4.2.4. Der Tumulus als Ehrengrab für historische und mythische Gründerheroen

 

In den vorausgehenden Kapiteln stand das griechischen Adelsgrab im Vordergrund, das - ähnlich den im dritten Teil dieser Arbeit behandelten Gräbern für Könige und fremdländische Aristokraten  - in einem Klima der Konkurrenz und der gesellschaftlichen Abgrenzung entstand und in erster Linie den Gestaltungswillen einzelner (samt ihrer Familien) und die Leistungsfähigkeit der jeweiligen ökonomischen Basis belegte.

Dagegen ist der Tumulus als Ehrengrab abzugrenzen, der im folgenden behandelt wird. Ehrengräber wurden durch die Gemeinschaft für besondere Verdienste verliehen und man muß in ihnen das Produkt einer Diskussion sehen, in der Größe und Gestaltung des Monuments schließlich gemeinschaftlich festgelegt wurde.

Der Tumulus steht als aristokratisch konnotierte Grabform im Kontext der Herausbildung eines neuartigen Wir-Gefühls von Politen am Anfang einer ganzen Reihe „offizieller“ Monumente, die dann später schon zu Lebzeiten des Geehrten als Statuen, Stelen oder Hermen gebildet sein konnten.

Einer Auflistung von Ehrengräbern in Tumulusform muß eine kurze Bemerkung zum Nachweis dieser speziellen Gräber vorausgeschicht werden. Konkrete Bestattungen für verdiente Mitglieder der Gemeinschaft, die sich im Krieg, bei der Gründung von Kolonien, als politische Führer oder bei der Bewältigung wichtiger Probleme hervorgetan hatten, sind nur dann zu benennen, wenn entweder eine literarische Überlieferung (die die Ausgestaltung des Grabes meist verschweigt) vorliegt, oder die besondere Lage oder Form des Grabes den Gedanken an ein mögliches Ehrengrab nahelegt. So wird die Anlage eines dreieckigen Mnemas über einer Gruppe von Gräbern innerhalb des Stadtgebietes von Eretria überzeugend als Heroon für eine wichtige Familie gedeutet.[1]

Die archäologisch belegbaren Beispiele für Ehrengräber in Tumulusform bilden die Basis für dieses und das folgende Kapitel, wobei in Einzel- und Massengräber sowie in Bestattungen historischer und mythischer Personen unterschieden werden soll.[2]

 

Wie bereits angerissen, sind die von der Gemeinschaft angelegten Tumulusgräber als besondere Ehrung für Einzelleistungen zu verstehen. Die ältesten Beispiele für die Bestattung historischer Persönlichkeiten entstanden im Kontext der griechischen Kolonisation, in deren Verlauf vom 8. bis zum 6. Jahrhundert v. Chr. die Küsten des Mittelmeers und des Schwarzen Meeres besiedelt wurden.[3] Eine zentrale Rolle innerhalb eines solchen Kolonistenzuges kam ihrem Führer, dem sogenannten Oikisten zu.[4] Die literarischen und epigraphischen Quellen nennen seine Aufgaben: Hatte sich eine Gruppe von Siedlern zusammengefunden, die gewöhnlich freiwillig der wirtschaftlichen Misere in der Heimat entkommen wollte oder auch zum Auswandern aus religiösen oder politischen Erwägungen heraus gezwungen war, so nahm sie einen Mann zum Anführer, der meist der Aristokratie entstammte.[5] Nachdem seine Person vom delphischen Orakel gebilligt worden war und er die göttliche Sanktion für die Reise erhalten hatte, war er für das Wohl und Wehe seiner Gruppe verantwortlich. Er bestimmte ein möglichst gewinnträchtiges Reiseziel, war der militärische Befehlshaber und leitete die Verteilung der Landlose und die Anlage der neuen Stadt. Besonders wichtig für das Verständnis der Bedeutung des Oikisten ist seine Mittlerstellung zwischen dem göttlichen Willen und der neuen Bürgergemeinschaft. Dem Oikisten oblag es daher auch, gleich nach der Befestigung des Siedlungsplatzes, den Kult für die Hauptgottheit einzurichten und für den göttlichen Beistand bei der Unternehmung zu sorgen. Nach seinem Tod errichtete man ihm ein Ehrengrab, an den sich ein Kult anschloß. Den archäologischen Nachweis für ein archaisches Oikistengrab hat man bisher nur für Kyrene, Thasos und Poseidonia geführt.[6]

 

Besonders ausführlich sind wir über die Gründung der libyschen Stadt Kyrene durch Battos aus Thera informiert, die in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. stattfand.[7] Die von ihm gegründete Dynastie der Battiaden bestand noch bis ins 5. Jahrhundert, als Pindar anläßlich eines Sieges bei den pythischen Spielen dem amtierenden König Arkesilaos im Jahre 462 v. Chr. zwei Oden schrieb.[8] In der fünften pythischen Ode geht Pindar auch auf den Stammvater Battos ein, dessen Grab wortwörtlich am „Heck“, d. h. am Ende der Agora von Kyrene liege und der als Heros von den Bewohnern Kyrenes verehrt werde.[9] Die übrigen Könige wurden getrennt von ihm in der Nähe des Palastes bestattet.[10]

Die Ausgrabungen auf der Agora von Kyrene bestätigten die Angaben bei Pindar. Im Osten des Platzes entdeckten die italienischen Ausgräber ein kleines Heiligtum, das aus einem Temenos und einem angrenzenden Grabhügel bestand.[11] Die mit dem Eingang nach Norden - auf das Meer - orientierte Anlage war mehrfach umgebaut worden und umfaßte in ihrer ersten Phase einen kleinen ummauerten Bezirk mit einem Gebäude und einer Opfergrube. Die ältesten Funde aus diesem Bereich entstammen dem späten 7. und frühen 6. Jahrhundert und weisen diese Bauphase noch der Regierungszeit des Gründerkönigs Battos zu, der nach Herodot 40 Jahre regierte.[12] Die Mauertechnik des Gebäudes hat ihre besten Parallelen ebenfalls in Bauten aus der Zeit um 600 v. Chr.[13] Nach Ausweis eines Schalenfragments mit Weihinschrift, war dieses Heiligtum dem Opheles gewidmet, einer heilkräftigen Gottheit, die bei verschiedenen Autoren im Zusammenhang mit Asklepios genannt wird.[14]

Dieses Heiligtum erfuhr im frühen 6. Jahrhundert eine repräsentative Erweiterung: Dem „Heiligen Haus“ wurden zwei weitere Räume links und rechts und ein quergelegter Korridor mit zwei Holzsäulen angefügt.

