Das Arbeitsgebiet liegt entlang der brasilianischen Küste zwischen 15°13,7’S und 20°00.5’S und zwischen 38°35,8’W und 40°02,8’W (Abb. 03). In diesem Gebiet gibt es verschiedene Ökosysteme, wie Mangroven und Ästuare, die Zwischenstufen für den Materialaustausch zwischen Land und Meer bilden.
Der Südosten Brasiliens ist durch gemäßigtes Klima charakterisiert. In Abhängigkeit von der Landschaftsmorphologie herrscht eine klimatische Vielfalt der Temperatur- und Niederschlagsverteilung vor. Generell ist diese Gegend regenreich, der Regen ist jedoch regional und saisonal ungleich verteilt. In der Doce-Flußniederung, in Teilen der Jequitinhonha-, São Francisco- und Paraíba-do-Sul-Flußniederungen fallen durchschnittlich 900 mm Regen im Jahr. Im Mar Gebirge dagegen werden jährlich über 4500 mm Regen verzeichnet. Der Großteil des Niederschlags tritt im Sommer auf. Im Winter dagegen ist der Regen selten und schwach. Dieser im Jahresverlauf unregelmäßig verteilte Niederschlag ist der größte Nachteil dieses Gebietes (Nimer, 1989), da in einer Jahreszeit zu viel und in der anderen zu wenig Regen fällt, was z. B. zu Überschwemmungen bzw. zu großen Verlusten durch Dürre in der Landwirtschaft führt.
Abbildung 03: Das Arbeitsgebiet.
Der Nordosten Brasiliens steht das ganze Jahr entweder unter Einfluß eines tropischen Hochs in Verbindung mit einem tropischen Antizyklon über dem Südatlantik, oder unter dem direkten Einfluß dieses Antizyklons. Ein großer Teil Nordostbrasiliens ist von semiaridem Klima dominiert, aber etwa 50% dieser Gegend weist halbfeuchtes bis feuchtes Klima auf, in dem die Trockenperiode nur einen Monat bis fünf Monate anhält. Es kann sogar vorkommen, daß es keinen trockenen Monat gibt. Die Mündung des São Francisco, der der wichtigste Fluß des Gebietes ist, kann bis 24 Monate ohne Niederschlag bleiben (Nimer, 1989).
Das Strömungsmuster im Arbeitsgebiet ist vom Brasilstrom dominiert, der südwärts ab dem Südäquatorialstrom entlang der Küste mit einer Geschwindigkeit von etwa 0,6 kn fließt und nährstoffarmes warmes Wasser mitbringt (Melo et al., 1975). Davon abweichend kommt es im Winter zur Ausbildung eines Gegenstroms. Der Brasilstrom ist zusammen mit dem Golfstrom im Nordatlantischen Ozean die größte Oberflächenströmung im westlichen Teil des Südatlantischen Ozeans; er ist jedoch schwächer als der Golfstrom (Signorini, 1978). Er ähnelt dem Golfstrom in der Entwicklung der Mäander und der Entstehung der Wirbel (Signorini, 1978).
Obwohl Auftrieb öfter im Süden des untersuchten Gebietes erscheint, kommt er auch im Arbeitsgebiet in der Nähe des Doces vor. Dabei steigt nährstoffreiches kaltes Wasser, das eine erhöhte biologische Produktivität fördert, vor der Küste auf. Diese Ereignisse treten hauptsächlich im Frühling und Sommer aufgrund der vorherrschenden Ost- und Nordostwinde auf. Der Auftrieb in diesem Gebiet ist stärker als andere ähnliche Ereignisse an der brasilianischen Küste. Die Wassertemperatur im Auftriebsgebiet kann bis auf 17°C sinken, während die Umgebungstemperatur zwischen 27°C und 29°C liegt (Magliocca et al., 1979).
2.3. Eintrag vom Land: die Flüsse
Es gibt zwei große Flußsysteme in Brasilien: das Amazonas-Tocantins im Norden und das Paraná-La Plata im Süden. Zusammen entwässern sie ungefähr 80% des gesamten Landes. Im Arbeitsgebiet selbst gibt es zwei mittelgroße Flüsse, nämlich den Jequitinhonha und Doce sowie einige kleine Flüsse darunter Pardo, João de Tiba, Peixoto, Mucuri und São Mateus (Abb. 03).
