2.2. Zur Ausstattungssymbolik von Elitegräbern
Diese Aussage leitet zu den Symbolen und Werten über, von Houby-Nielsen in Hinblick auf den ablaufenden kommunikativen Prozeß kürzlich auch burial language genannt, derer sich die Eliten bei der Ausstattung der Gräber bedienten.[1] Betrachtet man das archäologische Material und die literarischen Quellen zu den antiken Kulturen des 8. bis 6. Jahrhunderts in ihrer Gesamtheit, so finden sich immer wieder die gleichen ehrenvollen Betätigungsfelder der oberen Schichten: Die Männer bewähren sich im Krieg, bei der Jagd und beim Sport. Man hält Pferde und konkurriert im politischen Raum. Die Frauen bekommen eine eher passive Rolle zugewiesen. Sie werden ob ihrer Schönheit, Kunstfertigkeit und Zurückhaltung gepriesen.[2] Kleidung, Schmuck, Parfüm und geschliffene Etikette bestimmen den gehobenen Lebensstil, der seine höchste Vollendung in der Trinkgemeinschaft der Männer findet, zu der Frauen nur selten zugelassen sind. Die Luxuswaren, die zur Demonstration der gesellschaftlichen Stellung zur Schau gestellt werden, sind von gediegener Qualität und häufig aus fernen Ländern importiert.[3]
Doch das Bild ist nicht so homogen wie es auf den ersten Blick scheint. Fehr hat für Griechenland vom 6. bis zum 4. Jahrhundert v. Chr. herausgearbeitet, daß dieser Adelsideologie zwei komplementäre Vorstellungen zu Grunde liegen, die man als harte und weiche Leistungsethik bezeichnen kann.[4] Während der Krieger die harte Seite vertritt, verweist der Symposiast auf die weiche Komponente, auf Luxus, Sinnenfreude und Lebensgenuß.
Wichtig ist, daß sich beide Richtungen ergänzen können und einen politischen Gehalt haben. Für den griechischen Polisbürger war sowohl die Bewährung innerhalb der Phalanx für sein Ansehen von Bedeutung, als auch die Zugehörigkeit zu den Symposia, in deren Runde politische Themen diskutiert wurden und der einzelne seine sozialen Tugenden unter Beweis stellen mußte.
Die angestrebten Verhaltensnormen sehen auf der einen Seite also die leistungsorientierte Konfrontation, auf der anderen Kooperation vor. Innerhalb des archäologischen Materials aus Grabfunden lassen sich die einzelnen Beigaben von Waffen, über Pferde, Gürtel, Schmuck bis hin zum Trinkservice diesem System zuordnen und verraten die Gewichtung, die innerhalb des Elitegrabes den einzelnen Qualitäten beigemessen wurde.
Beide Verhaltensnormen werden hier als Strategien zur Bewältigung von gesellschaftlichen Problemsituationen interpretiert. Zum einen die aggressive Grundhaltung, die auf Abgrenzung und militärische Lösung dringt, zum anderen die friedliche Kooperation, wobei sich beide Formen nicht ausschließen müssen, sondern auch ergänzen können. In dieser Arbeit soll anhand des aus monumentalen Tumulusbestattungen überlieferten Materials überprüft werden, wie die antiken Eliten des 8. bis 6. Jahrhunderts mit Krisensituationen umgingen und ob eine tendenzielle Hinneigung in die eine oder andere Richtung zu beobachten ist.
Dabei ist zu betonen, daß sich diese Deutung von Grabfunden grundsätzlich von jener unterscheidet, nach der sich in Beigaben vor allem religiöse Vorstellungen spiegeln. Im Gegenteil wird den Grabfunden ein eminent politischer Gehalt beigemessen, indem sie wichtigen gesellschaftlichen Referenzmodellen verpflichtet sind, an denen sich vorbildliches Handeln orientiert. Am Beispiel der Deutung von Symposionszenen auf griechischen Grabreliefs lassen sich die widerstreitenden Positionen am besten verdeutlichen.
