3.
Gründung und Registrierung von Printmedien
Führt
die Definition des Massenmediums also einerseits trotz ihrer tätigkeitsbezogenen
Funktionalität zu eigentumsrechtlichen Komplikationen, so erleichtert
sie andererseits die freie Gründung eines Massenmediums. Die "Form
der Verbreitung von Masseninformation" ist an sich ein sehr
neutraler Begriff. Die Aufgabe der Informationsvermittlung besteht unabhängig
von der Gesellschaftsordnung; es wird hiermit noch völlig
offengelassen, wie sich die Medien organisieren und welche Rechtsform
die Medienunternehmen wählen, wer ein Massenmedium leitet und wie es
ggf. veräußert werden könnte. Die gesetzliche Figur des Gründers
bestimmt sich dementsprechend nach rein formalen Kriterien: Gründer ist
nach Art. 7 und 8 jeder, der ein Massenmedium unter einem bestimmten
Namen zur Registrierung anmeldet und hierfür die nach Art. 10
erforderlichen Angaben über sich und das Massenmedium macht. So war es
zum Beispiel möglich, dass die Redaktion eine vorhandene Zeitung unter
neuem Namen registrieren ließ, ohne dass sie den Nachweis materieller
Berechtigung führen musste. Einer solchen Eintragung der Redaktion als
Gründer des Massenmediums dürfte demnach eigentlich auch keine
eigentumsbegründende Wirkung zukommen, wenngleich es faktisch hierzu
kam. Die zahlreichen Gründerstreitigkeiten, die in den ersten Jahren
nach Inkrafttreten des Gesetzes "Über die Massenmedien"
entstanden, sowie ihre Lösung anhand rein formaler Kriterien, sind
bereits im zweiten Kapitel erwähnt worden. Das Gesetz hatte eben nicht
die Regelung eigentumsrechtlicher Fragen zum Ziel - dieses wäre die
Aufgabe des Privatisierungsgesetzes vom Juli 1991 gewesen, das zusammen
mit dem Privatisierungsprogramm vom Juni 1992 die Grundlage für die Tätigkeit
des Staatsvermögenskomitees bildete und die Privatisierung der
Staatsbetriebe ermöglichte. Das Kapital der Massenmedien bestand
indessen in der Regel nicht in größeren Vermögenswerten, sondern in
dem Ruf, den es mit seinem Namen und dem bekannten Mitarbeiterstab von
Journalisten genoss. Mit anderen Worten, die Privatisierung der
Massenmedien verhieß keine einträglichen Gewinne zugunsten des
Staatshaushalts, die Journalistenkollektive jedoch bestanden darauf, ihr
Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und neue, staatlich unabhängige
Massenmedien zu formieren. Das
Gesetz "Über die Massenmedien" entschied mithin nicht die
Frage des Eigentums, aber es wirkte als Katalysator für die Entwicklung
nichtstaatlicher Massenmedien, indem es den Redaktionen und
Journalistenkollektiven einige Mittel dazu bereitstellte, diesem Ziel näherzukommen.
Es ergänzte die Gründungsfreiheit des Art. 7, nach der nicht nur
Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und staatliche Organe, sondern
auch Vereinigungen von Bürgern und einzelne Bürger als Gründer
auftreten können, durch die Bestimmung in Art. 2 Punkt 8, dass sich die
Redaktion eines Massenmediums nicht notwendigerweise als juristische
Person eintragen lassen muss. Nach der gesetzlichen Definition des Art.
2 kann also jeder Zusammenschluss von Bürgern oder auch ein einzelner
Privatmann als Redaktion fungieren und das Massenmedium mit sich selbst
als Gründer registrieren lassen. Im Ergebnis erlaubt das Gesetz das
Ein-Mann-Unternehmen, bei dem ein einzelner als Redaktion, Gründer und
Herausgeber zugleich auftritt. Möglich ist aber auch, dass mehrere
zusammen ein Massenmedium gründen, sich als "Mitgründer"
eintragen lassen (Art. 7 Abs. 3) und ihre Rechte und Pflichten
vertraglich im voraus festlegen (Art. 22 Abs. 1). Hierdurch kommt es
mitunter zu der außerordentlich konfliktreichen Situation, dass sich
die örtliche Administration und das Journalistenkollektiv als Mitgründer
einer regionalen Zeitung über die Art der Berichterstattung streiten.
