V. Diskussion
V. Diskussion
In der vorliegenden Arbeit wurde die Regulation der
hepatischen Hämoxygenase 1 (HO-1) durch die verschiedensten Induktoren
(wie z.B. Cadmium- und Kobaltchlorid, dem HO-Substrat Hämin, t-Butylhydrochinon
und T3) auf molekularer Ebene des Promotors untersucht. Die enzymatische
Rolle der Hämoxygenase 1 ist die Degradation der Hämgruppe zu
Biliverdin, unter Freisetzung von Kohlenmonoxid (CO) und Eisen (Fe2+
).
Auf Grund der Tatsache, daß die Hämoxygenase
ein durch oxidativen Streß induziertes Enzym ist, wurde die Anreicherung
von Radikalen in kultivierten primären Hepatozyten analysiert. Im
ersten Abschnitt der Diskussion werden die Untersuchungen der induzierten
HO-1 auf RNA- und Proteinebene beschrieben, während sich die folgenden
Abschnitte der Diskussion mit der Analyse der Induktoren und ihrer zellulären
Wirkung in den primären Hepatozyten und ihrer transkriptionellen Regulation
der HO-1 beschäftigt.
Putative Elemente in der Hämoxygenase
1 der Ratte
Schon 1987 wurde von Müller et al. ein Teil
des HO-1-Promotors kloniert und sequenziert. Mit Hilfe von Computerprogrammen
konnten einige putative Promotorelemente verifiziert werden. Demnach befinden
sich in dem 5'-untranslatierten Bereich eine TATA-ähnliche Box, zwei
potentielle Bindungsregionen für den Transkriptionsfaktor SP1, ein
TPA-Element (responsiv für Phorbolester), ein GRE (growth factor,
Wachstumsfaktor), ein Hitzeschock responsives Element (HSE) für einen
Hitzeschock-Transkriptionsfaktor, ein Metall-responsives Element (metal-responsive
Element; MRE) sowie vier Kopien einer ALU-Typ Sequenz.

Abb.39: |
Schematische Organisation des Ratten HO-1-Promotors
mit den putativen responsiven DNA-Elementen
Wichtige Abkürzungen: USF (upstream stimulating
factor; ein Cadmium-responsives Element), HSE (Hitzeschock responsives
Element) und MRE (Metall-responsives Element). |
Nach Maeskima et al. (1996) befindet sich in diesen
identifizierten Sequenzen (in der Position -42 bp) ein Cadmium-responsives
Element, das als USF (upstream stimulating factor) bezeichnet wurde. In
den genomischen HO-1-Sequenzen der Maus konnte unter anderem bei der Position
-10 kb ein Element verifiziert werden, das anscheinend responsiv für
Cadmium und Häm ist. Desweiteren konnten bei -4 kb zwei AP1 responsive
Elemente (AP1a und AP1b) für die Transkriptionsfaktoren c-Jun und
c-Fos detektiert werden. Zusammen mit dem C/EBP Bindungselement wird eine
optimale Aktivierung des HO-1-Gens der Maus durch Metalle wie z.B. Cadmium,
Blei, Kobalt und Nickel ermöglicht. Bisher konnte überraschenderweise
in dem Ratten HO-1-Promotor kein ähnliches DNA-Bindungsmotiv verifiziert
werden, das auf einen vergleichbaren Regulationsmechanismus schließen
läßt. Die evolutionäre Ÿhnlichkeit, die zwischen den Nagern
Maus und Ratte besteht, läßt allerdings die Vermutung zu, daß
regulatorische Elemente, die bereits in der Maus identifiziert werden konnten,
gleichfalls in der Ratte existent sein sollten. Die weitere 5'-Sequenzierung
des Ratten HO-1-Promotors könnte die Vermutung potentieller DNA-Elemente
bestätigen.
1. Die Expression der hepatischen
Hämoxygenase 1
1.1 Cadmium- und Kobaltchlorid-vermittelte
Expression
Aus toxikologischer Sicht sind die Ionenverbindungen
(Cadmium- und Kobaltchlorid) durch die zunehmende industrielle Nutzung
umwelttoxikologisch und arbeitsmedizinisch von beträchtlicher Bedeutung.
Von physiologischer Tragweite sind dabei unter anderem die Antwort und
Abwehr der Zelle auf diese dramatischen Giftstoffe.
Bei der Auswahl des Cadmiumchlorides als Induktor
der HO-1 stand zunächst eine mögliche direkte Regulation über
ein Promotorelement im Vordergrund (Maeshima et al., 1996). Das Cadmiumchlorid
stimuliert die HO-1-Expression bereits nach einer 1.5-stündigen Inkubation
(siehe Ergebnisse 1.1, Abbildung 13). Diese rasche Induktion der HO-1 weist
auf einen direkten Regulationsvorgang hin. Allerdings besteht keine physiologische
Relevanz bei der Verwendung des Cadmiumchlorides, da dieses Metall für
den Organismus kein Spurenelement darstellt. Aus diesem Grund wurde die
Möglichkeit, daß die HO-1, vermittelt durch das zweiwertige
Metall, über oxidative Veränderungen der hepatischen Zelle induziert
wird, in Betracht gezogen (Brennan & Schiestl, 1996). Die Induktionsfähigkeit
des Cadmium-II-Ions ist ausgesprochen stark und das Metall wirkt direkt
auf die Transkription. Das zeigten ebenfalls die Ergebnisse der Run-Off
Transkriptionsmessungen, bei denen die Transkriptionsaktivität in
isolierten Zellkernen ermittelt wurde (Ergebnisse 1.1, Abbildung 15). Daß
aus der mRNA in der Tat auch das Protein translatiert wird, zeigten die
kinetischen Proteinanalysen. Nach einer 4-stündigen Stimulierung durch
das zweiwertige Metall konnte eine erhöhte Proteinexpression verifiziert
werden (siehe Ergebnisse 2.1, Abbildung19).
Ausgangspunkt für die Untersuchungen der
Kobaltchlorid-induzierten HO-1 war die Kenntnis, daß das zweiwertige
Metall bei der Expression von Hypoxie-regulierten Genen eine bedeutende
Rolle spielt (unter Hypoxie wird die mangelhafte Sauerstoffversorgung von
Geweben und Zellen verstanden). Beispiele für hypoxisch regulierte
Gene sind die glykolytischen Enzyme Pyruvatkinase und Aldolase A, sowie
der Glukosetransporter 1 (Salceda et al., 1997). Eines der am intensivsten
untersuchten hypoxisch regulierten Gene ist das Erythropoietin, ein Glykoprotein-Hormon,
das die Produktion der roten Blutkörperchen reguliert. Fandrey et
al. und Ehleben et al. (1997) charakterisierten das Kobaltchlorid als Mitglied
des Sauerstoff-sensitiven Regulationsweges und einen Induktor des Erythropoietin-Gens
durch die "Nachahmung" hypoxischer Bedingungen in der Zelle. Für die
Wirkung des Kobaltchlorides werden in der Literatur zwei alternative Mechanismen
diskutiert:
Nach Ehleben et al. (1997) erfolgt die reproduzierte
hypoxische Regulation des Induktors durch Interaktion des zweiwertigen
Metalls mit dem zentralen Eisenatom eines Hämproteins. Diese Wechselwirkung
des Metalles mit dem zentralen Eisenatom führt zu einer Ÿnderung des
Redox-Zustandes des Eisenatoms in die Desoxy-Form (Fe2+ zu Fe3+),
wie es gleichfalls unter hypoxischen Bedingungen erfolgt. Das Kobaltchlorid
ist nach Ehleben et al. in der Lage, mit den Hämproteinen Cytochrom
b558 und b563 in Wechselwirkung zu treten (bei dem
Cytochrom b563 handelt es sich um ein respiratorisches Hämprotein,
während es sich bei dem Cytochrom b558 um ein in Hep G2
Zellen identifiziertes, nicht respiratorisches Protein handelt).
Nach Eckardt et al. (1994) dagegen bildet das
Kobaltchlorid das Substrat der Ferrochelatase, einem Enzym, das für
die erleichterte Inkorporation verschiedener Metalle in den Porphyrinring
verantwortlich ist.
Unter anderem ist Kobalt in der Lage, Sulfhydrylgruppen
effizient zu oxidieren und somit das Gleichgewicht der Antioxidanten und
Pro-Oxidanten der Zelle zu stören. Gleichzeitig ist bekannt, daß
durch das Kobaltchlorid eine gesteigerte Glutathion-Peroxidase-Aktivität
(und dadurch eine Herabsenkung des intrazellulären Wasserstoffperoxid-Gehaltes)
der mutmaßliche "Schlüssel" der Erythropoietin-Stimulierung
ist. Ein Nachteil der gesamten Kobaltchlorid-Studien ist, daß sich
alle Experimente in den permanenten Hepatoma Tumorzellinien Hep3B und HepG2
vollzogen. Ein eindeutiger Unterschied zwischen den Studien in den Tumorzellinien
konnte von Göpfert et al. (1997) in primären Hepatozyten für
die Regulation des Erythropoietin-Gens aufgestellt werden. In diesem Zellmodell
ist keine Stimulierung der Erythropoietin mRNA durch Kobalt-Ionen nachgewiesen
worden und ebenfalls keine Reprimierung des Wasserstoffperoxid-Gehaltes
durch das zweiwertige Metall.
