2. Private: Einflussreiche Großaktionäre als Zensoren?
a) Einleitung: Zu den "Spielarten der Zensur"b) Symbiose von Wirtschaft und Staat c) Anteilserwerb zur Stärkung wirtschaftlichen und politischen Einflusses d) Politisierung und wirtschaftliche Fremdbestimmung der Massenmedien e) Fallbeispiel: Izvestija / Lukojl g) Einflussmöglichkeiten privater Anteilseigner h) Fallbeispiel: ORT / Berezovskij
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2. Private: Einflussreiche Großaktionäre als Zensoren? a) Einleitung: Zu den "Spielarten der Zensur" Der
Vorsitzende des "Fonds zum Schutz der Glasnost`", Aleksej
Simonov, stellte 1996 in einem Vortrag über die Mediengesetzgebung
fest, dass die offizielle staatliche Vorzensur mit Ausnahme Azerbajdžans[1]
aus allen Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion verschwunden
sei: "Wir haben ein zivilisiertes Niveau erreicht. Zivilisierte
Umgangsformen zwischen den Mächtigen und der Presse zeichnen sich
dadurch aus, dass man statt einer umfangreichen, offiziellen Zensur
sechs Spielarten der Zensur kennt."[2]
Und er zählte auf: die "administrative Zensur" der Exekutive,
die Informationen zurückhält oder unterdrückt, die "ökonomische
Zensur" der staatlichen Organe und Administrationen, die als Gründer
/ Herausgeber von Massenmedien auftreten, die "kriminelle
Zensur" durch Erpressung und Überfälle auf Journalisten und
Redaktionen, die "Zensur der redaktionellen Ausrichtung" der
privaten Geldgeber und Anteilseigner, die politischen Einfluss ausüben
wollen, die "Zensur des redaktionellen Geschmacks" des
Chefredakteurs, der sich einer besonderen Linie verpflichtet fühlt, und
schließlich die aus alten Zeiten noch wohlbekannte
"Selbstzensur" der Journalisten, die sogenannte "Schere
im Kopf". Versteht
man unter dem Begriff "Zensur" jede Form von Inhaltskontrolle,
gleich, ob sie vorher oder nachher erfolgt und planmäßig oder
sporadisch ausgeübt wird, so ließe sich die Liste noch fortsetzen. Die
"Inflationierung des Zensurbegriffs" schärft aber
nicht das Bewusstsein zur Abwehr von Beeinträchtigungen der öffentlichen
Meinungsbildung durch die Träger öffentlicher Gewalt, die sich auf das
Gewaltmonopol des Staates stützen können.[3]
Die Definition der Zensur durch das Gesetz "Über die
Massenmedien" wirkt daher der willkürlichen Ausweitung des
Zensurbegriffs entgegen. Lediglich die staatliche oder dieser
gleichzusetzende Präventivzensur öffentlicher oder gesellschaftlicher
Vereinigungen ist schon per se verfassungswidrig. Alle anderen Eingriffe
in die Freiheitsrechte der Massenmedien, die nicht unter die gesetzliche
Definition der Präventivzensur fallen, sind dagegen nurmehr auf die
Frage hin zu überprüfen, ob sie ungesetzliche oder zumindest unverhältnismäßige
Eingriffe darstellen. b) Symbiose von Wirtschaft und Staat Unter
diesem Gesichtspunkt ist Simonovs Aufzählung von Spielarten der
"Zensur" von großer Bedeutung für die Beurteilung der
Medienfreiheit. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass in Rußland große
Privatunternehmen und halbstaatliche Gebilde entstanden sind, die es
Privatpersonen ermöglichen, unter Umständen effektiver und unauffälliger,
aber nicht weniger planmäßig als der Staat und manchmal sogar in
seinem Auftrag den Informationsfluss zu kontrollieren. Das staatliche
Gewaltmonopol ließ sich in Rußland bisher nicht mit der gleichen
rechtsstaatlichen Sicherheit durchsetzen wie in anderen osteuropäischen
Staaten;[4]
und weder die innerstaatliche Gewaltenteilung noch die Trennung oder
auch nur Unterscheidung staatlicher Mittel von privaten scheint bisher
funktioniert zu haben. Ein Ergebnis des staatlichen
Privatisierungsprogramms der Jahre 1992 - 94 war es, dass die Umwandlung
vieler großer Staatsbetriebe in juristische Personen des Privatrechts
lediglich formal vollzogen wurde und zu nichts weiter als zu
kommerzialisierten Staatsunternehmen führte. Im Vergleich mit
westlichen Ländern ist die "Symbiose von Business und
Politik"[5]
oft als der hervorstechendste Charakterzug der russischen
Medienlandschaft bezeichnet worden. Die Teilnahme Privater an der
staatlichen Medienkontrolle muss deshalb mit ins Auge gefasst werden. Der
größte Fernsehsender der RF zum Beispiel, nämlich der erste Kanal
("Ostankino"), der 1995 zur geschlossenen Aktiengesellschaft
ZAO "ORT" umgeformt wurde, gehört zwar zu 51% dem Staat (45%
Goskomimuščestvo, 3% ITAR-TASS, 3% TTC). Aber die privaten
Anteilseigner taten sich unter der Führung des Geschäftsmannes B.
Berezovskij (11% LogoVAZ, 8% Ob´edinennyj bank) zusammen und bestimmten
faktisch über Jahre hinweg die Unternehmenspolitik von ORT. Nach den
Worten von A. Kačkaeva scheint es ihnen öfter gelungen zu sein,
einen der drei staatlichen Aktionäre auf ihre Seite zu ziehen und so
die Entscheidungen des Staates zu blockieren.[6]
Selbst nachdem ORT auf Betreiben der Regierung in eine offene
Aktiengesellschaft umgewandelt worden war, ließ die Unternehmensleitung
eine für die privaten Anteilseigner günstige Satzung beschließen, die
nunmehr für die meisten Entscheidungen eine 2/3-Stimmenmehrheit
vorsieht. Und im Fall des zweiten Kanals RTR, der sich zu 100% in
staatlichem Eigentum befindet, wies A. Kačkaeva auf den
Interessenkonflikt hin, in dem sich der stellvertretende Vorsitzende der
staatlichen Medienholding M. Lesin befindet, weil er zugleich offen als
Miteigentümer der größten russischen "Reklameagentur" bzw.
des Vermarkters "Video International" auftritt.[7]
Auf eine diesbezügliche Nachfrage hin verteidigte sich Lesin
damit, dass die Interessen von VGTRK und "Video International"
während der nächsten zwei, drei Jahre sowieso zusammenfallen,
insbesondere bei der Lichtung und Koordinierung des Reklamemarktes. Umgekehrt
scheint es unter den Printmedien einige Privatunternehmen zu geben, die
sich staatlichem Einfluss nicht verschließen wollen oder können. Die
Aktien der ehemaligen Regierungszeitung "Izvestija" befinden
sich zwar schon seit längerer Zeit im privaten Besitz, unter anderem
ihrer eigenen Mitarbeiter. Als bestimmende Aktionäre traten jedoch seit
1997 die Ölgesellschaft "Lukojl" und die Oneximbank auf. Es
kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass der Staat als größter
Aktionär der "Lukojl" zumindest zeitweise seinen mittelbaren
Einfluss auf die Geschäfts- und Informationspolitik der
"Izvestija" geltend gemacht hat (siehe unten). Diese und
weitere Beispiele zeigen die vielfachen wechselseitigen Abhängigkeiten
zwischen staatlichen Stellen und privaten Unternehmern. Bei der
Untersuchung der Freiheit der russischen Massenmedien ist es somit
geboten, auf die Rolle der privaten Geldgeber und Anteilseigner näher
einzugehen - zumal sich gerade in den zentralen Printmedien Besitzverhältnisse
herausgebildet haben, die die Nach-Perestrojka-Zeit des Triumphes
relativ selbständiger Redaktionen und Journalistenkollektive ein für
alle Mal beendet haben. c) Anteilserwerb zur Stärkung wirtschaftlichen und politischen Einflusses Die
"Zensur der redaktionellen Ausrichtung", die Simonov erwähnte,
besteht in der Einflussnahme der Gründer, Eigentümer und Anteilseigner
der Medienunternehmen auf die Redaktionspolitik. Die Einmischung von außen
ist für die russischen Massenmedien offenbar zu einem akuten Problem
geworden. Seit 1992, und noch einmal verstärkt während und nach der
erfolgreichen Medienkampagne des Jahres 1996 zugunsten Präsident B. El´cins,
sind Banken und Rohstoffkonzerne in den Markt der zentralen Massenmedien
eingestiegen und haben investiert: eine Wohltat, die das Überleben
vieler Massenmedien sicherte und für pluralistische Vielfalt sorgte,
auch wenn man bedauern will, dass sich neue Abhängigkeiten bildeten.
