlußfolgerung wird daher auch wie eben schon
erwähnt- teilweise von den Instanzgerichten und im Schrifttum vertreten.[350] Nach dieser Auffassung ist
die Mahnung bei Unterhaltszahlungen aufgrund der gesetzlich festgelegten Leistungszeit
entbehrlich. Mit unterschiedlichen Begründungsansätzen wird dieses Ergebnis
von der überwiegenden Ansicht für nicht vertretbar gehalten. Teilweise wird eine
Kalenderfälligkeit gem. § 1612 III BGB nur deswegen abgelehnt, da sonst die
Regelung des Absatzes 1 weitgehend gegenstandlos wäre. Der mit § 1613 BGB verfolgte
Zweck würde bei einem automatischen Verzug ohne Mahnung unterlaufen werden. § 1613
BGB sei aus diesem Grunde gegenüber § 284 II BGB spezieller.[351] In eine ähnliche Richtung
führt die Auffassung des Bundesgerichtshofs. Dieser vertritt die Ansicht, daß mit
Rücksicht auf den Normzweck eine Einschränkung des § 284 II BGB erforderlich
sei. Die Norm des § 284 II BGB komme trotz § 1612 III BGB nur zur
Anwendung, wenn dem Verpflichteten seine Schuld sowohl nach ihrer Existenz als auch nach
ihrem Umfang bekannt sei.[352] bb) Stellungnahme
Dieser letztgenannten Auffassung kann nicht zugestimmt werden.
Sie ist in keiner Weise mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang zu bringen. Gem.
§§ 1612 III, 1361 IV, 1558 I BGB tritt jeweils am Monatsersten der
Zeitpunkt der Fälligkeit ein. Deutlicher kann eine Leistungszeit eigentlich nicht nach
dem Kalender bestimmt sein. Zweifel könnten nur deswegen aufkommen, weil der
Fälligkeitszeitpunkt von der Entstehung der Unterhaltspflicht abhängig ist. Der
Schuldner hat von der monatlich zu zahlenden Unterhaltsrente und damit auch von dem
Fälligkeitstermin keine Kenntnis, wenn ihm der die Unterhaltspflicht auslösende
Tatbestand (beispielsweise Geburt eines Kindes) nicht bekannt ist. Die Mahnung hat aber
nicht die Aufgabe, einem Schuldner bei einem genau festgelegten Leistungstermin das
Bestehen der Verbindlichkeit zur Kenntnis zu bringen. Grundsätzlich ist eine Mahnung nur
bei einem Leistungstermin i. S. d. § 271 I BGB erforderlich, da dem
Schuldner ein Ermessenspielraum zusteht und aufgrund der nicht festgelegten Leistungszeit
die Auferlegung der Beweislast bzgl. der fehlenden Kenntnis hinsichtlich der Leistungszeit
nicht gerechtfertigt ist. Bei einem eindeutig bestimmten Fälligkeitstermin ist ein
Ermessen nicht gegeben und eine Zuweisung in den Verantwortungsbereich des Schuldners
durch eine Mahnung nicht notwendig, so daß die Beweislastverteilung gem. § 285 BGB
auch ohne Leistungsaufforderung gerechtfertigt ist. Verzug wird in der Regel trotzdem bei
einer unbekannten Unterhaltspflicht nicht eintreten, da entweder die Forderung noch nicht
hinreichend konkretisiert ist[353] oder der Schuldner die
Leistungsverzögerung wegen der fehlenden Kenntnis nicht zu vertreten hat. § 1613 BGB verweist außerdem allgemein auf den
Verzug des Verpflichteten und damit sind ohne weiteres alle Absätze des
§ 284 BGB gemeint. Aus der Vorschrift sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, daß
ausdrücklich auf das Erfordernis der Mahnung Bezug genommen wird.[354] Ein anderes Ergebnis wäre
nur dann vertretbar, wenn die Gesetzesverfasser versehentlich diese Kalenderfälligkeit
übersehen hätten und den Verzug ausdrücklich wegen des Erfordernisses der Mahnung
eingeführt hätten. In diesem Fall wäre eine andere Auslegung angebracht. Aus diesem
