3 Ergebnisse
 

Zum Auffinden der für das Lynch-Syndrom der Familie verantwortlichen Mutation in den DNA-Reparaturgenen wurden Blutproben des Familienmitglieds II.5 mit molekularbiologischen Methoden untersucht. Wie unter 1.4 erwähnt, eignet sich diese Frau als Indexpatientin aufgrund ihrer früh aufgetretenen, rezidivierenden Kolon- karzinome. In der Folge sollte RNA und DNA aus Blutproben der Person II.5 mit Proben von nicht-erkrankten Normal-Personen verglichen werden. Hierbei zu identifizierende Sequenzdifferenzen können harmlose oder krankheitsassoziierte Polymorphismen aber auch für die Erkrankung kausale Mutationen sein. Die Mutations- analysen können mit unterschiedlichen molekularbiologischen Methoden durchgeführt werden, die bezüglich der Durchführbarbkeit ebenso unterschiedlich sind wie in den Gütekriterien Sensitivität und Spezifität. Es sollten zunächst einfach und schnell durchführbare, auf der Analyse von RNA basierenden, Methoden verwendet werden. Sollten diese Tests nicht zum gewünschten Erfolg führen, so sollten aufwendigere, aber auch sensitivere Methoden zur Anwendung kommen. Soweit es möglich war, sind Proben mituntersucht worden, welche den korrekten methodischen Ablauf kontrollieren sollten. Hierbei handelt es sich um die DNA der Zellinie DU 145 im Falle der SSCP-Analyse und um die Probe cDNA T33, bzw. NT11 bei dem IVSP-Test. Da der überwiegende Teil der bisher beschriebenen Mutationen in den Genen hMSH2 und hMLH1 liegt sind diese primär untersucht worden.
 
 

3.1 Nachweis von Spleißvarianten in hMLH1

Nach erfolgreicher reversen Transkription von aus Lymphozyten gewonnener RNA (nicht gezeigt) der Indexpatientin II.5 und zwei Proben N6 und N9 von nicht-erkrankten Personen wurde eine PCR mit den Zielsequenzen in hMSH2 und hMLH1 durchgeführt. Nach Optimierung der PCR-Bedingungen zeigten die amplifizierten Fragmente MSH-I, -II und MLH1-II bei allen drei cDNA-Proben eine distinkte Bande im Agarosegel (nicht gezeigt). Bei dem 1217 bp großen Fragment MLH-I zeigten sich, ebenfalls bei allen drei Proben, vier zusätzliche, kleinere Fragmente (Abb. 3.1, Spuren 1-3). Die PCR wurde daraufhin mit sechs weiteren Proben, vier cDNAs aus Vollblut nicht-erkrankter Personen und zwei weiteren aus normaler Kolonschleimhaut isolierter cDNA (N66 und N69), durchgeführt. In den Proben der peripheren Blutzell-cDNA konnte bei allen Proben die Fragmente der Größen 850 bis 1100 bp in verschiedener Ausprägung nachgewiesen werden (Abb 3.1, Spuren 4-7), wohingegen sie in der Kolonschleimhaut nicht nachweisbar sind (Abb. 3.1, Spur 8-9).



Abb. 3.1: Gelelektrophorese des MLH-I Fragments (1217 bp). M: 100 bp Längenmarker, Spur 1: Probe II.5 (Testperson), Spur 2-7: Amplifikation von cDNA gesunder Normalpersonen mit unterschiedlich ausgeprägten, zusätzlichen Fragmenten, Spur 8 und 9: Amplifikation der Proben N66 und N69 ohne zusätzliche Fragmente, N: MLH-I Fragment der erwarteten Größe, A-D: zusätzliche Fragmente der Größen 850 bis 1100 bp.
 

