In der vorliegenden Arbeit wurden die zwei Promoterelemente des Apobec-1-Gens der Ratte in vitro durch Transfektion von seriellen Deletionen unter Verwendung von Luziferase als Reportergen charakterisiert. Durch Transfektion der Promoter-ReportergenKonstrukte in unterschiedliche Zellinien konnten die minimalen Promoterelemente der beiden Promoter definiert werden. Eine darüber hinaus gehende Verkürzung der Fragmente führte zu starkem Aktivitätsverlust. Ein negativ regulierendes Element innerhalb des distalen Promoters wurde auf den Bereich -1100 bis -500 der Transkriptionsstartstelle eingegrenzt, das die starke Expression des distalen Promoters auf den Dünndarm beschränkt. Stimulation mit Hormonen, die Editing in vivo regulieren, beeinflußte die Aktivität des Apobec-1-Promoters nicht. Der proximale Promoter, LP, war innerhalb eines Apobec-1-Minigenes fähig, Apobec-1-Expression in HuH-7-Zellen zu induzieren und dadurch in einer menschlichen Leberzellinie Editing zu rekonstituieren. Dieses Experiment legt nahe, daß das Fehlen des proximalen Promoters im Apobec-1-Gen des Menschen Ursache für die Abwesenheit von Apo B mRNA Editing in der menschlichen Leber ist.
Die für eine minimale Promoteraktivität des proximalen Promoters LP notwendigen regulatorischen Elemente liegen innerhalb eines Bereiches ~140 bp 5' der Transkriptionsstartstelle. In ihm sind eine variante TATA-Box (TAAA-Motif) und die CAT-Box (CACT) enthalten. Die Organisation dieses Bereiches ähnelt der des Mausgens, das ebenfalls eine variante TATA-Box 20 bp 5' der Transkriptionsstartstelle und eine 5' gelegene CAT-Box enthält (28). In Luziferase-Reportergen-Konstrukten zeigte LP in HUH7- und NIH3T3-Zellen eine weitaus stärkere Promoteraktivität als in CaCo2-Zellen. Diese Ergebnisse deuten an, daß der 5' von Exon 1 gelegene Promoter gewebespezifisch aktiv ist. Durch Ribonuklease-Protektions-Assays konnte gezeigt werden, daß LP in vivo in mehreren Organen die Apobec-1-Expression steuert (1 8).
IP, ein TATA-Box-loser Promoter der MED-I-Klasse mit unterschiedlichen Transkriptionsstartstellen (18), zeigte in CaCo2-Zellen eine vierfach stärkere Aktivität als in HuH7- oder NIH3T3-Zellen. Dieses Experiment weist darauf hin, daß die durch IP hervorgerufene Apobec-1-Expression darmspezifisch ist. Da es sich bei CaCo2 um eine Kolonkarzinom-Zellinie handelt, wird die tatsächliche Stärke des Promoters im Dünndarm, wo Apobec-1 physiologisch exprimiert wird, wahrscheinlich unterschätzt. Die Konstrukte IP5 und IP6 enthalten den Bereich, der 216 bp bzw. 161 bp 5' der Transkriptionsstartstelle liegt. Sie zeigten in CaCo2- und noch deutlicher in HuH7-Zellen einen drastischen Aktivitätsanstieg auf das 2- bzw. 5-fache. Ein solcher Aktivitätsanstieg kann durch den Wegfall eines 5' gelegenen, negativ regulierenden Elementes erklärt werden. Durch die Deletionsmutanten IPΔ1144-216 und IPΔ556-216 konnte die Existenz eines negativ regulierenden Elementes demonstriert werden. Seine Lokalisation wurde auf den Bereich zwischen -1100 und -500 bp 5' der Transkriptionsstartstelle eingegrenzt. Die Transfektionen der Überkreuzmutanten IP(1167-266)LP, IP(581-266)LP und IP(318-266) zeigten, daß das negativ regulierende Element des intestinalen Promoters imstande ist, auch die Aktivität des LP-Minimalpromoters zu unterdrücken. So kann angenommen werden, daß es sich hier um ein universal aktives, negativ regulierendes Element handelt. Diese Region des intestinalen Promoters scheint die Expression von Apobec-1 durch IP auf den Dünndarm zu beschränken, indem sie in allen anderen Geweben die Expression negativ reguliert.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit stehen weitgehend im Einklang mit den von Hirano et al. veröffentlichten (27). In dieser Arbeit wurde nur der intestinale Promoterbereich genauer untersucht und in CaCo2- sowie McArdle-Zellen exprimiert. Dabei konnte, anders als in der vorliegenden Untersuchung, kein Unterschied in der Expressionsstärke zwischen den beiden Zellinien gezeigt werden. Der Aktivitätsanstieg innerhalb der -300 bis -200 beginnenden Deletionsfragmente (IP5, IP6 bzw. REX1F bei Hirano) war in McArdle-Zellen weniger deutlich als in HuH7-Zellen. Die von Hirano et al. gefundene Steigerung der Promoteraktivität betrug 80 % gegenüber einer Steigerung um den Faktor fünf in der vorliegenden Arbeit. In CaCo2-Zellen wurde kein signifikantes Aktivitätsanstieg demonstriert gegenüber einer Aktivitätsverdoppelung in den hier gezeigten Ergebnissen. Die von Hirano et al. verwendeten Konstrukte endeten alle direkt im MED-1-Motif des intestinalen Promoters. Da das MED-1-Motif für die Funktion von Promoteren ohne TATA-Box von großer Bedeutung ist, sind die Unterschiede möglicherweise auf das Fehlen dieses Motifs in den von Hirano et al. verwendeten Konstrukten zurückzuführen.