Im Nordwesten außerhalb des Temenos fand man einen Tumulus, der mit den Angaben bei Pindar verbunden und als das Grab des Battos identifiziert wurde (Taf. 66,1). Den Kern bildete eine Brandschüttung, die mit Knochen- und Holzkohlestücken durchmischt war und deren Beisetzung ohne weitere Beigaben in einer Mulde erfolgte.[15] Anschließend wurde diese Mulde von einer ovalen Steinsetzung aus dreizehn Einzelsteinen abgedeckt.[16] Über dieser Steinsetzung befand sich eine 40 cm dicke Aschenschicht mit einem Durchmesser von 2 m, die als der Überrest von mehreren Opferfeuern gedeutet wird. Auf diesem Aschenkegel wiederum schüttete man einen Erdtumulus auf, in dem keramisches Material aus dem 1. Viertel des 6. Jahrhunderts gefunden wurde. Sein Durchmesser von 6, 2 m wird vom Ausgräber aus einer stark gestörten Steinsetzung rekonstruiert, die er als Überbleibsel einer 1, 5 m starken Krepis interpretiert, die den Hügelfuß vor Erosion schützen sollte.[17] Im Norden des Tumulus befand sich ein rechteckiger Anbau, von dem sich noch die an den Tumulus anstoßende Ostmauer erhalten hat. Stucchi deutet diese Struktur als eine Art Opfertisch, der zur Aufnahme von Votivgaben gedient habe.

Im 5. Jahrhundert v. Chr. erfuhr das Battos-Grab eine tiefgreifende Veränderung. Die Erweiterung der Agora nach Osten führte zu einer Anhebung des Terrains, aus dem der Tumulus nun nicht mehr deutlich herausschaute. Da man das Grab offenbar am Rand der Agora wünschte, schüttete man den alten Hügel nicht weiter auf, sondern verlegte das Grab einige Meter nach Osten, ließ die alte Grabstelle unberührt und errichtete am neuen Platz einen Kenotaph über dem ebenfalls ein Tumulus entstand.[18] Der Kern des neuen Heroengrabs war nun nicht mehr eine Brandschüttung, sondern eine Steinkammer (2, 86 m x 1, 14 m x 1, 1 m). In ihrer ersten Phase erhielt diese Kammer eine horizontale Abdeckung aus Steinplatten. Der Fuß des Erdhügels wurde wahrscheinlich von einer flachen Krepis eingefaßt, von der sich nur wenige keilförmige Steine erhalten haben und deren Durchmesser dem des alten Hügels entweder entsprochen oder ihn um weniges übertroffen hat. In der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. trug man dann den Tumulus bis zur Oberkante der Kammer ab und ersetzte das Flachdach durch ein Satteldach. Der Kenotaph wurde von engen Temenosmauern eingefaßt und nicht mehr mit Erde bedeckt. Über circa 250 Jahre hatte das Battosgrab also in Form eines Tumulusgrabes Bestand gehabt.

Die Forschungen in den Nekropolen von Kyrene lassen für die Bestattungssitten der Archaik kein abschließendes Urteil zu. Gerade aus der Gründungszeit der Kolonie sind noch keine Gräber bekannt gemacht worden, die für den Kontext des Oikistengrabes von Interesse wären. Lediglich eine Reihe von Felskammergräbern aus der Nordnekropole wurde bisher vorgelegt und aufgrund der Architektur und weniger Beigaben grob dem 6. Jahrhundert v. Chr. zugeordnet. Es handelt sich um schlichte rechteckige Grabkammern zum Teil mit Nischen versehen, die in den Fels geschlagen sind und von außen durch eine häufig mit Säulen gestaltete Fassade gekennzeichnet wurden.[19]

Aus der gleichen Zeit stammt, der jüngsten Keramik der Aufschüttung zufolge, auch ein Kammergrab mit Tumulus, das sich an der Straße nach dem 4 km von Kyrene entfernten Apollonia befindet.[20] Er hatte einen Durchmesser von 7, 6 m und eine 3 m lange Kammer.

Noch der 1. Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. wird ein Tumulusgrab in der Nähe von Messa, einer Stadt circa 20 km südwestlich von Kyrene, zugerechnet.[21] Die Anlage des Grabes weist enge Parallelen zum ursprünglichen Battosgrab auf. Auch hier handelt es sich um eine Brandschüttung, die in einer Mulde gesammelt und von Steinen abgedeckt wurde. Der darüber liegende Tumulus hatte einen Durchmesser von 19 m und wird von einer aufrecht stehenden, stark verwitterten Orthostatenreihe begrenzt.

Schon diese wenigen Parallelen zeigen, daß der Tumulus mit dem Battos-Grab zum Zeitpunkt seiner Errichtung zwar einer - nach dem heutigen Wissenstand - in der Kyrenaika seltenen Grabform entsprach, die aber durchaus nicht dem Gründergrab vorbehalten war. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß für das Monument des Oikisten die aufwendigste am Ort bekannte, aber auch sonst verwendete Grabform gewählt wurde.

