Statistische Analyse mehrjähriger Variabilität der Hydrographie in Nord- und Ostsee

Frank Janssen

Zusammenfassung

Auf der Grundlage einer Vielzahl von Beobachtungsdaten wurde die mehrjährige Variabilität der Hydrographie in Nord- und Ostsee eingehend analysiert. Durch die einheitliche Betrachtung von Nord- und Ostsee konnten die weitgehenden Gemeinsamkeiten der Variabilität beider Randmeere, aber auch deren bedeutsame Unterschiede herausgearbeitet werden. Die Gemeinsamkeiten rühren dabei insbesondere von der gleichartigen Forcierung beider Regionen her, die durch die großskalige atmosphärische Zirkulation bedingt ist. Der dominierende Anteil der atmosphärischen Variabilität im nordatlantischen Raum geht von der Nordatlantischen Oszillation (NAO) aus. Die NAO wirkt besonders prägend auf die hydrographischen Größen, die von der Stärke westlicher Winde und/oder von der Lufttemperatur abhängen. Hierzu zählen der Wasserstand und die SST in Nord- und Ostsee sowie die Eisbedeckung der Ostsee. Für den Salzgehalt liegt ein in doppelter Weise abweichendes Verhalten vor. Zum einem besteht für beide Randmeere keine dominante Beeinflussung der mehrjährigen Variabilität durch die NAO und zum anderen zeichnen sich Nord- und Ostsee durch systematische Unterschiede bezüglich ihrer Salzgehaltsvariabilität aus.

Außer zur statistischen Analyse der Variabilität wurden die Beobachtungsdaten auch zur Validation einer dekadischen Modellsimulation mit einem regionalen gekoppelten Eis-/Ozeanmodell herangezogen. Die Ergebnisse der funktionalen Validation ergeben ein sehr differenziertes Bild der Simulationseigenschaften. Während die Variabilität der Wasserstandsschwankungen in Nord- und Ostsee, der Transporte zwischen Nord- und Ostsee sowie der eisbedeckten Fläche der Ostsee mit großer Genauigkeit wiedergegeben wird, bestehen für andere hydrographische Größen – insbesondere für den Salzgehalt der Ostsee - Defizite in der Reproduktion der beobachteten Variabilität. Die Quantifizierung der Abweichungen zwischen Beobachtung und Simulation ist ein wichtiger Schritt zur Beurteilung eines Simulationsmodells. Dass dabei Differenzen zwischen dem (oftmals dürftigen) Beobachtungsmaterial und den Ergebnissen eines komplexen Simulationsmodells auftreten, ist unvermeidlich und auch nicht von eigentlichem Interesse. Die eigentliche Frage ist, ob die zu Tage tretenden Differenzen einen Betrag aufweisen, der das Modell zur Beantwortung der jeweiligen Fragestellung untauglich macht. Bezüglich der in der vorliegenden Arbeit untersuchten Modellsimulation der mehrjährigen Variabilität der Hydrographie in Nord- und Ostsee lässt sich folgende Aussage treffen: Mit Ausnahme des Salzgehaltes in der Ostsee ist das untersuchte Simulationsmodell unter Berücksichtigung der Unsicherheiten des Beobachtungsmaterials geeignet, die Variabilität zu simulieren.

Anhand zweier Beispiele wurden die Möglichkeiten des Simulationsmodells, zum Verständnis und zur Quantifizierung der mehrjährigen Variabilität beizutragen und bisher offene wissenschaftliche Fragen zu klären, dargelegt.

Wie aus der Simulation zu windinduzierten Wasserstandsschwankungen in der Ostsee hervorgeht, ist die Variabilität auf einer Zeitskala unterhalb von einer Woche durch den direkten Windeinfluss innerhalb der Ostsee dominiert. Für längere Zeitskalen überwiegt der Einfluss der Wasserstandsschwankungen der Nordsee auf die der Ostsee gegenüber dem direkten Einfluss des Windes.

Die Simulation zur Salzgehaltsvariabilität in der Nordsee lässt die Quantifizierung des Einflusses von Schwankungen im Abfluss auf den Salzgehalt zu. Der Einfluss der Abflussanomalien beschränkt sich auf eine Region, die nach Nordwesten durch die Doggerbank begrenzt ist. Von der zentralen Nordsee ausgehend, nimmt der Einfluss in Richtung der Mündungen von Rhein und Elbe zu, in deren Nähe praktisch die gesamte Salzgehaltsvariabilität durch den Flusseintrag bestimmt ist.

Neben zahlreichen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen gehen aus dieser Arbeit auch wesentliche Neuerungen von praktischem Nutzen hervor:

Die vorliegende Arbeit lässt zwangsläufig eine Reihe von Fragen unbeantwortet. Diese beziehen sich sowohl auf die Analyse des Beobachtungsmaterials als auch auf die Simulationsergebnisse.

Im Verlauf der Arbeit wurde ein mehrschrittiger Weg zur Analyse klimainduzierter Variabilität auf regionaler Skala eingeschlagen, der eine Kombination von Beobachtungsdaten mit statistischen Methoden und numerischen Modellsimulationen darstellt. Die wesentlichen Schritte sind:

Obwohl dieser Weg ein hohes Potential besitzt, zum Verständnis regionaler klimainduzierter Variabilität beizutragen, wurde er in der Vergangenheit noch nicht konsequent beschritten. Insbesondere was die - bezüglich der regionalen Skala erst in der Entstehung begriffene - Klimaimpaktforschung angeht, bietet diese Vorgehensweise eine zukunftsweisende Perspektive.

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