Das Symposion ist in der griechischen Literatur von zentraler Bedeutung. Angefangen bei Homer, wo sich die kriegführenden Basileis zur gemeinsamen Beratung zurückziehen oder ihre Gäste beim Symposion bewirten, bis hin zu Herodot, der im Zusammenhang mit der Freierwahl des Tyrannen Kleisthenes von Sikyon das Verhalten in der Trinkgemeinschaft zum Härtetest für den Charakter der einzelnen Bewerber ausbaut. Das Symposion als Ort des höchsten Sinnengenusses, aber auch der politischen Entscheidung ist in seiner Bedeutung für die griechische Gesellschaft nicht hoch genug einzuschätzen.[5]
Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, ob die Darstellung des Verstorbenen als Symposiasten tatsächlich als imaginäres Totenmahl zu verstehen ist und ob das Symposion im funerären Kontext auch dann eine so große Rolle spielen würde, wenn es das nicht auch im realen gesellschaftlichen Leben täte. Es erscheint daher vielversprechend, Bankettutensilien nicht zu eng als vornehmlich religiös motivierte Beigaben zu interpretieren, sondern die Stellung des gemeinsamen Mahles in der betreffenden Kultur insgesamt in die Überlegungen einzubeziehen.[6] Die vielteilige Ausrüstung, die einer ganzen Reihe von Prunkgräbern beigegeben wurde und die häufig verschiedene Bereiche - von den Grundbedürfnissen nach Essen, Trinken und Kleidung bis hin zum ideellen Raum, d. h. der bestatteten Person als Träger einer sozialen Rolle - abdeckt, nimmt konkret auf die Lebenswirklichkeit bezug. Es ist zu fragen, ob die Inventare von monumentalen Tumulusgräbern nicht besser als Anhäufung von Statussymbolen zu verstehen sind, denn als Relikte eines jenseitsbezogenen Totenkults.
Doch woher kommen die Anregungen für die Formen der Selbstdarstellung von Eliten? Es ist erstaunlich, daß sich vom 8. bis zum 6. Jahrhundert Grabformen und -inventare von Elitegräbern auch über weit entfernte Räume hinweg stark ähneln.[7] Hierfür wird in erster Linie der erstarkte Handel verantwortlich gemacht, der die Länder des Mittelmeers näher zueinander rücken ließ. Nicht zu unterschätzen, ist auch die Siedlungstätigkeit und die schon sehr früh einsetzende große individuelle Mobilität, die zu einer Vermischung von bisher fremden Kulturen führte.[8]
Dementsprechend wurden bestimmte Kulturerscheinungen häufig durch Migration erklärt. Ursprünglich verstand man darunter Wanderungsbewegungen von ganzen Ethnien oder auch nur einem bestimmten Bevölkerungsteil, durch die kulturelle Eigenheiten, z. B. Grabsitten, in fremde Länder transportiert wurden.[9] Daß diese Theorie auch heute noch in archäologischen Arbeiten eine Rolle spielt, soll hier das Beispiel Phrygien belegen. Nach Ausweis der literarischen Quellen soll eine enge Verwandtschaft mit den Thrakern bzw. Makedonen vorliegen.[10] Demzufolge werden die phrygischen Grabhügel, die ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. in Ankara und Gordion entstanden sind, als eine aus Südost-Europa importierte Grabform angesehen.[11] Diese Erklärung beantwortet jedoch nicht die Frage nach der großen zeitlichen Differenz, die zwischen der Übersiedelung der Phryger aus dem thrakischen Raum nach Anatolien im 12. Jahrhundert v. Chr. und der Errichtung der ersten Grabhügel liegt. Wie konnte diese Grabsitte über 400 Jahre hinweg bewahrt werden, ohne daß sie praktiziert wurde? Hinzu kommt, daß monumentale Grabhügel mit Höhen von fünf bis 15 m in Thrakien vermehrt erst seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. auftreten.[12] Eine überzeugende thrakische Parallele zum gordischen Tumulus MM, der 53 m in der Höhe mißt und im späten 8. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist, konnte bisher nicht angeführt werden.[13]