Inzwischen nehmen eine ganze Reihe von Privatpersonen und privaten oder
nur halbstaatlichen Gesellschaften über ihre Rechte als Eigentümer
oder Anteilseigner mittels der ihnen gehörenden Massenmedien ihre
eigenen Interessen wahr. Es ist also nicht nur die regelmäßig vor den
Wahlen zu beobachtende Politisierung der Massenmedien, die zur Vernachlässigung
des Gebots objektiver, unverfälschter Berichterstattung führt, sondern
auch ihre täglich zu beobachtende Instrumentalisierung im Kampf mit den
wirtschaftlichen Interessen anderer großer Unternehmen. Offene
wie geschlossene Aktiengesellschaften bieten zudem die Möglichkeit,
Aktien zu erwerben, ohne die Verantwortung für die Leitung eines
Massenmediums übernehmen zu müssen.[8]
Verantwortlich ist immer der Vorstand bzw. der Generaldirektor der AG, während
die Aktionäre über die Führung der Gesellschaft Rechenschaft
verlangen können. Im Falle der weit verbreiteten geschlossenen
Aktiengesellschaft ist das Kapital zudem nicht breit gestreut, sondern
befindet sich üblicherweise im Besitz einiger weniger Großaktionäre.
Es liegt auf der Hand, dass sich infolge einer größeren
Kapitalbeteiligung und der entsprechenden Stimmrechte auf der Aktionärsversammlung
weitreichende Einwirkungsmöglichkeiten ergeben können. d) Politisierung und wirtschaftliche Fremdbestimmung der Massenmedien Der
verdeckten Einflussnahme Privater kommen schließlich noch einige
Besonderheiten des russischen Journalismus entgegen. Der Zeitungs- und
Nachrichtenstil geht zurück auf den früheren sowjetischen
Kommentierungsjournalismus. Im Unterschied zum westlichen Journalismus
verband sich in der Sowjetunion die objektive Berichterstattung mit
parteilicher Wertung, das heißt man vollzog ganz bewusst keine klare
Trennung zwischen einer Nachricht und der Meinung über sie.[9]
Dieser Stil erreichte in der Phase der Parteientstehung und der
zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft neue Dimensionen. Viele
Zeitungen verwandelten sich mehr oder weniger unverhüllt in politische
Kampfblätter gesellschaftlicher Vereinigungen und Parteien. Die
russische Presse wurde infolgedessen bunter, vielfältiger und,
insgesamt gesehen, auch pluralistischer, aber die Kehrseite der Medaille
bildete die häufig sehr eindeutige und einseitige Ausrichtung der
einzelnen Redaktionen. Als dann im weiteren Verlauf das finanzielle
Engagement von kapitalkräftigen Fremdfirmen immer notwendiger wurde, um
den Auswirkungen der Inflation, nämlich den steigenden Produktions- und
Vertriebskosten, zu begegnen, entstanden wirtschaftliche Abhängigkeiten,
die sich auch auf die redaktionelle Eigenständigkeit der Massenmedien
auswirkten. Heute fühlen sich kleine wie große Tageszeitungen,
Radioprogramme und Fernsehgesellschaften ihren jeweiligen Kapital- oder
Kreditgebern gegenüber gewissermaßen verpflichtet. Wenigstens scheinen
sie sich im allgemeinen kritischer Veröffentlichungen über ihre
Hausherren zu enthalten: "Sogar
die Journalisten, die versuchen, selbständig und kompromisslos ihre
Position zu bestimmen und die Nachrichten unabhängig zu interpretieren,
nehmen zu einem Thema gewöhnlich nur dann Stellung, wenn ihre Meinung
von dem Standpunkt des Eigentümers der Ausgabe nicht abweicht."[10] Und
nicht nur für Investitionen und Kredite, sondern auch im täglichen
Geschäft begannen die Massenmedien bald damit, nach besonderen zusätzlichen
Finanzquellen zu suchen. Denn obgleich der Werbemarkt seit 1991 beträchtlich
expandiert war, deckten die Einnahmen aus der offiziellen Werbung in der
Regel nicht den Finanzbedarf einer Zeitung - von den Erlösen aus den
Abonnements und dem Straßenverkauf ganz zu schweigen. Schleichwerbung
und Auftragsartikel wurden daher auch bei größeren Tageszeitungen
durchaus üblich;[11]
bei den elektronischen Massenmedien kamen noch in größerem Umfang
Verträge mit Sponsoren hinzu. Auftragsartikel werden inzwischen
allgemein als "zakazucha" oder Auftragsmaterial (zakaznoj
material) bezeichnet, und sie werden von vielen Journalisten als unumgänglich
angesehen, um ihnen und ihrer Zeitung regelmäßige zusätzliche
Einnahmequellen zu sichern.[12]
Schließlich
ist noch hinzuzufügen, dass nicht nur das Erbe des früheren
sowjetischen Kommentierungsjournalismus und die heutigen Finanznöte der
Massenmedien dazu geführt haben, dass die objektive
Nachrichtenvermittlung in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die von der
Regierung der RF seit 1992 vorangetriebene Privatisierung der
Staatsunternehmen und die Akkumulation von Kapital in den Sektoren
Handel und Banken bewirkten, dass eine Reihe von Großbanken und
Rohstoffkonzernen bald in die Lage versetzt waren, den Markt - und zwar
nicht nur den der Massenmedien, sondern überhaupt nahezu alle
lukrativen wirtschaftlichen Betätigungsfelder - unter sich aufzuteilen.
