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II. Historischer Hintergrund: Abschaffung der Zensur und Entstehung freier Massenmedien

 

1. Perestrojka als Erneuerung des Sozialismus

 

Die Ära des L. Brežnev (1964 - 1982) hatte mit der Ächtung von Amtsmissbrauch, Bürokratismus und Korrup­tion durch J. Andropov geendet. Das sowjetische System galt in vieler Hinsicht als reform­bedürftig. Aus russischer Sicht war der veraltete, schon in den dreißiger Jahren entstandene planwirtschaftliche Lenkungsmechanismus den gewandelten Produktivkräften der sowjetischen Wirtschaft entsprechend zu verändern.[1] Man beabsichtigte, den selbständig handelnden Subjekten größeren Spielraum zu geben, um flexibler produzieren und das Verantwortungsgefühl stärken zu können. Aus westlicher Sicht litt das sowjetische Staats- und Wirtschaftssystem außerdem an einer besonderen strukturellen Schwäche. Persönliche Beziehungen und parteiideologische Vorstellungen dominierten in Politik und Wirtschaft. Selbst für die industrielle Produktion fehlten objektive Kontroll­mechanismen.[2] Es waren weniger die Bedürfnisse der Bevölkerung, die das Wirtschafts­geschehen bestimmten, als vielmehr ministerielle Vorgaben und die Aufgaben der Planerfüllung. Und nicht nur die wirtschaftliche Situation der Sowjetunion, auch die moralische Verfassung der Bevölkerung wurde beklagt. Die dogmatische Ideologie der Staatspartei wirkte nicht mehr zeitgemäß. Die gleichgerichtete, von immer neuen und doch gleichbleibenden Losungen bestimmte Partei­propaganda hatte zum Phänomen des "doppelten Denkens" geführt. Aufstiegschancen besaßen nur diejenigen, die es vermochten, Wirklichkeit und Parteiwahrheit fehlerlos auseinanderzuhalten. Das sowjetische Leben war zu künstlich geworden. Die Parteikontrolle der Massenmedien stellte zwar sicher, dass keine umstürzlerischen Aufrufe in Umlauf gebracht werden konnten. Aber die Ausbreitung der globalen Informationsgesellschaft begann, das einheitliche Bild der Sowjetunion, so wie die Partei es geformt hatte, in Frage zu stellen.

 

a) Entideologisierung durch idealistische Reformer

 

Am 11. März 1985 wählte das Zentralkomitee der KPdSU den damals 54-jährigen M. Gorbačev zu seinem Generalsekretär. Das Politbüro hatte sich mit diesem Schritt dazu durchgerungen, einem jungen, reformorientierten Parteipolitiker den Vorsitz in der obersten Schaltzentrale der Macht einzuräumen. Gorbačev wollte und sollte auch nicht in der Weise fortfahren, wie die meisten seiner Vorgänger regiert hatten. Es gab gute Gründe für einen Politikwechsel, einen völligen Neubeginn.[3] Eine von der KPdSU ausgehende Reform konnte jedoch nicht in der sofortigen Einführung der Marktwirtschaft oder der einfachen Übernahme westeuropäischer Verfassungsbestimmungen bestehen. Man dachte vielmehr an eine Erneuerung des Sozialismus. Angesichts der stalinistischen Vergangenheit der Sowjetunion schien das Potential sozialistischer Ideen noch lange nicht erschöpft zu sein, und nachdem sich die jahrzehntelang geübte Verteufelung des westlichen Kapitalismus als nicht ganz zutreffend erwiesen hatte, erschienen freiere sozialistische oder auch sozialdemokratische Staats- und Wirtschaftsmodelle in einem neuen Licht. Der sowjetische Sozialismus wurde nicht nur als reformbedürftig, sondern auch als erneuerungsfähig angesehen. Erst einige Jahre später zog man die "Unschuldsvermutung zugunsten des Sozialismus"[4] in Zweifel.

