6.
Akkreditierung der Journalisten bei staatlichen Organen und
Einrichtungen
Das
Massenmediengesetz enthält eine grundlegende Bestimmung über die
Akkreditierung,[1]
die den Redaktionen das Recht gewährt, die Anerkennung ihrer
Journalisten als bevorzugte Pressevertreter bei staatlichen Organen und
Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Vereinigungen zu beantragen (Art.
48 Abs. 1). Diesem Recht korrespondiert allerdings keine Pflicht der von
staatlicher Seite eingerichteten Pressedienste, dem Antrag zu
entsprechen. Die staatlichen Organe und Einrichtungen stellen selbst
ihre eigenen Akkreditierungsregeln auf und wachen über deren Einhaltung
(Art. 48 Abs. 2). So existieren in den Regionen Rußlands unzählige
Regelungswerke mit vielen, nicht immer rechtmäßigen
Sondervorschriften.[2]
Die Journalisten haben sich grundsätzlich an diese Vorschriften zu
halten, um der einmal gewährten Akkreditierung nicht wieder verlustig
zu gehen. Nach dem Gesetz "Über die Massenmedien" darf die
Akkreditierung nicht nur bei einer Regelverletzung, sondern auch bei
einer den Tatsachen nicht entsprechenden Berichterstattung des
betreffenden Journalisten wieder aberkannt werden, sofern sie die Ehre
und Würde des staatlichen Organs oder der Einrichtung beeinträchtigt
hat[3]
und dieses durch eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung festgestellt
wurde (Art. 48 Abs. 4). Abgesehen von diesen beiden durch föderales
Gesetz festgelegten Fällen darf die Akkreditierung nicht ohne weiteres
wieder entzogen werden, denn, wie bereits das Verfassungsgericht bekräftigte,
stellt Art. 48 Abs. 4 eine erschöpfende Aufzählung der Gründe für
die rechtmäßige Entziehung der Akkreditierung dar.[4] Das
Institut der Akkreditierung der Journalisten bei staatlichen Organen und
Einrichtungen gereicht den Massenmedien nicht nur zum Vorteil. Die
Einrichtung lässt sich unter Umständen auch dazu missbrauchen,
unbequemen oder kritischen Journalisten die Akkreditierung zu versagen
oder wieder zu entziehen, so dass sie nicht in den Genuss der hierdurch
gebotenen Vorzüge kommen: Akkreditierte Journalisten haben das Recht,
bei Pressekonferenzen, Versammlungen und öffentlichen Sitzungen
bevorzugt zu werden, und die Pressedienste staatlicher Organe und öffentlicher
Einrichtungen sind dazu verpflichtet, die betreffenden Journalisten über
solche bevorstehenden Veranstaltungen zu informieren, sie mit
Stenogrammen, Protokollen und anderen Dokumenten zu versorgen und überhaupt
günstige Bedingungen für die Presseberichterstattung und
Videoaufnahmen zu schaffen (Art. 48 Abs. 2 und 3). a) Akkreditierungsregeln V.