Eine Verknüpfung des hypoxisch regulierten
Erythropoietin und der HO-1 besteht darin, daß die HO-1 ebenfalls
unter Hypoxie induziert wird, wobei der molekulare Mechanismus dieser Induktion
noch völlig unbekannt ist. Als Grundlage des Regulationsweges wird
die Zellschädigung durch den Mangel an Sauerstoff angenommen und die
dadurch verbundene Ausschüttung von freien Radikalen (Katayose et
al., 1993). Die Anschaltung der HO-1 wird als möglicher Schutzmechanismus
angesehen, da eine erhöhte HO-1-Aktivität eine erhöhte Kohlenmonoxid-Produktion
zur Folge hat, welche Gefäße relaxieren läßt (Maines
et al., 1993) und die Durchblutung der entsprechenden Gewebe fördert.
In der vorliegenden Arbeit konnte analog zu den
Ergebnissen des Cadmiumchlorides gezeigt werden, daß das Kobaltchlorid
einen außergewöhnlich starken Induktor der HO-1 in primären
Hepatozyten darstellt. Bereits nach einer 2-stündigen Stimulierung
konnte eine beträchtliche Expression der HO-1 mRNA festgestellt werden
(siehe Ergebnisse 1.2, Abbildung 16). Die Aktivierung der HO-1 durch Kobaltchlorid
konnte erstmals auch auf der Proteinebene gezeigt werden. Nach einer 4-stündigen
Inkubation mit dem Induktor konnte eine gesteigerte Proteinmenge in primären
Hepatozyten verifiziert werden (Ergebnisse 2.1, Abbildung 19).
Auf Grund dieser Ergebnisse können die primären
Hepatozyten für die Induktoren (Cadmium- und Kobaltchlorid) als optimales
Zellsystem betrachtet werden, die nachfolgende Studien zum Wirkungsmechanismus
dieser Stoffe zuläßt. Es stellt sich nämlich u.a. für
das Kobaltchlorid die Frage, ob der mögliche Mechanismus der Regulation
bei dem HO-1-Gen identisch zu dem des Erythropoietin-Gens ist.
1.2 Expression der Hämoxygenase
1 durch das eigene Subtrat Häm
Die Induktion der HO-1 durch ihr eigenes Substrat
Häm stellt einen sehr interessanten Aspekt dar, weil die Häm-vermittelte
Induktion der HO-1 mRNA noch völlig unbekannt ist. Besonders erwähnenswert
ist die Kenntnis, daß andere, ebenfalls Häm-bindende Proteine
wie das Hämopexin, nicht durch das Substrat stimuliert werden können.
Ausgangspunkt für diese Untersuchungen war ebenfalls die Induzierbarkeit
der HO-1 durch Häm (Häminchlorid) in den primären Kulturen.
Alle bislang in der Literatur vorhandenen Experimente wurden in permanenten
Zellen durchgeführt. Durch Northern Transfer Analysen konnte erstmals
auch in Primärkulturen die Induzierbarkeit der HO-1 durch das Substrat
Häm eindeutig nachgewiesen werden. Die Funktionsfähigkeit der
primären Kulturen und die damit erarbeitete Reproduktionsfähigkeit
von Ergebnissen oder der Beweis der gegenteiligen Aussage im Vergleich
zu den permanenten Zellinien ist ein wichtiger Aspekt. Permanente Zellen
zeigen häufig ein stark verändertes Expressionsmuster und sind
damit für Untersuchungen physiologischer Fragestellung weniger geeignet
als primäre Kulturen.
In den Primärkulturen konnte eine eindeutige
Expression der HO-1 mRNA bereits nach einer 2-stündigen Inkubation
mit Hämin detektiert werden (Ergebnisse 1.3, Abbildung 17). Die Ergebnisse
der Proteinexpression lassen sich gleichfalls, wie bei den Befunden für
das Cadmium- und Kobaltchlorid, sehr gut vereinbaren. Das HO-1-Protein
ist nach einer 4-stündigen Stimulierung verstärkt exprimiert
( Ergebnisse 2.2, Abbildung 20).
Der zelluläre Hämgehalt wird in der
Regel sukzessiv durch die HO-1 zu dem Antioxidanten Bilirubin, unter der
Freisetzung von Kohlenmonoxid (CO) und Eisen (Fe2+), degradiert.
Von physiologischer Relevanz ist unter diesen Bedingungen das Bilirubin
und das Biliverdin, die in der Lage sind, mit hoher Effizienz Peroxyl-Radikale
und andere reaktive Metabolite des Sauerstoffes einzufangen und zu entgiften
(Dennery et al., 1995). Ein hoher zellulärer Hämgehalt wird häufig
als ein Pro-Oxidant der Zelle beschrieben, der das Gleichgewicht zwischen
Oxidanten und Antioxidanten aus der Balance bringt. Nicht nur das Degradationsprodukt
Eisen (Fe2+ ) ist das zytotoxische Agens, sondern auch das Häm
selbst. Das zeigten Untersuchungen bei HO-1 Run-Off Transkriptionsmessungen,
die eine Stimulierung durch Häm auf die Transkription der HO-1 mRNA
bewiesen.
Das freigesetzte Eisen selbst ist ebenfalls verantwortlich
für die oxidative Aktivierung vieler verschiedener Moleküle (siehe
Einleitung Kapitel 7.2) durch Interaktion mit z.B. Wasserstoffperoxid (Fenton
Reaktion). Durch die Kenntnis der spezifischen Häm-vermittelten HO-1-Induktion
stellt sich die Frage, welches DNA-Element für diese spezielle Stimulierung
verantwortlich ist, um den Schutz der Zelle vor zu hohen Häm- und
Eisenkonzentrationen zu erhalten.
1.3 Expression der Hämoxygenase
1 in t-Butylhydrochinon behandelten Primärkulturen
Das t-Butylhydrochinon stellt einen Induktor für
oxidativen Streß dar. In der Literatur wurde dies von Dalton et al.
(1996) für das humane Metallothionein-Gen eingehend in den permanenten
Mäuse-Hepa-Zellen (Hepatoma Zellen) untersucht. Erstmals konnte mit
diesem Induktor eine eindeutig erhöhte Expression der HO-1 mRNA gezeigt
werden (siehe Ergebnisse 1.4, Abbildung 18). Die Stimulierung der HO-1
konnte auch auf der Proteinebene dargestellt werden (Ergebnisse 2.2, Abbildung
20).
In dem Metallothionein-Gen wird diese Stimulierung
der mRNA-Expression über eine erhöhte DNA-Bindungsaktivität
gegenüber dem Metall-responsiven Transkriptionsfaktor 1 gewährleistet.
Dieses Metall-responsive Element ist auf der DNA in einer fünffachen
Wiederholungssequenz organisiert. Eine oxidative Streß-Situation
wird in diesem Gen über den Metall-responsiven Transkriptionsfaktor
1 reguliert. Das in dem Hämoxygenase-Gen identifizierte putative Metall-responsive
Element ist lediglich in einer einmaligen Sequenz in dem Promotorbereich
vorhanden (siehe Diskussion Abbildung 39). Dennoch stellt dieses unvollständige
DNA-Bindungselement einen eventuellen "oxidativen Sensor" in dem HO-1-Promotor
dar. Mit Hilfe dieses Induktors besteht die Möglichkeit, erstmals
ein Element auf der HO-1 DNA zu verifizieren, das eindeutig auf oxidative
Streß-Situationen in den primären Hepatozyten regulierend wirkt.
1.4 Einfluß von t-Butylhydrochinon
auf die Expression von c-Jun in primären Hepatozyten
Von Oguro et al. (1996) konnte ein Zusammenhang zwischen
der HO-1 mRNA-Expression und der Expression des Transkriptionsfaktors c-Jun
aufgestellt werden. In Northern Transfer Analysen der t-Butylhydrochinon-stimulierten
HO-1 mRNA in primären Hepatozyten konnte erstmals eine Stimulierung
des Transkriptionsfaktors c-Jun detektiert werden. Der regulatorische Zusammenhang
zwischen der HO-1 und c-Jun, der von Oguro et al. beschrieben wurde, ergibt
sich aus der Induzierbarkeit der HO-1 durch Phoron, einem Stoff, der die
zelluläre Konzentration des Antioxidanten Glutathion aufbraucht. Durch
den Verbrauch des Glutathions wird das Gleichgewicht der Antioxidanten
und Oxidanten in der Zelle empfindlich in Richtung der Pro-Oxidanten gestört.