 

Ein weniger klares Bild können wir uns vom sogenannten Heroon des Telesikles auf der Agora von Thasos machen. Thasos wurde als parische Kolonie um das Jahr 680 v. Chr. gegründet.[22] Die Insel ist dem thrakischen Festland vorgelagert und die Siedler legten die Stadt auf der dem Festland zugekehrten Nordostseite der Insel an. Die französischen Ausgrabungen legten auf der Agora 1946 die Fundamente eines runden Gebäudes frei, das seither als „Tholos“ bezeichnet wird und bereits von seinem Ausgräber Roland Martin mit dem aus Paros stammenden Oikisten Telesikles in Verbindung gebracht wurde.[23] Der äußere Durchmesser des Gebäudes mißt 10, 9 m und weitere Grabungen in seinem Inneren erbrachten Mauern, die der beigefundenen Keramik nach aus der Archaik stammen.[24] Die Tholos selbst wurde in späterer Zeit gebaut, da ihre Fundamente den benachbarten Bezirk des Zeus Agoraios (?) überlagern, der im 4. Jahrhundert v. Chr. entstand.

In der archaischen Phase konnten zwei Vorgängerbauten unterschieden werden:  Vom ersten Bau erhielt sich eine Mauer in Polygonaltechnik, auf die ein rundes Monument folgte, von dem sich noch ein 3, 1 m langes Kreissegment erhalten hat.[25] Für eine Deutung als Heroon des Telesikles spricht die Lage auf der Agora in der Nähe der ältesten Heiligtümer und vielleicht das Kreissegment, das in Analogie zu Kyrene als Krepis eines Tumulus gedeutet werden kann. Ein Grab wurde jedoch nicht gefunden.[26]

 

Als Oikistengrab wurde auch ein Komplex in Anspruch genommen, der von Sestieri 1954 in Poseidonia aufgedeckt und im Folgejahr publiziert wurde.[27] Das sogenannte Hypogäum befindet sich südöstlich des Athena-Tempels im Bereich der archaischen Agora und war als heiliger Bezirk auch in den römischen Stadtplan integriert worden (Taf. 67.68). Innerhalb einer Temenosmauer aus lokalem Kalkstein (15, 5 m x 18, 6 m), die mit ihrer Langseite an eine römische Straße anstieß, befand sich in der südlichen Hälfte, 10 cm unterhalb der alten Oberfläche der Firstbalken eines von West nach Ost orientierten unterirdischen Gebäudes in Hausform.[28] Der Bau hat einen rechteckigen Grundriß (außen: 3, 85 m x 3, 55 m x 2, 25 m) und steht an drei Seiten bis zur Höhe der Wände in einer aus dem Fels gearbeiteten Vertiefung. Die östliche Giebelseite weist hingegen auf eine rampenartige Abarbeitung im Fels, die wahrscheinlich den Bau der Kammer erleichterte. Weder der Temenos noch das Hypogäum hatten einen Eingang und waren dadurch als Abata gekennzeichnet.[29] Die innerhalb des Temenos gefundene Keramik stammt nach Sestieri hauptsächlich aus dem 6. Jahrhundert v. Chr.

Obwohl Sestieri in seinem Grabungsbericht angibt, die Füllschicht bis auf den Felsgrund abgetragen zu haben, brachten die Nachuntersuchungen durch Greco und Theodorescu in diesem Bereich noch weitere Keramik zutage, die bis ins frühe 3. Jahrhundert v. Chr. reicht.[30] Für Greco und Theodorescu war dieser Fund ein Hinweis auf eine jüngere Datierung der Temenosmauer.

Für die Deutung der Anlage sind auch einige bereits von Sestieri publizierte Keramikstücke mit der Aufschrift m und das Fragment eines Amphoriskos von Belang, auf dem sich eine Weihinschrift an eine bzw. die Nymphe befindet.[31] Schon die gewählte Einzahl schließt eine Deutung als Weihung an die Nymphen aus, da diese nur als Gruppe verehrt wurden.

Zwanzig große fragmentierte Terrakottaziegel (1, 15 m x 0, 8 m) deckten das Gebäude. Sie lagen auf einer Tonbettung, die wiederum auf großen Steinbalken aufgetragen war, die gegeneinandergestellt die eigentliche Last der Erdaufschüttung abfingen. Zusätzlich wurden die Steinblöcke von waagerechten hölzernen Balken gestützt, die auf halber Höhe der Giebel ihre Auflager fanden und durch je einen senkrechten Balken in der Mitte verstärkt wurden. Das Holz war vollständig vergangen und ließ sich nur noch anhand der Aussparungen in der Stukkatur der Innenwände und durch die rechteckigen Standspuren auf dem Steinboden nachweisen.

Diese aufwendige Dachkonstruktion hatte den Inhalt der Kammer gegen Feuchtigkeit geschützt und Sestieri fand das Inventar ungestört vor: Die Kammer enthielt insgesamt acht Bronzegefäße, davon sechs Hydrien und zwei Amphoren, die noch Reste ihres ursprünglichen Inhaltes aufwiesen und entlang der Nord- und Südwand aufgereiht waren.[32] Besonders aufwendig waren die Henkel gestaltet: liegende Widder, Sphingen, Löwen, Schlangen, Palmetten, Hände, Mensch- und Tierprotomen schmücken sie.

Sestieri hielt den Inhalt dieser Bronzegefäße zunächst für Honig. Dem widersprechen aber neuere Analysen, die das Fehlen von Zucker und größeren Quantitäten Pollen feststellten. Stattdessen bestand die Substanz aus verschiedenen Fettsäuren.[33] Obwohl der Ausgangsstoff aus diesem Endprodukt nach dem heutigen Stand der Analysemethoden nicht mehr zu bestimmen ist, vermutet Bertarelli Sestieri ein Getränk, das bei rituellen Handlungen konsumiert wurde und beispielsweise für den Demeterkult belegt ist.[34] Für eine Flüssigkeit sprechen auch die gewählten Gefäßformen: Amphora und Hydria. Ebensogut könnte es sich bei der Ausgangssubstanz aber auch um Öl gehandelt haben, das als Grabbeigabe schon in homerischer Zeit belegt ist.[35]

Einen Hinweis zur Datierung des Ensembles bietet die attisch schwarzfigurige Amphora eines Malers der Leagros-Gruppe aus dem späten 6. Jahrhundert v. Chr., die in der Nordwestecke des Kammer stand.[36] Ihre Hauptansicht zeigt die Apotheose des Herakles, die Rückseite Dionysos und Hermes umringt von tanzenden Mänaden und Satyrn.

