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Titel: Sorafenib, eine neue Targeting-Option für Kopf-Hals-Tumoren : Untersuchung zellulärer Effekte und molekularer Mechanismen
Sprache: Deutsch
Autor*in: Gleißner, Lisa
Erscheinungsdatum: 2017
Tag der mündlichen Prüfung: 2017-11-03
Zusammenfassung: 
Tumoren des Kopf-Hals-Bereichs stellen die sechsthäufigste maligne Tumorentität weltweit dar. Allein in Deutschland erkranken jährlich ca. 17.000 Personen an Plattenepithelkarzinomen des Kopf-Hals-Bereichs (englisch: head and neck squamous cell carcinomas; HNSCC). Diese Patienten erfahren eine sehr intensive Therapie bestehend aus Chirurgie, Chemotherapie und Strahlentherapie mit allerdings einer 5-Jahresüberlebensrate von nur 50 %. Trotz vieler Bemühungen konnte in den letzten Jahrzehnten diese Heilungsrate nicht weiter gesteigert werden. Aufgrund dieser schlechten Prognose, insbesondere der humanen Papillomvirus-negativen HNSCC und der unter Therapie entstehenden zum Teil schweren Nebenwirkungen, sind neue Therapieansätze erforderlich, um das Überleben der Patienten weiter zu verbessern. Von großem Interesse sind diesbezüglich vor allem Konzepte, bei denen gezielt das zelluläre Signaling der Tumorzellen als Angriffspunkt genutzt wird, um dadurch die Wirkung der Strahlentherapie zu steigern.
In dieser Arbeit wurde untersucht, inwieweit der Multikinaseinhibitor Sorafenib die zellulären Prozesse in HNSCC beeinflussen und für eine gezielte Strahlensensibilisierung genutzt werden kann, da für andere Tumorentitäten bereits eine anti-tumorigene sowie auch strahlensensitivierende Wirkung beschrieben wurde. Diese Untersuchungen wurden an einer großen Zahl an HNSCC-Zelllinien durchgeführt, um durch systematische Vergleiche auch den bisher noch unbekannten molekularen Mechanismus für diese Strahlensensibilisierung aufzudecken.
- Mit dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass Sorafenib eine strahlensensitivierende Wirkung für einige aber nicht für alle HNSCC-Zelllinien hat (Sorafenib-Responder), wobei sich aber vor allem strahlenresistente HNSCC-Zelllinien unter den Responder-Linien befanden. Bei alleiniger Behandlung der Zellen mit Sorafenib konnte eine ausgeprägte Inhibition der Proliferation und eine starke Zellinaktivierung sowohl in den sensitivierbaren Responder- als auch in den nicht sensitivierbaren Non-Responder-Zelllinien beobachtet werden.
- Es wird gezeigt, dass die Strahlensensitivierung nicht durch eine verstärkte Apoptose-Induktion oder frühe permanente Zellzyklusarreste verursacht wird.
- Ursache für die Strahlensensitivierung ist eine unterdrückte DNA-DSB-Reparatur in den Responder-Zelllinien nach Bestrahlung, die nicht in den Non-Responder-Zelllinien beobachtet wird. Diese Unterdrückung kann auf eine Inhibierung der Nicht-homologen Endverknüpfung (NHEJ) zurückgeführt werden, welches der zentrale DNA-DSB-Reparaturweg in Säugerzellen ist. Andere Reparaturwege wie die Homologe Rekombination oder die Alternative Endverknüpfung werden dagegen nicht durch Sorafenib beeinträchtigt. Die Ergebnisse deuten zudem an, dass die Inhibition des NHEJ auf einer unterdrückten Phosphorylierung eines Schlüsselproteins des NHEJ, der DNA-PKcs an der Stelle T2609, beruht.
- In weiteren Experimenten wurde untersucht, welche upstream-Kinasen durch Sorafenib inhibiert werden und damit für die beobachteten Effekte auf die Proliferation, Zellinaktivierung sowie Strahlensensitivierung verantwortlich sind. Erstaunlicherweise konnte für die untersuchten HNSCC-Zelllinien in keiner der bekannten Zielkinasen von Sorafenib wie Raf-1, PDGFR-β, VEGFR-2, Flt-3, Src, bzw. dem Transkriptionsfaktor STAT3 eine signifikante Inhibition beobachtet werden. Allein für den Ras/Raf/MAPK-Signalweg wurde eine deutliche Inhibition zumindest in einer Responder-Linie gefunden, die aber nicht für die Strahlensensitivierung verantwortlich ist.
