5 Zusammenfassung
„Hereditary non-polyposis colorectal cancer" (HNPCC) ist ein relativ häufiges, autosomal-dominantes Erbleiden, welches mit einem erhöhten Risiko einhergeht, kolorektale Karzinome zu entwickeln. Dieses auch Lynch- Syndrom genannte Krankheitsbild wird für 1 bis 5 % aller Kolorektalkarzinome verantwortlich gemacht, und ist damit der häufigste vererbte Darmkrebs. Keimbahnmutationen in einem von mindestens fünf Genen des DNA- Mismatch-Reparatur-Systems (hMSH2, hMLH1, hPMS1, hPMS2 und GTBP/hMSH6) werden für die Entstehung bzw. für die schnelle Progression der Karzinome verant- wortlich gemacht, die als charakteristisches Merkmal eine Instabiliät von über das ganze Genom verteilten Mikrosatelliten aufweisen. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die klinisch-anamnestisch gestützte Diagnose des Lynch-Syndroms einer Familie molekular- genetisch zu untermauern, indem nach Keimbahnmutationen der Reparaturgene in Blutproben von erkrankten Familienmitgliedern gesucht wurde.
Neben einigen Polymorphismen und Spleißvarianten in unterschiedlichen Genen konnte im Exon 11 von hMSH2 eine zu einem Stopcodon führende Keimbahnmutation im peripheren Blut identifiziert werden. Der funktionelle Aspekt der Sequenzalteration konnte unter anderem durch den Nachweis einer Mikrosatelliteninstabilität im Tumorgewebe der Genträger bestätigt werden. Zum schnellen und einfachen Screening der restlichen Familien- mitglieder wurde ein PCR-basierter, mutationsspezifischer RFLP-Assay etabliert. Die so erhaltenen Ergebnisse sind allesamt durch Sequenzierungen des PCR-Produkts bestätigt worden, so daß nicht erkrankte Familien- mitglieder nach einem ausführlichen Beratungsgespräch durch die Abteilung für Humangenetik des Universitäts- klinikums Hamburg-Eppendorf, präsymptomaisch diagnostiziert und beraten werden konnten. Als Konsequenz ergibt sich, daß mutationsnegative Personen in Zukunft auf die für HNPCC-Patienten empfohlenen ein- bis zweijährlichen hohen Kolonoskopien verzichten können. Dagegen wurde den die Mutation tragenden Familien- mitgliedern ein Beibehalten der intensiven Vorsorgeuntersuchungen empfohlen.
Es konnte gezeigt werden, daß korrekt indizierte Gentests sehr sinnvoll sein können, wenn, wie im vorliegendem Fall, sich therapeutische und diagnostische Konsequenzen daraus ergeben, und die Tests im Rahmen einer erfahrenen, professionellen Beratung stattfinden.