 

Gorbačevs reformerischer Ansatz bestand in der Entideologisierung der Politik als Ziel und Aufgabe der neuen Generation. Nicht nur die Brežnev-Doktrin,[5] sondern auch das marxistisch-leninistische Dogma des Klassenkampfes wurde stillschweigend aufgegeben.[6] Die klassen­bezogene Analyse der Gesellschaft als Grundlage und Methode des historischen Materialismus spielte für die sozialistischen Reformer keine Rolle mehr. Was bei Marx als übertriebenes Hervorheben des Ökonomismus erscheint,[7] nämlich die Annahme, dass die Gesellschafts­wissenschaft von der Untersuchung der gesellschaftlichen Produktions­bedingungen ausgehen müsse, das wurde bei Gorbačev umgekehrt zur Überbewertung der Reformierbarkeit des Landes mit Mitteln der Politik. Er glaubte, mit ernsthaften Abrüstungsbemühungen und einer gewandelten Innenpolitik das Ziel eines Sozialismus ohne Kriegsregime und Weltrevolution erreichen zu können. Gorbačev war von der Möglichkeit und Effizienz sozialen Planens überzeugt. Hierbei ging er jedoch nicht wie Poppers "Sozialtechnologe" in vorsichtigen Einzelschritten vor, um neue Institutionen zu planen und die alten langsam umzuformen.[8] Ihm schwebte ein großer Entwurf vor, eine Vision, die es mit der Verkündung neuer Prinzipien und mit großangelegten Systemveränderungen ein für alle mal auf den Weg zu bringen galt.[9]

 

b) Massenmedien als Vorreiter der gesellschaftlichen Erneuerung

 

Den Massenmedien kam hierbei die doppelte Funktion zu, die Gesellschaft auf die Erneuerung des Sozialismus vorzubereiten und die Reformer gegenüber ihren konservativen Opponenten zu stärken. Gorbačev war den Medien gegenüber positiv eingestellt, er liebte - anders als der spätere Präsident Rußlands B. El´cin - öffentliche Fernsehauftritte und redete gerne und viel. Durch die verstärkte Einbeziehung der Medien in den parteipolitischen Kampf versprach sich Gorbačev mehr Handlungsfreiheit.[10] Ob er damit den Massenmedien auch mehr Freiheit für sich selbst zugestehen würde, war hingegen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht sicher. Spätere Reaktionen Gorbačevs auf politische oder Systemkritik wiesen eher darauf hin, dass er immer am Bild der reformerischen Parteielite als Avantgarde des Sozialismus festhielt. Und eine solche politische Führung, integer und reformerischen Idealen verpflichtet, ist der Kritik eher unzugänglich.

 

Wie seine ersten medienpolitischen Maßnahmen zeigten, hatte Gorbačev eine hauptsächliche Sorge, nämlich die richtigen Leute zu finden. Die anfängliche Strategie der Reformer bestand darin, eine Reihe von politischen und gesellschaftlichen Führungspositionen mit Männern ihres Vertrauens zu besetzen.[11] Bereits kurz nach seiner Ernennung zum Generalsekretär hatte sich Gorbačev vorrangig mit dieser Aufgabe beschäftigt, und wie seinerzeit N. Chruščev wagte er radikale reformerische Auftritte erst, nachdem er sich einer hinreichenden Anhängerschaft in Politbüro und Zentralkomitee versichert hatte. Die Überzeugung von der Nützlichkeit einer guten Kaderpolitik brachte aber auch die Gefahr mit sich, Personen mit politischen Inhalten gleichzusetzen.[12] Aus allen Teilen des Landes herbeigerufene Parteipolitiker sollten eine dem Generalsekretär verbundene reformwillige Gefolgschaft bilden. Zahlreiche neue Herausgeber und Chefredakteure standen für das politische Programm der Umgestaltung und Erneuerung.[13] Journalisten ließen sich leichter mobilisieren als die Exekutivbeamten des Moskauer Partei- und Beamtenapparats, der als Hochburg der konservativen Kräfte galt. So kamen einige dem alten System gegenüber kritisch eingestellte Erneuerer plötzlich zu führenden Positionen in Zeitung und Fernsehen. Die seit Stalins Zeiten gültige Metapher der Massenmedien als "Transmissionsriemen" zwischen Partei und werktätigen Massen sollte infolgedessen bald ihre Bedeutung verlieren.