Die Grabenkämpfe, die die "Oligarchen" zu führen begannen,
verwickelten die Journalisten in Gerüchte, unzutreffende Darstellungen
und noch unzutreffendere Gegendarstellungen. Für unbeteiligte Zuschauer
bot das neue Gesicht des russischen Medienpluralismus einen verwirrenden
Anblick. Zu
einem Höhepunkt kam es, als der Staat im Sommer 1992 die Sperrminorität,
also 25 % der Aktien, der offenen Aktiengesellschaft "Svjaz´invest"
zum Verkauf anbot. Im Konzern "Svjaz´invest" konzentrierten
sich staatliche Anteile bedeutender Telekommunikationsfirmen Rußlands,
und die Prätendenten, in der Hauptsache Potanin (ONEKSIM-Bank),
Berezovskij (Ob´edinennij Bank) und Gusinskij (Most-Bank), kämpften um
den Zuschlag. Nachdem eine gewisse "Mustcom Ltd." die Aktien für
die ONEKSIM-Bank erworben hatte, machten die unterlegenen Konkurrenten
den Fall zum Presse-Thema Nr. 1 und bezichtigten die "jungen
Reformatoren" (A. Čubajs, B. Nemcov) sowie den damaligen
Leiter des Staatsvermögenskomitees A. Koch des einverständlichen
Zusammenwirkens mit Potanin. Der "Informationskrieg", der sich
daraufhin zwischen den Massenmedien der beiden Seiten entwickelte, fügte
dem Ansehen von Presse und Fernsehen im In- und Ausland schweren Schaden
zu. Ein Zitat aus einem russischen Journal belegt - stellvertretend für
alle anderen - den Vertrauensverlust, den die Medien hierdurch bei der
Bevölkerung erlitten: "Der
Skandal um "Svjaz´invest" hat leider gezeigt, dass die Eigentümer
der Mediengruppen sich zur Führung eines Informationskriegs im großen
Maßstab und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bereit fanden,
angefangen vom Unterschieben von Informationen und ihrer entstellenden
Interpretation bis hin zu offenen Schwindlereien. Natürlich ist das
nichts neues. Die Besitzer der Massenmedien waren immer bestrebt, ihr
Eigentum im politischen Ränkespiel und in geschäftlichen Intrigen
einzusetzen. Neu ist jedoch das Ausmaß der Manipulationen. Alle
zentralen Massenmedien, mit Ausnahme der VGTRK, zweier
Regierungszeitungen und einiger unabhängiger Ausgaben ("Argumenty
i fakty", "Kommersant" und "Soveršenno
secretno") werden auf die eine oder andere Weise von großen
Finanzgruppen kontrolliert, die entweder bestimmten politischen
Interessengruppen angehören oder aber selbst eigene politische
Interessen vertreten. So hat sich die Presse in eine Galerie von
Zerrspiegeln verwandelt, und nicht in einem von ihnen seht ihr das volle
oder wenigstens nicht ganz verdrehte Bild eurer Umwelt. (...) Heute
wissen wir es genau: Zehn krumme Spiegel ersetzen nicht einen einzigen
geraden." [13] Die
Einflussnahme privater und halbstaatlicher Fremdfirmen auf die
Massenmedien hat mithin wenige Jahre nach dem Ausklang der Perestrojka
bereits ein unübersehbares Ausmaß erreicht. In einem Gespräch über
Massenmedien und Politik meinte V. Gusinskij, der Gründer des größten
privaten Fernsehsenders NTV: "Die Politiker haben verstanden,
dass sie die Interessen der Finanzgruppen vertreten müssen, und nicht
umgekehrt."[14]
Und obgleich Gusinskij damit einen scheinbar natürlichen
Interessengegensatz impliziert, der jedoch gerade in Rußland nicht
besonders scharf ausgeprägt ist, bringt er damit die Rolle der
sogenannten "Oligarchen" auf den Punkt. Aufgrund ihres
Kapitals, ihrer Dominanz in den Massenmedien und ihrer
Beziehungen zu staatlichen Stellen sind die Vertreter großer russischer
Wirtschaftsunternehmen zur bedeutenden politischen Kraft geworden. P. Hübner
hat deshalb für den Bereich der zentralen Tagespresse die Frage
gestellt, ob die Banken und Rohstoffkonzerne als die neuen Zensoren Rußlands
fungieren. Zum einen geht es hierbei darum, ob die Fremdfirmen "die
Rolle einer regierungsamtlichen Medienkontrolle übernehmen"
wollen oder können.[15]
Zum anderen geht es aber auch ganz allgemein um die verschiedenen möglichen
Auswirkungen der Medienbeteiligungen auf die Pressefreiheit.[16] e) Fallbeispiel: Izvestija / Lukojl Ein
Anlass für die Fragestellung Hübners waren insbesondere die Vorgänge
um die Absetzung des Chefredakteurs der zentralen Moskauer Tageszeitung
"Izvestija", I. Golembiovskij. Das Schicksal der berühmten
ehemaligen Regierungszeitung begann sich schlagartig zu ändern, nachdem
in ihr am 1. April 1997 der Nachdruck eines Artikels über den damaligen
Premierminister V. Černomyrdin erschienen war, den die Pariser
Zeitung "Le Monde" zuvor veröffentlicht hatte. Die
kommentarlose Wiedergabe[17]
der dort geäußerten Mutmaßungen, Černomyrdin habe sein Vermögen
in den vier Jahren seiner Amtszeit um einige Milliarden Dollar vergrößern
können, führte binnen relativ kurzer Zeit zu beträchtlichen Veränderungen
bei der "Izvestija", insbesondere im Mitarbeiterstab. Im
August 1997 verließen die Zeitung über 30 Journalisten, darunter
einige sehr bekannte Politik-Kommentatoren, und sie gründeten zusammen
mit dem abgesetzten Chefredakteur der Izvestija die "Novye
Izvestija". Zuvor hatte die scheidende Redaktion der Regierung noch
vorgeworfen, mit Hilfe ihres wirtschaftlichen Einflusses die politische
Zensur im Stil der KPdSU wiederherstellen zu wollen. Ein genauerer Blick
auf das Geschehen zeigt jedoch, dass die Vorgehensweise von Lukojl nicht
ohne weiteres als Übernahme regierungsamtlicher Medienkontrolle
gewertet werden kann.[18]
Im folgenden werden deshalb, der Zusammenstellung von L. Belin folgend,[19]
die Ereignisse in zeitlicher Reihenfolge dargestellt: In
den ersten Jahren der Präsidentschaft B. El´cins führte die
"Izvestija" eine relativ stabile Redaktionspolitik. Man befürwortete
die wirtschaftlichen Reformen E. Gajdars und A. Čubajs, und der Präsident
erfreute sich der generellen Unterstützung der
"Izvestija"-Journalisten. Erst der gewaltsame Versuch, den
Tschetschenienkonflikt zu lösen, rief eine härtere Kritik an der
Regierung B. El´cins hervor. Als Höhepunkt der Auseinandersetzung mit
dem Regime des Präsidenten galt der Offene Brief des Vorsitzenden der
präsidentiellen Menschenrechtskommission S. Kovalev in der Izvestija
vom 24. Januar 1996. Er rief "alle anständigen Menschen" dazu
auf, in den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen gegen B. El´cin zu
stimmen und trat demonstrativ von seinem Amt als Kommissionsvorsitzender
zurück. Der bekannte "Izvestija"-Kommentator O. Lacis folgte
diesem Beispiel und schied ebenfalls aus einer präsidentiellen
Kommission aus. Der Verlauf des Wahlkampfes, der im Februar 1996 begann,
ließ jedoch keinen Zweifel an der grundsätzlichen Loyalität der
Zeitung zum Präsidenten. Angesichts der einzigen aussichtsreichen
Alternative, mit G. Zjuganov (KPRF) den Kandidaten einer erklärtermaßen
pressefeindlichen Partei ins Amt zu wählen, propagierte die
"Izvestija" wie viele andere Massenmedien auch (u.a. NTV) die
Wiederwahl B. El´cins. Die Kritik am Präsidenten lebte indessen im
Herbst 1996 wieder auf, nachdem er die Wahl gewonnen hatte und seine
gesundheitlichen Probleme nicht mehr verschwiegen werden konnten. Im
November 1996 erwarb die Ölgesellschaft "Lukojl", deren größter
Aktionär die RF ist (damals 36 % der Anteile), ein bedeutendes
Aktienpaket der "Izvestija" (etwa 20 % der Anteile).
Chefredakteur Golembiovskij erklärte, das Geschäft würde der Zeitung
Kapital für Investitionen zuführen, ohne die Redaktionsfreiheit zu
beeinträchtigen. Am 1. April 1997 erschien in der Izvestija der besagte
"Le Monde"-Artikel, der den Premier mit dem schweren Vorwurf
belastete, sein Vermögen in den vier Jahren seiner Amtszeit von 28 Mio.
auf ca. fünf Mrd. US-$ vergrößert zu haben. Ein Regierungssprecher
dementierte diese Meldung noch tags darauf, und der Präsident der
"Lukojl", V. Alekperov, beklagte sich heftig, der Artikel habe
dem guten Ruf seiner Gesellschaft geschadet, weil die Leser der
Izvestija nun annehmen müssten, "Lukojl" führe eine
Pressekampagne gegen Černomyrdin. Zugleich deutete er an, dass
"Lukojl" die "Izvestija"-Aktien evtl. verkaufen würde
(inzwischen 41 % der Anteile) und sich nach besseren Investitionsmöglichkeiten
umsehen wolle. Die Antwort der "Izvestija", die dieser unverhüllten
Drohung folgte, ließ jedoch nicht die Bereitschaft erkennen, klein
beizugeben. Ein Leitartikel der Redaktion vom 15. April 1997 warf der
Regierung politische Zensur mittels der halbstaatlichen
"Lukojl" vor, und am 17. April behauptete die
"Izvestija", dass "Lukojl" danach trachten würde,
die früheren Vereinbarungen über die redaktionelle Selbständigkeit
der Zeitung zu brechen und ihre führenden Journalisten ersetzen zu
wollen. Ein weiterer Artikel von S. Kiselev und ein an Präsident B. El´cin
gerichteter Aufruf zur Verteidigung der Pressefreiheit, noch dazu von
mehr als einem Dutzend anderer Chefredakteure unterschrieben, zeigte die
Entschlossenheit der "Izvestija"-Redaktion, ihre unabhängige
Position zu halten. Selbst als "Lukojl" auf einer vorzeitigen,
eigenmächtig anberaumten Aktionärsversammlung einen neuen AG-Vorstand
bestätigen ließ, der aus vier eigenen und drei "Izvestija" -
Vertretern bestand, gaben die Journalisten nicht auf. Sie riefen ein
Schiedsgericht an, das die Bestätigung des Vorstandes für ungültig
erklärte, und es gelang schon wenige Wochen später, ein größeres
Aktienpaket der "Izvestija" an die Ölgesellschaft
"Sidanko" zu veräußern, die ihrerseits durch die
"Oneximbank" kontrolliert wurde. Dabei verkauften viele
"Izvestija"- Mitarbeiter ihre Aktien weit unter Wert, denn es
ging ihnen darum, dass "Lukojl" nicht zum Mehrheitsaktionär
werden konnte. Die Redaktion nahm an, nun wieder einigermaßen freie
Hand zu haben, und veröffentlichte Vermutungen über kriminelle
Verbindungen leitender "Lukojl"-Angestellter sowie den
Vorwurf, Dank der Patronage des Premiers habe die "Lukojl" für
ihre hohen Steuerschulden keine Strafgelder bezahlt. Vom Abdruck
weiterer Artikel über "Lukojl" wurde erst abgesehen, als die
Firma einige Zugeständnisse machte und von ihrem bisherigen Kurs zunächst
abrückte, ganz offen die Abwechslung der Führungsspitze der Zeitung zu
betreiben. Im
Juni einigte man sich auf eine Friedenssatzung, die von der Redaktion
und den beiden Großaktionären der Zeitung, "Lukojl" (49,9%
der Anteile) und "Oneximbank" (50,9% der Anteile einschließlich
der Sperrminorität der "Izvestija"-Aktionäre u.a.) feierlich
unterzeichnet wurde. Diese "Charta" sah die Bildung eines
Vorstandes vor, der wiederum aus sieben Mitgliedern bestehen sollte:
drei aus dem Redaktionskollektiv und je zwei von den beiden Großaktionären.