Besonders kontrovers wurde ein Fund aus der Mitte der Kammer diskutiert. Auf einem altarähnlichen Podest aus vier Steinblöcken (0, 92 m x 0, 68 m x 0, 54 m) befanden sich die Reste von fünf Eisenstangen, an denen durch Oxydation Fragmente eines rautenförmig gelegten Metallnetzes, eines groben Leinenstoffes und Holzteilchen klebten. Sestieri interpretierte diesen Befund als Bett, für dessen Form es in der erheblich älteren Tomba Regolini-Galassi im etruskischen Cerveteri eine Parallele gibt.[37] Gegen diese Interpretation spricht allerdings die auf nur 1, 49 m rekonstruierte Länge der Spieße und eine ovale flache Verdickung an ihrem einen Ende, die Kron auf eine bessere Benennung brachte: Es handelt sich bei diesen fünf Eisenstangen um sogenannte „Obeloi“, d. h. Bratspieße, die auf Vasenbildern im Zusammenhang mit dem Braten von Opferfleisch mehrfach abgebildet wurden.[38]

Die Benennung dieses Temenos wird durch das Nebeneinander von funeralen und sakralen Formen erschwert. Die architektonische Hülle verweist auf ein Grab - besser gesagt auf einen Kenotaph - da ein Leichnam nicht nachgewiesen werden konnte.

Das Inventar mit den vielen Vorratsgefäßen und dem „Opfertisch“ in der Mitte unterstreicht eher den Weiheaspekt und die große Zahl von Hydrien wurde als Hinweis auf eine weibliche Empfangsperson gewertet. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß die Hydria im Totenkult nicht geschlechtsspezifisch zu interpretieren ist, sondern als typisches Wassergefäß die in der griechischen Religion mehrfach belegte Vorstellung vom ewigen Durst des Toten widerspiegelt.[39] In die Überlegung ist auch einzubeziehen, daß es sich bei den paestaner Hydrien um Bronzegefäße handelt, die sicher auch um ihres Materialwertes willen beigegeben wurden. Bronzehydrien sind als beliebtes Weihgeschenk aus griechischen Heiligtümern bekannt, wo sie nachweislich nicht nur von Frauen dargebracht wurden.[40]

Schließlich spielt noch die Weihinschrift an die Nymphe eine Rolle. Gegen die Deutung als Nymphen-Heiligtum spricht allerdings das Fehlen von Terrakotta- und Keramikvotiven innerhalb des Temenos, die sonst gerade für kleine Sanktuarien kennzeichnend sind. Auch wäre die äußere Gestaltung für Nymphenheiligtümer singulär, da diese sonst im Freien auf Bergen, an Flüssen oder in Höhlen angelegt wurden.[41]

Die bisher gemachten Vorschläge oszillieren auf der Grundlage dieses ungewöhnlichen Befundes zwischen der Deutung als Heiligtum für eine bzw. mehrere (weibliche) Gottheiten und der Interpretation des Hypogäums als Grabanlage für eine historische Person, den Stadtgründer oder ein anderes Ehrengrab.[42] 

Am plausibelsten ist die Interpretation als Kenotaph für den namentlich nicht überlieferten Oikisten von Poseidonia. Hierfür sprechen die architektonische Form, die Lage an der Agora und die Beigabe von Bronzegefäßen und Obeloi, die in älteren Gräbern immer ein hohes Sozialprestige des männlichen Bestatteten belegte.[43] Das Fehlen einer Bestattung und die Errichtung des Kenotaphs 100 Jahre nach der Gründung der Stadt erinnert an das Beispiel Kyrene. Auch dort hatte man das ursprüngliche Heroengrab bei der Umsetzung des Mnemas im 5. Jahrhundert v. Chr. nicht gestört, sondern ein neues, leeres Grab geschaffen, das da wie hier die Form eines Kammergrabes hat.

Im Gegensatz zu Kyrene ist ein ähnlich monumentales Kammergrab in den gleichzeitigen Nekropolen Poseidonias jedoch nicht erhalten. Die Bestattungen des 6. Jahrhunderts v. Chr. erfolgten in schmalen länglichen Fossagräbern, die ab dem letzten Viertel des Jahrhunderts mit Dachziegeln abgedeckt wurden und einen kleinen Erdtumulus als grave-marker erhielten.[44] Die Beigaben aus kleinen Öl- und Parfümgefäßen sind kärglich und deuten auf einen zurückgenommenen Grabluxus hin. Für die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts ist dann eine kurze Phase ostentativen Prunks zu belegen, der sich in Kammergräbern mit Wandmalereien („Tomba del Tuffatore“) äußert.[45]

Doch wie sah der mögliche Kenotaph oberirdisch aus? Die detaillierte Bauaufnahme von Greco und Theodorescu belegt, daß die Temenosmauer kein ursprüngliches Element der Anlage war.[46] Gegen eine Zusammengehörigkeit sprechen die ungleiche Orientierung von Hypogäum und Temenos und die vom Temenos überbauten älteren Strukturen. Darunter befand sich ein Stufenbau, der sich vor die Ostfront des Hypogäums legt und ein archaischer Kanal, dessen Verlauf im Nordosten des Temenos nachgewiesen werden konnte. Auch der Gebrauch von Spolien beim Bau der Mauer deutet auf ein späteres Entstehungsdatum hin als das 6. Jahrhundert v. Chr.

Theodorescu schlägt als wahrscheinlichste Abdeckung des Kenotaphs einen Tumulus vor.[47] Eine Hypothese, für die auch die starke Dachkonstruktion spricht. Greco und Theodorescu unterscheiden für das Heroon insgesamt drei Phasen. Die erste wird vom ursprünglichen Heroengrab gebildet, dessen Form uns unbekannt ist, dem aber der Kanal im Nordosten zugeordnet wird. Vielleicht ist in diesem Kanal eine Vorrichtung für kultische Handlungen zu sehen. Da Poseidonia um 600 v. Chr. möglicherweise durch achäische Kolonisten aus Sybaris gegründet wurde, sollte diese erste Phase nicht weit danach angesetzt werden.