Efremova und A. Ratinov sind der Auffassung, dass die Befugnis der
staatlichen Organe und Einrichtungen, die Akkreditierungsregeln selbst
aufzustellen, eine besondere Gefahr für die Pressefreiheit begründet:
"Die vorhandenen Regelungen entsprechen jedoch in der Praxis bei
weitem nicht immer den besagten [gesetzlichen] Anforderungen. Da die
einschlägige Bestimmung des Gesetzes "Über die Massenmedien"
überaus wortkarg ist und es keine allgemein anerkannten typischen
Akkreditierungsregeln gibt, eröffnen sich viele Möglichkeiten der
willkürlichen Normgebung, die für
die Freiheit des Wortes eine Bedrohung darstellen." [5]
Sehr
verbreitet ist die Gewohnheit, den Redaktionen ins Einzelne gehende Auskünfte
über die Journalisten abzuverlangen, für die eine Akkreditierung
beantragt wird, und zusätzliche Anforderungen zu stellen, wie zum
Beispiel eine detaillierte Biographie, die Aufdeckung der Pseudonyme,
ein Tätigkeitszeugnis oder den Nachweis einer geeigneten beruflichen
Ausbildung.[6]
Diese Übung der staatlichen Organe verletzt die verfassungsrechtlich
geschützte Privatsphäre der Journalisten und stellt einen unzulässigen
Umgang mit ihren persönlichen Daten dar. Auch werden häufig noch zusätzliche
Genehmigungserfordernisse eingeführt, wie die Erlaubnis des zuständigen
Beamten, Ton- oder Filmaufnahmen machen zu dürfen. Und schließlich
erfindet man unter Verstoß gegen Art. 48 besondere Gründe für die
Versagung oder Entziehung der Akkreditierung allzu kritischer
Journalisten, um auf die rechtskräftige Gerichtsentscheidung verzichten
zu können, die das Gesetz für diesen Fall vorschreibt. Zum Beispiel
sehen die Akkreditierungsregeln bei der Regierung des Verwaltungsgebiets
Jaroslavl vor, dass der Leiter des Pressedienstes die Akkreditierung
eines Journalisten entziehen darf, der entstellende oder verfälschende
Informationen über die Tätigkeit des Gouverneurs oder des
Regierungsvorsitzenden verbreitet hat oder den Sinn ihrer Verfügungen
und Verordnungen verdreht.[7]
Die Akkreditierungsregeln des Parlaments der Republik Kalmykien
verbieten es sogar ausdrücklich, Journalisten nichtstaatlicher
Massenmedien zu akkreditieren.[8]
Das Gesetz "Über die Massenmedien" der Republik Baškortostan
variiert Art. 48 Abs. 4 und gestattet die Entziehung der Akkreditierung,
falls der Journalist oder seine Redaktion Informationen verbreitet, die
nicht der Wahrheit entsprechen oder die gesetzlichen Interessen der
akkreditierenden Instanz beeinträchtigen.[9] Solche
und ähnliche regionale Gesetze und Akkreditierungsregeln verstoßen
eindeutig gegen Art. 48 Abs. 4, der die Gründe für den Entzug der
Akkreditierung abschließend aufzählt. Zur rechtmäßigen Einschränkung
der freien Tätigkeit der Journalisten bedarf es außerdem gemäß Art.
1 und 5 des Gesetzes "Über die Massenmedien" immer eines föderalen
Gesetzes, so dass sowohl die regionalen Gesetze der Föderationsrepubliken
als auch die untergesetzlichen Akkreditierungsegeln, die das Verhältnis
der Presse zu den staatlichen Organen und Einrichtungen einseitig zum
Nachteil der Redaktionen und Journalisten gestalten, rechtswidrig sind.
Dennoch ist die Praxis einschränkender Akkreditierungsregeln gang
und gäbe, und selbst die Abgeordneten der Staatsduma der RF haben nicht
davor zurückgescheut, die Akkreditierung missliebiger
Fernsehjournalisten von ORT aus anderen als den in Art. 48 genannten Gründen
für einen Monat auszusetzen. b) Beispiel: Staatsduma setzt Akkreditierung von Fernsehjournalisten aus Verfügung
der
Staatsduma der Bundesversammlung der RF "Über
die Aussetzung der Akkreditierung der Korrespondenten des Öffentlichen
Rußländischen Fernsehens (ORT) bei der Staatsduma der
Bundesversammlung"[10] Die
Staatsduma der Bundesversammlung der RF stellt eine der beiden Kammern
des Parlaments der RF dar, des höchsten Organs der gesetzgebenden
Gewalt. Die Abgeordneten der Staatsduma sind vom Volke gewählt worden.
