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6. Akkreditierung der Journalisten bei staatlichen Organen und Einrichtungen

 

Das Massenmediengesetz enthält eine grundlegende Bestimmung über die Akkreditierung,[1] die den Redaktionen das Recht gewährt, die Anerkennung ihrer Journalisten als bevorzugte Pressevertreter bei staatlichen Organen und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Vereinigungen zu beantragen (Art. 48 Abs. 1). Diesem Recht korrespondiert allerdings keine Pflicht der von staatlicher Seite eingerichteten Pressedienste, dem Antrag zu entsprechen. Die staatlichen Organe und Einrichtungen stellen selbst ihre eigenen Akkreditierungsregeln auf und wachen über deren Einhaltung (Art. 48 Abs. 2). So existieren in den Regionen Rußlands unzählige Regelungswerke mit vielen, nicht immer rechtmäßigen Sondervorschriften.[2] Die Journalisten haben sich grundsätzlich an diese Vorschriften zu halten, um der einmal gewährten Akkreditierung nicht wieder verlustig zu gehen. Nach dem Gesetz "Über die Massenmedien" darf die Akkreditierung nicht nur bei einer Regelverletzung, sondern auch bei einer den Tatsachen nicht entsprechenden Berichterstattung des betreffenden Journalisten wieder aberkannt werden, sofern sie die Ehre und Würde des staatlichen Organs oder der Einrichtung beeinträchtigt hat[3] und dieses durch eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung festgestellt wurde (Art. 48 Abs. 4). Abgesehen von diesen beiden durch föderales Gesetz festgelegten Fällen darf die Akkreditierung nicht ohne weiteres wieder entzogen werden, denn, wie bereits das Verfassungsgericht bekräftigte, stellt Art. 48 Abs. 4 eine erschöpfende Aufzählung der Gründe für die rechtmäßige Entziehung der Akkreditierung dar.[4]

 

Das Institut der Akkreditierung der Journalisten bei staatlichen Organen und Einrichtungen gereicht den Massenmedien nicht nur zum Vorteil. Die Einrichtung lässt sich unter Umständen auch dazu missbrauchen, unbequemen oder kritischen Journalisten die Akkreditierung zu versagen oder wieder zu entziehen, so dass sie nicht in den Genuss der hierdurch gebotenen Vorzüge kommen: Akkreditierte Journalisten haben das Recht, bei Pressekonferenzen, Versammlungen und öffentlichen Sitzungen bevorzugt zu werden, und die Pressedienste staatlicher Organe und öffentlicher Einrichtungen sind dazu verpflichtet, die betreffenden Journalisten über solche bevorstehenden Veranstaltungen zu informieren, sie mit Stenogrammen, Protokollen und anderen Dokumenten zu versorgen und überhaupt günstige Bedingungen für die Presseberichterstattung und Videoaufnahmen zu schaffen (Art. 48 Abs. 2 und 3).

 

a) Akkreditierungsregeln

 

V. Efremova und A. Ratinov sind der Auffassung, dass die Befugnis der staatlichen Organe und Einrichtungen, die Akkreditierungsregeln selbst aufzustellen, eine besondere Gefahr für die Pressefreiheit begründet: "Die vorhandenen Regelungen entsprechen jedoch in der Praxis bei weitem nicht immer den besagten [gesetzlichen] Anforderungen. Da die einschlägige Bestimmung des Gesetzes "Über die Massenmedien" überaus wortkarg ist und es keine allgemein anerkannten typischen Akkreditierungsregeln gibt, eröffnen sich viele Möglichkeiten der willkürlichen Normgebung, die  für die Freiheit des Wortes eine Bedrohung darstellen." [5] 

 