Allein dem Redaktionskollektiv sollte das Recht vorbehalten bleiben,
Kandidaten für den Posten des Chefredakteurs zu benennen, die vom
Vorstand zu bestätigen sind. Vor allem aber bekräftigte die
"Charta" nochmals ausdrücklich die professionelle Selbständigkeit
des Redaktionskollektivs im Sinne des Gesetzes "Über die
Massenmedien". Die Journalisten riefen daraufhin ihren Sieg aus -
jedoch zu früh. "Lukojl" hielt sich nicht an die Vereinbarung
der "Charta" und bestand nach der Wahl des neuen Vorstandes
darauf, dass auch die beiden Großaktionäre je einen Kandidaten für
den Posten des Chefredakteurs aufstellen dürfen. Einer der drei
Kandidaten sollte dann zum Chefredakteur gewählt werden. Außerdem
sollten von nun an die Funktionen des Präsidenten der AG und des
Chefredakteurs der Zeitung getrennt werden. Am 4. Juli 1997 setzte der
Vorstand den bisherigen Chefredakteur I. Golembiovskij ab und entschied,
dass die Journalisten der "Izvestija" die Kandidaten wählen
und der Vorstand einen der drei erfolgreichsten Kandidaten zum
Chefredakteur bestimmen werde. Der scheidende Chefredakteur
Golembiovskij revanchierte sich noch kurz vor seiner Entlassung, indem
er einen Artikel von L. Krutakov veröffentlichte, der A. Čubajs
beschuldigte, im Februar 1996 als Mitglied der Regierung einen zinslosen
Kredit der Stoličnyj Bank aufgenommen zu haben. Am
18. Juli bestellte der Vorstand den bisherigen Stellvertreter des
Chefredakteurs V. Zacharko zum neuen Chefredakteur der
"Izvestija". Noch vor der Bekanntgabe seiner Ernennung
berichtete A. Kačkaeva (Radio
Free Europe / Radio Liberty), dass die meisten "Izvestija" -
Journalisten vom Vorgehen der beiden Großaktionäre enttäuscht seien
und sich nur geringe Hoffnungen auf eine unabhängige Redaktionspolitik
machen würden. Die Berichterstattung der "Izvestija" über
die großen Privatisierungskonflikte um "Svjazinvest" und
"Norilsk Nickel" im Sommer 1997 zeigten auch tatsächlich eine
der Oneximbank günstige Tendenz, bis auf einige Kommentare von
Journalisten, die sich offenbar schon darüber im klaren waren, dass sie
aus der "Izvestija" ausscheiden würden. Insgesamt verließen
im August 1997 mehr als 30 Journalisten die Zeitung, und viele von ihnen
beteiligten sich am Projekt Golembiovskijs, die "Novye
izvestija" aufzumachen. Schon im Oktober 1997 gelang es, mit der
finanziellen Unterstützung von Berezovskijs LogoVAZ-Gruppe die
Pilotausgabe herauszubringen. Die redaktionelle Unabhängigkeit der
"Novye izvestija" wurde jedoch bald darauf in Frage gestellt,
als L. Krutakov behauptete, er sei wegen eines kritischen Artikels über
Berezovskij, der in der Tageszeitung "Moskovskij komsomolec"
erschien, von der Zeitung "Novye izvestija" entlassen worden.
Wie auch immer - die "Novye izvestija" fuhr jedenfalls
insbesondere damit fort, diffamierende Artikel über "Lukojl"
und die "Oneximbank" zu verbreiten. Wie A. Sambuk berichtet,
tauchten in der "Novye izvestija" wiederholt "kritische
Reportagen über soziale und ökologische Verwüstungen an Orten auf, wo
Lukojl Öl fördert. Die Ölunternehmen Berezovskijs waren Konkurrenten
von Lukojl."[20] f) Bewertung des Falles Der
Konflikt zwischen dem Redaktionskollektiv der "Izvestija" und
dem Großaktionär "Lukojl" ging somit letzten Endes zugunsten
des Großaktionärs aus. Die beabsichtigte Auswechslung der Führungsspitze
der "Izvestija" konnte durchgesetzt werden, wenn auch zu einem
hohen Preis. Viele gute Journalisten verließen die
"Izvestija", und die Firma "Lukojl" verlor ihren
guten Ruf. Die Artikelreihe über Geschäftsinterna der
"Lukojl" und über ihre Vorgehensweise gegenüber der unabhängigen
Redaktion einer berühmten Zeitung haben ihrem Ansehen bleibenden
Schaden zugefügt. Lange Zeit nach dem auslösenden Artikel über den
Premierminister spitzte sich der Konflikt noch einmal so dramatisch zu,
dass man die personellen Veränderungen bei der "Izvestija"
nicht mehr in Zusammenhang mit einer zensurähnlichen Maßnahme der
Regierung setzte, sondern sogar von einem "Eingriff kriminell
infiltrierter wirtschaftlich-politischer Interessengruppen"
sprach.[21]
Neutral ausgedrückt handelte es sich jedoch um den gewöhnlichen Fall,
dass die redaktionelle Führung einer Zeitung sich ahnungslos
finanzielle Unterstützung ins Haus holt, die sich später als gegen die
redaktionelle Linie gerichtet erweist.[22]
Ein Verstoß gegen das gesetzliche Verbot der Präventivzensur ist dabei
nicht feststellbar. Zunächst bleibt festzuhalten, dass der Abdruck des
"Le Monde"- Artikels ungehindert veröffentlicht werden
konnte. Ebenso war es möglich, dass auch nach der verärgerten Reaktion
von Černomyrdin und "Lukojl" in der "Izvestija"
weiterhin mehrere enthüllende Artikel zum Nachteil dieser Gesellschaft
erschienen. Die
Frage, ob "Lukojl" als Anteilseignerin die Rolle der früheren
regierungsamtlichen Medienkontrolle bzw. die Rolle staatlicher Zensoren
übernahm, ist also umzuformulieren in die Frage, ob "Lukojl"
gleichsam als Werkzeug der Regierung die Freiheitsrechte der
Massenmedien verletzt hat und sich diese Rechtsverletzung wie ein
staatlicher Eingriff darstellt. Hierauf eine Antwort zu geben ist wegen
des weiteren Konfliktverlaufs nach dem Erscheinen des Sensationsartikels
über den Premierminister schwierig. Im Vordergrund der
Auseinandersetzungen scheint schon bald das Verhältnis zwischen der
Zeitung und ihrem Großaktionär "Lukojl" selbst gestanden zu
haben, und es ist nicht auszuschließen, dass "Lukojl" nicht
so sehr unter staatlichem Druck stand, als vielmehr aus eigenem Antrieb
die personellen Veränderung bei der "Izvestija" durchsetzen
wollte, um sich nicht weiter kompromittieren zu lassen. Als Großaktionär
hatte "Lukojl" außerdem jederzeit das Recht, mit den dafür
zur Verfügung stehenden gesetzlichen Mitteln auf eine Umbesetzung der
Zeitungsredaktion hinzuwirken. Die endgültige Ablösung des
Chefredakteurs erfolgte nicht sofort, sondern erst nachträglich im Juli
aufgrund der Beschlüsse einer außerordentlichen Aktionärsversammlung,
die eine Satzungsänderung und die Neubesetzung des Direktorenrates der
AG zur Folge hatte. An diesen Entscheidungen waren neben
"Lukojl" auch die "Oneximbank" und die
"Izvestija" selbst beteiligt. Andererseits
ist der wirtschaftliche Einfluss des damaligen Premiers und ehemaligen
Gazprom-Chefs Černomyrdin in Rechnung zu stellen. Die Ölgesellschaft
"Lukojl" konnte von einer entsprechenden Reaktion des großen
Energieunternehmens Gazprom empfindlich getroffen werden. Die
weitreichenden Einflussmöglichkeiten des Regierungsmitglieds und
ehemaligen Gazprom-Chefs entziehen sich jedoch der tatsächlichen Überprüfung,
und deshalb auch der rechtlichen Beurteilung. Der
"Izvestija"-Fall dient als Beispiel für die große
Vermischung von Industrieinteressen mit politischen Interessen, wie sie
sich in Rußland entwickelt hat. g) Einflussmöglichkeiten privater Anteilseigner Der
Einfluss der Anteilseigner von Massenmedien ist in der Regel darauf
begrenzt, im Falle eines Konfliktes über die Finanz- und
Personalpolitik des Unternehmens Druck auf die Redaktionen ausüben zu können.
