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Titel: Soziologie des religiösen Staates im Islam und im Christentum
Sonstige Titel: Sociology of the religious state in Islam and Christianity
Sprache: Deutsch
Autor*in: Nourbakhsh, Younes
Schlagwörter: Religion; Gottesstaat; Religion
GND-Schlagwörter: Religionssoziologie
Laizismus
Säkularismus
Säkularismus
Islamische Staaten
Christentum
Islam
Politisches System
Erscheinungsdatum: 2008
Tag der mündlichen Prüfung: 2007-11-14
Zusammenfassung: 
Rechtsstaatlichkeit, der Respekt vor der Meinung anderer und die Nichtanwendung von Gewalt zur Lösung gesellschaftlicher Probleme gehören zu den spezifischen Besonderheiten von zivilen und demokratischen Gesellschaften. Gehen wir demzufolge von Hannah Arendt' aus und nehmen wir ebenfalls an, dass das Leben in einem staatlichen Gemeinwesen und politisch zu sein bedeutet, sämtliche Fragen durch Dialog und Überzeugungsarbeit zu lösen anstatt durch Zwang und Gewalt, dann können wir das Fehlen von institutioneller und struktureller Gewalt als Bemühen zur Schaffung einer Demokratie anerkennen.
Die Menschen waren stets daran interessiert, die unterschiedlichen Formen von Gewalt aus ihrer Gesellschaft zu verbannen und an deren Stelle Frieden, Recht und Gesetz, Gerechtigkeit und Freiheit zu setzen.
Die Menschen greifen aus ganz unterschiedlichen Gründen zur Anwendung von Gewaltmitteln. Zahlreiche Faktoren üben dabei einen Einfluss aus, einer davon ist die Religion. Aufgrund ihrer bitteren Erfahrungen, die die Menschen im christlichen Abendland mit der Einmischung der Religion in die Politik sowie mit Gewalt und Repression vonseiten der Kirche gemacht hatten, sahen sie in der Renaissance die Lösung für die Ausmerzung von gesellschaftlichen repressiven Zwangsmaßnahmen in der Trennung von Religion und Politik sowie dem generellen Rückzug der Religion aus dem politischen Geschehen, woraufhin allmählich im Westen eine säkulare Gesellschaftsform etabliert worden ist.
In der Geschichte der islamischen Welt hingegen übte die Religion immer wieder dann, wenn sie mit der Politik verschmolz, ganz unterschiedliche Einflüsse aus. Beispielsweise waren Staat und Religion in der Epoche der ersten islamischen Kalifen maßgeblich für die Befreiung des Volkes aus Stammesfehden, Gesetzlosigkeit und Ungerechtigkeit verantwortlich. Aus diesem Grund konnte der Islam auch innerhalb kürzester Zeit sowohl das Römische als auch das Persische Reich bezwingen. In den folgenden Jahrhunderten verlieh die Religion in der islamischen ebenso wie in der christlichen Welt den Staaten die nötige Legitimation und Stärke, die sie benötigten, um vor dem Volke zu bestehen. Dementsprechend haben wir es hier mit der Frage zu tun, welchen Standpunkt die Religionen zu Staat und Demokratie einnehmen und in welchem theoretischen Verhältnis sie zueinander stehen. Sind die historischen Erfahrungen von Islam und Christentum auf diesem Gebiet identisch?
Im Gegensatz zur Trennung von Religion und Politik in der christlichen Tradition ist im Islam das Einssein'' von Religion und Politik eine unbestreitbare religiöse Tatsache; im Islam sind Politik und Religion miteinander verschmolzen, während die Unterscheidung in religiöse und weltliche Angelegenheiten im Christentum eine Verpflichtung zu doppelter Loyalität bildet. Die Trennung von Religion und Politik hatte daher in der christlichen Welt nicht immer das gleiche Ausmaß. Die Vertreter Gottes und diejenigen des Kaisers zeigten teilweise eine gegenseitige Annäherung, bisweilen wandten sie sich voneinander ab. In Anbetracht der Tatsache, dass es im Verhältnis von Religion und Politik unterschiedliche Ausprägungen gibt, sind auch differierende Ansichten über die Frage geäußert worden, in welchem Stadium ihrer Einheit Despotismus und Gewalt hervorgebracht werden.

Die Beziehung zwischen Religion und Staat kann auf verschiedene Weise untersucht werden. Eine Möglichkeit besteht in der historischen Methode. Es handelt sich dabei um den Versuch, die wechselseitigen Beziehungen zwischen Religion und Regiment im Verlauf ihrer parallelen Entwicklung bei sämtlichen Völkern und Kulturen in den einzelnen Epochen aufzuzeigen. Ferner können die in einer solchen Beziehung herrschenden Prinzipien phänomenologisch analysiert werden. Die ausschließliche Anwendung jeder Methode hat ihre Grenzen.
Aus der ersten Methode entstehen zahlreiche sich überschneidende Materialien, bei der zweiten Methode könnte wiederum die Beschreibung mit normativen Gesichtspunkten verwischt werden.



Daher ist es ratsam, die Mitte zwischen beiden Methoden zu wählen. Es sollen die Vorteile beider Methoden genutzt und die geeigneten Elemente in eine spezielle Methode der Religionssoziologie integriert werden.
Die jeweilige gegenseitige Wechselwirkung zwischen der Theologie, welche die grundlegenden Begriffe der Interpretation eines religiösen Erlebnisses formuliert, der Religionsgeschichte, die dessen Manifestationen und Entwicklungen beschreibt, und der Religionssoziologie, die die gesellschaftlichen Wirkungen religiöser Phänomene und die Vielfalt der religiösen Institutionen untersucht, wird auf diese Weise illustriert?
Die Besonderheit dieser Arbeit liegt jedoch in der in ihr angewandten komparativen und interdisziplinären Methode sowie der vergleichenden soziologischen Aspekte.
Diese Forschungsarbeit begrenzt sich auf die beiden ReligiAnen Islam und Christentum. Zeitlich fixiert sich die Untersuchung auf die Epoche des Mittelalters. Es wird auf zeitgenössische Entwicklungen der Religion in islamischen Ländern und auf die säkulare Epoche in den westlichen Gebieten verwiesen.
In Kapitel A und B dieser Arbeit wird versucht, die Themen Islam und Christentum jeweils in Bezug auf den Staat zu analysieren, in Kapitel C sollen Ähnlichkeiten und Unterschiede aufgezeigt werden.
Die vorrangige Fragestellung ist, wie das Verhältnis zwischen Religion und Staat im Islam und im Christentum aussieht und welchen Einfluss die Religion in der Geschichte auf das demokratische Verhalten und Handeln der Staaten hatte?
Die nachgeordneten Fragestellungen sind:
• Welche Sicht nimmt der Islam in Bezug auf Politik ein, und wie gestaltete sich die Einheit von Religion und Politik zur Zeit des islamischen Kalifats zwischen dem 7. bis 13 . Jahrhundert?
• Welche Sicht nimmt das Christentum in Bezug auf Politik ein, und wie gestaltete sich die Einheit von Religion und Politik während des Mittelalters?
• Wo liegen die soziologischen Unterschiede und Ähnlichkeiten bei christlichen und islamischen Staaten im Mittelalter?
• Lassen sich Islam und Christentum mit Demokratie vereinbaren?
• Wie entstand der Säkularismus in Europa? Ist dieses gesellschaftliche Phänomen auch in islamischen Ländern möglich?
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/2251
URN: urn:nbn:de:gbv:18-38190
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Eichner, Klaus (Prof. Dr.)
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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