Sehr verbreitet ist die Gewohnheit, den Redaktionen ins Einzelne gehende Auskünfte über die Journalisten abzuverlangen, für die eine Akkreditierung beantragt wird, und zusätzliche Anforderungen zu stellen, wie zum Beispiel eine detaillierte Biographie, die Aufdeckung der Pseudonyme, ein Tätigkeitszeugnis oder den Nachweis einer geeigneten beruflichen Ausbildung.[6] Diese Übung der staatlichen Organe verletzt die verfassungsrechtlich geschützte Privatsphäre der Journalisten und stellt einen unzulässigen Umgang mit ihren persönlichen Daten dar. Auch werden häufig noch zusätzliche Genehmigungserfordernisse eingeführt, wie die Erlaubnis des zuständigen Beamten, Ton- oder Filmaufnahmen machen zu dürfen. Und schließlich erfindet man unter Verstoß gegen Art. 48 besondere Gründe für die Versagung oder Entziehung der Akkreditierung allzu kritischer Journalisten, um auf die rechtskräftige Gerichtsentscheidung verzichten zu können, die das Gesetz für diesen Fall vorschreibt. Zum Beispiel sehen die Akkreditierungsregeln bei der Regierung des Verwaltungsgebiets Jaroslavl vor, dass der Leiter des Pressedienstes die Akkreditierung eines Journalisten entziehen darf, der entstellende oder verfälschende Informationen über die Tätigkeit des Gouverneurs oder des Regierungsvorsitzenden verbreitet hat oder den Sinn ihrer Verfügungen und Verordnungen verdreht.[7] Die Akkreditierungsregeln des Parlaments der Republik Kalmykien verbieten es sogar ausdrücklich, Journalisten nichtstaatlicher Massenmedien zu akkreditieren.[8] Das Gesetz "Über die Massen­medien" der Republik Baškortostan variiert Art. 48 Abs. 4 und gestattet die Entziehung der Akkreditierung, falls der Journalist oder seine Redaktion Informationen verbreitet, die nicht der Wahrheit entsprechen oder die gesetzlichen Interessen der akkreditierenden Instanz beein­trächtigen.[9]

 

Solche und ähnliche regionale Gesetze und Akkreditierungsregeln verstoßen eindeutig gegen Art. 48 Abs. 4, der die Gründe für den Entzug der Akkreditierung abschließend aufzählt. Zur rechtmäßigen Einschränkung der freien Tätigkeit der Journalisten bedarf es außerdem gemäß Art. 1 und 5 des Gesetzes "Über die Massenmedien" immer eines föderalen Gesetzes, so dass sowohl die regionalen Gesetze der Föderationsrepubliken als auch die untergesetzlichen Akkreditierungs­egeln, die das Verhältnis der Presse zu den staatlichen Organen und Einrichtungen einseitig zum Nachteil der Redaktionen und Journalisten gestalten, rechtswidrig sind. Dennoch ist die Praxis einschränkender Akkreditierungsregeln gang und gäbe, und selbst die Abgeordneten der Staatsduma der RF haben nicht davor zurückgescheut, die Akkreditierung missliebiger Fernsehjournalisten von ORT aus anderen als den in Art. 48 genannten Gründen für einen Monat auszusetzen.

 

b) Beispiel: Staatsduma setzt Akkreditierung von Fernsehjournalisten aus

 

Verfügung

der Staatsduma der Bundesversammlung der RF

"Über die Aussetzung der Akkreditierung der Korrespondenten des Öffentlichen Rußländischen Fernsehens (ORT) bei der Staatsduma der Bundesversammlung"[10]

 

Die Staatsduma der Bundesversammlung der RF stellt eine der beiden Kammern des Parlaments der RF dar, des höchsten Organs der gesetzgebenden Gewalt. Die Abgeordneten der Staatsduma sind vom Volke gewählt worden. Jegliche Geringschätzung des Parlaments, umso mehr jegliche absichtliche Entstellung des Verlaufs ihrer beratenden Sitzungen über das eine oder andere Thema, wird in allen demokratischen Staaten aufs strengste unterbunden, und in einigen Staaten sogar strafrechtlich verfolgt.

