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Titel: Rezeption von Filmmusik : Eine empirische Untersuchung anhand der Filme Der Pianist und Vitus unter besonderer Berücksichtigung der musikalischen Symbolik
Sonstige Titel: Perception of Film Music
Sprache: Deutsch
Autor*in: Abend, Janine
Schlagwörter: Pianist; Vitus; qualitativ; empirisch
GND-Schlagwörter: Filmmusik
Rezeption
WahrnehmungGND
Erscheinungsdatum: 2015
Tag der mündlichen Prüfung: 2016-04-13
Zusammenfassung: 
Innerhalb der bisherigen Filmmusikforschung liegt der Fokus allzu oft allein auf der Filmmusik selbst. Das Erfassen einer filmischen Aussage sowie von Bedeutungsgehalten und Wirkungen der eingesetzten Musik erfolgt dabei aber immer durch den Rezipienten, der das Wahrgenommene in Beziehung zu eigenen Erfahrungen und Erwartungen setzt.
Ziel der vorliegenden Untersuchung war es deshalb, tatsächliche Wahrnehmungsweisen der Zuschauer in einem möglichst natürlichen Rezeptionskontext zu erforschen. Anhand der Filmbeispiele Der Pianist (2002) von Roman Polański und Vitus (2006) von Fredi M. Murer wurde in einer qualitativen Studie ermittelt, inwiefern der Zuschauer insbesondere für den Handlungsverlauf besonders bedeutsame Filmmusik wahrnimmt sowie die darin zu verortenden Bedeutungszusammenhänge erkennt und mit dem Geschehen im Bild verknüpft. Dazu wurden zwei Stichproben von Zuschauern in verschiedenen Altersgruppen (jüngere und ältere Erwachsene) sowie eine kleine Expertengruppe herangezogen, um zudem zu untersuchen, in welchem Maße sich durch unterschiedliche spezifische Eigenschaften, Erfahrungen und Vorwissen Auswirkungen auf das Erkennen musikalischer Bedeutungen ergeben.
Die Expertenbefragungen dienten dabei einerseits dazu, die Ergebnisse einer filmischen und musikalischen Filmanalyse hinsichtlich der Frage zu validieren, was bzw. wie rezipiert werden könnte. Andererseits lieferten sie einen ergänzenden Vergleich mit den zwei Zuschauergruppen bei der Beantwortung der Frage, was bzw. wie tatsächlich rezipiert wird. Alle Probanden wurden direkt nach der jeweiligen Filmrezeption mittels Leitfadeninterviews zu ihrer filmmusikalischen Wahrnehmung befragt. Ihre Aussagen wurden sodann mittels qualitativer Inhaltsanalyse untersucht und verglichen.
Betrachtet man die Erkenntnisse, welche sich aus den Vergleichen der Rezeptionsanalysen ergeben, so wird deutlich, dass bei der Rezeption dieser beiden Filme die extradiegetische Musik im Allgemeinen von Personen ohne ausgeprägte filmische oder musikalische Vorbildung recht unbewusst wahrgenommen wird. Je mehr die musikalische Ebene aber ihre Entsprechung auch in der Handlung selbst wiederfindet, desto eher ist auch bei ihnen ein Bewusstsein über die mittels Musik transportierten Bedeutungsgehalte gegeben. Grundsätzlich sind alle Befragten dazu in der Lage, sich weitergehende Gedanken darüber zu machen, welche wesentlichen Botschaften durch die diegetisch eingesetzte Musik zum Ausdruck kommen oder auch, wie diese Musik im Film eingesetzt ist. Für ein tiefgreifenderes Verständnis ist es allerdings von entscheidender Bedeutung, ob ein Zuschauer nachhaltige filmische oder musikalische Prägungen in den Rezeptionsprozess einbringt, um somit über eine Charakterisierung der Musik hinaus auch in der Musik liegende Symbolik und Bedeutungszusammenhänge aufzugreifen. Die mit steigendem Lebensalter gesammelten Kenntnisse und Erfahrungen führen dabei nicht durchgängig zu Unterschieden im Erkennen musikalischer Bedeutungen, dürften aber einen nicht zu unterschätzenden Einfluss besitzen.