Jegliche Geringschätzung des Parlaments, umso mehr jegliche
absichtliche Entstellung des Verlaufs ihrer beratenden Sitzungen über
das eine oder andere Thema, wird in allen demokratischen Staaten aufs
strengste unterbunden, und in einigen Staaten sogar strafrechtlich
verfolgt. Das
öffentliche rußländische Fernsehen, das dem Volke zu dienen bestimmt
ist und ihm objektive Information über alles, was im Lande vor sich
geht, mitzuteilen hat, unternimmt ständig in aufdringlicher Weise das
genaue Gegenteil. Jedes beliebige ernste, die Bevölkerung bewegende
Thema, das in der Staatsduma erörtert wird, wird von ORT entweder gar
nicht behandelt oder bis zur Unkenntlichkeit verdreht, sei es die
schwierige Situation in den Subjekten der Rußländischen Föderation
oder sei es die tragische Lage der Russen in der Republik
Tschetschenien, seien es Gesetzesprojekte über die Pensionen und
Mindestlöhne, die Notsituation der Lehrkräfte oder sei es die
Korruption in den höchsten Organen der Staatsgewalt. Einzelne Phrasen
aus den Reden der Abgeordneten der Staatsduma werden aus dem
Zusammenhang gerissen und oft mit subjektiven Kommentaren bedacht, die
das Wesen der Aussage pervertieren. All das geschieht einzig und allein
zu dem Zweck, die Abgeordneten der Staatsduma und die Staatsduma
insgesamt zu diskreditieren und den Fernsehzuschauern grundlegende
Zweifel hinsichtlich der Frage einzuflößen, ob es überhaupt
notwendig ist, dass in der RF eine gesetzgebende Gewalt existiert. Das
Öffentliche Rußländische Fernsehen hat sich am 20. Februar 1997 mit
der Ausstrahlung der Reportage des speziellen Korrespondenten P. S.
Rjazancev über die Beratung eines wichtigen Gesetzesprojektes in der
Staatsduma einer offenkundigen Fälschung schuldig gemacht. Die
Fernsehzuschauer vernahmen die unpassendsten und zudem völlig aus dem
Kontext gerissenen Repliken der Abgeordneten. Zugleich war der Kern der
erörterten Frage überhaupt nicht erkennbar.
Das erörterte Gesetzesprojekt betrifft außerdem eine Frage, die
alle Wähler, alle Bürger Rußlands zutiefst bewegt - das sittliche
Wohlbefinden der Gesellschaft. Die
Staatsduma der Bundesversammlung der RF verfügt: 1.
Die Leitung von ORT wird darauf aufmerksam gemacht, dass die
Diskreditierung der Staatsduma der Bundesversammlung der RF unzulässig
ist. 2.
Der Pressedienst der Staatsduma der Bundesversammlung der RF wird
angewiesen, die Akkreditierung der Korrespondenten von ORT bei der
Staatsduma der Bundesversammlung der RF für einen Monat auszusetzen. 3.
Die vorstehende Verfügung tritt am Tag ihrer Annahme in Kraft. Der
Vorsitzende der Staatsduma der
Bundesversammlung der
Rußländischen Föderation
G. N. Seleznev Moskau,
den 5. März 1997, N 1182-II GD. Der
Gerichtshof für informationelle Streitigkeiten beim Präsidenten der RF
verurteilte die Vorgehensweise der Abgeordneten als Verstoß gegen Art.
48 Abs. 4 sowie als Verletzung des Grundsatzes der Gewaltenteilung.[11]
Die vorübergehende Aussetzung der Akkreditierung bei nicht genehmer
Berichterstattung ist im Massenmediengesetz nicht vorgesehen, denn sie würde
ein Instrument staatlicher Zügelung der Journalisten bereitstellen und
damit zur Nachzensur geradezu auffordern. Die Staatsduma darf sich außerdem
nicht die Vollmachten eines Gerichtes anmaßen, indem sie die nach Art.
48 Abs. 4 erforderliche rechtskräftige Gerichtsentscheidung faktisch
selbst trifft. Die Akkreditierungsregeln der Staatsduma vom 15. Dezember
1997 sehen daher dem Gesetz der RF "Über die Massenmedien"
entsprechend nur noch die Entziehung der Akkreditierung nach rechtskräftiger
Gerichtsentscheidung vor. Im
übrigen zeigt die vorstehende Verfügung der Staatsduma, in welcher
defensiven Situation sich die Abgeordneten befinden: Man hegt die Befürchtung,
der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden und im Bewusstsein der Bürger
der RF zum überflüssigen Anhängsel der Staatsordnung zu degradieren.