 

Das öffentliche rußländische Fernsehen, das dem Volke zu dienen bestimmt ist und ihm objektive Information über alles, was im Lande vor sich geht, mitzuteilen hat, unternimmt ständig in aufdringlicher Weise das genaue Gegenteil. Jedes beliebige ernste, die Bevölkerung bewegende Thema, das in der Staatsduma erörtert wird, wird von ORT entweder gar nicht behandelt oder bis zur Unkenntlichkeit verdreht, sei es die schwierige Situation in den Subjekten der Rußländischen Föderation oder sei es die tragische Lage der Russen in der Republik Tschetschenien, seien es Gesetzesprojekte über die Pensionen und Mindestlöhne, die Notsituation der Lehrkräfte oder sei es die Korruption in den höchsten Organen der Staatsgewalt. Einzelne Phrasen aus den Reden der Abgeordneten der Staatsduma werden aus dem Zusammenhang gerissen und oft mit subjektiven Kommentaren bedacht, die das Wesen der Aussage pervertieren. All das geschieht einzig und allein zu dem Zweck, die Abgeordneten der Staatsduma und die Staatsduma insgesamt zu diskreditieren und den Fernsehzuschauern grundlegende Zweifel hinsichtlich der Frage einzu­flößen, ob es überhaupt notwendig ist, dass in der RF eine gesetzgebende Gewalt existiert.

 

Das Öffentliche Rußländische Fernsehen hat sich am 20. Februar 1997 mit der Ausstrahlung der Reportage des speziellen Korrespondenten P. S. Rjazancev über die Beratung eines wichtigen Gesetzesprojektes in der Staatsduma einer offenkundigen Fälschung schuldig gemacht. Die Fernsehzuschauer vernahmen die unpassendsten und zudem völlig aus dem Kontext gerissenen Repliken der Abgeordneten. Zugleich war der Kern der erörterten Frage überhaupt nicht erkennbar.  Das erörterte Gesetzesprojekt betrifft außerdem eine Frage, die alle Wähler, alle Bürger Rußlands zutiefst bewegt - das sittliche Wohlbefinden der Gesellschaft.

 

Die Staatsduma der Bundesversammlung der RF verfügt:

1. Die Leitung von ORT wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Diskreditierung der Staatsduma der Bundesversammlung der RF unzulässig ist.

2. Der Pressedienst der Staatsduma der Bundesversammlung der RF wird angewiesen, die Akkreditierung der Korrespondenten von ORT bei der Staatsduma der Bundesversammlung der RF für einen Monat auszusetzen.

3. Die vorstehende Verfügung tritt am Tag ihrer Annahme in Kraft.

 

Der Vorsitzende der Staatsduma

der Bundesversammlung

der Rußländischen Föderation                                G. N. Seleznev

Moskau, den 5. März 1997, N 1182-II GD.

 

Der Gerichtshof für informationelle Streitigkeiten beim Präsidenten der RF verurteilte die Vorgehensweise der Abgeordneten als Verstoß gegen Art. 48 Abs. 4 sowie als Verletzung des Grund­satzes der Gewaltenteilung.[11] Die vorübergehende Aussetzung der Akkreditierung bei nicht genehmer Berichterstattung ist im Massenmediengesetz nicht vorgesehen, denn sie würde ein Instrument staatlicher Zügelung der Journalisten bereitstellen und damit zur Nachzensur geradezu auffordern. Die Staatsduma darf sich außerdem nicht die Vollmachten eines Gerichtes anmaßen, indem sie die nach Art. 48 Abs. 4 erforderliche rechtskräftige Gerichtsentscheidung faktisch selbst trifft. Die Akkreditierungsregeln der Staatsduma vom 15. Dezember 1997 sehen daher dem Gesetz der RF "Über die Massenmedien" entsprechend nur noch die Entziehung der Akkreditierung nach rechtskräftiger Gerichtsentscheidung vor.

 

Im übrigen zeigt die vorstehende Verfügung der Staatsduma, in welcher defensiven Situation sich die Abgeordneten befinden: Man hegt die Befürchtung, der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden und im Bewusstsein der Bürger der RF zum überflüssigen Anhängsel der Staatsordnung zu degradieren. Wie bereits erwähnt, hat die Exekutive sogar in der Gesetzgebung, dem ureigensten Gebiet des Parlamentes, die Vorherrschaft übernommen ("Ukaskratie"). Hinzu kommt ein nicht zu unterschätzender Vorteil des Präsidenten der RF bei den zentralen Massenmedien. War die Fernsehberichterstattung über Präsident und Regierung kritisch, so ist sie über die Staatsduma oft katastrophal gewesen. Nicht nur die Schilderungen des parlamentarischen Lobbyismus und der Privilegien der Abgeordneten, sondern auch die tägliche Information über die Arbeit des Parlaments fiel bei einem großen Teil der Massenmedien sehr negativ aus. Das relativ frühe Entwicklungs­stadium, in dem sich die Parteien Rußlands befinden,[12] wirkt sich auch auf das Image der Abgeordneten aus. Ein weiterer Grund ist, dass die zentrale Presse in den zahlreichen Abgeordneten kommunistischer oder nationalistischer Ausrichtung seit jeher ihren Erzfeind erblickt hat. Die der Staatsduma gegenüber zum Ausdruck gebrachte grundsätzliche Missachtung stellt ein beträchtliches Problem für die friedliche und fruchtbare Zusammenarbeit von Presse und Staat dar.       