Ein zweiter älterer Forschungsansatz, der noch immer für die Klärung von Veränderungen in der materiellen (und geistigen) Kultur herangezogen wird und aus der Kulturkreislehre entwickelt wurde, heißt diffusionistisch.[14] Nach ihm wird die Herausbildung gleicher oder ähnlicher kultureller Äußerungen durch Kontakte, bzw. Übertragungen zivilisatorisch unterschiedlich entwickelter Kulturen vermittelt.[15] Diese Methode wurde im frühen 20. Jahrhundert entwickelt und diente ursprünglich der Datierung, da das beobachtete Phänomen im Nehmerland jünger sein mußte als im Geberland. Explizit oder latent wird zusätzlich als wichtiges Element der Beeinflussung ein starkes kulturelles Gefälle angenommen.[16]
Auch dieses Modell wurde zur Erklärung der Verbreitung monumentaler Tumuli herangezogen. So nimmt Kossack für die Prunkgräber der salaminischen Nekropole auf Zypern eine enge Abhängigkeit von assyrischen Vorbildern an.[17]
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Prayon in einem Artikel über die Monumentalarchitektur in Etrurien, in dem ganz ausdrücklich Position gegen eine selbstbestimmte Kulturgenese bezogen wird.[18] Zwar gelingt es ihm nicht, direkte Parallelen zwischen der Architektur Etruriens und dem kleinasiatischen Raum nachzuweisen, dennoch scheinen ihm weniger die Einzelformen als vielmehr die Gesamtanlage und ihre monumentalen Dimensionen [...] auf externe Einflüsse [zu] verweisen[19]. Ein Hauptproblem seiner Analyse besteht darin, daß die frühesten Grabhügel im rezipierenden Etrurien aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. stammen, während die entsprechenden Gräber in Lydien erst um 600 v. Chr. einsetzen.[20]
Die spezifischen Anwendungen beider Erklärungsmodelle, das der Migration und das der Diffusion, vereinfachen das Problem der Entwicklung kultureller Eigenheiten, unter denen hier die Herausbildung eines differenzierten Grabkultes gefaßt werden soll, stark. Im einen Fall werden wandernde Ethnien genannt, die einen Grabkult exportieren, im anderen ist die kulturelle Beeinflussung untereinander maßgeblich. Weder das eine noch das andere Modell stellt die innergesellschaftlichen Mechanismen in Rechnung, die dazu führen, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt monumentale Architektur entwickelt oder übernommen wird.[21] Handel und Wanderung allein sind noch keine ausreichenden Gründe für eine solche Entwicklung.
Die Voraussetzungen für die Übernahme fremder Kulturelemente sind ohnehin noch viel zu wenig untersucht worden. In verschiedenen Publikationen wird jedoch darauf hingewiesen, daß es sich hier nicht um eine zwangsläufige Entwicklung handelt. Whitley verweist beispielsweise auf die Zurückhaltung der athenischen Vasenmaler des 7. Jahrhunderts v. Chr., Bildmotive aus dem Orient in den Kanon ihrer Vasendekoration aufzunehmen. Einen Erklärungsversuch hierfür bietet eine Arbeit von Appadurai, der die Bedeutung von Importgütern aber auch bestimmten Zeichensystemen in vor-marktwirtschaftlichen Gesellschaften untersucht hat.[22] Da dort der Besitz von Gütern das Sozialprestige definiere, unterliege die Verbreitung und Verteilung von Luxusgütern und Importwaren einem strengen Reglement. Whitley wendet diese Überlegungen auf die neue orientalisierende protoattische Keramik des 7. Jahrhunderts v. Chr. an, und sieht hierin den Grund dafür, daß diese Gefäße nur im rituellen Kontext Verwendung fanden.[23] Die kostbare, weil seltene und mit ungewöhnlichen Motiven bemalte Keramik wurde so dem täglichen Gebrauch entzogen und der sakralen Sphäre übereignet, wo sie nicht dem Prestigegewinn einzelner dienen konnte.