Wie bereits erwähnt, hat die Exekutive sogar in der Gesetzgebung, dem
ureigensten Gebiet des Parlamentes, die Vorherrschaft übernommen
("Ukaskratie"). Hinzu kommt ein nicht zu unterschätzender
Vorteil des Präsidenten der RF bei den zentralen Massenmedien. War die
Fernsehberichterstattung über Präsident und Regierung kritisch, so ist
sie über die Staatsduma oft katastrophal gewesen. Nicht nur die
Schilderungen des parlamentarischen Lobbyismus und der Privilegien der
Abgeordneten, sondern auch die tägliche Information über die Arbeit
des Parlaments fiel bei einem großen Teil der Massenmedien sehr negativ
aus. Das relativ frühe Entwicklungsstadium, in dem sich die Parteien
Rußlands befinden,[12]
wirkt sich auch auf das Image der Abgeordneten aus. Ein weiterer Grund
ist, dass die zentrale Presse in den zahlreichen Abgeordneten
kommunistischer oder nationalistischer Ausrichtung seit jeher ihren
Erzfeind erblickt hat. Die der Staatsduma gegenüber zum Ausdruck
gebrachte grundsätzliche Missachtung stellt ein beträchtliches Problem
für die friedliche und fruchtbare Zusammenarbeit von Presse und Staat
dar.
c) Beispiel: Rechtsanwendung in der Verwaltungsregion Primor´e Auf
einen Fall rechtswidriger Entziehung der Akkreditierung soll der
Anschaulichkeit halber kurz eingegangen werden.[13]
Der Leiter der Presseabteilung der Administration der Verwaltungsregion
Primor´e setzte für sechs Monate die Akkreditierung des
Korrespondenten der Zeitung "Kommersant´ Daily" für den
fernen Osten D. Demkin aus, weil dieser die Vorschriften des
Massenmediengesetzes verletzt hatte, die untersagten, die Rechte des
Journalisten zu Zwecken der Verfälschung gesellschaftlich bedeutender
Ereignisse zu missbrauchen (vgl. Art. 4 "Unzulässigkeit des
Missbrauchs der freien Masseninformation" sowie Art. 51 "Unzulässigkeit
des Missbrauchs der Rechte des Journalisten"). Die
Akkreditierungsregeln der Region Primor´e lassen in diesem Fall die
Entziehung der Akkreditierung durch die Presseabteilung aufgrund ihrer
eigenen rechtlichen Beurteilung zu. Der diensthabende Polizist am
Eingang des Verwaltungsgebäudes behielt einige Tage später die
Akkreditierungskarte Demkins ein, ohne die gesetzlichen Formvorschriften
über die Entziehung der Akkreditierung zu befolgen. Den tatsächlichen
Anlass für diese Maßnahme gab ein Artikel Demkins, in dem unter
anderem kundgetan wurde, dass die Bevölkerung der Region inzwischen die
Nase voll hätte von den Streitereien der örtlichen Machthaber und längst
die "Null-Lösung" unterstützen würde - die gleichzeitige
Absetzung von Nazdratenko und Čerepkov.[14]
Demkin
klagte gegen die Aberkennung seiner Akkreditierung beim Regionsgericht
von Primor´e, das die Klage kurzerhand abschlägig entschied. Der Kläger
wandte sich dann gemeinsam mit der Zeitung "Kommersant´
Daily" an das Richterliche Kollegium für bürgerliche
Angelegenheiten des Obersten Gerichts der RF und beantragte die Revision
der Klageabweisung. Die Revisionskläger konnten sich nunmehr auf
prozessuale Erleichterungen berufen. Entsprechend Art. 6 des Gesetzes
der RF "Über die gerichtliche Vorgehensweise gegen Handlungen und
Entscheidungen, die die Rechte und Freiheiten der Bürger
verletzen" obliegt es den staatlichen Organen und Bediensteten,
deren beeinträchtigende Maßnahmen gerichtlich überprüft werden, die
Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens zu dokumentieren und zu beweisen. Das
Richterliche Kollegium hob die Gerichtsentscheidung des Regionsgerichts
von Primor´e aus rechtlichen Gründen auf, denn der Leiter der
Presseabteilung konnte die Entziehung der Akkreditierung lediglich mit
seiner persönlichen Auffassung von der Angelegenheit begründen. Außerdem
stellte die Maßnahme keine gesetzlich zulässige Reaktion auf den
angeblichen Rechtsmissbrauch des Journalisten dar. Gemäß Art. 59 des
Gesetzes "Über die Massenmedien" kann die Verletzung der Art.
