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Titel: Gewissenhaftigkeit und Ausbildungserfolg : Wie Fleiß, Ordnung und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen IHK-Noten beeinflussen
Sprache: Deutsch
Autor*in: Dreier, Kirsten
Schlagwörter: Persönlichkeitstests; Selbstwirksamkeit; Referenzrahmen; Fleiß; Ordnung; Conscientiousness; Frame-of-Reference; Industriousness; Orderliness; Apprenticeship
GND-Schlagwörter: Gewissenhaftigkeit
Fleiß
OrdnungGND
Ausbildungserfolg
IHK-Noten
Eignungsdiagnostik
Erscheinungsdatum: 2012
Tag der mündlichen Prüfung: 2013-05-06
Zusammenfassung: 
Persönlichkeitseigenschaften haben sich seitens der Forschung als valide Prädiktoren von schulischem und beruflichem Erfolg erwiesen. Berufsgruppen- und hierarchieübergreifend hat sich die Gewissenhaftigkeitsdimension als validester Prädiktor von schulischem und beruflichem Erfolg erwiesen, der auch inkrementelle Validität gegenüber allgemeinen kognitiven Fähigkeiten besitzt (Barrick et al., 2001; Poropat, 2009). Neuere Forschung deutet an, dass die Facetten der Gewissenhaftigkeitsdimension gegenüber der allgemeinen Gewissenhaftigkeits-dimension höhere prädiktive Validitäten besitzen und Leistung differenzierter und präziser Vorhersagen (Bipp, 2010; O’Connor & Paunonen, 2007). Die Substruktur der Gewissenhaftigkeitsdimension ist nach wie vor umstritten, allerdings deutet sich an, dass eine zweifaktorielle Substruktur derzeit die beste Lösung ist, das Bandwidth-Fidelity-Dilemma der Persönlichkeitspsychologie zu lösen (DeYoung et al., 2007; Jackson et al., 2009). Die Gewissenhaftigkeitsdimension wird den Ergebnissen zufolge in einen eher proaktiven Aspekt (Fleiß) sowie einen eher passiven Aspekt (Ordnung) unterteilt.
Darüber hinaus fehlt in der bestehenden Forschungsliteratur zur Vorhersage von schulischer und beruflicher Leistung bisher ein komplexes Modell, das die Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Erfolg erklärt (Dudley et al., 2006; Lord, 2011). Der Einbezug weiterer beeinflussender Variablen bzw. die Integration der Traittheorie in andere Ansätze wurde von verschiedenen Forschern empfohlen. Ähnlich dem Interaktionistischen Ansatz (Funder, 2006) wurde in dieser Untersuchung das Selbstwirksamkeitskonstrukt als Repräsen-tant der sozial-kognitiven Lerntheorie (Bandura, 1977) als weiterer Prädiktor hinzugenommen, um mittels eines Person x Umwelt-Ansatzes zu einer höheren Varianzaufklärung beitra¬gen zu können. Ziel der Arbeit war es, die prognostische Validität der Gewissenhaftigkeitsaspekte Fleiß und Ordnung sowie des Selbstwirksamkeitskonstruktes im Rahmen eines komplexen Modells zu überprüfen. Die verwendeten Instrumente sollten einen Arbeitsbezug aufweisen, um eine höhere Kriteriumsvalidität zu erreichen (Lievens et al., 2008; Pace & Brannick, 2010).
Da in der beruflichen Eignungsdiagnostik in Deutschland bislang kein ausreichend validiertes arbeitsbezogen formuliertes Instrument zur Erfassung der Gewissenhaftigkeitsaspekte Fleiß und Ordnung vorliegt, wurde in einem ersten Schritt dieser Untersuchung die Arbeitsbezoge-nen Gewissenhaftigkeitsaspekte (AGS; Dreier & Moldzio, 2010) hinsichtlich ihrer Konstrukt-validität und Reliabilität überprüft.
