5.
Gesetzgebungskompetenzen
Diese
Grundsätze der unmittelbaren Geltung und der höchsten Rechtskraft der
Verfassung der RF werden durch eine entsprechende verfassungsrechtliche
Kompetenzverteilung unterstützt: Der Schutz der Grundrechte unterfällt
zwar sowohl der ausschließlichen Zuständigkeit der Rußländischen Föderation
(Art. 71 Punkt c Verf RF) als auch der gemeinsamen Zuständigkeit mit
den Subjekten der RF (Art. 72 Abs. 1 Punkt b Verf RF). Ein föderales
Gesetz geht jedoch in beiden Fällen den regionalen Rechtsakten vor,
also auch dann, wenn es zu den Gegenständen der gemeinsamen Zuständigkeit
gehört haben sollte (vgl. Art. 76 Abs. 5 Verf RF). Daraus folgt, dass föderale
Gesetze, soweit sie den rechtlichen Schutz der verfassungsmäßig verbürgten
Freiheitsrechte ausgestalten, ebenso wie die Verfassung selbst
unmittelbare rechtliche Wirkung auf dem gesamten Territorium der RF
haben. So gilt das Gesetz der RF "Über die Massenmedien" überall
- unbeschadet der Tatsache, dass einige Republiken der RF inzwischen
ihre eigenen Gesetze "Über die Massenmedien" verabschiedet
haben, in denen die meisten Vorschriften des föderalen Gesetzes ihre wörtliche
Wiederholung finden.[1]
Zudem begründet Art. 71 Punkt n) Verf RF die ausschließliche Zuständigkeit
der RF für die Gesetzgebung über das Zivilrecht und die rechtliche
Regelung betreffend das geistige Eigentum. Demnach unterfällt nicht nur
das literarische Werk, sondern auch die Information an sich als Objekt
des bürgerlichen Rechts (Art. 128 GK) und die vertragliche
Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Gründer, der Redaktion
und den weiteren Beteiligten des Massenmediums der föderalen
Gesetzgebung. Zu der insoweit klaren Kompetenzverteilung schreibt M.
Fedotov: "Auf
diese Weise, so scheint es, gibt es keine juristische Grundlage für
die hypothetische Annahme und Befürchtung, dass die Freiheit der
Massenmedien durch die Gesetzgebung des einen oder anderen Föderationssubjekts
beschnitten werden könnte. Einige Formulierungen der Verfassung sind
jedoch so unscharf, dass sie eine unterschiedliche Auslegung zulassen.
Dieses betrifft in erster Linie Art. 71 Punkt i), der die Substantive
"Information" und "Kommunikationsmittel" zusammen
mit dem Adjektiv "föderal" gebraucht.[2]
Daraus lässt sich, wenn man will, die Schlussfolgerung ziehen, dass die
Massenmedien, die keine föderale Bedeutung haben, der ausschließlichen
Zuständigkeit der Subjekte der RF unterfallen, da sie ja im Bereich der
gemeinsamen Zuständigkeiten nicht genannt werden. (...)" [3]
So haben sich die Autoren der Massenmediengesetze einzelner Teilrepubliken der RF darauf berufen, dass der Nachrichten- und Informationsbereich innerhalb ihres Territoriums als "nicht-föderale Information" in die Zuständigkeit der Subjekte der RF falle, und einige Republiken wie zum Beispiel Tatarstan und Kabardino-Balkarien können noch dazu auf die sogenannten Machtabgrenzungsverträge verweisen, mit denen sie die abstrakte verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung konkret ausgestaltet und zu ihren eigenen Gunsten modifiziert haben.[4] Die Unterscheidung zwischen föderalen und regionalen Massenmedien betrifft jedoch weniger die Frage der Gesetzgebungskompetenz, als vielmehr die Frage der Gründung und des Eigentums an einem Massenmedium. Selbstverständlich können sich regionale Massenmedien auch im Besitz der einzelnen Föderationssubjekte befinden, sie unterliegen jedoch ebenso wie föderale oder private Massenmedien den Vorschriften des föderalen Gesetzes "Über die Massenmedien". Die Zugehörigkeit der unter Art. 71 i) Verf RF genannten Informationssysteme zur Zuständigkeit der RF dient dagegen der technischen Ermöglichung und Aufrechterhaltung eines einheitlichen Informationsraums und zur Begründung rechtlicher Grundlagen für eine effiziente und qualitative Versorgung der Bevölkerung mit Informationen, wie sie z.B. durch das Gesetz "Über das Nachrichten- und Fernmeldewesen" vom 20. Januar 1995 sichergestellt werden sollte.[5] Aufgrund des Art. 71 i) Verf RF sind die vom Staat verwalteten Informationen keine Objekte des bürgerlichen Eigentumsrechts (Art. 2 Punkt 3 GK), und das föderale Gesetz "Über Information, Informatisation und den Schutz der Information" unterscheidet "staatliche und nichtstaatliche informationelle Ressourcen" (Art. 6 Punkt 1 dieses Gesetzes). Danach unterfallen die Informationen und Informationssammlungen föderaler Staatsorgane der Zuständigkeit der RF. [1]
Vgl. A. E. Voinov (1997), aaO. unter Punkt 4: "Obščaja
charakteristika zakonodatel´stva". Vojnov bemängelt, daß so
auch die Nachteile des föderalen Gesetzes, die sich inzwischen
herausgestellt haben, beibehalten und vertieft wurden. Vgl. außerdem
A. R. Ratinov / G. C. Efremova (1998), Mass Media v Rossii, Zakony,
konflikty, pravonaruščenija, die unter II.1. auf zahlreiche
Widersprüche der regionalen Gesetze zum föderalen Gesetz "Über
die Massenmedien" und auf einige Verfassungsverstöße
hinweisen. [2]
Vgl. Art. 71 i) Verf RF: "Zur Zuständigkeit der RF gehören i)
die föderalen Systeme für Energie, Kernenergie und Spaltmaterial;
das föderale Transportwesen, die föderalen Verkehrswege, die föderale
Information sowie das föderale Post- und Fernmeldewesen; die
Aktivitäten im Weltraum." [3]
M. Fedotov (1996), SMI v otsutstvii Ariadny, S. 200 (Übers. d.
Verf.). [4]
A. E. Voinov (1997), aaO. unter Punkt 1 "Kompetencija sub´ektov
Federacii": Tatarstan rechnet die Koordinierung der Leitung der
allgemeinen Nachrichten- und Informationssysteme und die
Koordinierung der Tätigkeit der Massenmedien zur gemeinsamen Zuständigkeit
der Republik mit der RF, und Kabardino-Balkarien zählt die
Regulierung des "Informations- und Nachrichtenwesens der
Republik" zu ihrer ausschließlichen Zuständigkeit. [5]
A. E. Kozlov (1997), Kommentierung zu Art. 71, S. 311, in: Naučno-praktičeskij
kommentarij k Konstitucii RF, pod red. V.
V. Lazarev.
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