4 oder 51 nur strafrechtliche oder disziplinarische Konsequenzen haben,
wobei die Sanktionen vom föderalen Gesetzgeber festzulegen sind und
nicht durch die Regionsverwaltung von Primor´e. Zugleich entschied das
Revisionsgericht, dass der Klage - deren tatsächliche Voraussetzungen
zweifelsfrei feststanden - nunmehr stattzugeben sei, d. h. es erklärte
die betreffenden Akkreditierungsregeln für rechtswidrig und setzte den
Journalisten Demkin wieder in seine Rechte als akkreditierter Journalist
ein. d) Ergebnis: Akkreditierung als Mittel der Zugangsbeschränkung Obgleich das Institut der Akkreditierung lediglich die Arbeit der Presse und des Fernsehens erleichtern soll und die Gewährung der entsprechenden Vorteile durch staatliche Organe nicht bedeutet, dass die von der Akkreditierung ausgeschlossenen Journalisten keine Rechte hätten, an Pressekonferenzen, Versammlungen u.ä. teilzunehmen, lässt sich dennoch feststellen, dass sich die Akkreditierung als Mittel der Zugangsbeschränkung zu Informationen besonders gut eignet und gerne zu diesem Zweck eingesetzt wird.[15] Nur in wenigen Regionen der RF hat man die durch Art. 48 gebotene Gelegenheit, die Rechte der Journalisten und Redaktionen durch besondere Akkreditierungsregeln einzuschränken, ungenutzt verstreichen lassen. A. Voinov bewertet die regionalen Akkreditierungsregeln daher als Vorläufer des föderalen Gesetzes "Über die Ordnung der Berichterstattung über die Tätigkeit staatlicher Organe durch die staatlichen Massenmedien".[16] Dieses Gesetz macht den staatlichen Massenmedien besondere Vorschriften und unterwirft sie im Vergleich zu den privaten Massenmedien einer stärkeren administrativen Kontrolle (siehe sechstes Kapitel, unter 4.). Und die „Akkreditierungsregeln für die Vertreter der Massenmedien beim Apparat des Gehilfen des Präsidenten der RF S. V. Jastržembskij“, die nach der Gründung des „Rußländischen Informationszentrums“ anlässlich des zweiten Tschetschenienkonflikts eingeführt wurden, zeigen einmal mehr, wie sich das Institut der Akkreditierung von Journalisten bei staatlichen Organen missbrauchen lässt: Sie legen neben der Akkreditierung gleich auch die besonderen Bedingungen fest, die von den Journalisten bei ihrer Berichterstattung über Tschetschenien zu beachten sind, z.B. keine selbständigen Reisen durch das - faktisch, aber wiederum wie während des ersten Tschetschenienkonflikts nicht formell im Ausnahmezustand befindliche - Krisengebiet, keine Interviews mit Soldaten auf eigene Faust.[17] Diese Akkreditierungsregeln verletzen im übrigen nicht nur das Gesetz „Über die Massenmedien“, sondern sie stehen mit dem Gesetz „Über den Kampf mit dem Terrorismus“ auch auf einer unsicheren Grundlage. Die Regierung der RF wendet die Gesetze der RF – vorsichtig ausgedrückt – sehr flexibel an. [1]
Akkreditieren (russ. akkreditovat´)oder beglaubigen bedeutet in der
ursprünglichen Bedeutung des Wortes, daß diplomatische Vertreter
anderer Länder oder ausländische Korrespondenten vorgestellt und
anerkannt werden, damit sie der zur Ausübung ihres Berufes
notwendigen Rechte und Vollmachten teilhaftig werden. Später wurde
auch die Begründung eines Status mit besonderen journalistischen
Rechten gegenüber inländischen staatlichen Organen oder
gesellschaftlichen Vereinigungen mit dem Wort Akkreditierung
bezeichnet. [2]
Beispiele für regionale Akkreditierungsregeln staatlicher Organe
enthält ZiP 32 (April 1997). [3]
Die frühere Zivilrechtsgesetzgebung der UdSSR ("Osnov graždanskogo
zakonodatel´stva Sojuza SSR") stattete die Organisationen mit
immateriellen Gütern wie der Ehre und Würde aus, das neue
Zivilgesetzbuch der RF gewährt ihnen jedoch nur das Recht, ihren
geschäftlichen Ruf zu schützen. [4]
Entscheidung des Verfassungsgerichts der RF vom 31. Juli 1995
("Tschetschenienurteil"), in: Sobranie Zakonodatel´stva
Rossijskoj Federacii - SZRF 1995, No. 33, St. 3424, Seiten 6293 -
6336 und No. 35, St. 3525, Seiten 6589 - 6592 (Urteilstext einschließlich
der abweichenden Stellungnahmen von acht Verfassungsrichtern im
Anhang). [5]
V. Efremova / A. Ratinov (1997), Smysl i bessmyslica akkreditacii,
in: ZIP 32 (April ´97, Übers. d. Verf.). [6]
Vgl. die Akkreditierungsregeln des Verwaltungsgebiets Volgograd
sowie die Liste ähnlicher regionaler Akkreditierungsregeln in: V.