Gerade der Bereich der Bestattungssitten, der in gesellschaftspolitischer Hinsicht als besonders relevant einzustufen ist, macht in dem komplizierten Beziehungsgeflecht aus Repräsentationswollen der Oberschichten und bindenden Traditionen und Resentiments sicher keine Ausnahme und die Existenz einer umfänglichen Grabgesetzgebung in Griechenland zeigt, daß große, aufwendige Grabbauten schon früh streng überwacht worden sind.[24]
Die wenigen Fälle, für die die Entwicklung von Grabsitten nach Umsiedlung oder Einwanderung tatsächlich untersucht sind, belegen, daß die gesellschaftlichen Verhältnisse vor Ort für die Übernahme oder Fortführung von Sitten und Gebräuchen maßgeblich sind. Das ist zum einen für griechische Kolonien auf Sizilien untersucht worden, deren Grabsitten sich überraschenderweise nicht an denen ihrer Mutterstädte, sondern an den Bestattungsbräuchen ihrer Nachbarsiedlungen orientieren, zu denen sie offenbar in Konkurrenz standen.[25] Zum anderen hinterlassen auch eingewanderte Populationen nur dann bleibende Spuren im Befund, wenn sie auf gelockerte Machtverhältnisse stoßen oder die Assimilation mit den Eindringlingen Vorteile versprach.[26]
In dieser Arbeit soll daher in erster Linie auf systemimmanente Faktoren bei der Herausbildung von monumentaler Sepulkralarchitektur geachtet werden, bevor die Nachbarschaft zu oder Handelstätigkeit mit dieser oder jener Hochkultur zur Erklärung herangezogen wird.
Im folgenden sollen die Ergebnisse dieses Kapitels noch einmal kurz zusammengefaßt werden: Monumentale Architektur wird in dieser Arbeit als ein Indiz für gesellschaftliche Schichtung angesehen. Sie ist ein Instrument, das dazu dient, Hierarchie sinnfällig zu machen, indem unterschiedliche Wirtschaftskraft und die Macht einzelner über Arbeit und Rohstoffe in großen Quantitäten zu verfügen zur Schau gestellt wird.
Überdimensionale Gräber setzen ein Bedürfnis nach sozialer Differenzierung bzw. Abgrenzung voraus, das im Sepulkralbereich über die Größe und die Ausstattung der Grablegen offen ausgetragenen wird. Die gesellschaftlichen Spannungen werden durch monumentale Architektur manifest, indem der Anspruch auf Macht vor Augen geführt und der Besitz von Luxusgütern innerhalb der Bestattungsfeierlichkeiten publik gemacht wird. Das Konfliktpotential resultiert aus äußeren Einflüssen, wie ein Aufschwung im Außenhandel oder intensivierte Kulturkontakte, die das interne Kräftegleichgewicht stören. Da soziale Spannungen nicht immer im gleichen Maß wirksam sind, ist monumentale Architektur zyklischen Schwankungen unterworfen und folgt gewissen Regeln, die durch die betroffenen Eliten beeinflußt werden.
Der zweite Schwerpunkt dieser Arbeit betrifft die Formen der Selbstdarstellung in Prunkgräbern. Die reichen Inventare verweisen auf vielfältige Lebensbereiche, können in ihrer Grundaussage aber auf zwei diametral gegenüberstehende ethische Handlungsmaximen zurückgeführt werden, die beide für die Erlangung von gesellschaftlichen Ansehen bedeutsam sind. Der auf Konfrontation und Konkurrenz angelegten harten Leistungsethik, die durch Krieg, Sport und Jagd vertreten ist und dem Lebensgenuß, der nach antiker Vorstellung seine höchste Vollendung in der Trinkgemeinschaft erfährt. Dieser Sphäre sind Luxusgüter, schöne Kleidung, aber auch wichtige Entscheidungsprozesse zugeordnet. Sowohl harte als auch weiche Verhaltensnormen können als Antwort auf Konfliktsituationen interpretiert werden und es ist ein Ziel dieser Arbeit herauszuarbeiten, ob eine bestimmte Grundhaltung in der Grabausstattung bevorzugt wird.
