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Titel: Die spanischsprachige Hyperfiction und ihr Leser : narratologische Auslotungen einer schwierigen Beziehung
Sonstige Titel: Hyperfiction in Spanisch and its reader : narratological investigations of a difficult relationship
Sprache: Deutsch
Autor*in: Klöpper-Mauermann, Sirkka
Schlagwörter: Hyperfiction; Ästhetische Illusion
GND-Schlagwörter: Internetliteratur
Hypertext
Leser
KohärenzGND
Medialität
IntermedialitätGND
Erscheinungsdatum: 2015
Tag der mündlichen Prüfung: 2015-02-02
Zusammenfassung: 
Hyperfiction ist eine Schreibweise der Digitalen Literatur. Es handelt sich um fiktionale literarische Erzähltexte, deren Produktion und Rezeption über den Computer erfolgt. Neben der dominierenden Schrift beinhaltet die Hyperfiction meist weitere Medien des Ausdrucks (Bild, Ton, Film, Animation). Wesentlich ist, dass Werke der Hyperfiction stets hypertextuell strukturiert sind. Das heißt, dass der Leser mittels Mausklick regelmäßig Entscheidungen bezüglich des zu beschreitenden Lektürepfades trifft.
Die spanischsprachige Hyperfiction findet in den Standardwerken zur Literaturgeschichte Spaniens und Hispanoamerikas bislang keine Erwähnung. Um aufzuzeigen, wie es um die Produktion von spanischsprachiger Hyperfiction bestellt ist, geht dieser Arbeit eine Recherche in unterschiedlichen Verzeichnissen der Digitalen Literatur voraus.
In ihren Anfängen in den späten 1980er Jahren wurde die Hyperfiction als die Realisierung der Grundidee des Poststrukturalismus und der Rezeptionsästhetik begriffen, der zufolge der Leser gegenüber dem Text und dem Autor an Autorität und Macht im Bezug auf die Sinnbildung gewinnt. Diese Auffassung gilt mittlerweile als widerlegt. Die Hyperfiction wird seit den 2000er Jahren eher im Lichte ihrer Probleme im Bezug auf die Kohärenzbildung und Immersionserfahrung betrachtet. Bezüglich ihrer Rezeption ist zu konstatieren, dass sie sich nicht bei einer breiteren Leserschaft durchgesetzt hat. Produktionsseitig lässt sich beobachten, dass das Aufkommen neuer Hyperfictions ab den späten 2000-Nuller-Jahren abnimmt. Um diese rückläufige Entwicklung besser zu verstehen, widmet sich die vorliegende Arbeit der folgenden Fragestellung: Welches sind die Spezifika der Lektüre von Hyperfiction im Bezug auf Geschichte und Diskurs, im Bezug auf die Kohärenzbildung und die Ästhetische
hier als wichtige Faktoren für ein zufriedenstellendes Lektüreerleben verstanden. Warum hat sich die Hyperfiction nicht bei der breiten Leserschaft etabliert?
Die Analyse von Hyperfiction stellt die Literaturwissenschaft aufgrund ihrer spezifischen Medialität vor neue Herausforderungen. Aus diesem Grunde wurde eigens für die vorliegende Arbeit ein Begriffsinstrumentarium zusammengetragen, anhand dessen Werke der Hyperfiction beschrieben und analysiert werden können.
In der vorliegenden Arbeit werden vier spanischsprachige Hyperfictions untersucht. Ziel des Korpus ist es, ein möglichst breites, repräsentatives Spektrum der Hyperfiction abzubilden. Es handelt sich um Gabriella Infinita (2002) von Jaime Alejandro Rodríguez, Sinferidad (2003) von Benjamín Escalonilla Godayol, Condiciones Extremas (2005) von Juan B. Gutiérrez und Una contemporánea tragedia de Caldesa (2007) von Félix Remírez. In der Form eines Fazits bleiben folgende Ergebnisse festzuhalten: Alle Werke setzen auf eine starke Lenkung der Entscheidungsoptionen des Lesers. Dies geschieht in einigen Werken objektiv durch die Software. In den anderen Werken wird diese Lenkung durch die Suggestion einer Lektürereihenfolge erreicht. Eine weitere Einschränkung der Entscheidungsoptionen besteht darin, dass die individuellen Lektürepfade sich lediglich im Hinblick auf den Diskurs (das WIE der Erzählung) und nicht im Bezug auf die Geschichte (das WAS der Erzählung) unterscheiden. Diese Beschränkungen führen dazu, dass die Kohärenzbildung in den meisten Momenten gewährleistet ist. Ein hohes Maß an intermedialen Bezügen und die Aufgabe, in der multidimensionalen Struktur zu navigieren, wirken jedoch distanzauslösend und somit der Ästhetischen Illusion entgegen.
