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Anhang: Eine zweiteilige Dissertation

Diese Dissertation besteht aus zwei Teilen. Sie setzt sich aus zwei Arbeiten zusammen, dieser Schrift und einem bereits erschienen Buch von mir mit dem Titel „flow-Erleben. Eine erlebnispädagogische Anleitung zum Motivationstraining für Jugendliche.“ Neuwied: Luchterhand, 1998. Es umfasst 143 Seiten, beinhaltet 13 Graphiken, drei Photos, Literaturverzeichnis (S. 133-139), und im Anhang sind zwei Fragebögen zu finden, mit denen eine empirische Untersuchung durchgeführt wurde.

Die nun folgende Zusammenfassung von Plöhn (1998) beschränkt sich auf die wesentlichen Aspekte, die hier in dieser Arbeit weiterführend behandelt werden: erstens die Betrachtung des flow-Zustandes und zweitens mögliche Bedingungen für flow.

 

Kurzfassung

In der Arbeit (Plöhn 1998) werden zwei Konzepte miteinander in Beziehung gesetzt: das erlebnispädagogische Konzept Kurt Hahns [1958], das eine traditionelle und gut funktionierende pädagogische Praxis darstellt, und der neuere motivationspsychologische Ansatz des flow-Erlebens von Csikszentmihalyi (z.B. 1991). Die Beziehung zwischen den beiden Konzepten ist folgende: Das, was heute als flow-Zustand bezeichnet wird, beschrieb der Reformpädagoge Kurt Hahn als „schöpferische Leidenschaft“. Damit Kinder und Jugendliche in ihrem Tun begeistert aufgehen konnten, stellte er bestimmte Anforderungen an pädagogische Situationen. Diese stimmen mit den Aspekten überein, die den Zustand des flow-Erlebens definieren. In einem empirischen Teil des Buches wird daraufhin deskriptiv untersucht, inwieweit SchülerInnen auf einer zehntägigen erlebnispädagogischen Klassenreise auf einem Großsegler flow erleben und ob sie ihre Erlebnisse und Erfahrungen aktiv in den Alltag übertragen (Transfer).

 

Erstes Ergebnis: Es scheinen sich typische Schwankungen herauszukristallisieren, wie erweitertes flow-Erleben bei einer bestimmten Tätigkeit über einen längeren Zeitraum charakterisiert werden könnte, ohne dass eine Tätigkeit als langweilig wahrgenommen wird: Die Schülerinnen überwinden sich anfangs zu einer Tätigkeit, erweitern in Wiederholungen ihre Fähigkeiten, bis ihnen etwas langweilig wird. Wenn in der Praxis an so einem Punkt neue Anforderungen an bereits gestiegene Fähigkeiten gestellt werden, kann dies ein erster gelungener Schritt für das Entstehen von erweitertem flow sein. Denn mit den neuen Anforderungen verändert sich auch wieder durchgängig die Qualität des Erlebens: Die Schüler erleben wieder durchschnittlich mehr flow nach einer eher langweiligen Situation.

Zweites Ergebnis: Die Erhebung nach dem Törn weist darauf hin, dass 17 von 20 Schülern nach ihrere Klassenreise etwas Neues ausprobieren, sich also mit höheren Anforderungen konfrontieren, um möglicherweise mehr flow zu erleben. Doch anders als erwartet erleben sie das neue Tun nicht im flow, da das Neue wahrscheinlich noch etwas mit Unbehagen besetzt ist. Zum Abschluss der Arbeit wird vor dem Hintergrund der Ergebnisse eine neue Definition vorgeschlagen, was denn ein Erlebnis (das Hahn schöpferische Leidenschaft nannte) in der Erlebnispädagogik sei: flow.

 

Zusammenfassung

1. Der theoretische Teil des Buches

... beginnt mit der Beschreibung des Erlebens-Zustandes von flow und einer wichtigen Vorrassetzung: Der Zustand selbst umfasst neun Hauptkomponenten, die das subjektive flow-Erlebnis ausmachen: Verschmelzen von Handlung und Bewusstsein, Selbstvergessenheit, Konzentration, Kontrolle, Rückmeldung, verändertes Zeitgefühl, Ziele und Struktur, Herausforderung. Eine wichtige Voraussetzung für das Eintreten in den flow-Zustand ist der Einsatz von psychischer Energie. Diese Beschreibungen beruhen auf Untersuchungen, die Csikszentmihalyi und Forschungskollegen (z. B. 1991) durchgeführt haben.