Hierbei sind sie, wenn man einmal von illegalen Praktiken absieht, auf
die Steuerungsinstrumente angewiesen, die ihnen die Rechtsform des
Unternehmens bietet. Bei Aktiengesellschaften bedeutet dieses zunächst,
dass sie auf der Aktionärsversammlung ihre Stimmrechte wahrnehmen.
Hinzutreten kann die direkte Einflussnahme über den Aufsichtsrat oder
mittels des Vorstandes der Aktiengesellschaft, sie wird aber zumeist
wirtschaftliche oder personelle Fragen des Unternehmens betreffen, und
nicht konkrete inhaltliche Fragen, die in die Zuständigkeit der
Redaktion fallen. Sofern die Redaktion nicht selbst als Gründer eines
Massenmediums auftritt, ist die redaktionelle Leitung nach dem Gesetz
"Über die Massenmedien" von der wirtschaftlichen Führung des
Unternehmens getrennt (vgl. Art. 19). Legale Handlungsformen der
Einflussnahme auf die Redaktion wirken also grundsätzlich nachträglich,
sie stellen sich häufig als völlig legitime Ausübung der Eigentümerrechte
dar, und die Anteilseigner oder auch die von ihnen eingesetzten Vorstände
und Geschäftsführer der Medienunternehmen sehen sich dabei einer durch
das Gesetz "Über die Massenmedien" gestärkten, unabhängigen
Redaktion gegenüber. Es
ist möglich, dass der Chefredakteur als "Zensor" der
Anteilseigner fungiert, aber in diesem Fall wird er - zumindest bei den
größeren und angeseheneren Massenmedien - auf einige Schwierigkeiten
stoßen. Die Satzungen der meisten Printmedien schreiben vor, dass der
Chefredakteur von den Journalisten und Redakteuren der Zeitung gewählt
wird. Er hat ihre Interessen zu vertreten und nicht die der
Anteilseigner eines Medienunternehmens.[23]
Er wird es in der Regel ablehnen, als einseitiger Interessenvertreter
der Anteilseigner aufzutreten, da er damit im Zweifel seinen Ruf verlöre
und die Chancen seiner Wiederwahl verringern würde. Die Anteilseigner können
vielmehr aus naheliegenden Gründen selber daran interessiert sein, ihr
Massenmedium so unabhängig wie möglich erscheinen zu lassen. Auch in
Rußland gilt der Grundsatz, dass sich das Ansehen eines Massenmediums
nur mehren lässt, wenn es seine Fähigkeit und seinen Willen zu
objektiver Berichterstattung unter Beweis stellt. Strafmaßnahmen wie
diejenigen, die "Lukojl" durchführen ließ, sind in
Anbetracht der "Konkurrenzbedingungen des heutigen russischen
Medienmarktes kontraproduktiv".[24]
Nicht nur dem Image von "Lukojl", sondern auch dem Unternehmen
"Izvestija" und seinen weiteren Erfolgsaussichten hat es eher
geschadet als genützt, dass viele der besten Mitarbeiter die Zeitung
verließen und die "Novye Izvestija" aufmachten. Die
Gründungsfreiheit und die Vielzahl der Zeitungen und Fernsehprogramme,
die in der RF Verbreitung finden, bietet eine gewisse Garantie dafür,
dass die Leser und Fernsehzuschauer vergleichen, kritisieren und auswählen,
und dass sich auch die Massenmedien selbst untereinander kontrollieren
und im Wettbewerb zueinander stehen. Je eindeutiger das einzelne
Massenmedium von einem Großunternehmen allein beherrscht wird, umso
notwendiger ist eine ausgewogene, objektive Berichterstattung, will man
nicht die eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen. Vergleicht man die
heutige Situation mit dem Ende der Perestrojka, als einer großen Zahl
neuer, aber nicht überlebensfähiger Medienunternehmen die staatlichen
Massenmedien gegenüberstanden, so lässt sich sagen: Der Einstieg der
Banken und Rohstoffkonzerne in den Markt der Massenmedien hat überhaupt
erst die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass echte Angebotsvielfalt
entstanden ist und dass dem staatlichen Fernsehen und den regionalen
"Gouverneurszeitungen", die leicht dem starken Einfluss der
Exekutive unterliegen, eine nichtstaatliche Presse und private
Fernsehsender gegenüberstehen. Im
Ergebnis lässt sich deshalb festhalten: Anteilseigner und Großaktionäre
können zwar die Firmenpolitik ihres Medienunternehmens gestalten und
dessen politische Ausrichtung bestimmen, aber sie übernehmen derzeit
weder die Rolle einer "regierungsamtlichen Medienkontrolle",
noch stehen ihnen genügend rechtliche und tatsächliche Mittel zur Verfügung,
um im eigenen Interesse die Vor- oder Präventivzensur auszuüben. Die
Rußländische Föderation ist schlicht zu groß und ausländische
Informationsquellen sind viel zu sehr zugänglich, als dass es gelingen
könnte, den Informationsfluss wirksam zu kontrollieren. Die Zensur könnte
in der Regel nur innerhalb eines Medienunternehmens bzw. Medienkonzerns
wirken, sie würde von anderen Massenmedien konterkariert werden und
nicht zuletzt die Glaubwürdigkeit des eigenen Massenmediums spürbar
beeinträchtigen. Die starke rechtliche Unabhängigkeit der Redaktionen
engt den Handlungsspielraum der Eigentümer zudem bisher beträchtlich
ein. Für
die Printmedien wurde daher eine weitere "Spielart der Zensur"
entdeckt, nämlich die totale Konfusion, die durch das Entfachen eines
Informationskrieges entsteht und es für den normalen Bürger ohne
besondere Insiderkenntnisse unmöglich macht, wahres von unzutreffendem
zu unterscheiden. Das Fernsehen kann sich solche Verwirrung nicht
leisten. Hier kommt allenfalls das unauffällige Verschweigen oder
Unterbewerten von Ereignissen sowie eine gefärbte Darstellung der
Nachrichten in Frage. Im Rahmen der konzertierten Aktion, wie sie die Präsidentschaftswahlen
von 1996 darstellten, gerieten auch die großen Fernsehsender in Gefahr,
ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel zu setzen. Aber sie kamen dabei nicht
einmal in die Nähe der früher so üblichen staatlichen Zensur
sowjetischer Prägung. Bei ihnen war die gezielte Manipulation der
Fernsehzuschauer das wichtigste Mittel der Informationspolitik. Das
psychologisch geschickte Einwirken auf das Bewusstsein, insbesondere
auch das Unterbewusstsein der Bürger, ist jedoch nach wie vor eine
erlaubte Form des politischen Meinungskampfes. Sie stellt die politische
Urteilsfähigkeit der Bevölkerung auf die Probe, ist aber so lange
nicht zu beanstanden, wie es den politischen Gegnern solcher
Informationsfeldzüge möglich ist, in ausreichendem Umfang ungehindert
Stellung zu nehmen. Was
die Auswirkungen der Medienbeteiligungen von Fremdfirmen auf die
Pressefreiheit insgesamt angeht, so lässt sich keine eindeutige Aussage
treffen: Die zum Teil sehr konzentrierte Macht der Großbanken und
Rohstoffkonzerne sowie die zahlreichen Verflechtungen untereinander und
mit politischen Strukturen können die Unabhängigkeit der Massenmedien
überhaupt in Frage stellen. Voraussetzung wäre aber eine mehr oder
weniger verschworene Gemeinschaft, und nicht die zerstrittene
Gesellschaft Rußlands, in der jeder für sich um Einfluss ringt. Das
Ergebnis einer solchen Gesellschaft ist vielmehr eine pluralistische,
sich ständig verändernde Medienlandschaft. Das Kapital der privaten
Anteilseigner lässt sich zum Aufbau eigenständiger, insbesondere
nichtstaatlicher Strukturen in den Massenmedien nutzen. Dieser Aspekt dürfte
überwiegen, denn die wirtschaftlichen Führer des Landes gehen nicht
immer mit der politischen Führung konform, und die Regierung der RF
wird nicht in jedem Fall die sogenannten "Medienmagnaten" oder
"Oligarchen" unterstützen.