Der durchschnittliche Schwebstoffgehalt aller brasilianischen Flüsse ist 100 mg/l, während der Mittelwert für alle in den Atlantischen Ozean mündenden Flüsse bei 200 mg/l, für den Pazifischen Ozean bei 1540 mg/l und für den Indischen Ozean bei 1250 mg/l liegt (Milliman, 1975).
Es gibt zwei Erklärungen für die niedrigen Schwebstoffkonzentrationen in den brasilianischen Flüssen: 1. Das Fehlen starker morphologischer Unterschiede und dadurch verursachte schwache Erosion, und 2. das halbtrockene Klima, das in großen Teilen Brasiliens vorherrscht (Kowsmann & Costa, 1979).
Die Küste des Untersuchungsgebietes weist eine dichte Mangrovenvegetation auf. Die Mangroven sind komplexe Ökosysteme, die in der Übergangszone vom Land zum Meer stehen. Ihre üppige Pflanzenwelt hat sich auf die ästuarinen Bedingungen eingestellt. Die Mangroven sind ein wichtiger Teil der Nahrungskette. Durch den Abbau von Pflanzen und Tierresten bildet sich ein nahrhaftes Substrat, auf dem sich viele Mikroorganismen entwickeln und als Nahrungsgrundlage für zahlreiche Tiere dienen. Viele Fisch- und Krustazeenarten benutzen die Mangroven, um sich dort zu paaren und Eier zu legen. Die Mangroven fungieren als Nest, bis die Tiere fähig sind, ins Meer zu gehen. Vier Mangrovengebiete wurden in der vorliegenden Arbeit untersucht: Canavieiras, Cabrália, Caravelas und Conceiç ão da Barra (Abb. 03)
Es gibt nur wenige Arbeiten, in deren Rahmen der Materialaustausch zwischen den brasilianischen Mangrovengebieten und den angrenzenden Meeresgebieten untersucht wurden (z. B. Silva, 1988; Ovalle et al., 1990; Jennerjahn, 1994). Diese beschäftigen sich mit dem Transfer von gelöstem und partikulärem Kohlenstoff und seiner Verteilung in den einzelnen Kompartimenten des Ökosystems. Silva (1992) hat sich mit der Phosphorverteilung in den oberen 25 cm eines Rhizophora Mangrovenwaldes im Südosten Brasiliens beschäftigt. Diese Arbeit zeigt, daß 55% des Phosphors in den Sedimenten als Ca-P vorliegen, gefolgt von gleichen Anteilen der organisch und Fe-Al gebundenen Fraktion. Außerdem wurden große und unregelmäßige Schwankungen im Gesamtphosphorgehalt beobachtet, der mit der Korngrößenverteilung der Sedimente variiert. Ovalle et al. (1990) beobachteten stark reduzierende Bedingungen in den Porenwässern bis 30 cm Tiefe in Mangrovensedimenten aus der Sepetiba Bucht, die einen Einfluß auf die Fe-P Fraktion ausüben soll. Detaillierte Betrachtungen der Phosphorformen in Mangrovensedimenten fehlen jedoch noch.
Um die Flußraten von Phosphor zwischen Mangrovensystemen und Küstengewässern zu quantifizieren, sind detaillierte Informationen über die Austauschprozesse zwischen den beiden Systemen nötig. Die bisher vorhandenen Daten sind nicht ausreichend. Die einzelnen Beiträge aus den verschiedenen Bereichen und Phosphorfraktionen sollen untersucht werden.
Für das Sepetiba System in Brasilien ist der Import von gelöstem anorganischem Phosphor größer als der Nettoexport (Silva, 1988 und 1992). Eine Übersicht über den Austausch zwischen Mangroven und Küstengebieten wird in Tab. 01 gegeben.