 

c) Beispiel: Rechtsanwendung in der Verwaltungsregion Primor´e

 

Auf einen Fall rechtswidriger Entziehung der Akkreditierung soll der Anschaulichkeit halber kurz eingegangen werden.[13] Der Leiter der Presseabteilung der Administration der Verwaltungsregion Primor´e setzte für sechs Monate die Akkreditierung des Korrespondenten der Zeitung "Kommersant´ Daily" für den fernen Osten D. Demkin aus, weil dieser die Vorschriften des Massenmediengesetzes verletzt hatte, die untersagten, die Rechte des Journalisten zu Zwecken der Verfälschung gesellschaftlich bedeutender Ereignisse zu missbrauchen (vgl. Art. 4 "Unzulässigkeit des Missbrauchs der freien Masseninformation" sowie Art. 51 "Unzulässigkeit des Missbrauchs der Rechte des Journalisten"). Die Akkreditierungsregeln der Region Primor´e lassen in diesem Fall die Entziehung der Akkreditierung durch die Presseabteilung aufgrund ihrer eigenen rechtlichen Beurteilung zu. Der diensthabende Polizist am Eingang des Verwaltungsgebäudes behielt einige Tage später die Akkreditierungskarte Demkins ein, ohne die gesetzlichen Formvorschriften über die Entziehung der Akkreditierung zu befolgen. Den tatsächlichen Anlass für diese Maßnahme gab ein Artikel Demkins, in dem unter anderem kundgetan wurde, dass die Bevölkerung der Region inzwischen die Nase voll hätte von den Streitereien der örtlichen Machthaber und längst die "Null-Lösung" unterstützen würde - die gleichzeitige Absetzung von Nazdratenko und Čerepkov.[14]

 

Demkin klagte gegen die Aberkennung seiner Akkreditierung beim Regionsgericht von Primor´e, das die Klage kurzerhand abschlägig entschied. Der Kläger wandte sich dann gemeinsam mit der Zeitung "Kommersant´ Daily" an das Richterliche Kollegium für bürgerliche Angelegenheiten des Obersten Gerichts der RF und beantragte die Revision der Klageabweisung. Die Revisionskläger konnten sich nunmehr auf prozessuale Erleichterungen berufen. Entsprechend Art. 6 des Gesetzes der RF "Über die gerichtliche Vorgehensweise gegen Handlungen und Entscheidungen, die die Rechte und Freiheiten der Bürger verletzen" obliegt es den staatlichen Organen und Bediensteten, deren beeinträchtigende Maßnahmen gerichtlich überprüft werden, die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens zu dokumentieren und zu beweisen. Das Richterliche Kollegium hob die Gerichtsentscheidung des Regionsgerichts von Primor´e aus rechtlichen Gründen auf, denn der Leiter der Presseabteilung konnte die Entziehung der Akkreditierung lediglich mit seiner persönlichen Auffassung von der Angelegenheit begründen. Außerdem stellte die Maßnahme keine gesetzlich zulässige Reaktion auf den angeblichen Rechtsmissbrauch des Journalisten dar. Gemäß Art. 59 des Gesetzes "Über die Massenmedien" kann die Verletzung der Art. 4 oder 51 nur strafrechtliche oder disziplinarische Konsequenzen haben, wobei die Sanktionen vom föderalen Gesetzgeber festzulegen sind und nicht durch die Regionsverwaltung von Primor´e. Zugleich entschied das Revisionsgericht, dass der Klage - deren tatsächliche Voraussetzungen zweifelsfrei feststanden - nunmehr stattzugeben sei, d. h. es erklärte die betreffenden Akkreditierungsregeln für rechtswidrig und setzte den Journalisten Demkin wieder in seine Rechte als akkreditierter Journalist ein. 