Diese Störung ist als oxidativer Streß definiert.
Unter dieser Bedingung, d.h. durch oxidativen
Streß, wird ebenfalls das zelluläre Onkogen c-Jun stimuliert.
Mit Supershift-Experimenten konnten Ergebnisse, die auf der mRNA-Ebene
demonstriert wurden, bestätigt werden. Sie zeigten eine eindeutige
Bindung des c-Jun an die DNA-Region (AP1 site) der Phoron-stimulierten
Gewebe. Die eingesetzten AP1-Oligonukleotide stellen die spezifische DNA-Bindungsregion
der Transkriptionsfaktoren c-Jun und c-Fos dar. Der Transkriptionsfaktor
AP1 setzt sich aus den c-Jun- und c-Fos-Genprodukten zusammen, welche als
Homodimerkomplexe (Jun/Jun) oder als Heterodimerkomplexe (Jun/Fos) organisiert
sein können. Wird die spezifische AP1-DNA-Bindungsregion durch Dexamethason
inhibiert, wird gleichfalls die Phoron-vermittelte HO-1 mRNA Induktion
inhibiert. Oguro et al. stellten somit einen direkten Zusammenhang einer
HO-1 Induktion mit einer c-Jun Induktion unter oxidativem Streß fest,
die über das spezifische AP1-DNA-Bindungselement vermittelt wird.
Dieser Zusammenhang zwischen der Induktion von
HO-1 und c-Jun konnte erstmalig in dieser Arbeit auch in t-Butylhydrochinon-behandelten
primären Hepatozyten gezeigt werden. Die c-Jun mRNA konnte durch t-Butylhydrochinon
eindeutig stimuliert werden (siehe Ergebnisse 3.1, Abbildung 22). Eine
Induzierbarkeit der c-Fos mRNA konnte unter diesen Bedingungen nicht festgestellt
werden. Auf Grund dieser Ergebnisse ist davon auszugehen, daß sich
der gebildete Transkriptionsfaktor AP1 bei einer t-Butylhydrochinon-Behandlung
(t-BHC) gleichfalls aus einem homodimeren Komplex aus den c-Jun Genprodukten
zusammensetzt (siehe Abbildung 40). Eine durch t-Butylhydrochinon (oxidativer
Streß) induzierte HO-1 aktiviert somit die AP1-Bindung an das cis-aktivierende
Element auf der DNA des HO-1-Gens und veranlaßt die AP1-vermittelte
transkriptionelle Aktivierung der HO-1-Genexpression.
Allerdings wurden die bisherigen AP1-Bindungsstudien
mit synthetischen AP1-Oligonukleotiden durchgeführt, da in dem bisher
sequenzierten Ratten HO-1-Promotor kein AP1-DNA-Element verifiziert werden
konnte. In dem HO-1 Rattengen konnten lediglich 1300 bp upstream des Transkriptionsstartpunktes
identifiziert werden (siehe Abbildung 39). Deshalb kann nicht ausgeschlossen
werden, daß die Induktion der c-Jun mRNA unter diesen Bedingungen
zu der "trans-acting" Anschaltung eines weiteren Proteins gehört,
welches noch nicht näher identifiziert werden konnte.
Auf Grund der bisherigen Ergebnisse ist von folgender
Organisation der AP1-involvierten Aktivierung der HO-1 mRNA auszugehen.

Abb.40: |
Schematische Darstellung des homodimeren c-Jun
Transkriptionskomplexes
Durch die Bildung des AP1 Transkriptionsfaktors
in Form eines c-Jun homodimeren Komplexes wird möglicherweise die
Transkription eines "trans-acting" Faktors evoziert. |
2. Einfluß von Atmungsketteninhibitoren
auf die stimulierte Hämoxygenase 1 und der ATP-Gehalt in diesen induzierten
primären Hepatozyten
Die Atmungskette, ein Teilprozeß der oxidativen
Phosphorylierung, katalysiert den Transport von Elektronen (vor allem von
NADH) auf molekularen Sauerstoff (O2). Für die vollständige
Reduktion des Sauerstoffes (O2) zu Wasser (H2O) werden
vier Elektronen auf den Sauerstoff übertragen und dabei gleichzeitig
als Ausgleich Protonen von der Matrix zur zytosolischen Seite der inneren
Mitochondrienmembran gepumpt. Die Reduktion des Sauerstoffes offenbart
allerdings das Problem, daß eine partielle Reduktion des Sauerstoffes
zu außerordentlich reaktiven und gefährlichen Verbindungen führt.
Ein Beispiel für eine solche reaktive Verbindung, die bei dem Transfer
eines einzigen Elektrons auf Sauerstoff gebildet werden kann, ist das Superoxidanionenradikal
(.O2-). Unerläßlich
entstehen in der Atmungskette physiologische Mengen von Radikalen, die
von den entsprechenden Enzymen abgebaut werden, da höhere Konzentrationen
der reaktiven Sauerstoffmetabolite zelltoxisch wirken. Die Superoxid-Dismutase
katalysiert die Umwandlung zweier Superoxidanionradikale (.O2-)
in Sauerstoff und Wasserstoffperoxid (H2O2). Die
Hydroperoxide bzw. Wasserstoffperoxide werden von der Katalase abgebaut.
Bei untypisch "hohen" Konzentrationen von Sauerstoffradikalen
sind diese Enzyme nicht mehr in der Lage, wie von Wu et al. (1991) in ventrikular
Myozyten gezeigt, die reaktiven Metabolite abzubauen. Anscheinend werden
andere, effektivere zelluläre Schutzmechanismen aktiviert. Möglicherweise
spielt unter diesen extremen Bedingungen die Expression der HO-1 bei dem
zellulären Schutzsystem primärer Hepatozyten eine wichtige Rolle.
Desweiteren wurde der ATP-Gehalt der behandelten
Kulturen bestimmt, um den Energiestoffwechsel (der Mitochondrien) zu analysieren.
2.1 Beeinflussung der Cadmium-
und Kobalt-induzierten Hämoxygenase 1
Die durch die beiden Metalle stimulierte HO-1 läßt
sich eindeutig durch die gleichzeitige Inkubation mit den Atmungsketteninhibitoren
(Rotenon und Antimycin A) reprimieren (siehe Ergebnisse 5.1, Abbildung
26 und Ergebnisse 5.3). Diese Ergebnisse weisen auf einen möglichen
regulatorischen Hämoxygenasemechanismus unter Beteiligung mitochondrialer
Funktionen der Zelle hin. Bisher wurden die beiden zweiwertigen Metall-Ionen
in Bezug auf ihren induzierenden Einfluß auf die HO-1-Expression
als kongruent betrachtet. Im Gegensatz zu dem Kobaltchlorid zeigt das Cadmium-II-Ion
eine eindeutige Herabsetzung des gesamten ATP-Gehaltes in den primären
Hepatozyten (siehe Ergebnisse 6.1, Abbildung 28). Diese Ergebnisse bestätigen
die Aussage, daß das Metall als ein Entkoppler der respiratorischen
Kette agiert. Entkoppler der Atmungskette sind Stoffe, die den Aufbau des
mitochondrialen Protonengradienten verhindern. Als Folge davon wird in
den Mitochondrien kein ATP mehr gebildet. Trotzdem laufen Substrat-Oxidation
und Elektronentransport mit hoher Geschwindigkeit ab. Statt ATP entsteht
dabei allerdings Wärme. Diese Erklärung würde die stark
erhöhte Konzentration der HO-1 mRNA begründen, da unter Cadmiumeinfluß
trotzdem die Substrat-Oxidation stattfindet, der Elektronentransport in
hoher Geschwindigkeit abläuft und somit im hohen Maße auch reaktive
Metabolite des Sauerstoffes (Radikale) gebildet werden können, die
zu einer Anschaltung des Schutzsystemes HO-1 führen.
Im Gegensatz dazu zeigte der ATP-Gehalt der Kobaltchlorid-behandelten
primären Hepatozyten keinen Unterschied zu den entsprechenden Kontrollwerten
(siehe Ergebnisse 6.2, Abbildung 29). Eine Inkubation mit Kobaltchlorid
erhöht die HO-1-Genexpression um ein Vielfaches. Diese Stimulierung
läßt sich sukzessiv durch Inhibitoren der Atmungskette reprimieren
(Ergebnisse 5.1, Abbildung 26 und Ergebnisse 5.3). Allerdings ist der ATP-Gehalt
während der Untersuchung der Zellen völlig unbeeinflußt
von der Kobaltzugabe. Mit diesen Ergebnissen konnte erstmals ein regulatorischer
Unterschied der induzierten HO-1-Genexpression, vermittelt durch die beiden
zweiwertigen Schwermetall-Ionen (Cadmium2+ und Kobalt2+)
auf zellulärer Ebene, gezeigt werden. Da das Kobalt, als Schwermetall-Ion,
im Gegensatz zu dem Cadmium keinen Entkoppler der Atmungskette darstellt,
muß sich die zelluläre Regulation der beiden Metalle unterscheiden.