Tabelle 01: Phosphoraustausch (in g ha-1 Tag -1) zwischen Mangroven und verschiedenen Küstengebieten. (+) netto Import; (-) netto Export. Nach Salcedo & Medeiros (1995).
|
Klong Ngao 1 (Thailand) |
Sepetiba 2(Brasilien) |
Koralien 3(Australien) |
Matang 4(Malaysia) |
gelöster anorganischer P |
+43 bis -583 |
+54 bis 0 +6,3 bis 1,9 2a |
3,6 3a |
|
gelöster gesamter P |
-1300 1a |
+0,05 bis -94 |
+13,7 3a |
|
gesamter partikulärer P * |
|
+0,14 bis -326 |
-6,8 |
-29,7 |
1 Kjerfve & Wattayakorn, 1990. 1a Wattayakorn et. al., 1990. 2 Silva, 1988; 1992. 2a Rezende et al., 1990. 3 Boto & Bunt, 1982. 3c Boto & Wellington, 1988. 4 Gong & Ong, 1990.
* schließt ein wenig Laub ein.
2.5. Der Schelf und die Schelfsedimente
Der Schelf entlang der brasilianischen Küste ist schmal und flach, nur im Gebiet des Abrolhos Archipels (zwischen 16°S und 19°30’S) kann er bis 200 km breit sein. Seine durchschnittliche Tiefe ist ca. 40 m und die Schelfkante liegt bei etwa 70 m (Abb. 04). Nach Kowsman & Costa (1979) weist die geringe Tiefe des Schelfs darauf hin, daß er ständig durch Wellen bearbeitet wird. Damit sind die terrigenen Sedimente einer ständigen Mobilisierung unterworfen, die die biologische Kolonisation verhindert. In Gebieten mit weniger Bewegung beobachtet man einen Vormarsch der karbonatischen Ablagerung in Richtung Land (Kowsman & Costa, 1979).
Die folgende Charakterisierung der Schelfsedimente ist aus den Ergebnissen von Melo et al. (1975) zusammengestellt.
Im Arbeitsgebiet herrscht eine karbonatische Fazies vor. Die terrigene Fazies ist bedeutsamer im Einflußbereich der größten Flüsse des Gebietes. Die terrigenen Sandsedimente, die sich vor den Flüssen Jequitinhonha und Pardo und zwischen Mucuri und Doce ansammeln, zeichnen sich durch eine stark Eisenoxydfärbung, etwas Feldspat und gute Sortierung aus.
Sand und ein wenig Tonsand bedecken den inneren Schelf, der flacher als 30 m ist. In größeren Tiefen kommt Sand manchmal auch als Tonsand vor. Die Ausnahme ist das Gebiet neben der Doce-Flußmündung. Vor diesem Fluß enthält der Ton wesentliche Anteile von Gesteinsbruchstücken, Glimmer und Pflanzenresten.
Viele Riffe und die Sedimente um den Mittel- und Außenschelf zwischen Jequitinhonha und Doce sowie in Besnard und Vitória Bänke bestehen fast vollständig aus biogenem Karbonat. Nordlich des Jequitinhonha sind die Sedimente des Mittel- und Außenschelfs auch biogen, aber sie haben weniger Karbonat (80-90%).
Es gibt nur eine schwach entwickelte oder gar keine Übergangszone zwischen den biogenen Sedimenten, die über 75% Karbonat enthalten, und den terrigenen Sedimenten, die weniger als 50% Karbonat aufweisen (Melo et al., 1975). 75-95% der leichten Fraktion auf dem Schelf bestehen normalerweise aus Quarz und Feldspat. Die anderen Bestandteile sind Glimmer (3%), Gesteinsbruchstücke (2%) und eisenreiche Foraminiferenschalenstücke (4%).
Als Tonmineralien kommen Kaolinit, Illit und Montmorillonit vor. Kaolinit konzentriert sich besonders in der inneren Schelfregion südlich des Jequitinhonha. Nördlich des Jequitinhonha kommt Illit in mäßiger Menge vor, südlich des Jequitinhonha konzentriert er sich auf dem Außenschelf. Montmorillonit ist auf die West Abrolhos Bank und am höheren Kontinentalabhang südlich der Bank begrenzt.
Organische Substanzen kommen auf dem Außenschelf und den offshore Bänken, neben Doce und dem Kontinentalabhang vor diesem Fluß reichlicher vor als in den anderen Gebieten.
Abbildung 04: Karte des Arbeitsgebietes mit Tiefe (in Meter).