Grunde sind die Motive der Gesetzesverfasser zu untersuchen. Nach den Gesetzesbegründungen wurde der Verzug als
Ausnahmetatbestand in § 1613 BGB aufgenommen, um eine einfache und praktikable
Ausnahmeregel zu erreichen, bei der Unterhalt für die Vergangenheit gefordert werden
kann. Die Gesetzesverfasser gingen von dem Prinzip aus, daß Unterhalt nur für die
Gegenwart zu erbringen sei. Die Anknüpfung an den Verzugstatbestand für die
Geltendmachung rückständiger Unterhaltsforderungen wurde aus zwei Gründen eingeführt:
Der Unterhaltsgläubiger sollte von dem Nachweis befreit werden, daß er in Folge des
Verzuges Aufwendungen zur Bestreitung seines Unterhalts wirklich erbringen mußte.[355] Der Unterhaltsgläubiger
sollte demnach vor übermäßigen Beweisproblemen geschützt werden. Auf der anderen Seite
sollten durch den Verzug die Fälle berücksichtigt werden, bei denen der Verpflichtete
von seiner Unterhaltspflicht keine Kenntnis hat. Der Verzugstatbestand bot sich hierfür
an, da nach den gesetzlichen Regelungen der Schuldner mangels Verschulden nicht in Verzug
kommt, wenn er von seiner Verbindlichkeit keine Kenntnis hat. In den Motiven wurde für
diesen Schuldnerschutz nur das Vertretenmüssen beim Schuldnerverzug angeführt und nicht
auf die Mahnung abgestellt.[356] Aus den Motiven sind daher keine Anhaltspunkte ersichtlich, daß
die Gesetzesverfasser eine Mahnung für erforderlich hielten oder von einer
kalendermäßig nicht fixierten Leistungszeit ausgingen. Der Verzugstatbestand wurde u.a.
eingeführt, um die Geltendmachung von Unterhaltsrückständen bei fehlender Kenntnis
auszuschließen. Mangels Vertretenmüssen ist der Verzug in diesen Fällen ausgeschlossen,
so daß der Gesetzeszweck auf diese Weise sichergestellt ist. Der Schuldnerschutz wird
daher durch den Verzugstatbestand ohne das Erfordernis der Mahnung erreicht. Die
Entstehungsgeschichte vermag aus diesem Grunde nicht die Auslegung der Rechtsprechung zu
rechtfertigen. Der Auffassung des Bundesgerichtshofs und teilweise der
Instanzgerichte kann aus diesem Grunde nicht zugestimmt werden. Verzug tritt bei
Unterhaltszahlungen gem. § 284 II BGB ohne Mahnung ein. Der Schuldnerschutz
wird durch das Erfordernis des Vertretenmüssens verwirklicht. Eine Verdrängung des
§ 284 II BGB, um den Normzweck zu verwirklichen, ist nicht erforderlich und
entspricht auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. c) Schlußfolgerung
Aufgrund der kalendermäßigen bestimmten Leistungszeit ist bei
Unterhaltsschulden eine Mahnung entbehrlich. Den Entscheidungen der Rechtsprechung, in
denen eine Mahnung für erforderlich gehalten wurde,[357]
kann daher nicht gefolgt werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß kein Verzug
eintritt, wenn der Schuldner von seiner Unterhaltpflicht keine Kenntnis hat bzw. die
Unterhaltsforderung noch nicht hinreichend konkretisiert ist. Unterbleibt in diesen
Fällen eine konkrete Zahlungsaufforderung, dann kann entweder mangels Konkretisierung
nicht von einer durchsetzbaren Forderung[358]
gesprochen werden oder es fehlt an einem Vertretenmüssen. Der entscheidende Unterschied
zwischen der hier vertretenen Auffassung und der Ansicht der Rechtsprechung und Literatur,
die eine Mahnung für erforderlich halten, ist darin zu sehen, daß diese Information
über die Zahlungsverpflichtung gerade nicht als Mahnung bezeichnet werden darf.[359] Anderenfalls wird die
Aufforderung fälschlicherweise an die Voraussetzung der § 284 I BGB gebunden.