Dem Journalistenkollektiv gewährt das Gesetz außer den Gründerrechten
zugleich auch die professionelle Unabhängigkeit der Redaktion. Der
Administration ist es jedoch nicht verwehrt, als Mitgründer
auszusteigen und das Kollektiv finanziell auf dem Trockenen sitzen zu
lassen.[1] Von
dem Recht der freien Gründung eines Massenmediums ausgenommen sind
Minderjährige, Geisteskranke, Häftlinge, die eine Freiheitsstrafe verbüßen,
Vereinigungen und Unternehmen, die einer gesetzlich verbotenen Tätigkeit
nachgehen und - nicht zuletzt - auch Ausländer (Art. 7 Abs. 2). Über
den Umweg der Gründung einer russischen juristischen Person, die dann
als Gründer des Massenmediums auftritt, können jedoch auch ausländische
Staatsangehörige ein Medienunternehmen in Rußland registrieren lassen.[2]
"Die
Redaktion eines Massenmediums nimmt ihre Tätigkeit nach der
Registrierung auf"
(Art. 8 Abs. 1). Die Bescheinigung über die Registrierung eines
Printmediums ist keine Konzession oder Lizenz, sondern sie dient
lediglich als behördliche Bestätigung der Anmeldung und der rechtmäßigen
Gründung des Massenmediums. Als Versagungsgründe für die
Registrierung kommen lediglich die unter Art. 13 aufgeführten
rechtsmissbräuchlichen Verhaltensweisen in Betracht, ein Antrag mit
unzutreffenden Angaben oder der Gebrauch eines bereits vergebenen
Namens. Der Antrag ist entweder bei dem Pressekomitee der RF oder bei
der "Regionalen Kommission für den Schutz der Pressefreiheit"[3]
einzureichen, je nachdem, ob der Gründer ein landesweites oder ein
regionales, über die Grenzen eines Subjektes der RF nicht
hinausreichendes Massenmedium zu führen beabsichtigt (Art. 8 Abs. 2).
Vergrößert sich das Massenmedium nach der Aufnahme seiner Tätigkeit,
kann die Umregistrierung notwendig werden (Art. 11). Neben den
gesetzlich erforderlichen Angaben über den Gründer und den
allgemeinen, nicht näher zu belegenden Angaben über die Quellen der
Finanzierung des Massenmediums[4]
muss die Anmeldung den Namen des Massenmediums, die Sprache, die Form,
die Thematik, die beabsichtigte Auflage und Anzahl der Ausgaben sowie
das voraussichtliche Verbreitungsgebiet des Massenmediums enthalten
(Art. 10 Abs. 1). Vorzulegen ist außerdem die Quittung über die
Anmeldegebühr. Die Vorlage weiterer Dokumente darf nicht gefordert
werden (Art. 10 Abs. 3). Nach der Erteilung der Bescheinigung über die Registrierung darf das Printmedium ungehindert herausgegeben werden. Eine Lizenz ist nicht erforderlich. Es ist immer wieder vorgekommen, dass regionale Behörden (z.B. die Steuerinspektion des Rayons von Nižegorod) unter Berufung auf eine alte Verordnung des Ministerrats der RSFSR vom 17. April 1991[5] den Nachweis einer Herausgeberlizenz verlangten, obgleich das spätere, höherrangige Gesetz der RF "Über die Massenmedien" dem eindeutig widerspricht. Das staatliche Pressekomitee der RF beantwortete eine diesbezügliche Anfrage des "Fonds zum Schutz der Glasnost´" mit dem Hinweis auf den Wortlaut des Gesetzes "Über die Massenmedien" ("Die Redaktion eines Massenmediums nimmt ihre Tätigkeit nach der Registrierung auf", Art. 8 Abs. 1). Das Komitee stellte fest, dass - vorbehaltlich einer anderslautenden Gerichtsentscheidung über die Auslegung und Geltung der genannten Normen - die Bescheinigung über die Registrierung notwendig und ausreichend ist, um ein Massenmedium herauszugeben.[6] Hierzu ist noch hinzuzufügen, dass für die Registrierung weder die Eintragung der Redaktion als juristische Person noch die Bestätigung der Redaktionssatzung vorausgesetzt werden dürfen. Sollte die Satzung nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Erscheinen der ersten Ausgabe des Massenmediums bestätigt worden sein, so ist die Kraftloserklärung der Bescheinigung über die Registrierung aufgrund gerichtlicher Entscheidung zu erwirken (Art. 15 Abs. 1 Punkt 3). Der Status des registrierten Massenmediums kann dem Gründer im übrigen in keinem Fall anders als durch die Entscheidung eines Zivilgerichts aberkannt werden (Art. 15 Abs. 1). [1]
Vgl. E. Prochorov (1998), Drama součreditel´stva, in: ZiP 52
(Dez. 98). [2]
M. Fedotov (1996), SMI v otsutstvii Ariadny, S. 224. [3]
1998 gab es über 10 solcher regionaler Kommissionen, die das
Pressekomitee der RF vertreten und für mehrere Verwaltungsgebiete
zusammen zuständig sind. [4]
M. Fedotov (1996), aaO. S. 228. [5]
Verordnung No. 211 "Über die Regelung der Herausgebertätigkeit
in der RSFSR", die die entsprechenden "Vorläufigen
Bestimmungen über die Regelung der Herausgebertätigkeit in der
RSFSR" (insbes. Punkt 4) bestätigte. [6]
Schriftliche Antwort des Staatlichen Pressekomitees der RF vom 17. September 1998 No 11-6549-10493/32, in: ZiP 49-50 (Sept. 98), Nuna li
izdatel´skaja licenzija dlja SMI?
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