1. EINLEITUNG
Phosphor ist das zehnthäufigste Element in der Erdkruste und kommt in anorganischen und organischen Verbindungen vor. Die wichtigsten anorganischen Phosphate im Boden sind Kalzium-, Aluminium- und Eisenphosphate. Phosphate werden außerdem in Bodenkolloiden gebunden.
Im Wasser ist Phosphor in geringer Menge in löslicher und unlöslicher Form in organischen Stoffen und als Bestandteil der Organismen vorhanden. Seine Konzentration dort wird durch die Löslichkeit, Adsorption und Ionenaustausch an der Wasser/Sediment-Grenzschicht kontrolliert. In den letzten Jahren jedoch wurde aufgrund der Einträge aus anthropogenen Quellen eine Zunahme von Phosphat in Gewässern beobachtet.
Phosphorverfügbarkeit ist ein kritischer Faktor für autotrophe Produktion in vielen Ökosystemen (Oglesby & Bouldin, 1984). Die Produktivität eines Gebietes wird neben der Wasserverfügbarkeit hauptsächlich durch die Phosphorverfügbarkeit bestimmt (Fairbridge, 1972). Die Pflanzenwurzeln können Phosphate in ihrer Umgebung mobilisieren und sie sehr schnell in Phospholipide umwandeln.
Phosphate sind die Bausteine für mehrere Verbindungen im tierischen Organismus. Besonders wichtig ist seine Beteiligung in Desoxyribonukleinsäure und Ribonukleinsäure. Außer in Nukleinsäuren ist Phosphat wichtiger Bestandteil von Phospholipiden und Koenzymen wie z. B. Adenosintriphosphat, das für die Energieübertragung verantwortlich ist. Anorganisches Phosphat ist als Kalziumphosphat Baustoff von Knochen und Zähnen.
Die Abb. 01 stellt den globalen Phosphorzyklus und die Abb. 02 den marinen Phosphorzyklus dar.
Abbildung 01: Globaler Phosphorzyklus (nach Graham & Duce, 1979).
Die Fähigkeit der Sedimente als Phosphorsenke oder -puffer zu fungieren, hängt zum großen Teil von der chemischen Form, in der der Phosphor die Wasser/Sediment-Grenzschicht erreicht, und von der nachfolgenden Diagenese im Sediment ab (Hosomi et al., 1982).
Die dort auftretenden chemischen Reaktionen sind für das Vorkommen von Phosphor von grundlegender Bedeutung. Es wird angenommen, daß dessen Ausmaß stark von Mikroorganismen beeinflußt wird (Stumm & Morgan, 1970; Blake et al., 1997).
Phosphor kann über die Durchmischungsprozesse (z. B. Bioturbation) in den Sedimenten aus den Sedimenten in die darüberliegende Wassersäule freigesetzt werden (Froelich et al., 1982).
Abbildung 02: Mariner Phosphorzyklus. (1) Auftrieb von nährstoffreichem Wasser, (2) biologische Produktivität und Absinken der biogenen Partikel, (3) Nährstoffregeneration durch Abbau der organischen Stoffe in Oberflächenwasser, (4) Abbau der Partikel unterhalb der Hauptthermocline, (5) langsamer Austausch zwischen Oberflächen- und tiefem Wasser, (6) Einbettung des Phosphors im Sedimenten.
Die wichtigste Phosphorquelle für die Ozeane ist der fluviatile Eintrag detritischer Schwebstoffe vom Kontinent (Graham & Duce, 1979; Froelich et al., 1982; Baccini, 1985). Andere Quellen sind: unterirdischer und glazialer Ausfluß, Küstenerosion, vulkanische und hydrothermale Aktivität und kosmisches Material (Baturin, 1982). Es gibt keine wichtige atmosphärische Phosphorform (Oglesby & Bouldin, 1984; Jahnke, 1992). Ein eventueller Transport in Staub oder gelöst in Regentropfen kann nur regional von Bedeutung sein (Jahnke, 1992).