 

c) Reform ohne Reformprogramm

 

Im Frühling 1986 legte Gorbačev auf dem XXVII. Parteitag vor den 4993 Delegierten des obersten Organs der KPdSU in seinem Rechenschaftsbericht das Gesamtprogramm der Partei für die Umgestaltung und Modernisierung des Landes vor. Diese Rede, die Gorbačev 30 Jahre nach Chruščevs Abrechnung mit dem Stalinismus hielt, sollte als Signal des politischen und wirtschaftlichen Aufbruchs verstanden werden. Sie blieb aber der ideologischen Tradition der kommunistischen Partei weitgehend verhaftet.[14] Ein konkretes Reformprogramm war in das Parteiprogramm noch nicht eingearbeitet worden. Abgesehen von einigen "interessanten Akzentverschiebungen"[15] war nicht erkennbar, wohin die Reise gehen sollte. In vielen seiner öffentlichen Reden bezog sich Gorbačev damals auf V. I. Lenin, indem er den Realitätssinn, die Wahrheitsliebe, den Antidogmatismus und die Dialektik des großen Revolutionärs lobte. Als Beispiel führte er häufig die Neue Ökonomische Politik an, die nach dem Kriegskommunismus (1918-20) mit einer an den wirtschaftlichen Notwendigkeiten orientierten, ideologiefreien Sachpolitik das Land aus der Krise führte. Gorbačev griff einige Bestandteile dieser Politik wieder auf, wie die Privatisierung kleinerer Betriebe, die Wiedereinführung leistungsbezogener und damit ungleicher Entlohnung, die Verpachtung einzelner Staatsbetriebe an Kooperativen und Genossenschaften, die Gewährung größerer Unabhängigkeit der Betriebsleitungen gegenüber der Zentralverwaltung und die begrenzte Zulassung ausländischer Kapitalbeteiligungen.[16]

 

Gorbačevs Reformpläne gingen jedoch weit darüber hinaus und entfernten sich vom marxistisch-leninistischen Gedankengut.[17] Die Entideologisierung der Politik und das Bemühen, einen sozialis­tischen Rechtsstaat zu schaffen, wiesen in eine neue Richtung. Lenin hatte sich hingegen unmissverständlich über den bloß vorübergehenden Charakter der Neuen Ökonomischen Politik geäußert: „Es ist klar, dass diese Maßnahme nicht nur eine Unterbrechung ... der Offensive gegen das Kapital bedeutet ... sondern dass auch unsere sozialistische Sowjetmacht einen Schritt rückwärts tut ...” [18] - Den nächsten Schritt vorwärts unternahm Stalin 1928 mit der Einführung des ersten Fünfjahres­plans und der Bekämpfung der "Kulaken", der selbständigen Bauern mit Grundbesitz.

 

Ob Gorbačev tatsächlich ein überzeugter Leninist war, oder ob er seinen Neoleninismus als ideologischen Schutzschild zur Rechtfertigung der pragmatischen Suche nach neuen Lösungswegen benutzte,[19] kann letzten Endes offen bleiben. Gorbačev tendierte wohl eher zum Rätekommunismus oder sogar zur Sozialdemokratie, als zum klassenkämpferischen Marxismus leninistischer Prägung. Die Werke der „Eurokommunisten” (u.a. die Gefängnishefte Gramscis[20]) bildeten nach Gorbačevs eigenen Worten einen festen Bestandteil seiner damaligen Lektüre.[21] Hervorzuheben ist aber, dass viele Schlagworte der Reformer nicht näher definiert waren. Eine Untersuchung der politischen Reden von M. Gorbačev, J. Ligačev und B. El´cin aus den Jahren 1987-90 ergab, dass jeder Redner den reformerischen Schlüsselbegriffen eine unterschiedliche Bedeutung verlieh.[22] So bekannte Ligačev zum Beispiel später einmal, dass in seinen Augen die geforderte Rückkehr zum Leninismus und die beabsichtigte Erneuerung des Sozialismus für die Presse bedeutete, die öffentliche Meinung in Übereinstimmung mit den Vorschriften und Direktiven der Kommunistischen Partei zu formen. Bei einem Politbürotreffen hätte er aber von A. Jakovlev zu seinem Entsetzen erfahren, dass es die erste Aufgabe der Massenmedien sei, einfach die Ereignisse und Entwicklungen wiederzugeben, die in der Gesellschaft stattfinden.[23] Diese Aussage des konservativen Politbüromitglieds Ligačev belegt, dass die Unklarheit der Begriffe zu Gorbačevs politischen Methoden gehörte. M. Malia schreibt über Gorbačevs Reformprogramm: "Da er selbstverständlich nicht seine vollen Absichten im voraus verkünden und trotzdem Führer werden konnte, herrschte damals über sein Programm keine Klarheit, und eigentlich ist es auch heute noch so."[24] Als Generalsekretär der kommunistischen Partei und Gesellschaftsreformer vermied es Gorbačev immer wieder, eindeutig Stellung zu beziehen. Um es mit den Worten von A. Brown zu sagen: Im autoritären und ideologisierten Parteienstaat zwang ihn die fortwährende Gefahr der Meuterei dazu, zugleich Luther und der Papst zu sein.[25]   Für die allmähliche Entstehung und Verbreitung unabhängiger Massenmedien bedeutete die Unklarheit der Begriffe eine große Chance. Erstens boten die Reformer den Konservativen so wenig Angriffsfläche - ein vorteilhafter Umstand für die Massenmedien, die im Kielwasser der Reformer segelten. Zweitens bahnte sich eine zunehmende Liberalisierung der Gesellschaft an, die umso weniger wieder rückgängig zu machen war, je langsamer und gründlicher sie sich entwickelte. Der vorsichtige Wagemut Gorbačevs in der Innenpolitik, der im Gegensatz zu seiner revolutionierenden Außenpolitik stand, war insofern sehr verdienstvoll.