Zur weiteren Untersuchung wurde das PCR-Produkt MLH-I der Probe II.5 subkloniert. Jede Bande, repräsentiert durch einen Klon, wurde in der Folge sequenziert (Abb 3.3). Fragment N entsprach der erwarteten 1217 bp langen Wildtypsequenz der cDNA, welche die Exons 1 bis 12 des hMLH1-Gens beinhaltet. Die Banden A bis D entsprachen jeweils Fragmenten des PCR-Produkts N, wobei jeweils eine unterschiedliche Anzahl an Exons fehlt (Abb 3.2).
 
 



Abb 3.2: Spleißvarianten in hMLH1. Dargestellt ist der Genabschnitt der Exons 8 bis 12. Angegeben ist die Größe der durch die Deletionen entstehenden PCR-Produkte.
 

In Fragment A mit 1104 bp Länge ist Exon 9 deletiert. Im Fragment B ist eine Exon 9 und 10 betreffende Deletion aufzeigbar, Fragment C mit einer Größe von 969 bp entspricht einer Deletion der Exons 10 und 11 und das um 361 bp verkürzte Fragment D entspricht einer Deletion der Exons 9 bis 11. Die Fragmente B bis D konnten als bereits beschriebene Spleißvarianten identifiziert werden [33].
 
 

Abb. 3.3: Sequenzierungen nach MLH-I Klonierung des PCR-Produktes der Probe II.5. A: Spleißvariante mit einer Deletion von Exon 9, B: Spleißvariante mit deletierten Exons 9 und 10, C: Spleißvariante mit einer Deletion von Exon 10 und 11, D: Spleißvariante mit deletierten Exons 9 bis 11.
 

Um auszuschließen, daß eine Spleißstellenmutation bei Exon 9 als Ursache für dieses vermutlich physiologische Phänomen vorliegt, wurde daraufhin nach Isolierung von DNA aus Vollblut der Indexpatientin II.5 das Exon 9 von hMLH1, inklusive angrenzender Intronbereiche amplifiziert und kloniert. In allen 16 hierauf sequenzierten Klonen zeigten die Spleißstellen des Exons keine Sequenzunterschiede (nicht gezeigt), so daß auch in diesem Fall von einer weiteren Spleißvariante ausgegangen werden kann. Diese Variante A konnte, ebenso wie die drei bereits beschriebenen Spleißvarianten B bis D, nur im peripheren Blut und nicht in Kolongewebe nachgewiesen werden.
 
 

3.2 Mutationsanalytik auf cDNA-Ebene

3.2.1 Heteroduplexanalyse von hMSH2

Die als Nebenbefunde zu wertenden Spleißvarianten in hMLH1 führten dazu, daß das hMLH1-Gen nicht durch eine Heteroduplexanalyse mutationsanalytisch untersucht werden konnte. Dies liegt hauptsächlich an der großen Anzahl der entstehenden Banden, wenn die PCR-Produkte MLH-I mittels Restriktionsendonukleasen hydrolysiert werden. Der Hydrolyse der über 1.200 bp großen Produkte ist jedoch eine Voraussetzung für eine auswertbare Heteroduplexanalyse. Aufgrund der einfachen und schnellen Durchführbarkeit einer Heteroduplexanalyse sind zunächst die Amplifikate MSH2-I und –II untersucht worden. An cDNA-Proben wurde die der Indexpatientin II.5 mit zwei Normalproben N6 und N9 verglichen.
Die ca. 1.400 bp großen Fragmente MSH2-I und -II sind in je zwei verschiedenen Ansätzen mit zwei unterschiedlichen Restriktionsendonukleasen inkubiert worden, so daß folgende Fragmentgrößen entstanden:

