5.
Gesetz "Über grundlegende Garantien der Wahlrechte der Bürger
der RF und des Rechts zur Teilnahme am Referendum"
Das
neue Änderungsgesetz zum Gesetz "Über grundlegende Garantien der
Wahlrechte der Bürger der RF und des Rechts zur Teilnahme am
Referendum" vom 30. März 1999[1]
erlegt den staatlichen Massenmedien bei der Wahlkampf-Berichterstattung
Sonderpflichten auf. Alle Massenmedien, deren Gründer oder Mitbegründer
staatliche oder kommunale Organe, Organisationen oder Einrichtungen
sind, sowie diejenigen Massenmedien, die im Jahr vor der Bekanntgabe des
offiziellen Wahltermins zu über 15 % vom Staat oder den Kommunen
finanziert worden sind, werden dazu verpflichtet, den registrierten
Kandidaten und Parteien bei den Wahlkampagnen gleiche Bedingungen zu gewähren
(Art. 39 Punkt 1). Das
Gesetz schreibt im einzelnen vor: Die Bezahlung und Gewährung von
Anzeigen und Werbeminuten soll zu den gleichen Bedingungen erfolgen
(Art. 39 Punkt 2). In den Nachrichtenblöcken staatlicher Fernseh- und
Radiosender dürfen keine Kandidaten oder Parteien bevorzugt behandelt
werden, und insbesondere soll die gesamte Berichterstattung über die Tätigkeit
der Kandidaten, die im Zusammenhang mit der bevorstehenden Wahl steht,
keinen von ihnen zeitlich oder inhaltlich begünstigen (Art. 40 Punkt
6). Weder Zeitungen noch das Fernsehen dürfen etwas veröffentlichen,
das einem Wahlkandidaten hinsichtlich seiner Ehre, seiner Würde oder
seines geschäftlichen Rufs Schaden zufügen könnte, es sei denn, es
besteht noch die Möglichkeit, bis zum Ende der für die Wahlwerbung
vorgesehenen Zeit eine Gegendarstellung oder Berichtigung zu veröffentlichen
bzw. auszustrahlen (Art. 45 Punkt 6). Die staatlichen Massenmedien
werden dabei nicht nur für die von ihnen selbst erarbeiteten
Materialien, sondern auch für fremde Beiträge haftbar gemacht. Die
Wahlkommissionen sind dazu berechtigt, wegen jeder Verletzung der
Regeln, die durch dieses oder andere Gesetze vorgeschrieben werden, die
Ermittlungsbehörden einzuschalten, das Gericht anzurufen oder sich an
zuständige staatliche Exekutivorgane zu wenden, um die betreffenden
Handlungen zu unterbinden und die Medien nach den Gesetzen der RF zur
Verantwortung zu ziehen (Art. 45 Punkt 9). Das
Gesetz "Über grundlegende Garantien der Wahlrechte der Bürger der
RF und des Rechts zur Teilnahme am Referendum" unterwirft somit die
staatlichen und diesen gleichgestellten Massenmedien der besonderen
Kontrolle durch die Wahlkommissionen und verschafft hierdurch nicht
zuletzt auch den Abgeordneten und Wahlkandidaten eine stärkere
Rechtsstellung gegenüber den Massenmedien. Sie können sich bei der
zuständigen Wahlkommission beklagen und diese zum sofortigen
Einschreiten veranlassen. In
diesem Zusammenhang ist außerdem das Gesetzesprojekt "Über Änderungen
des föderalen Gesetzes `Über den Status des Abgeordneten des Föderationsrats
und des Abgeordneten der Staatsduma der Föderalen Versammlung der RF´
" zu erwähnen, das am 3. April 1999 in dritter Lesung
verabschiedet wurde und den Parlamentsabgeordneten u. a. ein besonderes
Auftrittsrecht anlässlich ihrer parlamentarischen Tätigkeit gibt, das
sie gegenüber staatlichen und diesen gleichgestellten Massenmedien
geltend machen können. Insgesamt lässt sich die Tendenz zur stärkeren Überwachung der staatlichen und staatlich finanzierten Massenmedien feststellen. Sie sollen grundsätzlich andere Spielregeln anerkennen als die nichtstaatlichen Massenmedien. Das kommt bereits im Gesetz "Über die Ordnung der Berichterstattung über die Tätigkeit staatlicher Organe durch die staatlichen Massenmedien" zum Ausdruck, und in diese Richtung weist auch der Änderungsentwurf zum Gesetz "Über die Massenmedien" vom 4. November 1998. Bemerkenswert ist, dass der Staat mit dem vorliegenden Wahlgesetz weit in den Bereich privater Massenmedien übergreift, indem er selbst die nur zum Teil staatlich finanzierten oder auch nur bezuschussten Massenmedien besonders verpflichtet. Zur Definition seines Anwendungsbereichs knüpft das Wahlgesetz zudem nicht an das "Massenmedium" an, sondern an die "Organisation, die Fernsehen und Radiosendungen veranstaltet", so dass zum Beispiel auch ein vollkommen privat finanzierter Sender der Regelung unterfallen könnte, sofern er nur unter einer Holding mit anderen Massenmedien zusammengeschlossen ist, die ihrerseits vom Staat finanziert werden. [1]
Vgl. Centr "Pravo i sredstva massovoj informacii" (1999),
Analyz zakonotvorčestva v RF v kontekste prava čeloveka na
informaciju, Kapitel "Informacionnye prava izbiratelej":
Das Gesetz wurde bereits am 18. März 1998 in erster Lesung
angenommen, stieß jedoch im weiteren Verlauf der Gesetzgebung auf
den Widerstand des Föderationsrats, da die Vertreter der örtlichen
Administrationen es als Eingriff in ihre Informationspolitik
bewerteten. Erst nach der Vermittlung durch die
Schlichtungskommission und nochmaliger Überarbeitung des Textes
wurde das Gesetz - im Hinblick auf die Ende 1999 anstehenden
Parlamentswahlen - von beiden Kammern der Föderalen Versammlung
angenommen und schließlich vom Präsidenten der RF unterzeichnet.
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