Es stellt sich die Frage, ob der Regulationsunterschied bereits auf der
transkriptionellen Ebene durch die Aktivierung verschiedener Transkriptionsfaktoren
des entsprechenden Gens erfolgt oder durch die Begleiterscheinung der Metalle
(oxidativen Streß).
Die Ergebnisse der ATP-Messung in den primären
Hepatozyten unter Kobalteinfluß (keinen Abfall des ATP-Gehaltes in
primären Hepatozyten) zeigen einen bedeutenden Unterschied zu Resultaten,
die von Ehleben et al. (1997) in Hep G2 Zellen erstellt worden sind. In
den permanenten Hepatoma Zellen wurde eine Interaktion des Kobalt-II-Ions
mit den respiratorischen Funktionen unter Anstieg des Sauerstoff-Verbrauches
verifiziert. Detektiert wurde der gesteigerte Sauerstoff-Verbrauch in den
Hep G2 Zellen durch eine Sauerstoff-Partialdruckmessung mit Hilfe einer
Mikroelektrode. Wie schon zuvor bei der Diskussion der HO-1 Expression
in den primären Hepatozyten angesprochen, besteht ein gravierender
Unterschied zu den Studien in permanenten Zellinien und verwendeten Primärkulturen.
Eine Primärkultur spiegelt eher eine in vivo Situation wieder
als eine differenzierte Tumorzellinie. Neoplastische Zellen weisen gegenüber
normalen Zellen häufig ein stark verändertes Expressionsmuster
auf.
2.2 Häm-stimulierte
Hämoxygenase 1
Die Wirkung einer Hämzugabe hat die Induktion
der HO-1 zur Folge. Diese erhöhte mRNA-Expression läßt
sich eindeutig durch die beiden Inhibitoren der Atmungskette (Rotenon und
Antimycin A) aufheben. Das Ergebnis läßt die Vermutung zu, daß
die Regulation der HO-1-Expression unter Beteiligung der Mitochondrien
verläuft (siehe Ergebnisse 5.2, Abbildung 27 und Ergebnisse 5.3).
Unter anderem wurde bei der Messung des ATPs in Häm-induzierten primären
Hepatozyten eine Herabsetzung des ATP-Gehaltes festgestellt. Dieser reprimierende
Effekt des Häms auf den ATP-Gehalt in den Zellen läßt sich
durch die Zugabe des Antioxidanten N-Acetylcystein (NAC) geringfügig
kompensieren. Diese Befunde geben den Hinweis darauf, daß bei der
Induktion (vermittelt durch das Substrat Häm) vermehrt reaktive Metabolite
des Sauerstoffes (Radikale) entstehen, die sukzessiv durch den Antioxidanten
entfernt werden können. Allem Anschein nach lassen sich geschädigte
Mitochondrien nur sehr langsam wieder "stabilisieren". Diese Ergebnisse
bestätigen die toxische Wirkung erhöhter zellulärer Hämkonzentrationen
(Diskussion, Kapitel 1.2). Die Hämgruppe bzw. ihre zytotoxischen Degradationsprodukte
Eisen und Kohlenmonoxid sind in der Lage, schädigend auf den ATP-Gehalt
primärer Hepatozyten zu wirken (siehe Ergebnisse 6.3, Abbildung 30).
Grundlage für die Toxizität erhöhter Hämkonzentrationen
ist die Tatsache, daß durch das Häm das Gleichgewicht der Antioxidanten
und Pro-Oxidanten der Zelle in Richtung der Pro-Oxidanten gestört
wird. Hohe Hämkonzentrationen werden durch die HO-1 abgebaut und die
dadurch enstehenden erhöhten Konzentrationen von Fe2+ stimulieren
die Synthese der Ferritin mRNA, dem natürlichem Eisenspeicher (Einleitung
7.2), da das Eisen die katalytische Fähigkeit besitzt, durch Interaktion
Sauerstoffradikale in der Zelle anzureichern (siehe Diskussion 3. und Einleitung
6.2). Das zweite Degradationsprodukt des Häms, Kohlenmonoxid (CO),
bewirkt durch seine vasodilatatorischen Eigenschaften eine sukzessive Erweiterung
der arteriellen Gefäße und ermöglicht somit einen raschen
Abtransport erhöhter Eisen- und Sauerstoffradikalkonzentrationen.
2.3 Induktor t-Butylhydrochinon
Das t-Butylhydrochinon erzeugt oxidativen Streß
und aktiviert auf diesem Weg die Expression des Metallothionein-Gens und
der HO-1 (siehe 1.3 des Diskussionsteils). Dieser "Streß" wird im
Falle des Metallothionein-Gens über ein spezifisches Element in dem
Promotor vermittelt. Dennoch könnten andere zelluläre Kompartimente
(z.B. die Mitochondrien) bei dieser Regulation beteiligt sein. Eine etwaige
Beeinflussung durch Atmungsketteninhibitoren erwies sich bei der t-Butylhydrochinon-stimulierten
HO-1 als negativ. Weder Rotenon noch Antimycin A waren in der Lage, die
t-Butylhydrochinon-stimulierte HO-1 zu reprimieren (siehe Ergebnisse 5.3).
Zur Kontrolle der Arbeitshypothese wurde der
ATP-Gehalt in den t-Butylhydrochinon behandelten primären Hepatozyten
gemessen. Die Inhibitoren der Atmungskette reprimieren die durch t-Butylhydrochinon-induzierte
HO-1 nicht. Das läßt die Vermutung zu, daß der Regulationsweg
des t-Butylhydrochinons anders ist als der durch die Induktoren Häm
und Cadmiumchlorid. Diese Ergebnisse lassen die Vermutung zu, daß
die HO-1-Expression direkt über ein Element auf dem 5'-untranslatierten
Bereich der DNA reguliert wird. Die nicht-Reprimierbarkeit der t-Butylhydrochinon
stimulierten HO-1 durch die Inhibitoren der Atmungskette weisen auf einen
Regulationsweg ohne Beteiligung der respiratorischen Funktionen hin, also
einem völlig anderen Regulationsweg als durch die Induktoren Häm
und Kobaltchlorid. Diese Befunde sprechen für eine Aktivierung der
HO-1-Expression via des DNA-Bindungselementes MRE, wobei eine Beteiligung
des Transkriptionsfaktors AP1 (c-Jun Homodimerkomplex) nicht ausgeschlossen
werden kann.
In der folgenden Tabelle 2 sind die jeweiligen
Induktoren und ihre Wirkung auf die HO-1- Expression (mRNA- und Proteinebene)
unter den verschiedenen bisher diskutierten Versuchsbedingungen zusammengefaßt
dargestellt.
Induktoren |
Expression auf RNA- und Proteinebene |
Aktivierung des AP1-TF (c-Jun Homodimer) |
negativer Einfluß der Atmungsketteninhi-bitoren |
Verminderung des ATP-Gehaltes |
Cadmiumchlorid |
+++ |
- |
+++ |
+++ |
Kobaltchlorid |
++ |
- |
++ |
- |
Hämin |
++ |
- |
++ |
+ |
t-Butylhydrochinon |
+++ |
++ |
- |
- |
TF Transkriptionsfaktor, +++ sehr stark, ++ stark,
+ schwächer, kein Effekt
Tab.2: |
Bilanz der Induktoren auf die Hämoxygenase
1 in primären Hepatozyten
Gezeigt wird die Wirkung der Atmungsketteninhibitoren
Rotenon und Antimycin A auf die Expression der HO-1 mRNA sowie der ATP-Gehalt
primärer Hepatozyten während der Stimulierung mit den entsprechenden
Induktoren. Nur bei dem Induktor t-Butylhydrochinon konnte eine Aktivierung
der c-Jun mRNA (Bildung eines AP1 TF aus c-Jun Homodimeren) festgestellt
werden. |
3. Untersuchungen zu dem
Einfluß von Antioxidanten auf die Hämoxygenase 1-Genexpression
sowie die Bildung von reaktiven Sauerstoffzwischenstufen (reactive oxygen
intermediates, ROIs)
Die HO-1 ist ein Streß-induziertes Protein
(Sato et al., 1993). Aus diesem Grund wurden zelluläre Antioxidanten
zur Reprimierung des induzierten Enzyms ausgewählt, um die Entstehung
etwaiger Radikale (reaktive Sauerstoffzwischenstufen) zu verhindern. Bei
den verwendeten zellulären Antioxidanten handelt es sich um die Vorstufe
des Glutathions, N-Acetylcystein (NAC). Das Glutathion beseitigt unter
anderem Peroxide durch die Glutathion-Peroxidase (Flohe, 1989) und ist
in der Lage, durch Konjugation von exogenen reaktiven Sauerstoffzwischenstufen
entgiftend zu wirken. Als zweites Antioxidant wurde a-Tocopherol (Vitamin
E) verwendet. Das a-Tocopherol wirkt in der Lipidphase biologischer Systeme
(Schutz vor Lipidperoxidation) als kettenabbrechendes Antioxidant. Des
weiteren wurde mit einer neueren Methode versucht, die entstandenen reaktiven
Metabolite direkt in der Zelle zu detektieren. Bei dieser Methode werden
die reaktiven Sauerstoffzwischenstufen (reactive oxygen intermediates,
ROIs) mit Hilfe eines Fluoreszenzfarbstoffes, der bei der Detektierung
selbst oxidiert wird, in einem konfokalen Fluoreszenzmikroskop sichtbar
gemacht. Auf diese Weise kann die Bildung von Radikalen in einzelnen Zellen
analysiert werden. Die konfokalen Fluoreszenzanalysen erfolgten ebenfalls
in primären Hepatozyten.