Der BGH und auch teilweise die Instanzgerichte haben diese Zahlungsaufforderung, die für
die Konkretisierung der Unterhaltspflicht und für den Vorwurf der schuldhaften
Nichtleistung erforderlich ist, als Mahnung interpretiert, so daß diese Aufforderung den
Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Mahnung unterstellt wurde. Diese Information über die
Zahlungspflicht enthält sicherlich de facto auch eine Aufforderung zur Leistung, auf
diese kommt es aber wegen § 284 II BGB nicht mehr an. Entgegen der Auffassung
des BGB kann demnach dieses informative Schreiben auch vor Fälligkeit der
Leistung erfolgen.[360] Obwohl die Rechtsprechung bei Unterhaltsrückständen eine
Mahnung für erforderlich hält, werden gerade bei Unterhaltsleistungen an die Mahnung im
Vergleich zu den sonst aufgestellten Wirksamkeitsvoraussetzungen einer
Leistungsaufforderung denkbar geringe Anforderungen gestellt. Anscheinend löst sich auch
die Rechtsprechung in manchen Bereichen von dem Erfordernis der Mahnung. Beispielsweise
wird selbst bei einer deutlichen Zuvielforderung die Leistungsaufforderung
für wirksam erachtet, wenn sie sich nicht in einem außergewöhnlichen Rahmen bewege und
die Bezifferung zumindest nachvollziehbar sei.[361]
Des weiteren hält die Rechtsprechung bei laufenden Unterhaltsleitungen eine Wiederholung
der Mahnung in Anlehnung an § 258 ZPO für überflüssig,[362] obwohl eine bestimmte
Leistungszeit nicht angenommen wird und die erste Mahnung sich mangels Fälligkeit auf die
nachfolgenden Unterhaltsleistungen noch nicht erstrecken kann.[363] Für eine informative
Zahlungsaufforderung, die nur die Unterhaltspflicht konkretisiert und dem Schuldner den
Einwand nehmen möchte, daß seine Nichtleistung mangels Kenntnis unverschuldet sei,
genügen diese Anforderungen dagegen. 3. Zusammenfassung
Der Verzug bei Unterhaltschulden ist mit den allgemeinen
Verzugsvoraussetzungen i. S. d. §§ 284, 285 BGB identisch. Es sind keine
Gründe ersichtlich, die eine abweichende Behandlung erfordern, da der Mahnung bei
Unterhaltsschulden nicht die zusätzliche Funktion der Warn- und Schutzfunktion
zugesprochen werden kann. Der Unterhaltsschuldner kommt i. d. R. ohne Mahnung in
Verzug (§§ 284 II, 1612 III BGB), so daß der Mahnung nicht die Aufgabe
zukommen kann, den Gesetzeszweck des § 1613 BGB zu verwirklichen. Obwohl
Unterschiede zwischen den Verzugstatbeständen in §§ 284, 285 BGB und § 1613
BGB nicht festgestellt werden konnten, kann die Kasuistik der Rechtsprechung bzgl. der
Unterhaltsrückstände trotzdem nicht übertragen werden. Dieses hängt damit zusammen,
daß die Rechtsprechung die kalendermäßige Bestimmtheit der Leistung umgeht und
Zahlungsaufforderungen, die i. d. R. erforderlich sind, um die Forderung zu
konkretisieren und dem Schuldner den Einwand des fehlenden Verschuldens zu nehmen,
unzutreffend als Mahnung einordnet. Die Mahnung und die erforderliche Konkretisierung der
Forderung sind aber strikt voneinander zu trennen. Die Konkretisierung der Forderung ist
nicht an die Tatbestandsmerkmale der Mahnung gebunden.
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