MSH2-I: MSH2-II:
Alu I: 108, 261, 320, 335, 405 bp Ear I: 170, 426, 470, 571 bp
Dde I: 148, 239, 251, 331, 460 bp BstN I: 191, 200, 298, 314, 634 bp
Ein Aliquot des Restriktionverdauansatzes ist dann laut Protokoll im Acrylamidgel elektrophoretisch aufgetrennt worden. Ausgewertet wurde das Gel durch Vergleiche des Laufverhaltens der zu unteruchenden Probe II.5 im Unterschied zu den Normalproben N6 und N9. In Abbildung 3.4 ist zu erkennen, daß alle Bandenmuster der aufgetrennten Restriktionsverdaue der Normalkontrollen mit dem der zu untersuchenden Probe II.5 identisch sind. Die Ausprägung der Banden ist zwar unterschiedlich, jedoch ist das Laufverhalten von II.5 bei beiden Fragmenten von hMSH2 und auch jeweils beiden Restriktionsverdauansätzen im Acrylamidgel gleich (Abb. 3.4). Durch eine Heteroduplexanalyse konnten somit keine Sequenzunterschiede in hMSH2 zwischen der erkrankten Person II.5 und den Normalkontrollen N6 und N9 identifiziert werden.
 
 



Abb. 3.4: Heteroduplexanalyse der hMSH2 Fragmente. A: hMSH2-I nach Alu I Verdau; B: hMSH2-I nach Dde I Verdau; C: hMSH2-II nach Ear I Verdau; D: hMSH2-II nach BstN I Verdau; 1: Probe N6, 2: Probe N9, 3: Probe II.5. Mit Pfeilen markiert sind die korrespondierenden Banden der bei dem Restriktionsverdau entstehenden Fragmente, angegeben in bp.
 

3.2.2 IVSP-Assay

Als weitere auf cDNA basierende Methode ist daraufhin der IVSP-Assay zur Mutationsdetektion verwendet worden. Da dieser Test bei optimierten Bedingungen Sequenzabschnitte von 1.600 bp schnell auf Nonsense- oder Frameshift-Mutationen untersuchen kann, sind die beiden Gene hPMS1 und hPMS2 ergänzend zu hMSH2 und hMLH1, mitanalysiert worden. Verglichen wurde cDNA der Blutzellen von Indexpatientin II.5 mit der DNA einer normalen Testperson N1. Für hMSH2, hMLH1 und hPMS2 ist die Lage der Primer so gewählt worden, daß je Gen zwei ungefähr gleich große Fragmente entstanden. Aufgrund der Länge der kodierenden Sequenz von hPMS1 sind drei Primerpaare gewählt worden, so daß drei Fragmente entstehen. Durch die in Abbildung 2.1 näher beschriebenen Vorwärtsprimer konnten die entstehenden PCR-Produkte im Anschluß in vitro transkribiert und translatiert werden. Die Proteine sind dann im Acrylamidgel elektrophoretisch aufgetrennt worden. Das Bandenmuster der mit der cDNA von II.5 amplifizierten Produkte wurde mit dem der Normalprobe N1 verglichen.
Um die Funktionstüchtigkeit des IVSP-Tests zu überprüfen sind zwei weitere cDNA-Proben, T33 und NT11, parallel untersucht worden. T33 enthält in Exon 15 des APC-Gens eine 5 bp große Deletion, wodurch 14 bp in 3‘ Richtung ein Stopcodon entsteht, wohingegen bei NT11 diese Deletion fehlt. Bei entsprechend gewählter Primerlage und einem, wie in Abbildung 2.1 beschrieben, modifizierten Primer entstehen bei beiden cDNAs PCR-Produkte einer Größe von ca. 1030 bp. Nach in vitro Transkription und Translation sollte bei dem PCR-Produkt APC-L der cDNA T33 aufgrund der Frameshift-Mutation jedoch anstatt eines Proteins der Größe 37 kDa (343 Aminosäuren), wie im Fall von NT11, ein Protein der Größe 12 kDa (110 Aminosäuren) nachweisbar sein (Abb 3.5, Spur E).
Nach erfolgter Optimierung der PCR-Bedingung für die zehn Fragmente (nicht gezeigt) sind die PCR-Produkte der cDNA-Proben II.5 und N1, nach einer Aufreinigung durch eine Phenolextraktion, wie unter 2.3.11 beschrieben in vitro transkribiert und translatiert worden. Die relativ hohe Anzahl an Banden je Spur im Acrylamidgel ist durch vorzeitige Transkriptions- und vor allem Translationsabbrüche erklärbar (Abb. 3.5).
Ebenso war die Menge eingesetzten PCR-Produkts von Bedeutung. Entgegen den Herstellerangaben, wonach 0,1 bis maximal 1 µg DNA je 25 µl Ansatz einzusetzen seinen, waren zufriedenstellende Produktmengen, bzw. Bandenintensitäten im Acrylamidgel erst bei einer Menge von mindestens 1,8 µg PCR-Produkt je 25 µl Ansatz zu erzielen. Durch Zusatz von radioaktiven a35S-Methionin wurden die entstehenden Proteine radioaktiv markiert und konnten somit autoradiografisch nachgewiesen werden.
 