Im Gegensatz zu gängigen Interpretationen werden die Inventare von Prunkgräbern hier nicht als materielle Relikte von rituell vorherbestimmten Handlungen angesehen. Vielmehr wird angenommen, daß sie Auskunft über zeitgenössische gesellschaftliche Probleme und Vorstellungen geben und konkret als Zusammenballung von Statussymbolen verstanden werden können.
Der Kontakt mit fremden Kulturen ist für die Art der materiellen Hinterlassenschaft und die ökonomischen Voraussetzungen von großer Bedeutung und kann als Auslöser von Mechanismen angesprochen werden, die zur Herausbildung von monumentaler Architektur führen. Ausschlaggebend sind jedoch gesellschaftsimmanente Faktoren.
[1] S. Houby-Nielsen, Burial Language in Archaic and Classical Kerameikos, Proceedings of the Danish Institute at Athens 1, 1995, 129 ff.
[2] L. Schneider, Zur sozialen Bedeutung der archaischen Korenstatuen, 2. Beih. HBA (1975) 31 ff.
[3] Ähnliche Wertvorstellungen kommen auch in der altorientalischen Kunst zum Ausdruck. vgl. U. Magen, Assyrische Königsdarstellungen - Aspekte der Herrschaft. Eine Typologie (1986).
[4] B. Fehr, Bewegungsweisen und Verhaltensideale (1979) 11 ff. 14 ff. 42 ff.; ders., Gnomon 56, 1984, 338 f.
[5] Vgl. die Beiträge zum Kongreßbericht O. Murray (Hrsg.), Sympotika, KB Oxford (1990); J.-M. Dentzer, Le motif du banquet couché dans le Proche-Orient et le monde grec du VIIe au IVe siècle avant J.-C. (1982) 429 ff.
[6] B. Fehr, Gnomon 46, 1974, 606 f.; ders., Orientalische und griechische Gelage, Dissertation Marburg 1968 (1971) 126.
[7] Vgl. hierzu P.F. Stary, Eisenzeitliche Wagengräber auf der iberischen Halbinsel, MM 30, 1989, 151 ff.; P. Schauer, Orient im spätbronze- und früheisenzeitlichen Occident, JbZMusMainz 30, 1983, 175 ff.
[8] Als Beispiele für die enorme Mobilität der Eliten und die weitreichende politischen Verknüpfungen seien hier verschiedene Heiratsverbindungen und Handelskontakte genannt: Der phrygische König Midas heiratet im späten 8. Jh. v. Chr. die griechische Prinzessin Hermodike/Demodike aus dem aeolischen Kyme (Aristot. fr. 611, 37; Poll. 9, 83); der Samier Kolaios erschließt in der 2. Hälfte des 7. Jhs das südspanische Tartessos für den griechischen Markt (Hdt. 4, 152); in der 1. Hälfte d. 7. Jhs verbündet sich der Lyderkönig Gyges mit dem ägyptischen Pharao Psammetich gegen Assyrien (D. Luckenbill, Ancient Records of Assyria and Babylonia II (1927) Nr. 784.785.849.909.910; der Korinther Demaratos, aus dem Tyrannengeschlecht der Bakchiaden, siedelt sich im 7. Jh. im etruskischen Tarquinia an, gründet eine Familie und wird zum Vater des 5. Königs von Rom, L. Tarquinius Priscus (Livius 1, 34, 1 ff.; Dion.Hal. ant. 3, 46; Strab. 5, 219; Plut. Rom. 16, Popl. 14); die Mutter des Lyderkönigs Kroisos kam aus Karien, die Stiefmutter aus Ionien (Hdt. 1, 92).