h) Fallbeispiel: ORT / Berezovskij [25] B.
Berezovskij bietet das bekannteste Beispiel für die vielseitige Rolle,
die die privaten Anteilseigner der Medienunternehmen aufgrund der Abhängigkeiten
zwischen Politik und Wirtschaft in Rußland spielen. Zugleich ist
Berezovskij jedoch ein Unikum, dessen politischer Einfluss bisher
beispiellos gewesen ist. Der Firmengründer von LogoVAZ und Großaktionär
von ORT wurde 1996 - nach den Präsidentschaftswahlen - zum
Stellvertretenden Sekretär des Sicherheitsrates des Präsidenten der RF
und 1998 zum Exekutivsekretär der GUS ernannt. Nach der Finanz- und
Bankenkrise des August 1998, die zentrale Großbanken schwer schädigte
und mit der Regierung E. Primakovs wieder Kommunisten ins Kabinett
gelangen ließ, schien sich abzuzeichnen, dass Berezovskij den Zenit
seiner Macht überschritten hatte. Im März 1999 setzte B. El´cin ihn
vom Posten des Exekutivsekretärs der GUS ab,[26]
und die Staatsanwaltschaft der RF nahm die strafrechtliche Verfolgung
Berezovskijs auf. Wie im Fall des Bankiers A. Smolenskij (SBS-Agro)
verliefen die Ermittlungen aber recht bald im Sand.[27]
Der Generalstaatsanwalt J. Skuratov geriet selbst unter Anklage und
musste im April 1999 abtreten.[28]
Mit der Entlassung des Premierministers E. Primakov im Mai 1999 hat
Berezovskij schließlich seinen gefährlichsten Feind verloren. Bei den
Vorbereitungen auf den kommenden Wahlkampf ist Berezovskij wieder als
Mitstreiter und Helfer auf der Seite des amtierenden Präsidenten B. El´cin
zu finden. Sein Einfluss bei der ORT erscheint ungebrochen. Im Sommer
1999 konnte er bei TV-6 seinen Kapitalanteil vergrößern und die
einflussreiche Tageszeitung "Kommersant Daily" unter seine
Kontrolle bringen.[29]
Zugleich entfachte er einen neuen "Informationskrieg", der -
anders als im "Svjazinvest"-Fall von 1997 - die Massenmedien
selbst zur Zielscheibe machte. Er ließ im ersten Fernsehprogramm ORT
Finanzierungsschwierigkeiten von NTV enthüllen und forderte zum
direkten Schlagabtausch mit V. Gusinskij heraus, dem Generaldirektor der
ZAO Media-Most, der seinerseits unerfreuliches über Berezovskij zu
berichten wusste. Wie
der italienische Medienunternehmer S. Berlusconi hat sich B. Berezovskij
offenbar dazu entschieden, die politischen Geschicke seines Landes
selbst in die Hand nehmen zu wollen.[30]
Spätestens seit den Präsidentschaftswahlen von 1996 war der
erfolgreiche Geschäftsmann zu einer unersetzlichen Stütze des Präsidenten
geworden. Auszüge aus einem Artikel A. Čelnokovs vom Anfang des
Jahres zeigen, dass der Rückhalt, den Berezovskij beim Präsidenten der
RF fand, womöglich auch negative Folgen für den Staat hatte. Die
offene Aktiengesellschaft "Öffentliches rußländisches
Fernsehen" (ORT) hat sich zu einem Unternehmen entwickelt, dessen Tätigkeit
weder ganz dem öffentlichen Interesse noch ausschließlich
privatunternehmerischen Interessen dient. Einerseits scheinen die
Reklamegewinne keineswegs nur der ORT selbst zugeflossen zu sein,
andererseits stimmt die politische Ausrichtung des Kanals, der aufgrund
seiner unübertroffenen Größe und Reichweite das wichtigste
Massenmedium der GUS darstellt, mit der des Präsidenten der RF
vollkommen überein.[31]
Für die vorliegende Arbeit kommt es nicht darauf an, ob alle im Artikel
mitgeteilten Tatsachen der Wahrheit entsprechen. Es interessiert
vielmehr die Tatsache, dass private Geschäftsmänner und Finanziers wie
Berezovskij während der Präsidentschaft B. El´cins große Freiheiten
genossen haben und weit in staatliche Strukturen hinein Einfluss ausübten,
ohne ihrerseits von staatlicher Seite kontrolliert zu werden: "Es
stellt für niemanden ein Geheimnis dar, dass B. Berezovskij in den
letzten Jahren der unangefochtene Herr der ORT gewesen ist und auch
bleibt. Faktisch verfügt er selbst über etwa 16% der Aktien der
Fernsehgesellschaft; der Erwerb kostete ihn 320.000,- US-$.[32]
Indem er diese unverhältnismäßige Summe investierte, rechnete
Berezovskij nicht nur mit politischer, sondern auch mit durchaus spürbarer
finanzieller Dividende. Sein Kalkül ging auf: Nach der Schätzung
einiger Experten betrug der durch die Fernseh-Reklame erwirtschaftete
Gewinn allein im Jahr 1996 ca. 100 Mio. US-$.[33]
(...) Aber am meisten fürchten sie sich bei "Ostankino" vor
dem Finanzdirektor Arkadij Šalvovič Patarkacišvili, dem Protegé
Berezovskijs. Es ist das Verdienst von Patarkacišvili, dass er es
vermochte, bei ORT ein System zu etablieren, in dem es die Figur des
Generaldirektors der Gesellschaft nur dem Namen nach gibt. List´ev, der
es versuchte, die Leitung zu übernehmen, kam im Kampf mit diesem System
auf tragische Weise ums Leben. Diejenigen, die der Reihe nach an seine
Stelle traten, wie Blagovolin, Ponomarev sowie der jetzige Direktor Šabdurasulov,
denken anscheinend gar nicht daran, es ihm gleichzutun. Man lässt ihnen
nicht einmal die Illusion, über einige Spielkameraden zu befehlen, ganz
zu schweigen von der Leitung des Unternehmens. (...) Allein der
Reklamegewinn der ORT betrug vor der Krise um die 15 Mio. US-$
monatlich. Diese Gelder hätten bei weitem zur Finanzierung des
Unternehmens ausgereicht, aber nur ein Drittel gelangte zu dessen Verfügung.
