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Titel: Grundlagen der Populationsentwicklung verschiedener Scyphozoa (Cnidaria) der Deutschen Bucht
Sprache: Deutsch
Autor*in: Holst, Sabine
Schlagwörter: Ephyren; Massenentwicklung; Massenauftreten; Substratwahl; Lebenszyklus
GND-Schlagwörter: Nesseltiere
Scheibenquallen
Meduse
Polyp
Strobilation
Substrat
Hartsubstrat
Ansiedlung
KlimaänderungGND
Umweltveränderung
Erscheinungsdatum: 2008
Tag der mündlichen Prüfung: 2007-12-14
Zusammenfassung: 
Das zunehmende Massenauftreten von Medusen der Scyphozoa gehört zu den aktuell weltweit beobachteten Veränderungen von marinen Ökosystemen. Die in Massen auftretenden Medusen verursachen wirtschaftliche Probleme in Fischerei, Aquakultur, Industrie und Tourismus, da sie Nahrungskonkurrenten und Räuber der Fische darstellen, Kühlwassersysteme verstopfen und Badegäste von den Stränden vertreiben.
Über die Ursachen der Massenentwicklungen von Medusen ist nur wenig bekannt, besonders die benthische Polypengeneration der Scyphozoa wurde bisher nur unzureichend untersucht. Die Polypenpopulationen bilden jedoch die Grundlage für die Entstehung der Medusenpopulationen, da die jungen Medusen (Ephyren) durch eine Form der asexuellen Vermehrung der Polypen (Strobilation) erzeugt werden. Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt darum in der Untersuchung der Larven (Planulae) und Polypen (Scyphistomae) der fünf Scyphozoa der Deutschen Bucht [Aurelia aurita (L.), Cyanea capillata (L.), Cyanea lamarckii Péron und Lesueur, Chrysaora hysoscella (L.) und Rhizostoma octopus (L.)].
Der Lebenszyklus der Wurzelmundqualle R. octopus mit der Entwicklung von der Planula bis zur jungen Meduse wurde erstmalig dokumentiert. Zudem wurden die verschiedenen Formen der asexuellen Vermehrung der Polypen (Knospung, Teilung, Cystenproduktion) und die Entwicklung der durch Strobilation entstandenen Ephyren aller untersuchten Arten verfolgt. Die dargestellten morphologischen Unterschiede können eine Unterscheidung von Ephyren in Planktonproben aus der Deutschen Bucht und angrenzenden Seegebieten zukünftig erleichtern.
Für die Entwicklung von sessilen Benthosorganismen spielt die zur Verfügung stehende Siedlungsfläche eine entscheidende Rolle. Die hier durchgeführten Beobachtungen des Siedlungsverhaltens von Planulae deuten darauf hin, dass diese die Fähigkeit haben, das Siedlungssubstrat aktiv zu wählen. Alle fünf untersuchten Arten von Planulae zeigten eine deutliche Präferenz der Substratunterseiten. Die hängende Lebensweise bietet vermutlich verschiedene Vorteile beim Beutefang und bei der Strobilation.
Experimente zur Substratwahl zeigten, dass künstliche Substrate (behandeltes Holz, Polyethylen, Beton, Glas) von Planulae als Siedlungsflächen genutzt werden. Wahrscheinlich führt die Errichtung künstlicher Hartsubstrate an den Küsten (Uferbefestigungen, Hafenanlagen, Offshore-Plattformen) sowie der Mülleintrag ins Meer zum Wachstum und zur Ausbreitung der Polypenpopulationen. Steigende Polypenzahlen haben eine gesteigerte Ephyrenproduktion zur Folge, die vermutlich eine der Ursachen für das zunehmende Massenauftreten der Medusen ist.
Zu den wichtigsten abiotischen Umweltfaktoren, die regulierend auf die Entwicklung und Verbreitung der Populationen mariner Organismen wirken, gehören Temperatur, Licht und Salinität. Die Auswirkungen dieser Faktoren auf die Polypenpopulationen der Scyphozoa sind bisher nur wenig bekannt. In der vorliegenden Arbeit wurden erstmals langfristige Laborexperimente mit einer Dauer von bis zu zwei Jahren durchgeführt, um die Einflüsse abiotischer Faktoren auf die Entwicklung der Polypen und die Strobilation zu untersuchen.
Temperaturänderungen waren bei den meisten untersuchten Arten Auslöser der Strobilation. Wärmere Temperaturen hatten eine Steigerung der asexuellen Vermehrung der Polypen zur Folge, bei mehreren Arten wurde eine erhöhte Ephyrenproduktion festgestellt. Diese wurde durch eine Verlängerung der Strobilationsphase, eine gesteigerte Ephyrenproduktion pro Strobila und einen beschleunigten Ablauf der Strobilation bei höheren Temperaturen bewirkt. Ein Temperaturanstieg in Nord- und Ostsee durch klimatische Veränderungen hat demzufolge einen steigernden Effekt auf die Ephyrenproduktion und somit auf die Massenentwicklung von Medusen.
Es wurde kein Einfluss des Lichts auf die Strobilationszeiten, die Anzahl strobilierender Polypen oder die Anzahl der pro Strobila produzierten Ephyren festgestellt. Vermutlich spielt das Licht keine entscheidende Rolle bei der Strobilation der untersuchten Arten.
Die Kultivierung der Planulae und Polypen bei herabgesetzen Salinitäten zeigte ihre hohen Toleranzen gegenüber verringerter Salinität.
Polypenfunde im Freiland wurden bisher nur sehr selten dokumentiert und die Verbreitungsgrenzen der Polypen verschiedener Arten sind unklar. Die Ergebnisse der hier durchgeführten Laborversuche lassen Rückschlüsse auf die Verbreitung der untersuchten Polypen und ihre Strobilationszeiten zu.
Anthropogene Einflüsse, wie die Bebauung der Meere und der Mülleintrag sowie die globale Klimaerwärmung führen zu Veränderungen abiotischer Faktoren in marinen Ökosystemen. Die Untersuchungen dieser Arbeit zeigen, dass solche Veränderungen wachsende Polypenpopulationen und eine gesteigerte Ephyrenproduktion zur Folge haben. Diese gehören zu den Ursachen der Massenentwicklungen von Medusen.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/2068
URN: urn:nbn:de:gbv:18-36356
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Jarms, Gerhard (PD Dr.)
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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