In einer zweiten Phase wird im späten 6. Jahrhundert v. Chr. das alte Grab aufgegeben, dessen Position analog zum Beispiel Kyrene auch im Umkreis des Temenos gesucht werden kann, und der Kenotaph in Form eines Kammergrabes angelegt. Am Rande des darüber errichteten Tumulus lag ein kleiner Altar, dessen Überrest noch in der stufenförmigen Steinsetzung vor der Ostfront des Hypogäums erkennbar ist. Lag die Grabkammer im Zentrum des Hügels, läßt sich sein Durchmesser auf 16 m errechnen.

In einer dritten Phase trug man die Erdaufschüttung ab, das Dach des Hypogäums wurde durch eine Tonschicht und große Dachziegeln abgedichtet und der Kenotaph auf diese Weise sichtbar gemacht. Den historischen Rahmen für diesen letzten Eingriff könnte die Neuordnung der Stadt nach dem Jahr 273 v. Chr. bilden, in dem sie latinisch wurde.

 

Ein weiteres Ehrengrab für eine historische Person, das aber nicht in den Kontext der Kolonisation gehört, wurde bereits in Kapitel 4.1.2. besprochen: Der um 600 v. Chr. erbaute Kenotaph des Menekrates auf der Insel Kerkyra (Taf. 66,2). Die steinerne Krepis hat einschließlich des oberen und unteren Profils eine Höhe von circa 1, 4 m und einen Durchmesser von 4, 69 m.[48] In der Inschrift dieses in seinen Abmessungen moderaten Bauwerks wird Menekrates als Proxenos und besonderer Freund des Demos bezeichnet, der ihm zu Ehren zusammen mit seinem aus der Heimat angereisten Bruder diesen Kenotaph stiftete.

 

Diese wenigen Beispiele historischer Einzelpersönlichkeiten, die von einer Siedler- oder Bürgergemeinschaft durch eine besonders aufwendige Bestattung geehrt wurden, zeigen, daß der Tumulus den Ansprüchen an ein Ehrengrab das gesamte 6. Jahrhundert hindurch entsprach. Die geringe Zahl der archäologisch nachgewiesenen Denkmäler erklärt sich zum einen aus den am Anfang des Kapitels genannten Problemen bei der Identifikation, zum anderen aus den schlechten Erhaltungsbedingung. Wurde der Tumulus nicht eigens mit einem Steinkreis markiert, kann die Erosion ihn vollständig zerstört haben. Auch lagen die Oikistengräber im städtischen Zentrum und waren urbanistischen Veränderungen unterworfen, wie es die Beispiele Kyrene und Poseidonia belegen. Der altertümlich anmutende Erdhügel wurde bei beiden Beipielen durch einen Temenosbezirk mit einer sichtbaren Kammer aus Werksteinen ersetzt. Die äußere Form und überhaupt die Einrichtung eines speziellen Gründergrabes war offenbar wechselnden Moden unterworfen.

Die Ähnlichkeit mit dem gleichzeitigen Adelsgrab ist sicher nicht zufällig. Es handelt sich hier um eine bewußte Übernahme aus dem aristokratischen Formenrepertoire, was bei der gesellschaftlichen Herkunft der Oikisten auch nicht verwundert.[49]

 

Doch nicht nur historische Persönlichkeiten bekamen ein Ehrengrab in Form eines Tumulus, auch die Gräber mythischer Heroen überwölbte vielfach ein Erdhügel. In Kapitel 4.1.1. wurden bereits die Tumulusgräber der homerischen Helden vorgestellt, wie sie in den Epen geschildert werden. Doch die antike Vorstellung, nach der Figuren des Mythos und des Epos tatsächlich einmal gelebt haben, brachte es mit sich, daß alte Gräber, Bodenerhebungen und Tells ebendiesen mythischen Personen zugeschrieben wurden.[50]

So fungierten gerade auch die fiktiven Helden der homerischen Epen vielfach als eponyme, d. h. namengebende Heroen für Städtegründungen in der Troas. Als Beispiel sei hier die Stadt Achilleion genannt, von der spätere Erwähnungen die Lage dicht an einem Grabhügel bezeugen, der dem Achill zugeschrieben wurde.[51] Die Reiseliteratur der römischen Zeit ist voll von derartigen Heroengräbern, die durchaus nicht immer als Tumulus gestaltet sein mußten. Meist ist die äußere Form nicht weiter spezifiziert oder die Überlieferung so spät, daß keine zeitliche Einordnung der Erbauungszeit möglich ist. Nur die Verbindung von (später) literarischer und archäologischer Überlieferung soll in dieser Arbeit als Nachweis eines archaischen oder älteren Eponymen-Grabes gelten.[52]

 

Für das Pelopsheiligtum in Olympia hat man einen Grabhügel angenommen, doch die Grabungen konnten auch hier keinen sicheren Nachweis erbringen.[53] Unter dem späteren Pelopion befinden  sich Bauten aus dem Früh- und Mittelhelladikum (3. Jts. v. Chr.), darunter eine gekrümmte Steinsetzung, die Dörpfeld für die Krepis eines Grabhügels hielt. Der letzte Bearbeiter Kyrieleis datiert den Tumulus ins mittlere 3. Jts. v. Chr., hält einen Zusammenhang mit dem Pelopion aber für möglich. Ein Grab konnte bisher nicht festgestellt werden. Literarisch ist bei Pindar für das 5. Jahrhundert v. Chr. ein „tymbos“ des Pelops belegt.[54]

 

Der dürftige archäologische Befund zum Gründergrab macht allgemeine Schlußfolgerungen sehr schwierig. Dennoch sprechen schon die Beispiele aus Kyrene und Poseidonia dafür, daß der Tumulus als adäquate Grabform für dieses wichtige Monument der neuen Stadt angesehen wurde.