Um die Gütekriterien der AGS zu überprüfen, wurde die Skala in einer Grundgesamtheit zweier Kohorten von Ausbildungsbewerbern im kaufmännischen und technischen Bereich (N= 740) eingesetzt. Die Ergebnisse deuteten auf eine befriedigende bis gute interne Konsistenz der beiden Gewissenhaftigkeitsaspekte hin. Die inhaltliche Validität der Skalen konnte bestätigt werden.
Der zweite Teil der Untersuchung betraf die Überprüfung der prädiktiven Validität der Gewissenhaftigkeitsaspekte Fleiß und Ordnung sowie des Selbstwirksamkeitskonstruktes. Die Feldstichprobe wurde in technische und kaufmännische Auszubildende unterteilt und mit einer Kontrollgruppe von Schülern in Abschlussklassen verglichen (NKG= 97). Die prognostische Validität wurde mittels Kriteriumskorrelationen mit verschiedenen Leistungskriterien berechnet. Aufgrund mangelnder Teststärken in beiden Subgruppen der Feldstichprobe kam es zu keinen signifikanten Ergebnissen in der Berechnung der prognostischen Validität. Es ergaben sich aber nicht-signifikante Hinweise auf die differentielle Vorhersagekraft der AGS. In der Kontrollgruppe konnte die Vorhersagekraft der Fleiß- und Ordnungsaspekte sowie der Selbstwirksamkeit signifikant nachgewiesen werden.
Die Überprüfung der Vorhersagemodelle ergab aufgrund der geringen Teststärke weitest-gehend keine signifikanten Ergebnisse, deuteten aber auf eine partielle Mediation der Zusammenhänge durch die Selbstwirksamkeit in Bezug auf den Zusammenhang zwischen den Gewissenhaftigkeitsaspekten Fleiß und Ordnung mit den verschiedenen Leistungskriterien für Ausbildungserfolg hin. Insgesamt scheint es aber, dass das postulierte Modell immer noch eine zu starke Vereinfachung der Zusammenhänge darstellte, auch wenn wie von Funder (2006) gefordert, Mediations- und Moderations¬analysen berechnet wurden. Die Beziehung zwischen Persönlichkeit und Arbeit ist nicht einfach. Zukünftige Studien sollten weitere Einflussvariablen und auch nicht-lineare Zusammenhänge überprüfen (Le et al., 2011; Viswesvaran et al., 2007).
Die Überprüfung der inkrementellen Validität der Gewissenhaftigkeitsaspekte bildete den letzten Teil dieser Untersuchung. Die Berechnungen ergaben für den Ordnungsaspekt tenden-ziell eine zusätzliche Varianzaufklärung über ein allgemeines Gewissenhaftigkeitsmaß hinweg. Die Ergebnisse der Überprüfung der intrapersonellen Variabilität der arbeitsbezogenen Gewissenhaftigkeitsaspekte im Vergleich mit dem generischen Gewissenhaftigkeitsmaß deuteten zudem teilweise an, dass der Arbeitsbezug der Skala zu einem homogeneren Antwortverhalten der Probanden geführt hat.
Die vorliegende Untersuchung ist als Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Praxis der beruflichen Eignungsdiagnostik zu interpretieren. Mit der Überprüfung der AGS stellt sie ein reliables und inhaltsvalides Verfahren vor, das in der Zukunft seitens der Forschung weiter hinsichtlich seiner prognostischen Validität und Gültigkeit auch in Studien mit Berufstätigen verschiedener bzw. höherer Altersstufen überprüft werden sollte.

Personality traits have proven to be valid predictors of academic and occupational success. Independent from occupations and hierarchical levels, especially the conscientiousness trait, turned out to be the most valid predictor of scholastic and occupational achievement. Conscientiousness also exhibits incremental validity over general mental abilities (Barrick, Mount & Judge, 2001; Poropat, 2009). Current research suggests that the facets of conscientiousness have higher predictive validities and are better predictors of achievement than the general conscientiousness trait (Bipp, 2010; O’Connor & Paunonen, 2007). The underlying structure of the conscientiousness trait is still controversial, but currently a two-factor termination seems to be the best solution to solve the bandwidth-fidelity-dilemma within the personality research (DeYoung, Quilty & Peterson, 2007; Jackson et al., 2009). Concerning these results, the conscientiousness trait should be subdivided into a more proactive aspect, named industriousness, and a more passive aspect, named orderliness.