 



Abb. 3.5: Autoradiogramme der Proteine nach in vitro Transkription und Translation im IVSP-Test. 1: Probe N1, 2: Probe II.5 (Indexpatientin), 3: Probe NT11, 4: Probe T33; A und B: MSH2-1 und -2, C und D: MLH1-1 und -2, E: APC-L, F bis H: PMS1-1, -2 und -3, I und J: PMS2-1 und -2. Die Pfeile der Spuren G und I markieren zusätzliche Banden. Links sind die durch den Rainbow-Protein-Längenstandard markierten Produktgrößen in kDa angegeben.
 

In Spur E der Abbildung 3.5 ist erkennbar, das Probe NT11 und T33 durch zwei verschieden große Banden im IVSP-Test darstellbar sind. Das erheblich kleinere Produkt von T33 in Spur E4 der Abbildung 3.5 repräsentiert die Nonsense-Mutation, die in Probe NT11 fehlt. Der methodische Ablauf des IVSP-Tests kann somit als funktionsfähig angesehen werden, so daß in den zu untersuchenden Mismatch-Reparatur-Genen potentielle Nonsense- oder Frameshift-Mutationen detektierbar sein müßten. Im Fragment PMS1-2 der Probe II.5 (Abb. 3.5, Spur G2) fällt im Unterschied zu N1 (Spur G1) eine zusätzliche Bande auf. Die Produktintensität der Kontrolle APC-L zugrundegelegt, ist das bei 40 kDa liegende Fragment von PMS1-2 der Probe II.5 zu vernachlässigen. Die zusätzliche Bande ist als unspezifisches Produkt gewertet worden. Bei Fragment PMS2-1 der Probe N1 (Abb. 3.5, Spur I1) fällt eine Bande auf, die bei Probe II.5 (Spur I2) nicht erkennbar ist. Jedoch sind schon beim in den IVSP-Test eingesetzten PCR-Produkt von N1 unspezifische Banden im Agarosegel nachweisbar (nicht gezeigt). Somit ist auch dieser Wanderungsunterschied der Banden von N1 und II.5 im IVSP-Test als nicht relevant zu werten.
Alle anderen Fragmente von hPMS1 und hPMS2 (Abb. 3.5, Spuren F,H und J) zeigen keine Unterschiede im Bandenmuster zwischen den Proben N1 und II.5. Somit müssen diese zwei Gene als unauffällig und mutationsnegativ im IVSP-Assay angesehen werden. Auch die Fragmente der Gene mit den häufigsten Keimbahnmutationen, hMSH2 und hMLH1 (Abb. 3.5, Spuren A bis D), zeigen keine Unterschiede im Wanderungsverhalten der Probe der Indexpatientin II.5 zur Normalkontrolle N1.
Zusammenfassend bedeutet dies, daß trotz der positiv ausgefallenen methodischen Kontrolle APC-L, im IVSP-Test weder eine Keimbahnmutation in hMSH2 und hMLH1, noch in hPMS1 oder hPMS2 identifiziert werden.
 