- Um weitere bisher unbekannte Targets von Sorafenib zu identifizieren, wurden explorative Ansätze eingesetzt und die Signaltransduktion mit dem Tyrosine kinase PamChip®-Array umfassend bestimmt. Dabei wurde für die HNSCC-Zelllinien eine starke Heterogenität bezüglich der Kinaseaktivität nach Sorafenib-Behandlung beobachtet. Hierbei konnten mit c-Met und EphA1 zwei neue potentielle Zielkinasen von Sorafenib identifiziert werden. Diese beiden Kinasen sind vermutlich nicht für die beobachtete Strahlensensibilisierung nach Sorafenib-Behandlung verantwortlich. Die Rolle dieser Rezeptoren für die Sorafenib-vermittelten zellulären Effekte muss in zukünftigen Experimenten weiter untersucht werden.
Insgesamt sind die in dieser Arbeit erlangten Kenntnisse für das molekulare Targeting bei HNSCC von großer Relevanz. So zeigen sie, dass Sorafenib für bestimmte HNSCC für eine gezielte Strahlensensitivierung eingesetzt werden könnte. Die Arbeiten demonstrieren zudem, dass die Inhibition der DNA-DSB-Reparatur der entscheidende Mechanismus für die Strahlensensitivierung ist, was letztendlich die effektive Wirkung von Sorafenib in Kombination mit einer Röntgenbestrahlung erklärt. Darüber hinaus unterstreichen die Ergebnisse aber auch die ausgeprägte Heterogenität von HNSCC, welche die Identifizierung der genauen Zielstrukturen (Biomarker) für den individuellen Einsatz bestimmter Substanzen (personalisierte Therapie) für eine erfolgreiche Therapie unerlässlich machen.

Head and neck squamous cell carcinomas (HNSCC) are the sixth most malignant tumor entity in the world. In Germany, 17.000 new cases of HNSCC are reported every year. HNSCC patients are intensely treated with surgery, chemotherapy and radiotherapy but still have a poor five-year overall survival of approximately 50 %. Despite many efforts no significant improvement in treatment outcomes has been achieved in the last decades. The poor prognosis, especially for patients with human papilloma virus-negative HNSCC, and the high risk of treatment-associated severe side effects require new strategies to improve patient survival. Molecular strategies targeting tumor cell signaling to enhance radiotherapy efficacy are of great interest in this context.
This project investigated to what extent the multi-kinase inhibitor sorafenib can affect the cellular processes in HNSCC and furthermore can be used for targeted radiosensitization, as it has already been shown to exhibit anti-tumorigenic as well as radiosensitizing effects in other tumor entities. These studies were performed with a large number of HNSCC cell lines to unveil, by systematic comparisons, the so far unknown molecular mechanisms for the radiosensitization.
- This work shows that sorafenib radiosensitizes several but not all HNSCC cell lines (sorafenib responders), including especially the more radioresistant lines. Furthermore, treatment with sorafenib alone strongly inhibited proliferation and caused cell inactivation in both responder and non-responder cell lines (which are not radiosensitized by sorafenib).
- It is shown that the observed radiosensitization was not caused by enhanced induction of apoptosis or early permanent cell cycle arrest.
- Instead the observed radiosensitization is caused by impaired repair of radiation-induced DNA double strand breaks (DSB) in responders that is not observed in non-responder cell lines. This repression is linked to an inhibition of non-homologous end-joining (NHEJ), a major DNA DSB repair mechanism in mammalian cells. Other repair mechanisms such as homologous recombination or alternative end-joining were not affected by sorafenib. The results also suggest that the inhibition of NHEJ by sorafenib is driven by impaired phosphorylation of the key NHEJ protein, the DNA-PKcs, at T2609.
- Further experiments aimed to determine which upstream kinases are inhibited by sorafenib and could be responsible for the observed effects on proliferation, cell inactivation or radiosensitization. Surprisingly, the tested HNSCC cell lines failed to show any significant inhibition of the already known target kinases of sorafenib, namely Raf-1, PDGFR-ß, VEGFR-2, Flt-3, Src and the transcription factor STAT3. However, a distinct inhibition in the Ras/Raf/MAPK signaling pathway was found in one responder cell line but this was not responsible for the radiosensitization.
- To identify so far unknown targets of sorafenib exploratory approaches were used and the signaling transduction of HNSCC extensively analyzed with the tyrosine kinase PamChip® array. Strongly heterogeneous kinase activities were observed in sorafenib-treated HNSCC cell lines. Even so, two new potential targets of sorafenib, c-Met and EphA1, were identified which, however, are probably not responsible for the observed radiosensitization. The role of these receptors in sorafenib-induced cellular effects has to be investigated in future experiments.
Altogether the results of this project are of great importance for the molecular targeting of HNSCC. It could be shown that sorafenib might be used for targeted radiosensitization in specific HNSCC. Furthermore, the inhibition of DNA DSB repair is the determining mechanism for the radiosensitization that finally explains the effectivity of sorafenib in combination with ionizing radiation. Beyond that, these results underline the distinct heterogeneity among HNSCC. Consequently, the identification of the exact targeted structures (biomarkers) is essential for individual applications of specific drugs, especially with regard to a personalized therapy.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/7432
URN: urn:nbn:de:gbv:18-88306
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Dikomey, Ekkehard (Prof. Dr.)
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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