Die Wahl dieser speziellen Form leitet sich vielleicht aus der Funktion des Gründergrabes ab. Die Person des Gründers ist die alle unterschiedlichen Gruppen integrierende Gestalt des neuen Gemeinwesens. Nach griechischem Verständnis verbleibt etwas von der Kraft und Ausstrahlung einer Person am Ort seiner Bestattung und so macht es Sinn, diese herausragenden Persönlichkeit im neuen Zentrum beizusetzen und den Platz durch ein gut sichtbares Monument zu kennzeichnen.

Dieses Grab erfüllte gleichzeitig die Funktion der Ahnengräber, die es bei einer Neuansiedlung noch nicht geben konnte. Die Figur des Oikisten und die Ahnen werden für Kyrene explizit in einer Inschrift aus dem 4. Jahrhundert zusammen genannt.[55] Es galt, sich der Ahnen als Schutzmächte zu versicheren, als die sie besonders in Attika, aber auch für Delos und Kyrene unter der Bezeichnung „Tritopatreis/Tritopatores“ vielfach belegt sind.[56] Die Inschriften bezeugen ihre enge Verbindung mit einzelnen Familien und Phylen. Für unseren Zusammenhang ist die Beobachtung interessant, daß sich das bekannte Heiligtum der Tritopatreis im Kerameikos in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hügel G befindet und nach Kübler gleichzeitig mit diesem Grabhügel angelegt wurde.[57] Eine enge räumliche Verbindung von Ahnenverehrung und Tumulus ist für Athen also belegt.

Drittens entstammte der Oikist gewöhnlich der Aristokratie und schon dadurch lag es nahe, das Oikistengrab in Form eines Tumulus zu gestalten.

Der Tumulus war die einzige monumentale Grabform, die im archaischen Griechenland bekannt war. Sie leitete sich aus der aristokratischen Lebenswelt ab und wurde in den homerischen Epen als dauerhaftes Erinnerungsmal für ruhmreiche Taten verewigt. Seine Größe, die Verbindung mit Reichtum, guter Abkunft und der Geruch des Altehrwürdigen und Traditionellen machten den Grabhügel zum idealen Ehrenmonument eines neuen Gemeinwesens, das ein aristokratisches Lebensideal nicht verleugnete. Schon im Oikistengrab ist also eine Entwicklung vorweggenommen, die sich für den Sepulkralbereich am besten am Beispiel Athen ablesen läßt. Die allmähliche Verdrängung des auf Verwandtschaft und Besitz beruhenden Adelsstaates durch die Polis, die sich einer gewissen Gleichheit der Bürger verschrieben hat, zieht auch eine Wandlung in den politisch wirksamen öffentlichen Ausdrucksformen nach sich. Das Oikistengrab belegt diese Verschiebung einer ursprünglich aristokratisch belegten Bauform, die im familiär oder „privat“ betriebenen Totenkult eine Rolle spielte, hin zu einer öffentlichen Position, die der Integration der Kolonisten diente.[58]

 



[1] Über einer Reihe von Brand- und Körperbestattungen des 8. und 7. Jahrhunderts v. Chr., die durch die Beigabe von Goldschmuck und Waffen als besonders reich einzuschätzen sind, erhob sich in Eretria ein dreieckiges Monument, dessen weitere Gestaltung hypothetisch bleibt. Der Teil einer gekrümmten Mauer wird von den Ausgräbern als Temenosabgrenzung, nicht als Krepis eines Tumulus interpretiert. Vgl. C. Bérard, L’hérôon à la porte de l’ouest, Eretria III (1970) 60.  

[2] Diese Unterscheidung entspricht nicht dem antiken Verständnis, ist in diesem Zusammenhang aber sinnvoll, da die Gräber historischer Personen noch am ehesten chronologisch einzuordnen sind.

[3] T.J. Dunbabin, The Western Greeks. The History of Sicily and South Italy from the Foundation of the Greek Colonies to 480 B. C. (1948); J. Boardman, Kolonien und Handel der Griechen vom späten 9. bis zum 6. Jahrhundert v. Chr. (1981).

[4] W. Leschhorn, „Gründer der Stadt“. Studien zu einem politisch-religiösen Phänomen der griechischen Geschichte (1984); I. Malkin, Religion and Colonization in Ancient Greece (1987) 187 ff.

[5] J. Boardman, Kolonien und Handel der Griechen (1981) 191 ff. betont, daß das von den Quellen gegebene Motiv der wirtschaftlichen Not nur ein Grund zum Auswandern war. Eine wichtige Rolle werden auch Handelsinteressen gespielt haben. Den Fall, das an einen einzelnen der göttliche Auftrag ergeht eine Kolonie zu gründen, ohne daß es eine Siedlergruppe gibt, überliefert Herodot für die Gründung Kyrenes durch Battos. Hdt. 4, 150 ff.

[6] Der Fund von griechischer Keramik in einem indigenen Grab im sizilischen Thapsos wurde mit der Nachricht bei Thukydides (6, 4) verbunden, daß der ursprüngliche Oikist von Megara Hyblaia, Lamis, hier gestorben sei. Vgl. J. Boardman, Kolonien und Handel der Griechen (1981) 206. Gegen die Deutung als Heroengrab spricht die Beisetzung von zwei Skeletten. In Megara Hyblaia selbst wird ein zweizelliges Gebäude an der Nordwestecke der Agora mit Lamis’ Nachfolger verbunden. Ein Grab konnte hier nicht nachgewiesen werden. Vgl. Boardman a. a. O. 206 ff.; G. Vallet-F. Villard-P. Auberson, Mégara Hyblaea I. Le quartier de l’agora archaïque (1976) 209-211.412-413; als Heroon wird auch ein dreieckiger Bezirk am Westtor in Eretria gedeutet, C. Bérard, L’Héroon à la porte de l’ouest (1970); Ders., Topographie et urbanisme de l’Erétrie archaïque: L’Héroon, in: A. Altherr-Charon (Hrsg.), Eretria VI (1978) 89 ff.