Furthermore, the existing research concerning the prediction of scholastic and occupational achievement still lacks a complex model which is able to explain the relationship between personality traits and success (Dudley et al., 2006; Lord, 2011). Various scientists recommend the integration of other influential variables and constructs, i.e. integrating the trait theory with other theories. Similar to the interactionistic approach (Funder, 2006) the self-efficacy construct as representative of the social-cognitive theory (Bandura, 1977) was implemented as additional predictor in this investigation. The aim was to reach a higher amount of explained variance due to this person x environment approach. Self-efficacy was investigated concerning its moderating and mediating effect on the relationship between the conscientiousness aspects and achievement at school/ work. Thus, one aim of this study was to test the predictive validity of the conscientiousness aspects of industriousness and orderliness as well as the self-efficacy construct within a complex pre¬dictive model.
The methods used should have a work-related frame of reference in order to achieve a better predictive validity, as researchers increasingly recommend adding an occupational frame of reference to the methods used for selecting staff, because work-related questionnaires and tests have proven to have higher predictive validities as well as being better accepted (Lievens et al., 2008; Pace & Brannick, 2010).
As there is not a sufficiently validated and work-related worded questionnaire to assess industriousness and orderliness, the first step of the study at hand was to test the construct validity and reliability of the Arbeitsbezogene Gewissenhaftigkeitsskalen (AGS; Dreier & Moldzio, 2010). The results show satisfactory to good internal consistencies for both scales. The content validity could be confirmed as well.
The second step of this study was to test the predictive validity of the conscientiousness aspects of industriousness and orderliness as well as the self-efficacy construct in a field sample of apprentices (N= 70). The field sample was divided into commercial and technical apprentices and compared to a control group consisting of students (N= 97). Individual assessments of the training managers concerning the achievement of the apprentices as well as the individual vocational school GPA were used as criteria in the field sample. In the control group, the GPA of their final examination was used as the criterion variable.
Due to small sample sizes within the field sample no significant predictions for industriousness, orderliness or self-efficacy were found. But the data showed tendencies indicating differential predictive power of the independent variables. Also, no significant correlations for the control group could be found. The examination of the predictive model resulted in mainly non-significant results due to a lack of power within the study at hand. However, the results indicated partial mediational effects of self-efficacy.
Altogether it seems that the recommended predictive model is still an oversimplification of the relationship between the two conscientiousness aspects and the investigated criteria, although mediation and moderation analyses were conducted as suggested by Funder (2006). The relationship between personality and success at work seems to be neither unidirectional nor linear. Future research should add and investigate additional variables as well as consider non-linear relationships between the variables (Le et al., 2011; Viswesvaran et al., 2007).
The last part of the study at hand was the examination of the incremental validity of the AGS. The work-related orderliness aspect revealed a tendency to explain more and additional variance when compared to a general conscientiousness measure. The industriousness aspect did not show such a tendency. Additionally, the comparison of the intrapersonal variability of the two conscientiousness aspects with the general conscientiousness scale partially indicated that the frame of reference of the AGS-items led to a more homogenous answering style within subjects. This result can be seen as evidence that contextualizing items, i.e. adding a work-related frame of reference, is useful.
This field study aimed at bridging the existing gap between theory and field. With the examination of the AGS, a reliable and content valid questionnaire was introduced. Future research should further investigate this scale, especially its predictive validity. Scientists should also continue to identify the variables of a complex predictive model in order to explain the relationship between personality and achievement.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/4934
URN: urn:nbn:de:gbv:18-62038
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Andresen, Burghard (Prof. Dr.)
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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