Gleichwohl haben wir die Hoffnung, das Grab zu finden, noch nicht ganz aufgegeben. Das Grab eines der großen pergamenischen Könige ist ein zu verlockendes Ziel, als dass wir leichten Herzens den Spaten aus der Hand legen und auf eine weitere Untersuchung verzichten könnten.[1]
Dieses Zitat von Wilhelm Dörpfeld gibt die Faszination wieder, die von monumentalen Grabanlagen ausgeht und bis heute - man denke nur an die Aufregung um das Grab Alexanders d. Großen[2] - anhält. Die mögliche Verbindung von derartigen Baudenkmälern mit literarisch bekannten Persönlichkeiten entzieht sie der sonst vorherrschenden Anonymität von Grabungsbefunden und enthebt den Ausgräber schwieriger Datierungsprobleme.
Schlaglichtartig erstehen hier Einzelschicksale von Königen und Aristokraten, deren für uns fremdartiger Ausstattungsluxus auf großes Interesse stößt. Oft wurde schon über Jahre im voraus an den Grabmonumenten dieser herausragenden Einzelnen gebaut und ihr Tod zog Trauerbekundungen nach sich, die viele Personen über Tage und Wochen in festgelegte Rituale einschloß: Erst die Aufbahrung mit Trauerbezeugungen, die Ankunft der Gäste, dann der von Würdenträgern, Musikanten, Familienmitgliedern und Opfertieren begleitete Trauerzug, die Totenrede und das abschließende Totenmahl. Der verstorbenen Person selbst wurde oftmals ein ganzer Kosmos von Gütern ins Grab gegeben, angefangen vom persönlichen Besitz, Kleidung, Schmuck, Mobiliar, bis hin zum Küchengeschirr, vollständigen Wagen und der Dienerschaft.
Zum einen ist es also sicher der Menge und Qualität der Grabbeigaben und der Prominenz der Grabinhaber zuzuschreiben, wenn besonders große Gräber gesteigerte Aufmerksamkeit genießen, zum anderen tritt mehr und mehr zutage, welche Ausmaße sie als Bauprojekte annehmen konnten. - Leider ist man hier auf Schätzungen angewiesen, da noch viel zu wenig über die zugrundeliegende Infrastruktur bekannt ist. Es zeichnet sich jedoch ab, daß der getriebene Aufwand bei den äußerlich vergleichsweise unansehnlichen Grabhügeln sehr wohl dem von Tempeln und anderen Werksteinbauten entsprechen konnte.
Doch dieses Bild prunkvoller Totenbegängnisse und riesiger Grabanlagen, das sich so sehr von der kargen mitteleuropäischen Gegenwart unterscheidet, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich hier nicht um eine antike Konstante handelt. Es sind immer nur verhältnismäßig kurze, aber für den Ausgräber natürlich besonders materialreiche Phasen, die einen derartig reichen Grabkult aufweisen.
Die Umstände zu beleuchten, unter denen ein Höchstmaß an Energie und Material in die Errichtung von aufwendigen Grabdenkmälern geflossen ist, bildet den Ausgangspunkt dieser Arbeit. Ausgehend von einigen Grundüberlegungen zur Funktion monumentaler Architektur wird hierzu der monumentale Tumulus ausgewählt, der vom 8. bis zum 6. Jahrhundert v. Chr. im Mittelmeergebiet weit verbreitet war und innerhalb dieser Zeit als das Elitegrab bezeichnet werden kann. Was zeichnete diese Grabform aus, daß sie von Südspanien bis Phrygien bei vielen unterschiedlichen Kulturen genutzt wurde?