[7] Hdt. 4, 150-159; W. Leschhorn, „Gründer der Stadt“. Studien zu einem politisch-religiösen Phänomen der griechischen Geschichte (1984) 60 ff.; zur genauen Datierung der Gründung Leschhorn a. a. O. 60 A 4.

[8] Pind. P. IV und V, herausgegeben und übersetzt von O. Werner (1967) 136 ff.

[9] Pind. P. V 93.94.

[10] Pind. P. V 96.

[11] S. Stucchi, L’agorà di Cirene I (1965) 33 ff.; die Ergebnisse der italienischen Ausgrabungen sind bei H. Büsing, Battos, in: T. Lorenz (Hrsg.), Thiasos. Sieben archäologische Arbeiten (1978) 66 ff. zusammengefaßt.

[12] Hdt. 4, 159.

[13] S. Stucchi, L’agorà di Cirene I (1965) 50.

[14] Ders., L’agorà di Cirene I (1965) 47, Taf. X Abb. 10 a und b.

[15] Knochen und Holzkohle befanden sich in rötlichem erdigen Material, wie es überall auf der Agora und in der Umgebung Kyrenes zu finden ist. Der Grabungsbericht von Stucchi (a.O. 59) enthält keinen Anhaltspunkt für die These von Büsing (a.O. 71), der die Erde für ortsfremd hält und Battos’ Tod und anschließende Leichenverbrennung in der Fremde stattfinden läßt.

[16] S. Stucchi, L’agorà di Cirene I (1965) 59 Abb.27.

[17] Ders., L’agorà di Cirene I (1965) 35 Abb. 12. Die „Krepis“ besteht aus kleinen und großen Bruchsteinen, deren äußerer Rand sich nur noch vage auf sehr kurzen Strecken nachvollziehen läßt. 

[18] Ders., L’agorà di Cirene I (1965) 111 ff. Abb. 58.59.60.61.

[19] A. Rowe, Cyrenaican Expeditions of the University of Manchester 1955, 1956, 1957 (1959) 6 f. Abb 7-9 Gräber Nr. 401 und 2-9; der Befund in den Nekropolen von Kyrene ist durch Raubgrabungen stark gestört. Eine erste Gesamtaufnahme der Grabstätten erfolgte durch Cassels, der auch die vier Haupttypen (Sarkophage, gebaute Rundgräber, gebaute Rechteckgräber und Steinkammergräber) unterschied. Das Gros der Gräber sind Gruftanlagen und gehört dem 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. an. Vgl. J. Cassels, BSR 23, 1955, 1 ff.

[20] Ders., L’agorà di Cirene I (1965) 113 A 1; zu weiteren Tumuli in Kyrene vgl. mit Literatur W. Koenigs, in: Kerameikos XII (1980) 42.

[21] Ders., La tomba a tumulo presso Messa in Cirenaica, Libya Antiqua 1, 1964, 127-131.

[22] J. Boardman, Kolonien und Handel der Griechen (1981) 272 f.

[23] BCH 71/72, 1947/8, 420-422.

[24] BCH 74, 1950, 337-341.

[25] BCH 74, 1950, 340 Abb. 53.54.

[26] J. Pouilloux, Recherches sur l’histoire et les cultes de Thasos, études Thasienne III (1954) 334 f.; in der Nähe fand sich das Mnema des Glaukos, der ebenfalls zur ersten Kolonistengeneration gehörte und durch den archaischen Dichter Archilochos bekannt ist. Vgl. Ders., Glaucos, fils de Leptine, Parien, BCH 79, 1955, 75 ff.

[27] P.C. Sestieri, Il sacello - Heroon posidoniate, BdA 40, 1955, 53-64.

[28] Ein Steinplan des Hypogäums findet sich bei E. Greco-D. Theodorescu, Poseidonia-Paestum II. L’Agora (1983) Abb. 17.

[29] Zur Bedeutung des Abaton vgl. M.P. Nilsson, Geschichte der griechischen Religion I 3(1967) 75 f.

[30] E. Greco-D. Theodorescu, Poseidonia-Paestum II. L’Agora (1983) 75.

[31] P.C. Sestieri, Il sacello - Heroon posidoniate, BdA 40, 1955, 54 f. 57 Abb. 9.

[32] Gute Photos dieser Bronzegefäße finden sich bei C. Rolley, Les vases de bronze de l’archaïsme rècent en Grande-Grèce (1982). Rolley versucht in einer jüngeren Arbeit die paestaner Bronzegefäße einem unteritalischen Künstleratelier zuzuweisen, das er in Sybaris ansiedelt. Diese Lokalisierung wäre ein weiteres Argument für die Zuschreibung des Heroons an die sybaritischen Exilanten. Vgl. C. Rolley, L’hérôon de Poseidonia et les bronzes de Sybaris, AttiMemMagnaGr 1, 1992, 259 ff.

[33] P.C. Sestieri, BdA 40, 1955, 54 „con forte odore di cera“; M. Bertarelli Sestieri, Nuove ricerche sull’ipogeo di Paestum, MEFRA 97, 1985, 658 ff. die vom Laboratorio della Camera di Commercio di Roma durchgeführten chemischen Analysen besagen, daß die Substanz nicht in Wasser aufgelöst werden kann, aber sich zu 99 % verseifen ließ. Die festgestellte Fettsäuremischung bestand aus 77, 4 % Palmitinsäure, 6, 1 % Ölsäure, 5, 2 % Stearinsäure und Spuren anderer bekannter sowie nicht identifizierbarer Fettsäuren. - Die Interpretation von an archäologischen Artefakten nachgewiesenen Fettsäuren wurde jüngst in einer Magisterarbeit untersucht. Vgl. M. Tauber, Chemische Analysen von Nahrungsmittelrückständen an mittelalterlicher Keramik: Möglichkeiten und Grenzen der Identifikation, M.A. Hamburg 1997. Die Autorin kommt zu dem Schluß, daß die Zusammensetzung der Fettsäuren nach dem heutigen Forschungsstand keine verläßliche Grundlage für die Deutung des ursprünlichen Gefäßinhaltes darstellt.