Im Zusammenhang mit flow wird eine neuer Begriff eingeführt, und zwar der des erweiterten flow-Erlebens. „Unter einem erweiterten flow-Erleben soll, im Gegensatz zur einfachen, optimalen Erfahrung, der Ausbau von Anforderungen und Fähigkeiten verschiedener, sich wiederholender Situationen über einen bestimmten Zeitraum verstanden werden. Denn um flow aufrechtzuerhalten, müssen Anforderungen und Fähigkeiten steigen, nicht nur im Mikroerleben einzelner flow-Situationen, sondern das Tun muss sich über einen längeren Zeitraum auf der Makroebene erstrecken. Die Erlebnisse im erweiterten flow stehen nicht als sich aneinander reihende, isolierte Vorkommnisse im Raum, sondern werden durch die Durchgängigkeit und Wiederholung der Tätigkeiten differenziert“ (Plöhn 1998, 10). Dieser Begriff ist wichtig, da hauptsächlich erweiterte flow-Erlebnisse pädagogische und erzieherische Bedeutung zu haben scheinen, kaum aber isolierte flow-Erlebnisse.

Den äußerst intrinsisch motivierenden flow-Zustand, so die These, nennt Hahn damals „Schöpferische Leidenschaft“, oder auch „Selbstentdeckung“, „Ergriffenheit“, „seelische Gesundung“.[1] Damit dieser freudige Zustand eintreten und aufrechterhalten werden kann, fördert Hahn die „Überwinderkraft“, eine wichtige Voraussetzung für das Auslösen der intrinsisch motivierenden schöpferischen Leidenschaft über einen langen Zeitraum. Hier zeigt sich eine Übereinstimmung der Voraussetzungen für flow. Csikszentmihalyi sowie Hahn sprechen beide von psychischer Energie bzw. Überwindung als einer wichtigen Bedingung, damit Menschen in den flow-Zustand überhaupt eintreten können.

Neben dieser ersten Voraussetzung stellt Kurt Hahn an seine „Erlebnistherapie“ bestimmte Ansprüche, damit sich überhaupt eine schöpferische Leidenschaft bei den Jugendlichen entwickeln kann. Er beschreibt acht Bedingungen, die mit den Erlebenskriterien des flow-Zustandes übereinstimmen.[2] Diese Übereinstimmung belegt zuerst auf theoretischer Ebene die These, dass Hahn das flow-Phänomen bereits vor 60 Jahren ausgelöst zu haben scheint und umgekehrt, dass die heutige erlebnispädagogische Praxis mit dem neueren flow-Konzept an motivationspsychologischer Bedeutung gewinnt. Dies wird in einem Kapitel über flow fördernde Strukturen auf einem Segelschiff praxisnah untermauert. Im empirischen Teil der Arbeit wird dann untersucht, ob Schülerinnen auf einem erlebnispädagogischen Segeltörn (der nach dem Konzept von Kurt Hahn durchgeführt wird) flow erleben.

 

2. Der empirische Teil des Buches

...gliedert sich in zwei Teile: eine Untersuchung auf einem Großsegler und eine Untersuchung zum Transfer 25 Tage nach der Klassenreise. Die Ergebnisse der Untersuchung (deskriptiv, gemittelte Rohwerte, keine Korrelationen) werden jeweils mit Praxisbezügen dargestellt.

 

Die Untersuchung auf dem Schiff:

20 Jugendliche einer 9. Klasse eines Hamburger Gymnasiums gehen für 10 Tage auf eine Klassenfahrt. Ort: ein Großsegler auf der Ostsee. Untersucht wird mit 54 Fragebögen[3] die Tätigkeit der Mastbesteigung. Ein Grund, sich genauer mit dieser kleinen Stichprobe zu befassen und einen mikroskopischen Blick auf das flow-Erleben während verschiedener Phasen von Mastbesteigungen zu richten, waren die erstaunlich durchgehend parallelen Veränderungen der verschiedenen Items über die verschiedenen Situationen des Mastkletterns. Das, was die Schüler während ihrer Mastbesteigung erlebten (erweiterter flow und Überwindung), kann auch in anderen Situationen während der Reise auftreten: beim Ruder gehen, in der Navigation, bei der Wetterbeobachtung, beim Kochen. Die Mastbesteigung stellt also eine erlebnispädagogische Beispielsituation unter vielen Tätigkeiten an Bord dar.

