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Titel: Sammler in Hamburg : Der Kaufmann und Kunstfreund Konsul Eduard Friedrich Weber (1830-1907)
Sprache: Deutsch
Autor*in: Schmincke, Carla
GND-Schlagwörter: Mäzenatentum
Kunst / Sammlung
Erscheinungsdatum: 2004
Tag der mündlichen Prüfung: 2003-01-08
Zusammenfassung: 
Bürgerliche Sammler sind seit einigen Jahren zunehmend Gegenstand kunst- und kulturhistorischer
Forschungen geworden, ebenso die enge Verbindung zwischen privater Sammeltätigkeit
und bürgerlichem Mäzenatentum. Die Motive zu sammeln und mäzenatisch tätig zu sein, sind
vielfältig. Doch offenbaren sich in beidem nicht nur individuelle Züge, sondern zugleich auch
gruppen- und zeitspezifische Charakteristika, die auch im sammlerischen Lebenswerk Konsul
Eduard Friedrich Webers Ausdruck fanden.
Ed. F. Weber war ein überaus vielseitiger Sammler des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Besitzer
nicht allein einer der größten deutschen Privatsammlungen Alter Meister, sondern auch einer der
besten antiken Münzsammlungen seiner Zeit, des weiteren Besitzer einer Sammlung Neuerer
Meister sowie einer Hamburgensien-Sammlung.
Webers Familie gehörte zum Kreis der bürgerlichen Elite der Hansestadt; sie vereinte in sich die
klassischen Züge des damaligen Wirtschafts- und Bildungsbürgertums. Konsul Weber wuchs in
einem überaus kulturbeflissenen und kunstinteressierten Elternhaus auf. Er selbst entsprach dem
Typus des leidenschaftlichen, kenntnisreichen und verantwortungsbewußten Sammlers.
Der Titel der vorliegenden Arbeit steht für den Sammler im Singular und Plural gleichermaßen.
Die Arbeit gibt Auskunft über die Person des Sammlers, über die Entstehung, die Zusammensetzung
und den Verbleib der Sammlungen, ist zugleich aber auch eine Betrachtung des soziokulturellen
Kontextes, in dem die Sammlungen in Hamburg um 1900 entstanden. Sie untersucht
zudem, ob und inwieweit sich Webers Sammeltätigkeit und seine sammlerischen Motive in eine
spezifisch hamburgische Sammeltradition einfügten.
Die bekannteste seiner Sammlungen war die Galerie Alter Meister, die rund 400 Gemälde der
unterschiedlichsten Epochen, Länder und Malerschulen umfaßte. Weber beabsichtigte, in seiner
Galerie ein möglichst lückenloses Bild der europäischen Malerei des 14. bis 18. Jahrhunderts
zusammenzutragen und dem Publikum zugänglich zu machen - zunächst in den Wohnräumen
des Familienhauses An der Alster, später in einem eigens dafür von Martin Haller in ein
Galeriegebäude umgebautes, unmittelbar angrenzendes Nachbarhaus. Durch diese Trennung der
Galerie von den Wohnräumen und den übrigen Sammlungen eröffnete sich vor allem auch die
Möglichkeit einer vereinfachteren öffentlichen Zugänglichkeit der Sammlung. Durch eine derartige
funktionelle Trennung der verschiedenen Sammlungen verwirklichte Weber im Falle der
Galerie Alter Meister seinen „Museumsgedanken“ für Hamburg. Unterstützt wurde diese Idee
durch eine langjährige, unermüdliche und wissenschaftlich anspruchsvolle und vorbildliche
Bearbeitung und Katalogisierung der Sammlungen durch seinen Neffen Karl Woermann, wie sie
in den beiden Auflagen des Wissenschaftlichen Verzeichnisses der älteren Gemälde der Galerie
Weber in Hamburg nachzulesen ist.
Als Kaufmann, Sammler und Förderer der Künste und Wissenschaften war Weber Mitglied der
Bürgerkultur der Hansestadt. Die in der Arbeit thematisierte Unschärfe der Begriffe „Bürgerkultur“
bzw. „bürgerliche Kultur“ sowie „Mäzenatentum“ erlaubt jedoch keine zwangsläufige
Anwendung dieser Prädikate auf Konsul Weber und sein kulturelles und mäzenatisches Engagement
für seine Vaterstadt.