 

3.3 Mutationsdetektion auf genomischer Ebene

Da die RNA-basierenden, schneller durchzuführenden Methoden eine Keimbahnmutation bei Indexpatientin II.5 nicht identifizieren konnten, wurde in der Folge auf genomischer Ebene gearbeitet. Nach Präparation von DNA aus Vollblut der Testprobe II.5 und eines gesunden Probanden (NC7) als Vergleichsprobe, sind alle 16 Exons von hMSH2 und 19 Exons von hMLH1 inklusive angrenzender Intronsequenzen amplifiziert worden. Die entstehenden PCR-Produkte der Größen 183 bis 558 bp sollten dann durch eine SSCP-Analyse mutations- analytisch untersucht werden. In den Abbildungen 3.6 und 3.7 sind die Agarosegel-Elektrophoresen der PCR-Produkte von hMSH2 und hMLH1 nach Optimierung der Zyklusbedingungen abgebildet.
 
 

Abb. 3.6: Elektrophorese im Agarosegel der PCR-Produkte von hMSH2 nach Optimierung der Zyklusbedingungen. A: Probe NC7, B: Probe II.5, 1-16: Entsprechendes hMSH2 Exon, M: 100 bp Längenmarker.
 
 




Abb. 3.7: Elektrophorese im Agarosegel der PCR-Produkte von hMLH1 nach Optimierung der Zyklusbedingungen. A: Probe NC7, B: Probe II.5, 1-19: Entsprechendes hMLH1 Exon, M: 100 bp Längenmarker.
 

3.3.1 SSCP-Analyse von hMSH2 und hMLH1

Die genomischen Amplifikate sind in der Folge in einer SSCP-Analyse mutationsanalytisch untersucht worden. Wie schon bei der Heteroduplexanalytik, so ist auch in diesem Falle nach dem direkten Vergleich der Wanderungsverhalten von Probe II.5 im Vergleich mit einer Normalkontrolle (NC7) verfahren worden, um dann auffällige Exons durch eine Sequenzierung weitergehend zu untersuchen. Zur methodischen Kontrolle wurde die DNA einer Prostatakarzinomzellinie (DU 145) bei Exon 2 von hMLH1 mit untersucht. Dort befindet sich bei DU 145 eine definierte, hemizygote A zu T Transition bei der 5‘- Spleißstelle. Eine funktionsfähige und aussagekräftige SSCP-Analytik vorausgesetzt, müßte somit ein Unterschied im Laufverhalten von DU 145 und der Normal- kontrolle NC7 bei Exon 2 von hMLH1 nachweisbar sein. Aufgrund der PCR-Produktgröße von hMLH1 Exon 12, wurde dieses nach vorausgegangenem Msp I Restriktionsverdau untersucht. Als auffällig befundene Exons wurden anschließend mit Restriktionsendonukleasen verdaut, um die Region der potentiellen Sequenzveränderung einengen zu können.
Nach diesen Kriterien schienen die Exons 1, 5, 10 und 14 von hMSH2 der Probe von Indexpatientin II.5 im Unterschied zu NC7 auffällig (Abb. 3.8, Spuren A bis D).
 
 



Abb. 3.8: Acrylamidgel der SSCP-Analyse von hMSH2 und hMLH1 Exons. 1: NC7 Probe, 2: II.5 Probe, A-D: Auffällige Exons von hMSH2 in der Reihenfolge Exon 1, 5, 10 und 14; E: hMLH1 Exon 2, wobei 3 dem Amplifikat von DU 145 entspricht; F-H: Beispiele für unauffällige Exons, in der Reihenfolge MSH2-Exon 11, MLH1-Exon 3, MLH1-Exon 10. Die Pfeile markieren zusätzliche, auffällige Banden.
 

