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2. Allgemeine Vorschriften des Gesetzes

 

Das Gesetz "Über die Massenmedien" enthält im ersten Kapitel unter der Überschrift "Allgemeine Bestimmungen" die Definitionen der verwendeten Begriffe (Art. 2), das Zensurverbot (Art. 3), das Verbot des Missbrauchs der Medienfreiheit (Art. 4), das bereits erwähnte Prinzip des Vorrangs (Art. 5) und den Anwendungsbereich des Gesetzes (Art. 6). Vor allem formuliert das Gesetz das Verfassungs­grundrecht des Art. 29 Verf RF aus, indem es die allgemeine Informationsfreiheit auf die Massenmedien bezieht und die Freiheit der Massenmedien genauer beschreibt. Die Informations­freiheit umfasst die Mitteilung von Informationen, ihren Empfang und die Informationsbeschaffung. Das Grundrecht der Freiheit der Massenmedien beinhaltet die Gründungsfreiheit, das Recht der freien Nutzung und privaten Verfügung über das Massenmedium und das Recht, sich die technischen Voraussetzungen für die Verbreitung von Masseninformation zu schaffen. Das Gesetz "Über die Massenmedien" zählt diese Rechte nochmals zusammenfassend auf (Art. 1):

 

"Die Suche nach, der Erhalt, die Produktion und die Verbreitung von Masseninformation, die Gründung von Massenmedien sowie ihr Besitz, ihr Gebrauch und die Verfügung darüber, die Herstellung, der Erhalt, die Aufbewahrung und die Nutzung von technischen Anlagen und Ausrüstungen, Rohstoffen und Materialien, die zur Herstellung und Verbreitung von Produktionen der Massenmedien bestimmt sind, unterliegen keinen Beschränkungen, ausgenommen denjenigen, die durch die Gesetzgebung der RF über die Massenmedien vorgesehen sind (Übers. d. Verf.)."

 

Das Gesetz beschreibt ein Massenmedium als "die periodische Ausgabe eines Druckerzeugnisses, eines Radio-, Fernseh- oder Videoprogramms, eines Kinofilms sowie jede andere Form der wiederholten Verbreitung von Masseninformation" (Art. 2 Punkt 2). Diese funktionale, tätigkeits­bezogene Definition ist grundlegend und setzt sich in den folgenden Regelungen fort. Das Gesetz "Über die Massenmedien" gestaltet die Rechtsverhältnisse zwischen dem Gründer des Massenmediums, dem Herausgeber und der Redaktion, ohne dabei eigentumsrechtliche Fragen zu berühren. Im Vordergrund steht die Aufgabe der Informationsvermittlung und die Gewährleistung einer unabhängigen, von staatlicher Einmischung freien Rechtsposition zugunsten der Redaktionen. Hiermit haben die Autoren des Gesetzes der Tatsache Rechnung getragen, dass sich im Jahr 1991 so gut wie alle Massenmedien im staatlichen Eigentum befanden. Die Verkündung der Pressefreiheit musste demnach von einem Gesetz begleitet werden, das sich generell gegen die Eigentümer wandte, indem es den Redaktionen möglichst große gesetzliche Freiräume eröffnete. Nur so waren die Journalisten vor staatlicher Einmischung einigermaßen wirkungsvoll in Schutz zu nehmen.

 

An die neue gesetzliche Definition des Massenmediums knüpft sich deshalb ein besonderes Freiheitsrecht der Redaktionen an. "Die Redaktion nimmt ihre Tätigkeit auf der Grundlage professioneller Selbständigkeit war" (Art. 19 Abs. 1). Die Vorschrift über den Status des Gründers enthält demgegenüber keine vergleichbare Rechtsstellung: "Der Gründer bestätigt die Satzung der Redaktion und (oder) schließt einen Vertrag mit der Redaktion des Massenmediums (dem Chefredakteur)" (Art. 18 Abs. 1). Dieser grundsätzlich offenen, die freie Vertragsgestaltung ermöglichenden Regelung schließt sich folgende negative Bestimmung an: "Der Gründer ist nicht dazu berechtigt, sich in die Tätigkeit des Massenmediums einzumischen, ausgenommen in den Fällen, die durch das vorliegende Gesetz, die Redaktionssatzung und den Vertrag zwischen dem Gründer und der Redaktion (dem Chefredakteur) vorgesehen sind" (Art. 18 Abs. 3). Damit wird die verfassungsrechtliche Freiheit des Eigentümers eines Massenmediums, grundsätzlich nach Belieben mit seinem Eigentum zu verfahren, drastisch verkürzt. Er sieht sich hierdurch insbesondere des Rechtes beraubt, in unvorhergesehenen oder unvorhersehbaren Situationen als Eigentümer zu handeln - eine Bestimmung, die man als unverhältnismäßigen gesetzlichen Eingriff in die Rechte des Gründers und Eigentümers eines Massenmediums bezeichnen kann (vgl. zur Rechtsstellung des Gründers unten 9.).

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