 

d) Ergebnis: Akkreditierung als Mittel der Zugangsbeschränkung

 

Obgleich das Institut der Akkreditierung lediglich die Arbeit der Presse und des Fernsehens erleichtern soll und die Gewährung der entsprechenden Vorteile durch staatliche Organe nicht bedeutet, dass die von der Akkreditierung ausgeschlossenen Journalisten keine Rechte hätten, an Pressekonferenzen, Versammlungen u.ä. teilzunehmen, lässt sich dennoch feststellen, dass sich die Akkreditierung als Mittel der Zugangsbeschränkung zu Informationen besonders gut eignet und gerne zu diesem Zweck eingesetzt wird.[15] Nur in wenigen Regionen der RF hat man die durch Art. 48 gebotene Gelegenheit, die Rechte der Journalisten und Redaktionen durch besondere Akkreditierungsregeln einzuschränken, ungenutzt verstreichen lassen. A. Voinov bewertet die regionalen Akkreditierungsregeln daher als Vorläufer des föderalen Gesetzes "Über die Ordnung der Berichterstattung über die Tätigkeit staatlicher Organe durch die staatlichen Massen­medien".[16] Dieses Gesetz macht den staatlichen Massenmedien besondere Vorschriften und unterwirft sie im Vergleich zu den privaten Massenmedien einer stärkeren administrativen Kontrolle (siehe sechstes Kapitel, unter 4.). Und die „Akkreditierungsregeln für die Vertreter der Massenmedien beim Apparat des Gehilfen des Präsidenten der RF S. V. Jastržembskij“, die nach der Gründung des „Rußländischen Informationszentrums“ anlässlich des zweiten Tschetschenien­konflikts eingeführt wurden, zeigen einmal mehr, wie sich das Institut der Akkreditierung von Journalisten bei staatlichen Organen missbrauchen lässt: Sie legen neben der Akkreditierung gleich auch die besonderen Bedingungen fest, die von den Journalisten bei ihrer Berichterstattung über Tschetschenien zu beachten sind, z.B. keine selbständigen Reisen durch das - faktisch, aber wiederum wie während des ersten Tschetschenienkonflikts nicht formell im Ausnahmezustand befindliche - Krisengebiet, keine Interviews mit Soldaten auf eigene Faust.[17] Diese Akkreditierungsregeln verletzen im übrigen nicht nur das Gesetz „Über die Massenmedien“, sondern sie stehen mit dem Gesetz „Über den Kampf mit dem Terrorismus“ auch auf einer unsicheren Grundlage. Die Regierung der RF wendet die Gesetze der RF – vorsichtig ausgedrückt – sehr flexibel an.

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[1] Akkreditieren (russ. akkreditovat´)oder beglaubigen bedeutet in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes, daß diplomatische Vertreter anderer Länder oder ausländische Korrespondenten vorgestellt und anerkannt werden, damit sie der zur Ausübung ihres Berufes notwendigen Rechte und Vollmachten teilhaftig werden. Später wurde auch die Begründung eines Status mit besonderen journalistischen Rechten gegenüber inländischen staatlichen Organen oder gesellschaftlichen Vereinigungen mit dem Wort Akkreditierung bezeichnet.

[2] Beispiele für regionale Akkreditierungsregeln staatlicher Organe enthält ZiP 32 (April 1997).

[3] Die frühere Zivilrechtsgesetzgebung der UdSSR ("Osnov graždanskogo zakonodatel´stva Sojuza SSR") stattete die Organisationen mit immateriellen Gütern wie der Ehre und Würde aus, das neue Zivilgesetzbuch der RF gewährt ihnen jedoch nur das Recht, ihren geschäftlichen Ruf zu schützen.