Bei allen vier Exons von hMSH2 zeigen sich zusätzliche Banden im Acrylamidgel der SSCP-Analyse (Abb. 3.8, Pfeile bei den Spuren A bis D). Im Unterschied ist das Laufverhalten bei den restlichen Exons von hMSH2 und allen Exons von hMLH1 bei den beiden Proben II.5 und NC7 identisch (exemplarisch in Abb. 3.8 Spuren F bis H, der Rest ist nicht abgebildet). Die methodische Kontrolle DU 145 zeigt auch keinen Wanderungsunterschied zu NC7 bei Exon 2 von hMLH1 (Abb. 3.8, Spur E). Das Vorhandensein der Punktmutation in der Zellinie DU 145 ist daraufhin durch einen Restriktionsverdau bestätigt worden (nicht gezeigt).
Obwohl die methodische Kontrollprobe DU 145 negativ ausfiel, sollten die auffälligen Exons 1, 5, 10 und 14 der Probe II.5 näher untersucht werden. Die vier PCR-Produkte sind daraufhin kloniert worden. Acht positive, das entsprechende Insert tragende, Klone je Exon wurden dann sequenziert. Auf diese Weise konnte zwischen hetero- und homozygoten Zuständen unterschieden werden. Durch die Sequenzierungen kann in drei der vier Exons eine Sequenzvariante näher charakterisiert werden. Neun Basenpaare vor (5‘-) Exon 1 in hMSH2 zeigt sich in drei von acht Klonen eine Cytosin zu Guanin Transversion (Abb. 3.9, A1 und A2). Diese Sequenzvariante ist schon als Polymorphismus beschrieben worden und schon aufgrund der Lage in der nicht kodierenden Sequenz, weder an der Spleißstelle noch an der sogenannten „branch-site" gelegen, als für die Erkrankung unbedeutend zu werten [26].
 
 

Abb 3.9: Sequenzierungsausdrucke von hMSH2 Exon 1, 5 und 10. A1: Wildtypsequenz von Exon 1 (rk); A2: C zu G Polymorphismus (â ) 9 bp 3’- vor Exon 1 (rk); B1: Sequenz von Exon 5, Poly-A-Trakt Instabilität mit n=23 Adeninbasen 3’- im Intron 5 (rk); B2: Exon 5, Poly-A-Trakt Instabilität mit n=27 Adenosinbasen 3’- im Intron 5 (rk), zusätzliche artefizielle A zu G Transition; C1: Polymorphismus in Intron 9, T zu A Transversion 9 bp 5’- von Exon 10 (v); C2: Polymorphismen in Intron 10, â1: T zu C 6 bp und â2: A zu G Polymorphismus 12 bp 3’- von Exon 10 (v). rk: Sequenz ist rückwärts-komplementär abgebildet, v: Sequenz ist vorwärts abgebildet.
 

In Intron 5, kurz nach der Spleißstelle des Exons 5 von hMSH2, ist eine Instabilität eines Poly-A-Trakts mit einer schwankenden Anzahl von 23 bis 27 Thyminbasen zu finden, die für die unterschiedlichen Laufverhalten des Exons in der SSCP-Analyse verantwortlich sein müßte (Abb 3.9, B1 und B2). Dieser Poly-A-Trakt ist zuvor breits als Mikrosatellit BAT 26 beschrieben worden [71]. Die Längenvariabilität dieser repetitiven Sequenz ist nicht als Mikrosatelliteninstabilität als Folge der Erkrankung zu werten, da diese Befunde zum einen im peripheren Gewebe und nicht in Tumorgewebe identifiziert worden sind; zum anderen erscheint eine Längendifferenz von 5 bp bei Mikrosatelliten noch normal, legt man die Bandenmuster in Acrylamidgelen von Mikrosatellitenanalysen zugrunde.
Bei Exon 10 von hMSH2 der Probe II.5 zeigten sich drei homozygote Sequenzvarianten. Eine Thymin zu Adenin Transversion in Intron 9 (Abb. 3.9, C1) und eine Transition von Thymin zu Cytosin in Intron 10 sechs Basenpaare nach der Spleißdonorstelle von Exon 10 (Abb. 3.9, C2). Beide Sequenzvarianten sind zuvor als nicht krankheitsassoziierte Polymorphismen beschrieben worden und kommen somit auch hier nicht in Frage als ursächliche Keimbahnmutationen [27,220,230]. 10 Basenpaare nach (3‘-) dem Exon findet sich eine weitere Sequenzveränderung, wobei eine Adenin zu Guanin Transition hier nachgewiesen werden kann (Abb 3.9, C2). Diese von der Wildtypsequenz differierende Basenabfolge liegt auch im nicht kodierenden Intronbereich weder an einer Spleißstelle noch an der „branch-site", so daß auch diese Sequenzvariante als nicht krankheitsassoziierter Polymorphismus angesehen werden muß.
Somit konnte auch durch eine Vorauswahl auffälliger Exons durch die SSCP-Analyse keine für das Lynch-Syndrom relevante Keimbahnmutation identifiziert werden. Alle bis hier gefundenen Sequenzvarianten sind als Polymorphismen und somit als Nebenbefunde zu bewerten.
 