[34] M. Bertarelli Sestieri, Nuove ricerche sull’ipogeo di Paestum, MEFRA 97, 1985, 661.

[35] Hom. Od. 23, 170 f. Patroklos werden auf seinem Scheiterhaufen Amphoren mit Honig und Öl beigegeben.

[36] Die Bauchamphora ist ein Werk des Chiusimalers (Paralipomena 170, 6) und wurde ursprünglich von B. Neutsch dem Antimenesmaler zugeschrieben. Vgl. B. Neutsch, TAS NYNFAS EMI HIAPON (1975) 25 f.

[37] G.Q. Giglioli, L’Arte Etrusca (1935) Taf. 18, 3.

[38] U. Kron, Zum Hypogäum von Paestum, JdI 86, 1971, 117 ff. Abb. 9 ff. 

[39] E. Diehl, Die Hydria. Formgeschichte und Verwendung im Kult des Altertums (1964) passim bes. 67 f.

[40] E. Diehl, Die Hydria (1964) 5 ff. Diehl führt eine Hydria aus Lebadeia (Kat. Nr. B 21) an, die auf ihrem Mündungsrand eine Inschrift trägt, in der sich ein Mann namens TelesstaV als Stifter bezeichnet.

[41] Dies., JdI 86, 1971, 130 f.

[42] P.C. Sestieri, BdA 40, 1955, 55 f.: Heiligtum der Hera/Persephone; B. Neutsch, TAS NYNFAS EMI HIAPON (1957) 18: Nymphengrab; U. Kron, JdI 86, 1971, 147: Heiligtum für eine Göttin, die zugleich olympische und chthonische Verehrung genießt; M. Bertarelli Sestieri, MEFRA 97, 1985, 682: Heiligtum für Dionysos, Demeter und Kore contra P. Zancani-Montuoro, ArchStorCal 23, 1954, 165 ff.: Kenotaph des Is aus Helike, dem Gründer von Sybaris; Ch. Picard, RA 47, 1956, 97 ff.: Heroon einer Frau; J. Boardman, Kolonien und Handel der Griechen (1981) 214: Ehrengrab für einen angesehenen Bürger oder Gründer; E. Greco-D. Theodorescu, Poseidonia-Paestum II. L’Agora (1983) 77: Heroon des uns namentlichen unbekannten Oikisten von Paestum.

[43] So bei einigen spätgeometrischen Gräbern in Argos. Vgl. A. Bräuning, Untersuchungen zur Darstellung und Ausstattung des Kriegers im Grabbrauch Griechenlands zwischen dem 10. und 8. Jahrhundert v. Chr. (1995) Tab. 6; H. Büsing, Battos, in: T. Lorenz (Hrsg.), Thiasos (1978) 78 A 31.

[44] A. Pontrandolfo, Le necropoli dalla città greca alla colonia latina, in: G. Pugliese Caratelli (Hrsg.), Poseidonia-Paestum, KB Tarent-Paestum 1987 (1988) 230 ff.

[45] A.M. Napoli, La tomba del tuffatore (1970).

[46] E. Greco-D. Theodorescu, Poseidonia-Paestum II. L’Agora (1983) 25 ff.

[47] E. Greco-D. Theodorescu, Poseidonia-Paestum II. L’Agora (1983) 33.

[48] Hierzu mit Literatur J. Fedak, Monumental Tombs of the Hellenistic Age: A Study of Selected Tombs From the Pre-Classical to the Early Imperial Era (1990) 62. 291 Abb. 53; K. Mataranga, Un étrange ‘proxène’ à Corcyre, RA 1994, 111 ff.

[49] I. Malkin, Religion and Colonization in Ancient Greece (1987) 261 f.

[50] Als Beispiel mögen hier die Tumuli der Troas angeführt werden, unter denen nur selten ein Grab lokalisiert werden konnte. Vgl. A.-U. Kossatz-Pompé, Studia Troica 2, 1992, 180 ff.

[51] Hdt. 5, 94; die literarischen Erwähnungen sind bei F. Pfister, Der Reliquienkult im Altertum I (1909) 280 gesammelt. Plin. nat. 5, 125 erwähnt einen Tumulus.

[52] Eine Liste von Gräbern eponymer Heroen befindet sich bei F. Pfister, Der Reliquienkult im Altertum I (1909) 279 ff. Pfister verzeichnet insgesamt 63 überlieferte Grabstellen von historischen und mythischen Figuren, die zum großen Teil ausschließlich bei Pausanias belegt sind. 

[53] Paus. 5, 13, 1; die grundlegende Publikation legte W. Dörpfeld, Alt-Olympia (1935) 118 ff. vor. Seine Ergebnisse wurden jedoch von A. Mallwitz, Olympia und seine Bauten (1972) 133 ff. abgelehnt und konnten auch bei einer Nachgrabung durch H. Kyrieleis, Neue Ausgrabungen in Olympia, AW 21, 1990, 177-188 nicht bestätigt werden.

[54] Pind. Ol. 1, 150; Ol. 10, 30 erwähnt ein „sema“.

[55] SEG IX 72, 22; SEG IX 3, 26; W. Leschhorn, Gründer der Stadt (1984) 60.####

[56] RE VII A (1939) 324 ff. s.v. Tritopatores (E. Wüst).

[57] K. Kübler, Kerameikos VII 1 (1976) 15 Kübler deutet diese Verbindung als staatliche Sühnemaßnahme für die bei der Errichtung von Hügel G zerstörten älteren Gräber. Da seine Interpretation von Hügel G als Staatsgrab für Solon, wie in Kapitel 4.2.3.2. gezeigt, nicht zu halten ist, soll hier eine Deutung als Heiligtum einer athenischen Familie vorgeschlagen werden. Die mutwillige Zerstörung einer großen Zahl von älteren Gräbern kann dann damit erklärt werden, daß unter ihnen Mitglieder einer Familie begraben waren, die durch den Hügel ein gemeinsames Monument bekamen.

[58] vgl. I. Malkin, Religion and Colonization in Ancient Greece (1987) 265 f.