[9] C. Renfrew-P. Bahn, Archaeology. Theories, Methods, and Practice (1991) 407.428 f. fassen die unterschiedlichen Erklärungsmodelle für Veränderungen im archäologischen Befund am Beispiel der Megalithkultur zusammen, die im Neolithikum eine weite Verbreitung entlang der europäischen Atlantikküste erfuhr.
[10] RE 20 A (1941) 890 s.v. Phrygia (Friedrich); G. Koerte-A. Koerte, Gordion, JdI Ergh. 5 (1904) 216, R. S. Young, Three Great Early Tumuli (1981); LeRoy, RA 1985, 336 ff. wendet sich in einer Rezension zu Young a. O. gegen eine Abhängigkeit, die sich auf Ähnlichkeiten genereller Art in der Bestattungsform zurückführt.
[11] Zur Einwanderung der Phryger aus dem südöstlichen Europa, Thrakien oder Makedonien, bei Hdt. 7, 73 In Makedonien erzählt man, die Phryger hätten, solange sie Europäer gewesen und im Lande der Makedonen gewohnt, Briger geheißen. (Übers. Horneffer 1955); Strab. 7, 3, 2. And the Phrygians themselves are Brigans, a Thracian tribe ... (Übers. H.L. Jones 1924); vgl. G. K. Sams, The Early Phrygian Period at Gordion: Toward a Cultural Identity in: Source 7, nos 3/4, 1988, 9 ff.
[12] Ch. Danov-T. Ivanov, Antike Grabmäler in Bulgarien (1972) 18; R.F. Hoddinott, Bulgaria in Antiquity. An Archaeological Introduction (1975) 28 f.; eine zusammenfassende Untersuchung zu den thrakischen Grabhügeln steht noch aus. Die Einordnung der Bestattungen des 8. bis 6. Jahrhunderts v. Chr. wird zusätzlich durch die Unsicherheit des Einsetzens der Eisenzeit in Thrakien erschwert.
[13] Es ist denkbar, daß die griechischen Historiographen des 5. Jahrhunderts v. Chr. die äußerliche Ähnlichkeit der Grabsitten in Thrakien und Phrygien auf eine gemeinsame Vergangenheit zurückführen wollten. G. K. Sams, The Early Phrygian Period at Gordion: Toward a Cultural Identity in: Source 7, nos 3/4, 1988, 13 rettet die Idee der Migration, indem er eine zweite Einwanderungswelle aus Thrakien nach Anatolien annimmt. Er bezieht sich hierbei auf den Fund von Keramikstempeln und die Anlage von Holzkammergräbern unter einem Stein- und Erdhügel in Phrygien und Thrakien. Eine zeitliche Differenz bleibt dennoch bestehen. Der von Sams angeführte Hügel von Belogradec, nahe Varna, wurde erst im 7. Jahrhundert v. Chr. angelegt.
[14] H. Fischer (Hrsg.), Ethnologie. Eine Einführung (1983) 24 f.
[15] C. Renfrew-P. Bahn, Archaeology. Theories, Methods, and Practice (1991) 407.428.
[16] G. Kossack, Prunkgräber in: G. Kossack u.a. (Hgg.), FS J. Werner (1974) 31; vgl. auch M. K. H. Eggert, Die konstruierte Wirklichkeit: Bemerkungen zum Problem der archäologischen Interpretation am Beispiel der späten Hallstattzeit, Hephaistos 10, 1991, 9 f., der die Problematik am Beispiel der Hallstattkultur und ihrer Beziehung zur Mittelmeerwelt herausarbeitet.
[17] G. Kossack, Prunkgräber in: G. Kossack u.a. (Hgg.), FS J. Werner (1974) 29 ff. Der Kontakt zu Hochkulturen und bestimmte politische Konstellationen veranlaßten die Oberschicht zu einer Identifizierung mit dem als überlegen eingeschätzten Partner. Sie bemühte sich, durch Entlehnung auffallender Bereiche der Sachkultur und erlernbarer Bräuche die eigene Stärke zu veranschaulichen, sich den Stammesgenossen gegenüber unnahbar in Respekt zu setzen und sie durch angemessenes Benehmen davon zu überzeugen, sie genössen den Vorzug, ihr herrschaftliches Leben nach dem Verlassen dieser Welt zu Füßen der himmlischen Throne fortzusetzen. (31).