Da jedoch mit der Bezeichnung „bürgerliche Kultur“ im weitesten Sinn die kulturellen und
künstlerischen Aktivitäten der bürgerlichen Gesellschaft um 1900 gemeint sind, findet dieser
Begriff auch hier dennoch Verwendung. Konsul Weber nahm regen Anteil am kulturellen und
gesellschaftlichen Leben der Hansestadt – dies ist nicht zuletzt durch seine Mitgliedschaft in
zahlreichen bürgerlichen Vereinen und Gesellschaften dokumentiert.
Aufgrund seiner republikanischen Staatsform und des Fehlens einer fürstlichen Kunstförderung
blickte die Hansestadt Hamburg bereits damals auf eine besonders ausgeprägte Tradition des
kollektiven bürgerlichen Mäzenatentums zurück, das sich in der Regel in Form von Vereinen
der unterschiedlichsten Zielsetzungen institutionalisierte. Auch Konsul Weber beteiligte sich
tatkräftig an zahlreichen gemeinnützigen Projekten.
Der damalige Direktor der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark, war nach Webers Tod im
Jahre 1907 der erste gewesen, der sich um den Verbleib der Weberschen Sammlungen in
Hamburg bemüht hatte. Die schwierigen und langjährigen Verhandlungen mit den Erben des
Sammlers scheiterten jedoch letztendlich. Eine Versteigerung der Galerie Alter Meister wurde
unabwendbar. Die Versteigerung 1912 in Berlin erwies sich – vor allem aufgrund der Höhe des
Preisniveaus – als bedeutendes Ereignis für Berlin als eines der neuen Zentren des internationalen
Kunstmarkts. Sie fand große Beachtung im In- und Ausland. Unter Ausnutzung aller
vorhandenen, staatlich und privat geförderten finanziellen Mittel konnte die Hamburger Kunsthalle
insgesamt 36 Erwerbungen auf der Versteigerung tätigen. Diese befinden sich auch heute
noch nahezu komplett im Besitz der Hamburger Kunsthalle.
Aus seiner Ablehnung der modernen zeitgenössischen Kunst um 1900 machte Konsul Weber
kein Geheimnis. Sein Standpunkt entsprach weitgehend der Kunstauffassung der konservativen
bürgerlichen Kreise des Wilhelminischen Kaiserreiches.
Hinsichtlich der Beurteilung der Bedeutung des deutschen Bürgertums bei der Durchsetzung der
modernen Kunst um 1900 herrschen in der Fachwelt unterschiedliche Auffassungen. Wenngleich
sich gezeigt hat, daß auch in Hamburg zahlreiche private Sammler zeitgenössischer Kunst
während der Jahrhundertwende weitaus progressiver und engagierter als ihr lange gepflegter Ruf
gewesen sind und durch ihr Engagement der modernen Kunst zum Durchbruch mit verholfen
haben, bleibt festzuhalten, daß Weber – trotz seiner prominenten Stellung unter den Hamburger
Sammlern – keinen Anteil daran gehabt hat.
Ungeachtet der Tatsache, daß auch die Sammlungen Konsul Webers ein unverkennbar zeit- und
sozialtypisches Gepräge hatten, offenbaren sie dennoch ausgeprägte individuelle und für die
Hamburger Sammlerkultur einzigartige Züge und Intentionen. Auch im Falle Konsul Webers
wird deutlich , daß letztendlich die Verschiedenheit der konkreten Beispiele privater Sammeltätigkeit
des ausgehenden 19. Jahrhunderts eher der geschichtlichen Realität entsprach als partikuläre
oder vermeintliche Gemeinsamkeiten und Parallelen.
Die herausragende Bedeutung und außergewöhnliche Leistung Webers als Sammler und Kunstfreund
sind vor allem aufgrund fehlender überdauernder und weithin sichtbarer Zeugnisse seines
Sammlerfleißes und seines Engagements für das kulturelle Leben der Hansestadt in Vergessenheit
geraten. Die vorliegende Arbeit über den Sammler und Kunstfreund Weber soll daher nicht
nur ein weiterer Baustein in der Untersuchung der Sammlerkultur um 1900 sein, sondern auch
der Versuch einer Würdigung seiner unvergleichlichen Sammeltätigkeit in Hamburg.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/775
URN: urn:nbn:de:gbv:18-22816
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Hipp, Hermann (Prof. Dr.)
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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