Anreicherung des Zellkulturmediums mit den Hormonen Insulin, Triiodthyronin, Dexamethason, Östrogen, Somatotropes Hormon und Glucagon führte zu keiner statistisch relevanten Aktivitätsänderung der Promoter-Reportergen-Konstrukte. In vivo konnte jedoch wiederholt eine Beeinflussung des Editing durch hormonelle Einflüsse demonstriert werden (9, 13, 44, 63, 65, 723 73). Hierfür sind mehrere Erklärungen denkbar. Zunächst könnte es sein, daß die Expression des Apobec-1-Gens nicht hormonell reguliert wird. Die Änderung der Editingaktivität durch Hormone in vivo könnte durch andere Mechanismen bedingt sein, etwa durch eine Beeinflussung der auxiliären Faktoren. Hinweise, die diese Theorie stutzen, finden sich bei Funahashi et al. In dieser Untersuchung konnte durch Gabe von T3 Editing in vivo stirnuliert werden, ohne daß die Apobec-1-Expression gleichzeitig erhöht war (13). Lau et al. zeigten, daß der Anstieg des Anteils editierter hepatischer Apo B mRNA von 50 % auf 100 %, der durch Ethanolfatterung erreicht werden kann, ebenfalls mit einer unveränderten Menge Apobec-1 mRNA und -Protein einhergeht (37). Die Höhe der Apobec-1-Expression scheint also nicht der einzige Faktor zu sein, der die Editing-Aktivität beeinflußt. Weiterhin ist es möglich, daß in den verwendeten Zellinien die physiologische Hormonantwort der jeweiligen Ursprungsgewebe nicht mehr gegeben war. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die hormonelle Regulation des hepatischen Editing offensichtlich komplex ist und neben der Höhe der Apobec-1-Expression noch weitere Faktoren eine Rolle zu spielen scheinen.
Der proximale Promoter, LP, zeigte sich im Rahmen eines Apobec-1-Minigenes imstande, Apobec-1-Expression in HuH7-Zellen zu induzieren und damit in einer menschlichen Leberzellinie Editing zu rekonstituieren. LP enthält eine TATA-Box und ist wenig gewebespezifisch (18). Dem menschlichen Apobec-1-Gen fehlt ein zu LP äquivalentes Promoterelement (26, 39). Vermutlich ist die Abwesenheit eines proximalen Promoters die Ursache für das Fehlen des hepatischen Editings beim Menschen. Diese Annahme wird auch von durch Quian et al. veröffentlichte Ergebnisse gestützt (57). In dieser Untersuchung konnte ein Allel des Ratten-Apobec-1-Promoters demonstriert werden, dem der 5' gelegene, leberspezifische Promoter fehlte. Transgene Mäuse mit diesem Allel zeigten im Vergleich zu Tieren mit dem normalen Allel deutlich reduzierte Apobec-1-Spiegel in Leber, Niere und Gehirn. Ratten exprimieren Apobec-1 nicht nur im Dünndarm, sondern auch in Milz, Leber, Niere, Lunge und Herz. Hierin unterscheiden sie sich vom Menschen und anderen Säugetieren (17, 48, 68, 71). Der proximale Promoter LP vermochte als Teil eines Apobec-1-Minigens innerhalb einer menschlichen Leberzellinie Apobec-1-Expression zu induzieren und Editing zu rekonstituieren. Dieses Experiment legt nahe, daß das Fehlen eines proximalen Promoters die molekulare Basis für die Abwesenheit des hepatischen Editing beim Menschen ist. Die Expression von Apobec-1 hat große Auswirkungen auf das Lipoproteinprofil einer Spezies. Spezies, die in der Leber Apobec-1 exprimieren, bilden Apo B48 enthaltende VLDL, die nicht in lang metabolisierte LDL umgewandelt werden. Das Fehlen von Apobec-1-Expression in der Leber, so wie beim Menschen, führt zur Bildung von Apo B100 enthaltenden VLDL, aus denen LDL entstehen. Die Abwesenheit von hepatischer Apobec-1-Expression und Apo B mRNA Editing in der Leber, die auf dem Fehlen eines leberspezifischen Promoters im humanen Apobec-1-Gen beruht, ist damit eine entscheidende Voraussetzung für die Entstehung hoher LDL-Spiegel und die damit verbundene Entstehung von Arteriosklerose beim Menschen.