Der Auftrieb von Tiefenwasser ist eine wichtige Phosphorquelle für das Oberflächenwasser im Ozean, da dadurch phosphorreiches Wasser an die Oberfläche transportiert wird. In Auftriebsgebieten kann durch die Veränderungen der Temperatur und des Kohlendioxidgehaltes Apatit gebildet werden. Ebenso kann die Reaktion phosphorreicher Lösung mit Kalziumkarbonat zur Bildung von Apatit führen (Fairbridge, 1972).
Die Phosphorablagerung im Ozean erfolgt in Form von organischem Material zusammen mit biogenem CaCO3 und Phosphoriten aus phosphatischen Fischresten, sowie zusammen mit anorganischen Komponenten wie Tonmineralien, Eisenhydroxiden und als Eisen- und Aluminiumphosphat (Froelich, 1988).
Eine wichtige Voraussetzung für das Verständnis des marinen Phosphorzyklus ist die Kenntnis der Faktoren, die die Phosphorablagerung in Meeressedimenten kontrollieren. Bei der Untersuchung der Sedimente des Kontinentalrandes haben Ruttenberg & Berner (1993) unterstrichen, daß die Effizienz des Phosphorrecycling und der -sedimentation dafür entscheidend sind. Sie hängen in erster Linie von den verschiedenen Umweltfaktoren, die die Phosphormobilisierung im Sediment kontrollieren, und weitgehend von der Zusammensetzung der Phosphate in Bezug auf seine verschiedenen Formen ab (Istvánovics, 1988).
Da detaillierte Phosphorstudien erst seit einigen Jahren ausgeführt werden, ist die Bestimmung des Gesamtphosphors in vielen Fällen immer noch die einzige Möglichkeit, einen Vergleich mit anderen Gebieten durchführen zu können. Die Untersuchung des Gesamtphosphors gibt jedoch keinen Aufschluß über die Reaktivität bzw. Verfügbarkeit des Phosphors in Sedimenten.
Im marinen Milieu ist Phosphor in vielen verschiedenen Formen vorhanden. Der Phosphor, der an die Sedimente adsorbiert ist, ist die für biologische Prozesse am einfachsten verfügbare Phosphorform; er wird allmählich von den Sedimenten freigegeben, wenn die Phosphatkonzentrationen im Wasser niedrig sind (Ingall & Van Cappellen, 1990; Van Raaphorst & Kloosterhuis, 1994; Andrieux & Aminot, 1997). Dieser Mechanismus ist sehr wichtig, um die Produktivität in einem bestimmten Gebiet aufrechtzuerhalten (Barbanti et al.,1992).
Unter oxischen Bedingungen ist Eisen-gebundener P ein wichtiger Teil der Phosphorablagerung in Schelfsedimenten (Wheat et al., 1996; Ingall & Jahnke, 1997). Dagegen geben die Sedimente unter anoxischen Bedingungen Phosphor frei und können dadurch die Produktivität erhöhen (Filippelli & Delaney, 1996; Ingall & Jahnke, 1997).
Authigener Apatit ist eine andere Form der Phosphorablagerung im Ozean (Froelich et al., 1982; Ruttenberg, 1992; Wheat et al., 1996). Hier ist zwischen detritischem und authigenem Apatit zu unterscheiden. Ersterer stellt eine Senke für Phosphor im Ozean dar (Ruttenberg, 1992). Der Phosphor, der von organischen Substanzen freigegeben wird, kann zeitweilig als adsorbierter P und Eisen-gebundener P in die Sedimente transportiert werden. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch am größten, daß er als Karbonat-Fluorapatit mineralisiert wird (Filippelli & Delaney, 1996).