Und es gab noch weitere Quellen des Gewinns. Der Verkauf von
Programmaufzeichnungen, die Verwaltung der Gastspiele, der Handel mit
Archivmaterial aus dem Videofonds usw. Ein großer Teil dieser Gelder
wurde an den Kassen vorbei abgezweigt, und es bleibt nichts übrig, als
zu raten, wohin. Auf den Schlüsselpositionen bei ORT plazierte
Patarkacišvili seine eigenen Leute: Im Sicherheitsdienst - Andrej
Lugovoj, in der Geschäftsleitung - Igor Baraban, bei der
verwaltungsjuristischen Direktion - Marieta Martirosova, in der
kommerziellen Direktion - Joseph Kay. Alle sind sie "Badri"
[Patarkacišvili, Anm. d. Verf.] auf irgendeine Weise verbunden. Den
einen rettete er aus dem Gefängnis, über den anderen besitzt er ein
umfangreiches "Dossier", und den Mann ausländischen Namens
nennt man seinen Verwandten. Diese Leute sind die Gründer der
Zwischenfirmen,[34]
denen ORT das Recht "überträgt", die kommerzielle Tätigkeit
der Gesellschaft zu führen. Mit ihrer Hilfe hält Patarkacišvili die
Situation des Kanals vollständig unter Kontrolle. (...) Den Schutzwall
zu durchschlagen, den "Badri" und "BAB" [Boris
Abramovič Berezovskij, Anm. d. Verf.] um ORT herum errichtet haben,
ist bisher niemandem gelungen, trotz der zahlreichen Versuche. Gelingt
dieses vielleicht Primakov?"[35] Ein
ähnliches Bild vom Finanzdirektor des ersten Kanals zeichnet A. Kačkaeva:
bei ORT habe man Patarkacišvili den "grauen Kardinal" und das
"Finanzgenie" genannt.[36]
Als während der Regierungszeit Primakovs die Gerichtsvollzieher, die
Steuerfahndung und die Staatsanwaltschaft aktiv wurden, verschlechterte
sich die Lage für Berezovskij dramatisch. Die Umwandlung der ORT von
einer geschlossenen in eine offene Aktiengesellschaft, die Finanzkrise,
das Verbot der Staatsduma, Aktien von ORT an Ausländer zu verkaufen,
die Entlassung Berezovskijs vom Posten des GUS-Exekutivsekretärs, der
Haftbefehl gegen ihn und die unfreundliche Berichterstattung über ihn
(sogar bei ORT) schienen das nahende Ende der politischen Schlüsselposition
Berezovskijs anzukündigen. Unter Berufung auf die Zeitung
"Kommersant Daily" weist A. Kačkaeva aber darauf hin,
dass die ORT-Aktien, die für den staatlichen Kredit von 100 Mio. US-$
als Pfand hingegeben wurden, gerade nicht von LogoVAZ stammen, sondern
zu gleichen Teilen vom Bankenkonsortium und vom staatlichen
"Televisions-Technik-Zentrum" (TTC) und ITAR-TASS. Außerdem
wurden weder der 65-seitige Antikrisenplan, auf dessen Grundlage der
Kredit vergeben wurde, noch das präsidentielle Dekret über den Kredit
veröffentlicht. Zahlt ORT den Kredit nicht wie vorgesehen innerhalb
eines Jahres zurück, dann stehen die verpfändeten Aktien (Aktienanteil
12,5 %) insgesamt zum Verkauf - und könnten, wie A. Kačkaeva
meint, vor allem das Interesse B. Berezovskijs wecken. Die
angeführten Stellungnahmen zeigen, wie vieles auf dem Markt der
Massenmedien im Dunkeln liegt. Zugleich ist aber auch offensichtlich,
dass die staatliche Gewalt am gegenwärtigen Zustand der Massenmedien
nicht unbeteiligt ist. Transparenz ist auf dem russischen Medienmarkt
bisher ein Fremdwort gewesen. Im allgemeinen legen selbst die größeren
zentralen Massenmedien keine ordnungsgemäßen Jahresabschlüsse vor,
noch machen sie Angaben über ihre Einnahmen und Ausgaben, ihre
Beteiligungsverhältnisse usw. ORT steht hinsichtlich der
Undurchsichtigkeit interner Unternehmensvorgänge nicht alleine: "Der
Gerechtigkeit halber ist anzuerkennen, dass die Leiter und Eigentümer
der zentralen Massenmedien in den letzten zwei Jahren offener geworden
sind, dass sie über die organisationsrechtliche Form ihres Unternehmens
Angaben machen, über die Zusammensetzung der Aktionäre und über die
Anzahl der Aktien. Sie reagieren auch weniger empfindlich auf Fragen über
Einnahmen, über die Rentabilität, die Gewinne, über Reklameverträge;
dennoch ändert alles dieses nichts an der Tatsache, dass mitunter auf
die unschuldigste Frage die Worte "Geschäftsgeheimnis" oder
"vertrauliche Informationen" erklingen. Überragende Bedeutung
kommt in diesem Fall dem Umstand zu, wer fragt und weshalb er fragt,
welcher Grad des Vertrauens besteht. Fast alle Manager nehmen sich vor
überprüfenden Organen in acht und trauen ihnen nicht über den Weg,
sei es der Rechnungshof, sei es die Steuerfahndung, denn hinter der
Mehrzahl auditorischer Nachprüfungen sehen sie einen "politischen
Auftrag" oder die "Begleichung alter Rechnungen" seitens
ihrer Konkurrenten. Manchmal sind diese Befürchtungen leider nicht
unbegründet. Nur einer der "Oligarchen" - Vladimir Gusinskij
- erklärt rundheraus, dass er die Jahresabschlüsse der Gesellschaft
nicht als Geheimnis betrachtet und beabsichtigt, sie zu veröffentlichen.
Für ihn ist es von grundlegender Bedeutung, dass sich alle
Gesellschaften der "Media-Most"-Gruppe dem Audit nach
westlichen Maßstäben unterziehen."[37]
Aus diesem Grund soll 1999 zum ersten Mal der Jahresabschluss der "Media-Most"- Holding veröffentlicht werden. Von der zunehmenden Transparenz des rußländischen Medienmarktes hängt es ab, ob das - noch zu entwerfende - spezielle "Antimonopolgesetz" für den Medienbereich erfolgreich angewendet werden kann. [1]
Vgl. Y. Lange (1997), Media in the CIS, S. 57 / 58: Seit 1993 wurde
in Azerbajdan die staatliche Vorzensur ausgeübt. Tageszeitungen benötigten
zur Veröffentlichung einer Ausgabe zwei Unterschriften. Die
Massenmedien unterlagen vollständiger staatlicher Kontrolle. Im
August 1998 ließ Präsident H. Aliev zumindest die formelle Zensur
wieder aufheben. - Neben Azerbajdan zählen Turkmenistan,
Uzbekistan, Tadikistan und Belarus zu den GUS-Ländern mit den
schlechtesten Bedingungen für eine freie, unabhängige
Berichterstattung durch die Massenmedien, vgl. die Rangliste bei Y.