Weiterhin zeigt sich unabhängig von den durch die Rezipienten eingebrachten Erfahrungen, dass auch die Struktur und Verwendung der musikalischen Ebene im Film selbst dafür verantwortlich ist, in welcher Weise die Bedeutungen wahrgenommen werden: Transportiert der Film seine Botschaften, wie es bei Vitus der Fall ist, eher im gesamtfilmischen Kontext und setzt die verwendete Musik in Beziehung zu einer über den gesamten Film verlaufenden Entwicklung, so haben die überaus Film- oder Musikerfahrenen nicht unbedingt einen Vorsprung, wenn es um die angemessene Interpretation der filmmusikalischen Bedeutung eines eingesetzten Musikstücks geht. Der Pianist stellt hingegen ein Beispiel für einen Film dar, in dem sich die Bedeutung der Filmmusik oftmals aus ihrer Verwendung in der jeweiligen Szene ergibt; gerade bei solcher filmmusikalischer Verwendung sind bestehende filmische oder musikalische Erfahrungen überaus nützlich, um tiefergehende Einsichten zu erlangen. Je eher die Bedeutsamkeit eines eingesetzten Musikstücks durch ihre Verbindung zum gesamten Handlungsverlauf geprägt ist, desto eher ist auch die entsprechende Interpretation ohne direktes Erkennen des Werks, d. h. rein über dessen Charakter und somit im Sinne eines Anklangs, möglich.

Within previous film music research the focus all too often lies on the film music itself. However, it is the recipients who comprehend the statement of a film as well as connotations and effects of the music used. Their perception is always set into the context of their own experience and expectations.
The aim of the present study was to investigate the way the audience perceives a film and its music in a context which is as natural as possible for them. The films The Pianist (2002) by Roman Polański and Vitus (2006) by Fredi M. Murer were chosen as an example in this qualitative study. It was investigated, how the audience perceives that film music being of special importance for the plot, how they identify the associated musical meaning and how they link it to the images seen. Two sample groups consisting of persons of varying age (younger and older adults) were chosen as well as a small group of experts, to analyse the extent to which different specific characteristics, experiences and knowledge have an influence on the comprehension of musical meaning.
On the one hand the interviews with the experts had the purpose to validate the results of a musical analysis of the films with focus on what could be perceived in principle. On the other hand the experts also provided an additional comparison to the other two groups with regard to the questions what is perceived indeed and how perception is done. All test persons were interviewed about their perception of film music directly after seeing the respective films using semi-structured interviews. Their answers were analysed and compared using qualitative content analysis.
The findings from comparing the different perceptions are the following: In both films individuals without distinctive filmic or musical knowledge perceive the non-diegetic music rather unconsciously. The more the music is an active part of the film’s plot, the more even these individuals perceive it and its specific meaning in the film knowingly. In principle all viewers are able to establish a basic understanding of the fundamental messages being transported by the diegetic music and of the way music is included in the film. However, for a more profound understanding it is essential that a viewer brings extensive filmic and musical experience into the perception process. That way it is also possible to comprehend the character of the music but even more the symbolism and its associated musical meaning. The knowledge and experience gained with increasing age do not consistently result in differences in the perception of musical meaning, but nevertheless they seem to have a non-negligible influence.
Furthermore, independent of the viewers’ experience the structure and use of the music level in the film is important for the way in which the meaning is perceived: If the film transports its messages more through the context of the whole film and sets the music in relation to a development of the plot as is the case in the film Vitus, filmic and musical experience is not necessarily an advantage for interpreting the meaning of a piece of music within the film. Conversely The Pianist is an example for a film in which the meaning of the music often results from its use in a particular scene. Especially when film music is used in such a way previous filmic or musical knowledge is very beneficial to gain a profound understanding. The more the meaning of a piece of music is connected to the whole plot of the film, the more the appropriate interpretation becomes possible without directly recognising the piece, i.e. merely through its character.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/6235
URN: urn:nbn:de:gbv:18-103532
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Schneider, Albrecht (Prof. Dr.)
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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