Das Ergebnis der Untersuchung an Bord gewährt einen mikroskopischen Blick in den Erlebenszustand: (1) Es wird das Verhältnis von wahrgenommenen Anforderungen und Fähigkeiten untersucht, (2) daraus resultierend die Qualität des Erlebens, ob die Jugendlichen beispielsweise Angst, Erregung, flow oder Langeweile erleben und (3) wird die Erlebensintensität einzelner Emotionen beleuchtet, die den flow-Zustand ausmachen: kognitive Effizienz, Freude am Tun, Aktivation, intrinsische Motivation und Selbstwert. (4) wird das subjektive Gefühl der Schüler von Überwindung als eine Bedingung für flow untersucht.

Erstes Ergebnis: Erweiterte flow-Erlebnisse können durchschnittlich wie folgt charakterisiert werden (diese Ergebnisse resultieren wie gesagt aus einer deskriptiven Untersuchung und liefern erste Hinweise über typische Schwankungen von erweiterten flow-Erlebnissen):

Stadium eins: Die Schülerinnen klettern das erste Mal auf den Mast. Diese neue Situation stellt neue Anforderungen an die Jugendlichen, die höher liegen als ihre wahrgenommen Fähigkeiten. Dies erzeugt zum einen Neugier, zum anderen aber auch Angst.

Stadium zwei: Die Schüler klettern das zweite Mal. Ihre Fähigkeiten sind durchschnittlich gestiegen, sie fühlen sich nicht mehr ängstlich, erleben mehr flow als in der ersten Situation, und es zeigt sich schon eine leicht geringere kognitive Effizienz.

Stadium drei: Das dritte Mal Klettern bei objektiv gleichen Anforderungen (ruhiges Wetter, wenig Wind, das Schiff liegt ruhig im Wasser). Das Klettern wird schon zu einem großen Teil als langweilig empfunden, da die Jugendlichen ihre Fähigkeiten inzwischen als hoch einstufen: Dies zeigt sich besonders daran, dass die Intensität der gesamten oben beschrieben Emotionen abnimmt (bei der zweiten Mastbesteigung hat sich dieses Erleben möglicherweise schon auf kognitiver Ebene angedeutet). Daraus folgt: Es müssen an diesem Punkt die Anforderungen steigen, damit die Tätigkeit nicht uninteressant wird, sondern die Jugendlichen erweiterten flow erleben können.

Stadium vier: Das Klettern gewinnt wieder an Spannung, da das Segelauspacken in der Höhe als eine neue Anforderung hinzukommt. Die Intensität des Erlebens steigt bei allen Emotionen an und weist auf eine höhere Qualität des Erlebens hin. Aber auch das Gefühl von Ängstlichkeit und Erregung steigen mit der neuen Herausforderung (jedoch nicht so stark wie bei der ersten Mastbesteigung). Dies ist die erste neue Herausforderung, die erweitertes flow-Erleben ermöglicht, weil die Jugendlichen ihre bereits erworbenen Fähigkeiten mit einer neuen Herausforderung erweitern. Die ersten drei Mastbesteigungen waren für diese neue Aufgabe quasi das kleine Einmaleins. Die Jugendlichen erleben mit der neuen Herausforderung, dass ihre Fähigkeiten steigen und dass sie diese freudig und erlebensintensiv ausbauen können. Darin liegt der pädagogische Wert des erweiteten flow-Erlebens.

Stadium fünf: Hier kommt noch eine weitere Anforderung hinzu - die Schüler packen die Segel wieder ein. Diese Tätigkeit benötigt zum Teil wesentlich mehr Kraft, Gleichgewicht sowie Technik als das Auspacken der Segel in der vierten Phase. Die Anforderungen an das Segeleinpacken werden von den Jugendlichen durchschnittlich höher wahrgenommen als ihre Fähigkeiten: Ein Gefühl von Angst steigt und gleichzeitig sinkt die Qualität des Erlebens

Damit sich flow zu einem erweiterten flow-Erleben entwickeln kann und erste Fähigkeitserweiterungen (wie hier Stadium 1 bis 3) nicht isoliert im Raum stehen, ist es wichtig, Anforderungen dosiert zu erhöhen, damit keine Langeweile entsteht (Stadium 3), aber auch keine Überforderung demotiviert (Stadium 5). Der Wert des erweiterten flow-Erlebens liegt darin, dass sich die Jugendlichen über einen längeren Zeitraum über verschiedene Stufen des Fähigkeitserwerbs mit einer Sache auseinandersetzen und damit ihre autotelischen Fähigkeiten erweitern. Interpretiert man diese Ergebnisse, so könnten die Schwankungen, auf eine beginnende schöpferische Leidenschaft im Sinne Kurt Hahns hinweisen.