Die hier untersuchten Hyperfictions verzichten darauf, ein für das digitale Medium spezifisches Verfahren einzusetzen, das die Immersion bzw. die Ästhetische Illusion fördern könnte. Somit schöpft die spanischsprachige Hyperfiction die Möglichkeiten des Digitalen nicht in einer Weise aus, die es ihr erlauben würde, über die Möglichkeiten des Gedruckten hinauszuweisen. Dies mag der Grund dafür sein, dass sich das Interesse von Forschern, Autoren und Rezipienten von Hyperfiction zum Teil in Richtung Games und Game Studies verschoben hat – weg von der Schrift, hin zum bewegten Bild und Spiel.

The term denominates texts of literary fiction that are produced and read on the computer. While literary writing is the dominating medium of expression in hyperfiction, the majority of hyperfictions makes also use of other media such as image, audio, video and animation. One of the defining features of hyperfiction is that it has a hypertextual structure: the reader constantly makes decisions about the path on which she wants to traverse the text.
Hyperfiction is not yet mentioned in the standard works on literary history of Spain and/or Hispanic America. In order to uncover the up-to-date production of hyperfiction in Spanish language, this work begins with a large research in different registers of digital literature. From its very beginnings in the late 1980s on, hyperfiction was seen as the realization of one of the basic ideas of poststructuralism and reader-response-theory: the reader is empowered in the sense-making of a literary work and in this respect outmatches the author. But the point of view that hyperfiction represents an empowerment of the reader has been proven wrong at least from the early 2000s on. Critics now focus on the problems hyperfiction poses to narrative coherence and the sense of immersion. Regarding the reception of hyperfiction it shows that this new way of writing did not manage to reach a broader audience. Regarding the production of hyperfiction it becomes obvious that it ceases from the late 2000s on. In order to understand this declining development, this work raises the following questions: What are the specifics of reading hyperfiction regarding the narratological concepts of story and discourse, coherence and aesthetical illusion? The latter are understood as important factors for an enjoyable reading experience. Starting from these aspects the question is: why has hyperfiction not been able to reach a broader audience?
The specific mediality of hyperfiction poses a challenge to literary criticism in general and to the analysis of works of hyperfiction in
particular. That is why this thesis provides an inventory of terms by which any work of hyperfiction can be described and analyzed. In this thesis, four works of hyperfiction are subject to investigation. The aim of the corpus is to present a broad and representative spectrum of hyperfiction.
The works investigated in this thesis are: Gabriella Infinita (2002) by Jaime Alejandro Rodríguez, Sinferidad (2003) by Benjamín Escalonilla Godayol, Condiciones Extremas (2005) by Juan B. Gutiérrez, and Una contemporánea tragedia de Caldesa (2007) by Félix Remírez. The main results can be summarized as follows: All of the analyzed works impose a distinct limitation of the scope of decisions to be made by the reader traversing the text. In some of the works this is obtained objectively by technical means within the software. Other works suggest the text fragments to be read in a certain order, which represents a subjective limitation of the scope of decision. Also the fact that the reader´s decisions only affect the discourse and not the story of the narration are seen as such a limitation. In sum these limitations lead to the pleasurable fact that narrative coherence is guaranteed in the majority of cases. Regarding aesthetic illusion however, the high degree of intermedial references often diminishes the sensation of immersion. Pointing into the same direction, the task of navigation within a multidimensional structure enforces the sensation of distance in the sense of an awareness of the fictionality and representationality of the narrated world. Together the weak sensation of immersion and the strong sense of distance degrade the aesthetic illusion. In conclusion, the hyperfictions analyzed in this thesis lack the application of techniques specific to the digital medium that would foster the sense of immersion and aesthetic illusion and that would add anything completely new to those in use in printed fiction. This might be the reason for the fact that the interest of some of the researchers, authors, and readers originally
concerned about hyperfiction has shifted towards computer games and game studies: away from literary writing, towards narrative forms that incorporate more animated pictures, sounds and game.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/6362
URN: urn:nbn:de:gbv:18-72831
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Gunia, Inke (Prof. Dr.)
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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