[4] Entscheidung des Verfassungsgerichts der RF vom 31. Juli 1995 ("Tschetschenienurteil"), in: Sobranie Zakonodatel´stva Rossijskoj Federacii - SZRF 1995, No. 33, St. 3424, Seiten 6293 - 6336 und No. 35, St. 3525, Seiten 6589 - 6592 (Urteilstext einschließlich der abweichenden Stellungnahmen von acht Verfassungsrichtern im Anhang).

[5] V. Efremova / A. Ratinov (1997), Smysl i bessmyslica akkreditacii, in: ZIP 32 (April ´97, Übers. d. Verf.).

[6] Vgl. die Akkreditierungsregeln des Verwaltungsgebiets Volgograd sowie die Liste ähnlicher regionaler Akkreditierungsregeln in: V. Efremova, A. Ratinov (1998), Mass Media v Rossii, Kapitel III - 1.8. "Pressedienste und Akkreditierung - Wer braucht sie?"

[7]  V. Efremova, A. Ratinov (1997), Smysl i bessmyslica akkreditacii, in: ZIP 32 (April ´97).

[8] "Pravila akkreditacii Žurnalistov sredstv massovoj informacii pri Parlamente Respubliki Kalmykija", utverždeno postanovleniem Parlamenta Respubliki Kalmykija v ijule 1994 g., unter Punkt 2., in: ZIP 32 (April ´97).

[9] A. E. Voinov (1997), "Zakonodatel´stvo o sredstvach massovoj informacii i praktika ego primenenija v respublikach-sub´ektach RF", Kapitel Nr. 8 "Dostup k informacii", unter "Akkreditacija". - Voinov nennt noch weitere Beispiele für rechtswidrige regionale Akkreditierungsregeln.

[10] Postanovlenie Gosudarstvennoj Dumy Federal´nogo Sobranija RF "O priostanovlenii akkreditacii pri Gosudarstvennoj Dume Federal´nogo Sobranija RF korrespondentov Obščestvennogo rossijskogo televidenija" N 1182-II GD, 5 marta 1997 goda (Übers. d. Verf.).

[11] Zajavlenie Sudebnoj palaty po informationnym sporam pri Prezidente RF N 1 (17) ot 7 marta 1997 goda "O priostanovlenii Gosudarstvennoj Dumoj akkreditacii Žurnalistov ORT", in: ZiP 32 (April ´97). - Die Staatsduma erließ hierauf am 15. April 1997 eine Verfügung, die bestimmte, daß die Journalisten der Fernsehgesellschaften die Aufnahmen aus dem Plenarsaal über den Fernseh- und Radiodienst des Pressedienstes der Staatsduma erhalten (Postanovlenie "O porjadke organizacii raboty Žurnalistov tele- i radiokompanij vo vremja provedenija plenarnych zasedanij Gosudarstvennoj Dumy", N 1330-II GD ot 15/04/97).

[12] Vgl. R. Sakwa (1998), Left or Right? The CPRF and the Problem of Democratic Consolidation in Russia, S. 128 (insbes. S. 144 ff.) in: The Journal of Communist Studies and Transition Politics, Vol. 14, March/June ´98, Numbers 1-2, Special Issue: Party Politics in Post-Communist Russia.

[13] Den Fall schildern V. Efremova, A. Ratinov (1998), Mass Media v Rossii, Kapitel III - 1.9. "Ein einmaliger Vorfall".

[14] Der Titel dieses Artikels lautete: "Evgenij Savost´janov hat den Gouverneur von Primorje mit dem Bürgermeister von Vladivostok versöhnt".

[15] Vgl. A. E. Voinov (1996), "Zakonodatel´stvo o SMI Rossii, problemy, medunarodnyj informacionnyj obmen", in: Meždunarodnyj seminar "Koncepcija Zakonodatel´stva o sredstvach massovoj informacii dlja posttotalitarnich gosudarstv".

[16] A. E. Voinov (1997), "Zakonodatel´stvo o sredstvach massovoj informacii i praktika ego primenenija v respublikach-sub´ektach RF", Kapitel Nr. 8 "Dostup k informacii", unter "Akkreditacija". Voinov nennt als positives Beispiel und Vorbild die Akkreditierungsregeln der Gesetzgebenden Versammlung der Republik Karelien.

[17] Punkt 13 der Akkreditierungsregeln, abgedruckt bei: ZiP 66 (Febr. 2000).