[18] F. Prayon, Ostmediterrane Einflüsse auf den Beginn der Monumentalarchitektur in Etrurien?, JbZMusMainz 37, 1990, 501-519.
[19] F. Prayon, Ostmediterrane Einflüsse auf den Beginn der Monumentalarchitektur in Etrurien?, JbZMusMainz 37, 1990, 519.
[20] Hierzu F. Prayon, Ostmediterrane Einflüsse auf den Beginn der Monumentalarchitektur in Etrurien?, JbZMusMainz 37, 1990, 515; die grundlegende Literatur ist a. O. 501 A 1 zusammengestellt. Ausschlaggebend für die Beurteilung der lydischen Tumuli ist die Datierungs des sogenannten Gygesgrabes. Vgl. hierzu mit einem neuen Ansatz C. Ratté, Not the Tomb of Gyges?, JHS 114, 1994, 157 ff.; bereits Å. Åkerström, Studien über die etruskischen Gräber (1934) hatte eine direkte Verbindung zwischen Etrurien und Kleinasien abgelehnt und war positiv rezensiert worden. Vgl. Gnomon 11, 1935, 194 ff. (F. Messerschmidt). Es ist interessant, daß Messerschmidt hier auf die weite Verbreitung der Tumulusgrabsitte verwieß und das Phänomen unter einem erweiterten Blickwinkel betrachtete: Der Tumulus scheint in Etrurien eine Modeangelegenheit gewesen zu sein, die bald verschwindet, aber keineswegs allein etruskisch ist, [...]. Mit Recht lehnt d. Verf. (104 ff.) darum einen Zusammenhang zwischen Kleinasien und Etrurien ab. Er hätte sogar noch weitergehen können. Denn ein Blick auf ein Buch wie E. Fuhrmann, Der Grabbau (1923), hätte gezeigt, daß der Tumulus nicht nur in Italien [...], sondern auch z. B. in Indien, Zeylon, Korea vorkommt, also Ausdruck der Macht, der Kraft der Persönlichkeit ist, die dann auch [...] den inneren Ausbau bestimmt hat. (199).
[21] F. Prayon, Ostmediterrane Einflüsse auf den Beginn der Monumentalarchitektur in Etrurien?, JbZMusMainz 37, 1990, 501 wendet sich ganz bewußt gegen eine Forschungsrichtung, die unter dem Stichwort der Kulturgenese Veränderungen in den materiellen Ausdrucksformen vor allem als ein gesellschaftsimmanentes Phänomen deutet.
[22] A. Appadurai (Hrsg.), The Social Life of Things (1986) 137-153. bes. 24 f.
[23] J. Whitley, Protoattic Pottery: a Contextual Approach in: I. Morris (Hrsg.), Classical Greece (1994) 59 ff.
[24] Eine vollständige Sammlung der diesbezüglichen Quellen enthält der in Vorbereitung befindliche 2. Band von H. van Effenterre-F. Ruzé, Nomina. Recueil dinscriptions politiques et juridiques de larchaïsme grec; die Athen betreffenden Stellen hat I. Morris, Law, Culture and Funerary Art in Athens, 600-300 B. C., Hephaistos 11/12, 1992/3, 35 ff. gesammelt und kommentiert.
[25] G. Shepherd, The Pride of Most Colonials: Burial and Religion in the Sicilian Colonies, ActHyp 6, 1995, 51 ff.
[26] H. Parzinger, Vettersfelde-Mundolsheim-Aspres-lès-Corps. Gedanken zu einem skythischen Fund im Lichte vergleichender Archäologie, in: A. Lang u. a. (Hgg.), Kulturen zwischen Ost und West, FS G. Kossack zum 70. Geburtstag (1993) 203 ff.