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[1] G. v. Rauch (1990), Geschichte der Sowjetunion, S. 609. Insbesondere das Novosibirsker Memorandum der Soziologin T. Zaslavskaja enthielt eindeutige Systemkritik.

[2] Vgl. M. Urban (1997), The rebirth of politics in Russia, S. 10 - 14. Urban beschreibt die Parteistruktur des Staates abstrakt und technisch als "schwache Struktur".

[3] M. Malia (1994), Vollstreckter Wahn, S. 480, ist der Auffassung, daß das amerikanische SDI-Projekt (Strategische Verteidigungsinitiative) der Reagan-Administration eine unannehmbare Herausforderung zum Wettrüsten darstellte und ein wichtiges Motiv für die Beendigung des kalten Krieges lieferte.

[4] Vgl. S. V. Kulešov / O. V. Volobuev u.a. (1996), Političeskaja istorija: Rossija - SSSR - Rossijskaja Federacija, Bd. 2, S. 611 und 620.

[5] Die Brenev-Doktrin besagte, daß die Gemeinschaft sozialistischer Staaten das Recht und die Pflicht hat, sofort einzuschreiten, wenn ihre Interessen in einem sozialistischen Land mißachtet und die gemeinsame Sicherheit bedroht werden. Die Mitglieder der sozialistischen Gemeinschaft wurden insofern in ihrer staatlichen Souveränität eingeschränkt.

[6] M. Malia (1994), Vollstreckter Wahn, S. 483, nennt Gorbačevs Verzicht auf marxistische Glaubenssätze seine größte historische Leistung. Die ausgegebenen Losungen der Perestrojka und der Neoleninismus Gorbačevs zeigen jedoch, daß hier keine Glaubenssätze verworfen wurden, sondern daß die Dogmen des Marxismus-Leninismus während der siebzigjährigen Geschichte des sowjetischen Staates ausgehöhlt worden waren und schlicht aufgehört hatten, zu wirken.

[7] K. Popper (1945/92), Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Bd. 2, S. 125 / 126.

[8] Vgl. K. Popper (1945/92), aaO. S. 169.

[9] Vgl. G. v. Rauch (1990), Die Geschichte der Sowjetunion, S. 610/11, der die wirtschaftlichen, sozialpolitischen und gesellschaftlichen Schwerpunkte des Reformkonzepts aufzählt.

[10] J. Lutvejtes (1994), Funktion der politischen Rhetorik im Reformprozeß der Sowjetunion (87 - 90), S. 186.

[11] M. Urban (1997), The rebirth of politics in Russia, S. 77. Vgl. auch S. V. Kulešov / O. V. Volobuev u.a. (1996), Političeskaja istorija: Rossija - SSSR - Rossijskaja Federacija, Bd. 2, S. 615: "Bis zu Anfang des Jahres 1987 waren nach Berechnungen der amerikanischen Zeitung "Washington Post" 70% der Mitglieder des Politbüros, 60% der Gebietsparteisekretäre und 40% der Mitglieder des Zentralkomitees aus der Zeit Brenevs ersetzt worden."