Zweites Ergebnis: Hahn und Csikszentmihalyi beschrieben die Überwindung, bzw. den Einsatz von psychischer Energie als Bedingung für flow. Die Ergebnisse zeigen, dass die Überwindung der SchülerInnen in zwei Situationen eine bedeutende Katalysatorfunktion zu haben scheint: (1) Vor der ersten Mastbesteigung überwinden die Schüler ihre Angst, um auf den Mast zu klettern[4]. (2) In der vierten Situation müssen sie sich wieder stärker als zuvor für die neue Anforderung überwinden. Auffällig ist auch; dass die tatsächlich empfundene Überwindung in jedem Stadium immer geringer ist, als die Schüler sie vorher eingeschätzt haben.

Ob die Überwindung nun mit erweitertem flow oder mit einer hohen Qualität des Erlebens in einem Zusammenhag steht, muss mit weiteren Untersuchungen geprüft werden, ebenso, ob es die typischen Schwankungen des erweiterten flow-Erlebens dort gibt, wo nach dem Konzept von Kurt Hahn gearbeitet wird gibt und ob sie dort regelmäßig auftreten.

Spannend und festhaltenswert ist, dass trotz der kleinen Stichprobe bestimmte typische Tendenzen des erweiterten flow-Erlebens vermutet werden können.

Drittes Ergebnis: Weitere erlebnispädagogische Komponenten sind Aufforderungsstrukturen. Sie fordern zum Handeln auf, weil sie nach den Regeln des flow-Erlebens zum Handeln verführen und auch flow auslösende Wirkung haben. Auf einem Schiff können dies zum Beispiel Tätigkeiten wie Segelsetzen oder Navigation sein, die die Konsequenzen des Handelns sofort erkennen lassen, also unmittelbar ein Feedback geben. Deshalb sah Hahn unter anderem in Schiffen einen hohen pädagogischen Aufforderungswert. Aufforderungsstrukturen scheinen einen motivierenden Charakter zu haben: (1) Möglicherweise lenken sie die Bereitschaft der Jugendlichen, sich auf etwas Neues einzulassen: Die Schüler kletterten auf die Masten, obwohl sie es zwei Tage vor Fahrtantritt vorher überhaupt nicht in Betracht zogen, nach der Klassenreise war dies dann ihre Lieblingstätigkeit. (2) Möglicherweise unterstützen Aufforderungsstrukturen die Überwindung, weil der Sinn der Handlung sichtbar ist (das Segel muss ausgepackt werden, damit das Schiff von A nach B kommt).

Welche Bedeutung hat nun das erweiterte flow-Erleben für die Konzepte von Hahn, Csikszentmihalyi und die praktische Erlebnispädagogik?

1. Die Erlebnispädagogik könnte mit dem flow-Konzept konkretisiert werden. Die Frage, was denn eigentlich ein Erlebnis in der Pädagogik sei, könnte mit „flow“ beantwortet werden.

2. Das Konzept von Hahn ist möglicherweise ein pädagogisches Instrument, um flow aktiv auszulösen. Flow braucht nicht mehr dem Zufall überlassen werden.

3. Durch die festgestellten flow-Erlebnisse an Bord kommt dem pädagogischen Konzept von Hahn ein hoher Aktualitätsgehalt zu.

 

Die Untersuchung zum Transfer

Für den zweiten Teil der Untersuchung sind Fragebögen zur retrospektiven Einschätzung von Erlebensaspekten entwickelt worden. Die Fragen beziehen sich auf wichtige Erlebensaspekte des flow-Erlebens und die Fragestellung lehnt sich an Rheinbergs Validitätshinweis zur AF-Skala an(Rheinberg 1989).