3.1 Oxidativer Einfluß
von Cadmium- und Kobaltchlorid
Für die Reprimierung der Cadmium-vermittelten
Stimulation der HO-1 wurde NAC verwendet. Bei den Versuchsdurchführungen
mußte beachtet werden, daß das NAC in der Lage ist, zweiwertige
Metall-Ionen über die Sulfhydrylgruppen zu binden. Durch diese Metall-Schwefel-Bindung
kann natürlich deshalb keine Aussage über die antioxidative Wirkung
des NACs sowie über eine oxidative Veränderung in den Cadmium-induzierten
Primärkulturen getroffen werden. Aus diesem Grund wurde bei den Versuchsdurchführungen
sukzessiv das extrazelluläre Cadmiumchlorid durch einen Mediumwechsel
von dem Zellrasen der primären Hepatozyten entfernt. Das NAC ist in
der Lage, 4.5 Stunden nach einer 1.5-stündigen Stimulierung mit Cadmiumchlorid
die HO-1 mRNA Expression zu reprimieren (siehe Ergebnisse 4.1, Abbildung
23), wobei nicht ausgeschlossen werden kann, daß das intrazelluläre
Cadmium ebenfalls über die Sulfhydrylgruppe des NACs gebunden werden
kann. Der Beweis, daß in der Tat Cadmium eine Erhöhung der ROIs
bewirkt, konnte mit Hilfe der Fluoreszenzanalysen erstmals dargestellt
werden. Die Akkumulation der ROIs konnte bereits nach einer Inkubationszeit
von 30 min mit dem Cadmiumchlorid detektiert werden. Die vermehrte Fluoreszenz
in den primären Hepatozyten läßt sich noch bis zu 1.5 Stunden
nach der Cadmiumzugabe analysieren. Nach 120 min sinkt die Bildung von
ROIs wieder ab (siehe Ergebnisteil 7.2, Abbildung 33). Dies läßt
die Vermutung zu, daß Zellschutzsysteme aktiviert werden, um die
oxidative Streß-Situation in den primären Hepatozyten in ein
neues Gleichgewicht zu bringen. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit,
daß neben den klassischen Zellschutzsystemen (wie z.B. einer Glutathionaktivierung)
auch die HO-1 als ein Schutzsystem gegen oxidativen Streß aktiviert
wird.
Die Reprimierung der Kobalt-induzierten HO-1 durch
Antioxidanten in primären Hepatozyten war unter den untersuchten Bedingungen
negativ; dennoch liegt die Vermutung nahe, daß das Kobaltchlorid
oxidativen Streß (eine oxidative Veränderung) in den primären
Hepatozyten erzeugt. Es besteht durchaus die Möglichkeit, daß
die toxische Wirkung des Metalls (durch die hohe Konzentration) so gravierende
Auswirkungen auf die Physiologie primärer Hepatozyten hat, daß
selbst durch die hochdosierten Konzentrationen der Antioxidanten (NAC und
a-Tocopherol) kein oder nur ein geringer reprimierender Effekt der Induktion
erzielt wird. Diese Hypothese würde auch erklären, weshalb sich
bei der Cadmium-stimulierten HO-1 die Repression der mRNA über mindestens
4.5 bis 6.5 Stunden erstreckt, während bei den anderen Induktoren
(Hämin und t-Butylhydrochinon) bereits nach 1.5 bis 2 Stunden eine
Reprimierung sichtbar wird (siehe Ergebnisteil 4.2, Abbildung 24A und 24B).
Wahrscheinlich ist das empfindliche Gleichgewicht der Zelle (Verhältnis
der Antioxidanten zu den Pro-Oxidanten) durch die Metallzugabe derart gestört
worden, daß eine Wiederherstellung dieses Gleichgewichtes fast unmöglich
ist.
Die Befunde der Fluoreszenzanalysen bestätigen
die Aussage, daß das Kobaltchlorid an oxidativem Streß beteiligt
ist. Während einer Kobaltchlorid-Stimulierung konnte eine Anreicherung
von ROIs, gleichfalls wie bei den Cadmiumchlorid-Experimenten, innerhalb
von 30 min ermittelt werden. Im Unterschied zu den Cadmium-stimulierten
primären Hepatozyten ist in den Kobaltchlorid-induzierten Zellen die
Akkumulation der freien ROIs noch nach 120 min deutlich zu detektieren.
Nach 120 min Kobaltchlorid-Inkubation sinkt die
Bildung der reaktiven Metabolite in den primären Hepatozyten und läßt
wiederum die Vermutung zu, daß Zellschutzsysteme durch oxidativen
Streß aktiviert werden. Durch diese Ergebnisse in den primären
Hepatozyten werden Resultate von Ehleben et al. (1997) bestätigt,
die bei einer Kobaltchlorid-Stimulierung in der permanenten Zellinie HepG2
eine Zunahme der Gluthathion-Peroxidase-Aktivität feststellten, welche
eine Abnahme des intrazellulären Wasserstoffperoxid-Gehaltes zur Folge
hat.
Erstmals konnte ein Zusammenhang einer Radikalanreicherung
unter Kobaltchlorid-Stimulierung dargestellt werden. Des weiteren ergibt
sich die Toxizität zweiwertiger Metall-Ionen (in der Einleitung 7.2
für Eisen demonstriert) aus der katalytischen Fähigkeit, in der
Zelle Sauerstoffradikale anzureichern. Die Metall-Ionen bilden einen katalytischen
Zyklus durch Interaktion mit z.B. Wasserstoffperoxiden (Metall (II) --->
Metall (III) ---> Metall (II)), so daß sehr geringe Konzentrationen
des Metalles viele Kettenreaktionen (mit ROOH unter der Bildung von RO.)
einleiten können. Dabei ist festzustellen, daß das Kobaltchlorid
in wesentlich höheren Konzentrationen (100 uM) als das Cadmiumchlorid
(5 uM) vorliegen muß, um oxidativen Streß und die Expression
der HO-1 zu aktivieren.
In der folgenden schematischen Abbildung 41 sind
die regulatorischen Unterschiede der Induktoren Cadmium- und Kobaltchlorid
und die resultierende Anreicherung der ROIs dargestellt.

Abb.41: |
Schematische Darstellung der unterschiedlichen
zellulären Wirkungsmechanismen für Cadmium- und Kobaltchlorid |
3.2 Radikal-Bildung unter
dem Einfluß der Induktoren Häm und t- Butylhydrochinon
Für die Repression der Häm-vermittelten
Induktion der HO-1 mRNA wurden ebenfalls die Antioxidanten NAC und a-Tocopherol
verwendet. Beide Antioxidanten reprimieren die Häm-stimulierte HO-1
mRNA innerhalb von 3 Stunden bei gleichzeitiger Inkubation stark negativ
(siehe Ergebnisse 4.2, Abbildung 24A und Ergebnisse 4.3, Abbildung 25A).
Der Zusammenhang zwischen der Stimulierung der HO-1 durch das eigene Substrat
Häm und oxidativem Streß war die Grundlage vieler Arbeitsgruppen,
die diese Problematik behandelten. Um die Verknüpfung der Häm-Stimulierung
der HO-1 mRNA und die Bildung von ROIs zu analysieren, wurde die Anreicherung
der freien Radikale in den stimulierten primären Hepatozyten im Fluoreszenzmikroskop
untersucht. Eine Akkumulation der ROIs konnte nach 60 min Stimulierung
mit dem Substrat Häm detektiert werden. Die Bildung von ROIs konnte
in den primären Hepatozyten stabil bis zu 90 min (1.5 Stunden) während
der Hämbehandlung gezeigt werden (siehe Ergebnisteil 7.3, Abbildung
34). Bei längeren Inkubationszeiten (bis zu 180 min) konnte wiederum
eine Abnahme der ROIs in den Primärkulturen beobachtet werden. Gleichermaßen,
wie schon die Ergebnisse für die Metallinduktoren aufzeigten, werden
sehr wahrscheinlich zelluläre Schutzsysteme aktiviert, die eine Absenkung
der reaktiven Metabolite bewirken.