Efremova, A. Ratinov (1998), Mass Media v Rossii, Kapitel III - 1.8.
"Pressedienste und Akkreditierung - Wer braucht sie?" [7]
V. Efremova, A. Ratinov (1997), Smysl i bessmyslica
akkreditacii, in: ZIP 32 (April ´97). [8]
"Pravila akkreditacii Žurnalistov sredstv massovoj informacii
pri Parlamente Respubliki Kalmykija", utverždeno
postanovleniem Parlamenta Respubliki Kalmykija v ijule 1994 g.,
unter Punkt 2., in: ZIP 32 (April ´97). [9]
A. E. Voinov (1997), "Zakonodatel´stvo o sredstvach massovoj
informacii i praktika ego primenenija v respublikach-sub´ektach
RF", Kapitel Nr. 8 "Dostup k informacii", unter
"Akkreditacija". - Voinov nennt noch weitere Beispiele für
rechtswidrige regionale Akkreditierungsregeln. [10]
Postanovlenie Gosudarstvennoj Dumy Federal´nogo Sobranija RF
"O priostanovlenii akkreditacii pri Gosudarstvennoj Dume
Federal´nogo Sobranija RF korrespondentov Obščestvennogo
rossijskogo televidenija" N 1182-II GD, 5 marta 1997 goda (Übers.
d. Verf.). [11]
Zajavlenie Sudebnoj palaty po informationnym sporam pri Prezidente
RF N 1 (17) ot 7 marta 1997 goda "O priostanovlenii
Gosudarstvennoj Dumoj akkreditacii Žurnalistov ORT", in: ZiP
32 (April ´97). - Die Staatsduma erließ hierauf am 15. April 1997
eine Verfügung, die bestimmte, daß die Journalisten der
Fernsehgesellschaften die Aufnahmen aus dem Plenarsaal über den
Fernseh- und Radiodienst des Pressedienstes der Staatsduma erhalten
(Postanovlenie "O porjadke organizacii raboty Žurnalistov
tele- i radiokompanij vo vremja provedenija plenarnych zasedanij
Gosudarstvennoj Dumy", N 1330-II GD ot 15/04/97). [12]
Vgl. R. Sakwa (1998), Left or Right? The CPRF and the Problem of
Democratic Consolidation in Russia, S. 128 (insbes. S. 144 ff.) in:
The Journal of Communist Studies and Transition Politics, Vol. 14,
March/June ´98, Numbers 1-2, Special Issue: Party Politics in
Post-Communist Russia. [13]
Den Fall schildern V. Efremova, A. Ratinov (1998), Mass Media v
Rossii, Kapitel III - 1.9. "Ein einmaliger Vorfall". [14]
Der Titel dieses Artikels lautete: "Evgenij Savost´janov hat
den Gouverneur von Primorje mit dem Bürgermeister von Vladivostok
versöhnt". [15]
Vgl. A. E. Voinov (1996), "Zakonodatel´stvo o SMI Rossii,
problemy, medunarodnyj informacionnyj obmen", in: Meždunarodnyj
seminar "Koncepcija Zakonodatel´stva o sredstvach massovoj
informacii dlja posttotalitarnich gosudarstv". [16]
A. E. Voinov (1997), "Zakonodatel´stvo o sredstvach massovoj
informacii i praktika ego primenenija v respublikach-sub´ektach
RF", Kapitel Nr. 8 "Dostup k informacii", unter
"Akkreditacija". Voinov nennt als positives Beispiel und
Vorbild die Akkreditierungsregeln der Gesetzgebenden Versammlung der
Republik Karelien. [17]
Punkt 13 der Akkreditierungsregeln, abgedruckt bei: ZiP 66 (Febr.
2000).
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