Ein Teil der phosphorhaltigen Partikel, die von den Kontinenten ins Meer gelangen, wird abgelagert, ohne daß Phosphor gelöst oder biologisch verfügbar wird. Dazu gehören detritische Apatite, die relativ unlösliche Phosphatmineralien sind. Daher wird angenommen, daß sie für die Produktivität nicht verfügbar sind (Williams et al., 1976b). Ihre Verteilungsmuster geben echte Variationen der Einträge in das Sediment wieder (Williams et al., 1976a; Louchouarn et al., 1997).
Phosphor, der in Meeressedimenten hauptsächlich an organische Substanzen gebunden vorkommt, wird beim Abbau der organischen Substanzen allmählich an das Porenwasser abgegeben (Filippelli & Delaney, 1996). Der Gehalt des organischen P in den Sedimenten hängt von seinem Eintrag als Pflanzen- und Tierrest und von der Bilanz zwischen Mineralisierungs- und Fixierungsprozessen ab (Sommers et al., 1972). Benthische Organismen entziehen der organischen Substanz Phosphor und stellen daher ein wichtiges Reservoir für Phosphor dar (Dymond & Lyle, 1985).
Es gibt immer noch einen Mangel an Informationen, sowohl im Hinblick auf die Verteilung von Phosphor in verschiedenen Bereichen der aquatischen Systeme als auch auf die verschiedenen Formen, in denen er vorliegt. Aufgrund seiner Bedeutung für zahlreiche biologische Prozesse sind diese Kenntnisse wichtig für eine vollständige Beurteilung von Prozessen, die im aquatischen Milieu ablaufen. Dies gilt insbesondere für das Verhalten von Phosphor und seine Ablagerung an der Grenze Land-Meer.
Entlang der brasilianischen Küste gibt es verschiedene Ökosysteme, die Zwischenstufen für den Austausch terrestrischen Materials mit dem Ozean bilden. Anhand der Verteilung und Reaktivität des Phosphors in verschiedenen Küstenökosystemen sollen Prozesse herausgearbeitet werden, die die Phosphorverfügbarkeit auf dem Kontinentalschelf beeinflussen.
Das Hauptziel dieser Arbeit ist die Untersuchung des Verhaltens von Phosphor in Mangroven- und Schelfsedimenten entlang eines Teils der brasilianischen Küste.
Zum ersten Mal konnten die Mangroven- und angrenzenden Schelfsedimente der brasilianischen Küste zwischen 15 und 20°S auf Phosphor untersucht werden. Anhand von Messungen verschiedener Phosphorformen in den Sedimenten sollte ein Bild des Phosphors in den untersuchten Sedimenten entstelen. Ziel dieser Arbeit war es festzustellen, (1) ob es deutliche Unterschiede zwischen Mangroven- und Meeressedimenten bezüglich des Phosphors gibt.
(2) Das untersuchte Gebiet erstreckt sich über 650 km Küstenlinie. Es handelt sich dabei um ein ausgedehntes Gebiet, in dem verschiedene Faktoren (z. B. die Einträge von Flüssen, der Einfluß der verschiedenen Wassermassen, oxisch-anoxische Bedingungen des Ablagerungsmilieus, die biologische Aktivität) den Phosphor beeinflussen und damit ein unterschiedliches Verhalten des Phosphors verursachen können. Darüber hinaus sollte untersucht werden, inwieweit Phosphor in den Schelfsedimenten regionale Unterschiede zeigt und ob seine Verteilung Hinweise auf Auftrieb geben kann.
(3) Es sollte durch die Untersuchung der C:N:P-Verhältnisse, die für verschiedene Materialien bzw. verschiedenes Milieu, festgestellt werden, ob sie als Indikatoren für die Herkunft der Schelfsedimente herangezogen werden können.
(4) Die Messungen dieser Arbeit sollen mit Phosphorkonzentrationen aus anderen Regionen, die der Literatur entnommen wurden, verglichen werden, und es sollte geklärt werden, ob die hier untersuchten Gebiete einem bestimmten Standard zuzuordnen sind.