[12] Vgl. M. Gorbačev (1995/96), Erinnerungen, Kapitel 9 „Der Generalsekretär”, Abschnitt „Beschlüsse des Parteitags in die Tat umsetzen!”, insbes. S. 297: „Ich bin davon überzeugt, daß die wichtigste Ursache der Stagnation in der Verknöcherung des Führungskörpers liegt. Wollen wir die Sache korrigieren, so müssen wir Kader auswechseln und die Kaderpolitik ändern. (...) Eine Atmosphäre der Transparenz, der Glasnost´, ist notwendig, weil sich nur dann gefestigte Kader herausbilden werden.”

[13] Vgl. P. Roth (1990), Glasnost und Medienpolitik unter Gorbatschow, S. 35: „Allein in den Jahren 1985 / 86 erhielten 9 Zentralzeitungen neue Chefredakteure.”

[14] G. Wagenlehner (1990), Die ideologische Basis der Perestrojka (in: Die Sowjetunion unter Gorbatschow), S. 12.

[15]  Vgl. hierzu G. v. Rauch (1990), Die Geschichte der Sowjetunion, S. 617 ff.

[16] Das erste Unternehmensgesetz (1987), das Genossenschaftsgesetz (1988) und das Pachtgesetz (1989) ermöglichten es sogar schon vor der generellen Zulassung des Privateigentums an Produktionsmitteln und vor dem staatlichen Privatisierungsprogramm der Regierung Präsident El´cins, staatliche Unternehmen relativ eigenständig zu führen und faktisch zu privatisieren. Die 1987/88 einsetzende spontane oder "wilde Privatisierung" vieler Staatsbetriebe durch Mitglieder der Nomenklatura trug jedoch nicht zur Behebung des Warendefizits bei, sondern führte zu sozialem Unfrieden. Vgl. zur Wirtschaftskrise und verdeckten Inflation S. V. Kulešov / O. V. Volobuev u.a. (1996), Političeskaja istorija: Rossija - SSSR - Rossijskaja Federacija, Bd. 2, S. 616 / 617.

[17] Vgl. S. V. Kulešov / O. V. Volobuev u.a. (1996), aaO. S. 621.

[18] Zitiert aus: H. Weber (1970), Lenin mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, S. 133.

[19] So sieht es S. Saizew (1992), Gorbačevs Leninismus - Aus der Ideologie der Perestrojka, S. 33 / 34. Anderer Ansicht ist z.B. D. Volkogonov (1998), Autopsy for an Empire, S. 438: "In 1991 Gorbachev still believed in Lenin. Indeed, it was probably his attempt to combine his liberal reforms with Leninism that led to their failure. He was a Leninist because his whole life had made him one."

[20] Vgl. E. Novikov / P. Bascio (1994), Gorbachev and the Collapse of the Soviet Communist Party, S. 40. Die Autoren weisen auf die Bedeutung Gramscis für Gorbačev hin: "Gramsci zu lesen bedeutet, in die Zukunftspläne der Parteielite zu schauen." - Antonio Gramsci (1891 - 1937) gilt als Vertreter eines antiautoritären Rätekommunismus, der die Überzeugungsarbeit integrer Führer und den nationalen Konsens zur Voraussetzung einer erfolgreichen sozialistischen Staatsordnung erklärte.

[21] Vgl. M. Gorbačev (1995), Erinnerungen,  S. 147 (dt. Taschenbuchausgabe 1996).

[22] J. Lutvejtes (1994), Funktion der politischen Rhetorik im Reformprozeß der Sowjetunion (87 - 90), S. 157.

[23] M. Urban (1997), The rebirth of politics in Russia, S. 80. Ligačev war Mitglied des Politbüros und für Fragen der kommunistischen Ideologie zuständig, Jakovlev war das für Presse und Fernsehen zuständige Politbüromitglied.

[24] M. Malia (1994), Vollstreckter Wahn, S. 476.

[25] A. Brown (1996), The Gorbachev Factor, S. 93.