Eine Reprimierung der t-Butylhydrochinon-induzierten
HO-1 mRNA konnte ebenfalls mit den Antioxidanten NAC und a-Tocopherol demonstriert
werden (siehe Ergebnisse 4.2, Abbildung 24B und Ergebnisse 4.3, Abbildung
25B). Innerhalb von 3 Stunden konnte eine eindeutige Repression der t-Butylhydrochinon
behandelten HO-1 mRNA verifiziert werden.
Dalton et al. (1997) beschrieb das t-Butylhydrochinon
als einen Induktor von oxidativem Streß (siehe Diskussion, Kapitel
1.) im Metallothionein-Gen. Die oxidative Veränderung primärer
Hepatozyten, d.h. die Akkumulation von ROIs unter t-Butylhydrochinoneinfluß,
konnte mit Hilfe der Rhodamin-Fluoreszenzmethode erstmals demonstriert
werden. Die Akkumulation der freien Radikale konnte nach einer 60-minütigen
Inkubation mit dem t-Butylhydrochinon detektiert werden. Innerhalb dieses
Zeitraumes bis einschließlich 120 min Inkubationszeit wurden die
freien Radikale angereichert (siehe Ergebnisse 7.7.3, Abbildung 34). Bei
der 180-minütigen Stimulation mit t-Butylhydrochinon war dann wieder
eine deutliche Abnahme der Radikalbildung festzustellen.
Gleichfalls, wie bei den Ergebnissen der Metallinduktoren,
konnte für das Häm und das t-Butylhydrochinon erstmals eine Radikalanreicherung
mit Hilfe der Dihydrorhodamin- Fluoreszenzanalye festgestellt werden. In
Bezug auf den Induktor t-Butylhydrochinon sind diese Ergebnisse ein Hinweis
auf ein regulatorisches Modell des oxidativen Stresses, der über das
Metall-responsive Element (wie im Falle des Metallothionein-Gens) reguliert
wird. Eine
Beteiligung des AP1 Transkriptionsfaktors, der
sich aus den homodimeren Genprodukten des c-Jun bildet, kann dennoch nicht
ausgeschlossen werden.
Für das Substrat Häm konnte erstmals
ein Zusammenhang zwischen einer Induktion der HO-1 und oxidativem Streß
(Radikalbildung) dargestellt werden. In den bisherigen Studien wurde eine
Beteiligung des Häms an oxidativen Veränderungen der Zelle nur
ansatzweise geklärt. Es wurden bisher keine ROIs bei einer Häm-Stimulierung
detektiert. Diese Resultate bestätigen unter anderem die toxische
Wirkung eines Hämüberschusses in der Zelle (primäre Hepatozyten).
Diese Ergebnisse zeigen, daß eine erhöhte Hämkonzentration
das Gleichgewicht zwischen Oxidanten und Antioxidanten in der Zelle eindeutig
aus der Balance zu bringen vermag. Diese Störung des zellulären
oxidativen Gleichgewichtes wird unter anderem auch durch das zytotoxische
Produkt des Häms: Eisen (Fe2+) erzeugt. Erhöhte Eisen-Ion-Konzentrationen,
die während einer aktivierten HO-1 auftreten, sind gekoppelt mit einer
erhöhten Expression der Ferritin mRNA (siehe Einleitung, Kapitel 7.2).
Durch eine gesteigerte HO-1-Aktivität wird gleichfalls die Konzentration
des linearen Tetrapyrol Biliverdin erhöht. Das Biliverdin wird durch
die Biliverdin-Reduktase in das Bilirubin umgewandelt. Bilirubin und Biliverdin
sind in der Lage, mit hoher Effizienz Peroxyl-Radikale einzufangen und
somit das Gleichgewicht zwischen Antioxidanten und Pro-Oxidanten wieder
herzustellen.
In der folgenden Abbildung 42 sind die verschiedenen
Wirkungsmechanismen der Induktoren Häm und t-Butylhydrochinon schematisch
dargestellt.

Abb.42: |
Schematische Darstellung der unterschiedlichen
zellulären Regulation und der damit verbundenen Bildung von ROIs für
die Induktoren Hämin und t- Butylhydrochinon (t-BHC). |
Zusammengefaßt konnte erstmals festgestellt
werden, daß alle untersuchten Induktoren eine Stimulierung der HO-1-Genexpression
auf der mRNA- und Proteinebene in den primären Hepatozyten bewirken.
Außerdem konnte demonstriert werden, daß die unterschiedlichen
Induktoren der HO-1 in den primären Hepatozyten oxidativen Streß
erzeugen. Für die Induktoren konnte ferner durch die Verwendung von
Atmungsketteninhibitoren (Rotenon und Antimxcin A) sowie durch die Messung
des zellulären ATP-Gehaltes unterschiedliche Wirkungsmechanismen dargestellt
werden, die als Konsequenz stets eine Stimulierung der HO-1 mRNA und des
Proteins zur Folge haben.
4. Charakterisierungsgrundlagen
der HO-1-Promotorregulation in primären Hepatozyten
Der letzte Teil der Diskussion beschäftigt sich
mit der Regulation der HO-1-Genexpression auf der Promotor-Ebene. Nachdem
die Beteiligung von reaktiven Sauerstoffzwischenstufen (ROIs) bei der transkriptionellen
Aktivierung der HO-1 mRNA nachgewiesen werden konnte, stellt sich die Frage,
welche DNA-Bindungsmotive für diese spezifischen Aktivierungen der
HO-1 von Bedeutung sind. Wie z.B. im Diskussionskapitel 1. dargestellt,
handelt es sich bei der Cadmiumchlorid vermittelten Induktion der HO-1
mRNA um einen Effekt auf den Transkriptionsvorgang, wie durch die Run-Off
Transkriptionsmessungen gezeigt werden konnte. In dem Promotor der HO-1
muß ein "Sauerstoff-sensitives Element" (DNA-Bindungselement) existieren,
welches für die Aktivierung der HO-1 mRNA-Expression unter oxidativem
Streß verantwortlich ist. Das zeigten die Befunde der ROI-Entstehung
in den primären Hepatozyten durch Stimulierung mit den Induktoren
(Metalle, Häm und t-Butylhydrochinon).
Ein anderer wichtiger Aspekt, auf den sich die
weiteren molekularen Regulationsuntersuchungen der HO-1 in der Diskussion
beziehen, ist die Schilddrüsenhormon-abhängige Induktion der
HO-1 mRNA. Ausgangspunkt der hier beschriebenen Experimente war die eindeutige
Abhängigkeit der HO-1 mRNA-Expression durch Schilddrüsenhormone
(T3) in Northern Transfer Analysen (Dr. T. Pillar und I. Wilke, persönliche
Mitteilung).
4.1 Einfluß von
Cadmium- und Kobaltchlorid auf die Promotorkonstrukte der Hämoxygenase
1
Die beiden HO-1-Promotorkonstrukte, kloniert in einen
Luciferase-Reportergenvektor, ließen sich durch Inkubation mit den
Metallchloriden in primären Hepatozyten eindeutig anschalten (siehe
Ergebnisteil 8.1, Abbildung 35). Im Falle des Cadmiumchlorides um das 3-fache
und bei Kobaltchlorid um das 5-fache (Ergebnisteil 8.3.1, Abbildung 36).
Für das Cadmiumchlorid befindet sich dieser Befund in Übereinstimmung
mit den Daten der Run-Off Transkriptionsmessungen, die zeigen, daß
das Metall einen Einfluß auf die Transkription der HO-1 nimmt. Eine
gleichartige transkriptionelle Aktivierung bei den Transfektionen konnte
erstmals in primären Hepatozyten auch für das Kobaltchlorid gezeigt
werden.
Von Müller et al. (1987) wurde in dem Ratten
HO-1-Promotor putativ eine ALU-Sequenz definiert (siehe Diskussion, Abbildung
39). Diese Sequenz ist ein Motiv, das normalerweise nur im menschlichen
Genom vorkommt (ihren Namen tragen die ALU-Sequenzen, da sie etwa in der
Mitte eine Schnittstelle für das Restriktionsenzym Alu I tragen).
Diese Sequenzen gehören zur Klasse der hochrepetitiven DNA-Sequenzen
und sind statistisch im Genom verteilt. Trotz ihrer Häufigkeit ist
die Funktion der ALU-Sequenz noch unbekannt.
Das 830 bp HO-1-Plasmid unterscheidet sich von
dem 1300 bp-Plasmid lediglich durch die Abwesenheit dieser ALU-Sequenz
im 5'-Bereich des sequenzierten HO-1-Promotors. Wie die Transfektionsergebnisse
der zwei Promotorkonstrukte zeigen, ist das Vorhandensein dieser Sequenz
für die HO-1 Induktion unter oxidativem Streß nicht von Bedeutung.