Lange, aaO. S. 25 / 26.) [2]
A. Simonov (1996), Zakonodatel´stvo o SMI v posttotalitarnych
gosudarstvach i nekotorye rezul´taty praktičeskogo
primenenija, in: Medunarodnyj seminar "Koncepcija zakonodatel´stva
o sredstvach massovoj informacii dlja posttotalitarnych
gosudarstv". [3]
H. - W. Stuiber (1998), Medien in Deutschland, Band 2, Rundfunk, 1. Teil,
S. 483. [4]
Vgl. D. N. Jensen (1998), How Russia Is Ruled - 1998, Radio Free
Europe / Radio Liberty, insbes. Kapitel IV. Institutions of
Government. [5]
Centr "Pravo i sredstva massovoj informacii" / A. Kačkaeva
(1999), Rossijskie sredstva massovoj informacii: k voprosu o
koncentracii i prozračnosti SMI v Rossii (1999), Teil 2,
"Osobennosti rossijskich "media-imperij". [6] Centr "Pravo i sredstva massovoj informacii" / A. Kačkaeva,
aaO. Teil 2, "Imperija Borisa Berezovskogo". [7] Centr "Pravo i sredstva massovoj informacii" / A. Kačkaeva
(1999), aaO. Teil 2, "`Gosudarstvennye´ SMI". [8]
Die meisten privaten Medienunternehmen sind als geschlossene Aktiengesellschaften
organisiert. Nach Art. 97 des Bürgerlichen Gesetzbuches der RF (Graždanskij
kodeks RF) unterscheidet sich die geschlossene Aktiengesellschaft
von der offenen dadurch, daß der Erwerb von Aktien in jedem Fall
der Zustimmung der anderen Aktionäre bedarf, eine kapitalmäßige
Beteiligung an der Gesellschaft also nicht gegen den Willen der
schon vorhandenen Anteilseigner möglich ist. Außerdem sollen sich
an einer geschlossenen Aktiengesellschaft nicht mehr als 50 Aktionäre
beteiligen. Die geschlossene Aktiengesellschaft ist in vielen Fragen
einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Rechtsform in
der RF erst später gesetzlich geregelt wurde, sehr ähnlich. [9]
Vgl. E. Geißlinger (1997), Zwischen Putsch und Preissteigerung,
Russische Medien auf dem Weg vom "alten" zum
"neuen" Journalismus, in: Publizistik, Heft 3 (Sept. 97),
S. 346 (351). [10]
Ivan Zasurskij (1998), "Predstavljajut li rossijskie SMI ugrozu
dlja obščestva?", in: Russkij urnal vom 06.01.98. [11]
Vgl. A. Pankin (1999), The Anatomy of Zakazukha - A practical guide
to hidden advertising in Russian media, in: Transitions February
1999, S. 48 (49): "Die verdeckte Werbung erreichte das
"alle-tun-es-doch"-Niveau im Jahr 1992, als die meisten
russischen Nachrichtenorganisationen herausfanden, daß ihre Budgets
- aufgestellt zu Zeiten des sowjetischen Zentralsystems von 1991 -
von der Inflation aufgefressen wurden, die die Einführung des
Kapitalismus begleitete." - Pankin nennt eine Preisliste von
1997 für die Zeitungen Izvestija, Moskovskij komsomolec,
Komsomolskaja pravda, Kommersant-daily, Moskovskaja pravda und Večernaja
Moskva. Sie liegen bei etwa 300 bis über 1.000,- U.S.-$ pro
gedruckte Seite. [12]
Vgl. E. Geißlinger (1997), aaO. S. 346 (350).
[13]
Ivan Zasurskij (1998), aaO. [14]
I. Maryniak, Interview mit V. Gusinskij - The man with the Most
money, in: Index on Censorship 4 / 95, S. 25 (29). [15]
P. Hübner (1998), Pressefreiheit in Rußland, Großaktionäre als
Zensoren? S. 26 ff. [16]
P. Hübner (1998), aaO., S. 33 ff. [17]
Nicht nur für eigene Behauptungen, sondern auch für diejenigen
Dritter müssen die Medien nach dem Prinzip der Verbreiterhaftung
einstehen, jedenfalls dann, wenn eine eindeutige Distanzierung von
der wiedergegebenen Behauptung unterbleibt; vgl. Art. 129 UK RF,
Kleveta (= Verleumdung). [18]
Vgl. P. Hübner (1998), aaO., S. 28 - 31. [19]
L. Belin (1997), Politicization And Self-Censorship In The Russian
Media, Appendix 2: Changes in Editorial Policy And Ownership At
"Izvestija". [20]
A. Sambuk (1998), Im Netz der Interessen, S. 18 (19), in:
ZEIT-Punkte Nr. 5 / 98, Rußland am Abgrund - Staat und Wirtschaft
in der Krise. [21]
P. Hübner (1998), aaO., S. 33. [22]
L. Belin (1997), aaO., Kapitel "How Financial Dependence Slants
News Coverage". [23]
Im "Izvestija" - Fall gingen die Anteilseigner daher zunächst
so vor, daß sie die Funktionen des Chefredakteurs und des leitenden
Direktors der AG trennten und die Führung der Aktiengesellschaft
ihren Gefolgsmännern überließen. [24]
P. Hübner (1998), Pressefreiheit in Rußland, Großaktionäre als
Zensoren? - In
den entfernteren Regionen der RF herrschen zwar keine vergleichbaren
Konkurrenzbedingungen wie in Moskau oder St. Petersburg, aber dort
ist bisher auch weniger der Einfluß von Großaktionären als die
Vormacht der Administrationen ein Problem für die Pressefreiheit. [25]
Vgl. das Porträt von E. Siegl (1999), Ich kann auf meinen Ruf
spucken - Boris Abramovitsch Beresowskij, die graue Eminenz im
Kreml, in: FAZ vom 4.9.1999, S. 17. [26]
Die eigenmächtige Absetzung durch den Präsidenten der RF ließ
sich nachträglich durch die Zustimmung der weiteren GUS-Mitglieder
bestätigen. [27]
Vgl. S. Plužnikov / S. Sokolov (1999), Operacija sbs - Kak
oligarchi razvalivajut svoi ugolovnye dela, in: Soveršenno sekretno
No 6, 1999, S. 10 - 13. [28]
Der Föderationsrat stimmte der eigenmächtigen Absetzung durch den
Präsidenten der RF nicht zu, sondern wandte sich an das
Verfassungsgericht. - Vgl. National´naja sluba novostej (NNS),
Archivy: Krizis vlasti-99, Čast´ I, Chronika otstavki general´nogo
prokurora J. Skuratova. [29]
Vgl. F. Fossato / A. Kačkaeva (1999), Rossijskie informacionnye
imperii, versija V, unter: "Biznes - TV6" und
"Kommersant" (Stand: Juli 1999). [30]
Als Exekutivsekretär der GUS war Berezovskij eine Art
"internationaler Beamter", der aber der Regierung der RF
keine Weisungen erteilen konnte. [31] Vgl. Centr "Pravo i sredstva massovoj informacii" (1998):
Televidenie i presidentskie vybory, Kapitel 13: "Vyvody". [32]
Vgl. E. Rykovceva (1999), aaO., die I. Šabdurasulov zitiert:
"Berezovskij kontrolliert nicht das nichtstaatliche
Aktienpaket! LogoVAZ besitzt wie bisher 11 % der ORT-Aktien. 38 %
sind im Besitz des ORT-Bankenkonsortiums, das ist eine juristische
Person, die andere nichtstaatliche Aktionäre vereinigt. Dieses
Konsortium hat einen Präsidenten, dem die Verwaltung der Aktien
anvertraut ist (Prokura). Und sein Nachname lautet nicht
Berezovskij." [33]
Vgl. E. Rykovceva (1999), aaO., Zitat Lisovskij, Leiter von
"Prem´er SV": "Als sich in den Jahren 1992/93 der
inländische Reklamemarkt bildete, haben die westlichen Agenturen
uns keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Deshalb konnten wir
selbst mit den ausländischen Auftraggebern Verträge schließen und
anfangen, eigenständig zu arbeiten - das gab es in keinem anderen
osteuropäischen Land! Später begriffen die westlichen Agenturen
ihre Fehler nur zu gut und versuchten seitdem, unseren Markt zu
erobern. Jedoch vergebens. In diesem Moment, da die Krise uns sehr
schwächt, können sie ihren Angriff erneuern, und es ist durchaus möglich,
daß sie uns starke Klienten wegnehmen." [34]
Zum Beispiel die geschlossene Aktiengesellschaft ZAO "ORT-Reklama". [35]
A. Čelnokov (1999), A i B sideli na igle - Načalsja novyj
etap borby za vlijanie na naši umy, in: "Soveršenno
sekretno" No 1, 1999, S. 5 / 6 (Übers. d. Verf.).
Vgl. M. Rostovskij / I. Filatova (1999), Chit telesezona:
Černye polosy - Iz-za političeskich intrig goluboj ekran
moet pogasnut´, in: "Moskovskij komsomolec" No.8
(18.018), 16.01.1999: Primakov drohte der ORT mit einer
Totalrevision durch das Finanzministerium; ORT kündigte im Gegenzug
zeitweilige schwarze Bildschirme an. Aus dem schwelenden Konflikt
entwickelte sich ein offener Kampf des "Oligarchen" mit
der Regierung, vgl. auch A. Chinštejn (1999), "Lovis´, BAB,
bol´šoj i malen´kij", in: Moskovskij komsomolec No. 22,
05.02.1999, S. 1. [36]
Centr "Pravo i sredstva massovoj informacii" / A. Kačkaeva
(1999), Rossijskie sredstva massovoj informacii: k voprosu o
koncentracii i prozračnosti SMI v Rossii (1999), Teil 2:
"Imperija Borisa Berezovskogo". [37] A. Kačkaeva (1999), aaO. Teil 2, "Ob´ektivnye dannye o rynke
central´nych SMI" (Übers. d. Verf.).
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