Ein Konzept gilt als pädagogisch sinnvoll und gelungen, wenn Transfer in den Alltag stattfindet. Kurt Hahn richtet seine gesamte Pädagogik auf die Übertragung von Erlebtem und Erlerntem aus und spricht in diesem Zusammenhang von „outward bound“: Er überträgt dabei das Bild eines Schiffes, das für seine große Fahrt zur See gerüstet ist, auf die Fähigkeiten seiner Jugendlichen: Sie sollen durch seine Erlebnistherapie outward bound werden, dann sind sie ¾ wie ein Schiff ¾ gerüstet für ihre Fahrt ins Leben. Dabei setzt er nicht auf das bewusst kognitive Erlernen und Anwenden von Fachwissen, sondern auf das „unbewußte Sichhineinleben“ in „seelische Qualitäten“. Im Buch (Plöhn 1998) werden nun zwei Ebenen des möglichen Transfers betrachtet: die kognitive Ebene und die Ebene des Handelns.

Auf der kognitiven Ebene lässt sich erstens darstellen, dass die Hälfte der Jugendlichen 25 Tage nach ihrer Klassenreise ihr Erleben „schöner, lebendiger und fähiger“ wahrnimmt als vor der Klassenreise. Dieser Ausdruck stammt von Hahn und umschreibt das Phänomen der „schöpferischen Leidenschaft“ bzw. das Gefühl von flow. Zweitens: Knapp drei Viertel der Schüler haben ihr Wohlbefinden mit einer vorherigen Überwindung in Beziehung gesetzt. Diese Einstellung der Schülerinnen kann möglicherweise als ein Indikator für das von Hahn beschriebene „Sichhineinleben“ sein. Doch ob diese Einstellung auf die Klassenreise zurückzuführen ist und ob die Schüler ohne Nachfrage durch die Fragebögen diese Erkenntnis verbalisiert hätten, bleibt offen.

Die zweite Ebene des Transfers bezieht sich auf das Handeln der Schüler. Setzen sie ihre Erlebnisse und Erfahrungen in den Alltag um? Probieren sie etwas Neues aus und erzeugen dadurch flow oder schöpferische Leidenschaft? 17 Jugendliche überwinden sich in ihrem Alltag jeweils zu einer neuen Tätigkeit und erleben ihr Tun als „lebendiger und fähiger“, jedoch nicht „schöner“. Anders als erwartet, erleben sie ihr Tun nicht mit mehr Freude, sondern ihre neue Tätigkeit ist weniger im Fluss, sie haben etwas mehr Angst, sind weniger intrinsisch motiviert und mehr anerkennensorientiert.

Damit endet die Untersuchung. Ob die Jugendlichen nun ihre neue Tätigkeit weiter ausüben, und zu einem späteren Zeitpunkt in den Zustand von flow gelangen, bleibt offen. Offen bleibt bei einer deskriptiven Untersuchung letztendlich auch, ob Transfer auf das pädagogische Konzept oder auf Urlaubsstimmungen auf dem Schiff zurückzuführen ist. Allerdings gibt diese Untersuchung einige Hinweise, die auf die Wirkung des Konzepts von Kurt Hahn schließen lassen.

 

Zusammenfassend können folgende Thesen als Ergebnis festgehalten werden:

1. Kurt Hahn hat schon vor 60 Jahren die erzieherische Bedeutung des flow-Phänomens erkannt und mit seiner Erlebnistherapie schöpferische Leidenschaft ausgelöst.

2. Hahn möchte die Jugendlichen „outward bound“ machen, das heißt, er will ihre autotelischen Fähigkeiten für die Fahrt ins Leben stärken.

3. Auf die Frage, was denn das Erlebnis in der Erlebnispädagogik sein könnte, kann man mit „erweiterter flow“ antworten. Daraus resultiert eine neue Definition für Erlebnispädagogik.

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[1] Wichtig ist Hahn die reine Freude am Tun, Belohnungen sollen „seine“ Jugendlichen nicht erwarten.

[2]Herausforderung, klare Struktur, eindeutige Ziele, Feedback, Kontrolle, Konzentration, Verschmelzen von Handlung und Bewusstsein sowie Selbstvergessenheit.

[3] Die Fragebögen lehnen sich an die Experience-Sampling Form an, die situatives Erleben erfasst (Csikszentmihalyi & Larson 1987).

[4] Zwei Tage vor der Klassenreise äußerte sich die gesamte Klasse gegen das Klettern in den Mast: „Das können die [die Crew, Anmerkung I.P.] alleine machen!“