Das putative Sauerstoff-sensitive Element des HO-1-Promotors für die
beiden Metalle muß sich demnach in den verbliebenen 830 bp der Promotorregion
befinden.
Im Falle des Cadmiumchlorids wurde 1996 von Maeshima
et al. ein Element verifiziert, das die Anschaltung der HO-1 bewirkt. Dieses
DNA-Element wurde als USF (upstream stimulating factor) bezeichnet. Die
Induzierbarkeit der HO-1 durch Cadmiumchlorid wurde zwar von vielen Arbeitsgruppen
bestätigt, dennoch konnten die Resultate von Maeshima et al. nicht
reproduziert werden. Es stellt sich jetzt weiterhin die Frage, wie die
HO-1 durch Cadmium bzw. durch die Begleiterscheinung des Cadmiums, den
oxidativen Streß, induziert wird. Natürlich kann eine Beteiligung
des USF-Elementes bei einer durch oxidativen Streß-vermittelten HO-1-Induktion
nicht ausgeschlossen werden.
Das Kobaltchlorid wurde in der Literatur immer
im Zusammenhang mit der Hypoxie diskutiert. Die Gemeinsamkeit hypoxisch
regulierter Gene ist die Anwesenheit eines Elementes in dem 3'-translatierten
Bereich. Dieses Element wird als HIF 1 (hypoxia inducible factor 1) bezeichnet.
In dem Promotor sowie in dem 3'-translatierenden Bereich der zur Zeit identifizierten
Ratten HO-1-Sequenz konnte bisher kein vergleichbares HIF 1-Motiv verifiziert
werden. Eine analoge Regulation, wie es bei den hypoxisch induzierten Genen
der Fall ist, kann deshalb bei der Adaption der HO-1 ebenfalls ausgeschlossen
werden.
Zusammenfassend läßt sich daraus vermuten,
daß die Anwesenheit eines Sauerstoff-sensitiven Elementes in dem
HO-1-Promotor von großer physiologischer Bedeutung für die Ausprägung
des Induktionseffektes der HO-1-Transkription unter oxidativem Streß
ist. Die Ergebnisse der Tranfektionsexperimente für das Cadmium- und
Kobaltchlorid lassen die Schlußfolgerung zu, daß sich das Sauerstoff-sensitive
Element in den verbliebenen sequenzierten 830 bp des HO-1-Promotors befinden
muß.
4.2 Einfluß des
Substrates Häm auf die Transkription der Hämoxygenase 1- Promotorkonstrukte
Das HO-1-Substrat Häm induziert die Transkription
der HO-1-Konstrukte 1300 und 830 bp um das 3- und 2.5-fache (siehe Ergebnisse
8.3.2, Abbildung 37). Die Abwesenheit der ALU-Sequenz (in dem 830 bp Konstrukt)
hat bei den Häm-vermittelten Gentransferexperimenten ebenfalls keinen
Einfluß auf die HO-1-Transkriptionsaktivität. Das bedeutet,
daß das regulatorische Element der Häm-vermittelten HO-1-Induktion
ebenfalls in den sequenzierten 830 bp lokalisiert sein muß. Durch
die Ergebnisse der Fluoreszenzanalysen der Häm-vermittelten ROI-Anreicherung
in primären Hepatozyten ist von einer oxidativen Streß-Situation
in den Primärkulturen auszugehen. Diese Befunde, zusammen mit den
Ergebnissen der Transfektionsexperimente, geben erstmals den Hinweis auf
eine Regulation der HO-1 durch Häm, vermittelt über ein Sauerstoff-sensitives
Element in dem 830 bp-Promotorfragment.
4.3 Regulation der t-Butylhydrochinon-stimulierten
Hämoxygenase 1
Die Transfektionsexperimente des t-Butylhydrochinon-induzierten
HO-1-Promotors in den primären Hepatozyten demonstrierten einen dramatischen
Anstieg der Transkription um das 4- (1300 bp HO-1) und 5-fache (830 bp
HO-1) (siehe Ergebnisteil 8.3.2, Abbildung 37). Für eine durch oxidativen
Streß stimulierte HO-1 besteht im Falle des t-Butylhydrochinons die
Möglichkeit einer Regulation über das Metall-responsive Element
(metal-responsive element, MRE). Wie bereits in Kapitel 5.1.3 ausführlich
diskutiert, werden andere Gene durch t-Butylhydrochinon-vermittelten oxidativen
Streß mittels eines MREs auf der DNA reguliert. Dieses Metall-abhängige
Element ist auf der DNA in einer 5-fachen Wiederholungssequenz organisiert.
Eine oxidative Streß-Situation wird in diesen Genen über den
Metall-responsiven Transkriptionsfaktor 1 reguliert. In dem HO-1-Promotor
ist ein putatives MRE von Müller et al. (1987) verifiziert worden
(siehe Diskussion, Abbildung 39). Allerdings liegt dieses DNA-Element in
der HO-1 (in dem 830 bp und 1300 bp HO1-Fragment) nur als eine einmalige
Sequenz vor. Demnach stellt sich die Frage, ob dieses MRE überhaupt
funktionsfähig ist.
Neben einer Regulation via eines MREs konnte
bei einer t-Butylhydrochinon-induzierten HO-1 gleichfalls die Induktion
des Transkriptionsfaktors AP1 festgestellt werden. Wie zuvor schon ausführlich
beschrieben (Diskussion, Kapitel 5.1.4), konnte bei einer Regulation der
HO-1 mRNA durch t-Butylhydrochinon eine Expression des zellulären
Protoonkogens c-Jun festgestellt werden. Der an der Regulation beteiligte
Transkriptionsfaktor AP1 setzt sich im Falle des Induktors t-Butylhydrochinon
(und anderen oxidativen Streß-vermittelnden Agenzien) aus einem homodimeren
Komplex zweier c-Jun-Genprodukte zusammen. In dem bisher sequenzierten
HO-1-Promotor konnte kein AP1-Bindungselement auf der DNA identifiziert
werden. Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, daß die festgestellte
Induktion der c-Jun mRNA unter diesen oxidativen Streß-Bedingungen
"trans-acting" zu der Anschaltung eines weiteren Proteins gehört,
welches noch nicht näher identifiziert werden konnte.
Diese Ergebnisse lassen die Schlußfolgerung
zu, daß die Regulation der HO-1 durch t-Butylhydrochinon via des
MREs erfolgt. Das Element befindet sich in den 830 bp des HO-1-Promotors,
in dem die anderen Induktoren der HO-1 (Häm, Cadmium- und Kobaltchlorid)
gleichfalls induzierend auf die Transkription wirken. Da das t-Butylhydrochinon
sowie die weiteren Induktoren der HO-1 (Häm, Cadmium- und Kobaltchlorid)
oxidativen Streß in den primären Hepatozyten erzeugen, wird
die Vermutung bestätigt, daß es sich bei dem Metall-responsiven
Element um den gesuchten oxidativen Sensor der HO-1 handelt. Weitere Promotorstudien
wie z.B. Deletionsexperimente müssen die These noch bekräftigen.
4.4 Mechanismus der T3-vermittelten
Hämoxygenase 1-Induktion
Dr. T. Pillar und I. Wilke konnten eine Aktivierung
der HO-1 mRNA-Expression durch Schilddrüsenhormon in den verschiedenen
Organen der Ratte und in primären Hepatozyten in Northern Transfer
Analysen zeigen.
Bei der T3-vermittelten Anschaltung eines Gens
kommen grundsätzlich drei Mechanismen in Betracht:
Regulation via eines TREs (cis-acting).
Relativ gut untersucht ist der Mechanismus der direkten Induktion durch
Interaktion des T3-Rezeptors mit "cis-acting" Elementen in den regulatorischen
Bereichen der jeweiligen Gene. Der molekulare Mechanismus der direkten
Aktivierung konnte in den vergangenen Jahren exemplarisch an einigen Genen,
wie z.B. der Glukokinase (von Frau Dr. Schneuer aus unserem Labor), gezeigt
werden. Hier fungiert der kernständige T3-Rezeptor als Liganden-abhängiger
Transkriptionsfaktor. Nach Bindung des Hormonliganden interagiert der Rezeptor,
meist im Zusammenspiel mit anderen Vertretern der Steroid/Thyroid-Hormon-Rezeptor-Superfamilie,
mit spezifischen Nukleotidsequenzen, sogenannten TREs, die im regulatorischen
Bereich der Zielgene liegen. Die Aktivierung der basalen Transkriptionsmaschinerie
ist von einem schnellen Anstieg der mRNA gefolgt.
Die in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Transfektionsergebnisse
zeigen eine transkriptionelle Regulierung des HO-1-Promotors durch T3.
Das 1300 bp HO-1- und das 830 bp HO-1-Konstrukt werden um das 3-fache durch
T3 transkriptionell stimuliert . Der 3-fache Anstieg der Promotoraktivität
in der Hyperthyreose dokumentiert die dramatische Regulation der HO-1 durch
T3 (siehe Ergebnisse 8.3.3, Abbildung 38). In dem sequenzierten HO-1-Promotor
der Ratte konnte allerdings bisher noch kein funktionelles TRE identifiziert
werden. Gleichfalls konnte in dem weitaus besser untersuchtem HO-1-Promotor
der Maus (-10 kb) auch kein funktionelles TRE lokalisiert werden. Diese
Befunde lassen die Vermutung zu, daß die Regulation der HO-1 mRNA-Expression
durch T3 mittels eines indirekten Mechanismus erfolgt.
Indirekter Mechanismus (trans-acting).
Zum indirekten Mechanismus gibt es bislang nur sehr wenige Befunde. Ausgangspunkt
für die Annahme eines solchen Mechanismus war, daß bei verschiedenen
Genen, deren Expression T3-abhängig reguliert wird, keine TRE-Sequenzen
gefunden werden konnten. Außerdem erfolgt bei diesen Genen der Anstieg
der mRNA nach T3-Gabe im Vergleich zur schnellen, direkten Anschaltung
mit einer Verzögerung von 12 bis 24 Stunden. Beispiele hierfür
sind die mitochondrialen Enzyme Cytochrom c (Scarpulla et al., 1986) und
Cytochrom c1. Bei dieser Regulation der Gene erfolgt zunächst
die Induktion und Synthese eines T3-abhängigen Transkriptionsfaktors,
der dann seinerseits die Expression dieser Zielgene reguliert. Ein solcher
"trans-acting factor" ist der nukleäre respiratorische Faktor NRF-1
(nuclear respiratory factor 1). Dieser Faktor bindet an die Konsensussequenz
der entsprechenden Gene und bildet somit die Verbindung zwischen einer
T3-Stimulierung und einer selektiven Regulation respiratorischer Genexpression
(Übersicht bei Pillar & Seitz, 1997), dieses Prinzip erklärt
darüber hinaus die zeitverzögert eintretende Steigerung der Genexpression.
Eine solche zeitlich koordinierte Anschaltung
einer Kaskade von mitochondrialen Proteinen durch T3 läßt aufgrund
der charakteristischen Zeitkinetik der HO-1-Induktion (bis zu 20 Stunden)
die Vermutung zu, daß die HO-1 eventuell ebenfalls durch einen derartigen
Mechanismus reguliert wird. Allerdings konnte die spezifische Konsensussequenz
des NRF-1 nicht in dem HO-1-Promotor identifiziert werden, so daß
eine Beteiligung dieses "trans-acting" Faktors bei einer T3-vermittelten
HO-1-Induktion ausgeschlossen werden kann. Diese Ergebnisse weisen auf
eine Regulation der T3-vermittelten HO-1-Genexpression z.B. über die
Steigerung des mitochondrialen Sauerstoffverbrauches bei einer Hyperthyreose
hin.
Einfluß von T3 auf den mitochondrialen
Sauerstoffverbrauch. Die Erhöhung des mitochondrialen Sauerstoffverbrauches
ist das meßbare Resultat der komplexen Ÿnderung des Intermediärstoffwechsels
durch T3 (siehe Einleitung, Kapitel 2). Über welchen Mechanismus diese
Effekte vermittelt werden und welche Komponenten des mitochondrialen Metabolismus
hierfür verantwortlich sind, stellen noch offene Fragen dar.
Die Ergebnisse der transienten Transfektionen
geben den Hinweis darauf, daß ein regulatorisch wichtiges T3-abhängiges
DNA-Element in den sequenzierten 830 bp des HO-1-Promotors existieren muß.
Ob dieses putative Element gleichfalls einen oxidativen Sensor darstellt,
wie bei den unter oxidativem Streß manifestierten Bedingungen, ist
noch unbekannt. Bisher ist eine Beteiligung von T3 an oxidativem Streß
in primären Hepatozyten nicht eindeutig nachgewiesen worden (bei den
ROI-Messungen konnte keine verstärkte Bildung von reaktiven Metaboliten
festgestellt werden). Eventuell ist die Messung der ROIs mit Hilfe der
konfokalen Laser-Scanning Mikroskopie im Falle des T3 nicht empfindlich
genug. Dennoch ist es wahrscheinlich, daß durch den gesteigerten
Sauerstoffverbrauch der Mitochondrien durch T3 gleichfalls die reaktiven
Metabolite des Sauerstoffes vermehrt auftreten, die konsekutiv dann eine
Induktion der HO-1 bewirken. Dafür sprechen die Befunde von Venditti
et al. (1997) die feststellten, daß bei einer Hypothyreose erstens
der gesamte Gehalt der Antioxidanten in Leber, Herz und Skelettmuskel der
Ratte reprimiert ist und zweitens, daß in der Leber und im Herzen
der hyperthyreoten Ratten die Lipidperoxidation signifikant erhöht
ist.
Somit ergibt sich folgende Stoffwechsel-Sequenz:
bei einer T3-vermittelten Stimulierung des mitochondrialen Sauerstoffverbrauches
entsteht durch die Aktivierung der Mitochondrien mehr NADH, so daß
mehr Elektronen in die Atmungskette einfließen. Dadurch wird mehr
Sauerstoff benötigt, der letztlich als Elektronenakzeptor in der Atmungskette
dient. Eine partielle Reduktion des Sauerstoffes führt zu einer Anreicherung
von reaktiven Metaboliten in der Atmungskette (siehe Diskussion, Kapitel
2.), die ihrerseits das Zellschutzsystem HO-1 anschalten.
Auf Grund der transienten Transfektionsexperimente
erfolgt die Regulation der HO-1 durch T3 ebenfalls über ein Element,
das in dem sequenzierten 830 bp Fragment enthalten ist. Um dieses DNA-Bindungselement
näher zu charakterisieren, müssen weitere Untersuchungen mit
definierten Promotorabschnitten erfolgen.
4.5 Zukünftige Experimente
zur Untersuchung des Hämoxygenase 1- Promotors und klinische Aspekte
Zusammenfassend kann für die HO-1 festgestellt
werden, daß in dem bisher sequenzierten 830 bp Fragment des Promotors
ein Sauerstoff-sensitives Element existiert. Auf Grund der Ergebnisse dieser
Arbeit handelt es sich bei diesem Element höchstwahrscheinlich um
das Metall-responsive Element (MRE). Da weitere Promotorstudien den Rahmen
dieser Arbeit überschritten hätten, ist als Perspektive für
anschließende Studien eine noch nähere Untersuchung des HO-1-Promotors
unabdingbar. Für die nachfolgenden Untersuchungen der HO-1 sind folgende
Unterpunkte von besonderem Interesse:
Durchmusterung einer [lambda]-Phagenbank,
um weitere 5'-liegende Sequenzen zu bestimmen und andere DNA-Bindungselemente
charakterisieren zu können (wie z.B. bei dem HO- 1-Gen der Maus, wo
-10 kb definiert werden konnten).
Von Vorteil wäre eine weitere Analyse des
oxidativen Sensors der HO-1 durch Deletionsexperimente, die das Element
näher eingrenzen, das MRE als das Sauerstoff- sensitive Element des
Enzyms bestätigen und die T3-vermittelte Induktion der HO- 1 weitergehehend
erläutern. Letztendlich könnten Punktmutationsstudien des identifizierten
Elementes seine essentiellen Bindungsnukleotide definieren.
Protein-DNA-Wechselwirkungsexperimente (electrophoretic
mobility shift assays) könnten beteiligte Proteine bei einer z.B.
durch oxidativen Streß-induzierten HO-1 näher verifizieren.
Solche Untersuchungen der HO-1 könnten dazu
beitragen, die diskutierte Beteiligung des Enzyms an einer Vielzahl von
pathophysiologischen Zuständen (Hypoxie, Hypertension, Diabetes und
bei der Alterung) aufzuklären. Die Expression der HO-1 wird z.B. in
Verbindung gebracht mit der Hypertension, einem Zusammenhang zwischen dem
Hämmetabolismus und der Regulation des Blutdruckes (Schwartzmann et
al., 1987 und Kutty et al., 1994). Ein anderes Beispiel ist die signifikante
Abnahme der HO-1-Aktivität bei Diabetes in Leber und Niere (Bitar
& Weiner, 1984).
Dieser Ausblick macht deutlich, wie wichtig Ergebnisse
der Grundlagenforschung für direkte klinische Fragestellungen sind.
Allerdings darf der Enthusiasmus über die Vorstellung einer molekularen
Analyse oder sogar Diagnostik nicht darüber hinweg täuschen,
daß bislang die Ergebnisse einer Therapiemöglichkeit auf molekularer
Ebene eher ernüchternd waren.