3.3.2 Klonierung aller Exons von hMSH2 und hMLH1

Alle bisher identifizierten Sequenzvarianten sind als nicht ursächlich für die Erkrankung des Lynch-Syndroms in der Familie anzusehen. Eine Vorselektion auffälliger Exons durch SSCP-Analysen war nicht erfolgreich, so daß in der Folge alle verbleibenden 31 Exons, inklusive angrenzender Intronbereiche, von hMSH2 und hMLH1 ohne Vorselektion sequenziert werden sollen. Hierzu wurde das gleiche Verfahren wie bei der Sequenzierung der in der SSCP-Analyse auffälligen Exons gewählt. Die entsprechenden Exon-PCR-Produkte der Probe II.5 sind in pCR 2.1â Vektoren subkloniert und selektioniert worden. Nach Präparation der Plasmide (nicht gezeigt) sind dann je Exon mindestens sechs bis acht Klone sequenziert worden.
 

3.3.3 Sequenzierung der Klone von hMSH2 und hMLH1

Wie unter 2.3.17 beschrieben, wurden je Exon durchschnittlich acht Klone mit einem T7 Primer sequenziert. Die so erhaltene Basenabfolge einzelner Exons der Probe von Indexpatientin II.5 wurde mit den publizierten Wildtypsequenzen manuell und computerunterstützt verglichen.
Auf diese Weise konnte unter anderem eine von der Wildtypsequenz differierende Basenabfolge in Exon 11 von hMSH2 identifiziert werden. An Stelle 1738 bp in der kodierenden Sequenz von hMSH2 findet sich eine Guanin zu Thymin Transversion (Abb 3.10-1 und -2). Als Folge wird das Codon 580, welches mit dem Wildtyptriplett GAA für Glutamin kodiert, in ein Stopcodon der Basenfolge TAA umgewandelt. Die hier identifiziert Sequenzänderung in hMSH2 der Probe II.5 wäre demnach eine Nonsense-Mutation und könnte somit ursächlich für die Erkrankung der Familie verantwortlich sein. Als Keimbahnmutation im peripheren Blut der Patientin II.5 nachgewiesen, sollte die Mutation heterozygot vorliegen. Dies wurde unterstützt durch die Anzahl von vier die Mutation tragenden Klone bei insgesamt acht sequenzierten Klonen und durch eine Direktsequenzierung vom PCR-Produkt, die an entsprechender Stelle im Sequenzierungsausdruck ein Doppelsignal der beiden Basen Guanin und Thymin zeigt (Abb. 3.10-3).
 
 



Abb. 3.10: Sequenzierungsausdrucke von hMSH2 Exon 11. Alle drei Ausschnitte stellen Sequenzen der Probe II.5 dar. 1: Wildtypsequenz von hMSH2 , â markiert die von der Mutation betroffenen Base; 2: Mutante von hMSH2, â markiert die Guanin zu Thymin Transversion; beide Ausschnitte in rückwärts-komplementärer Leserichtung. 3: Direktsequenzierung in Vorwärts-Leserichtung des hMSH2 Exons 11, â markiert das Doppelsignal als Ausdruck der Mutation.
 

Diese Glu580à Stop Nonsense-Mutation müßte eine Verkleinerung des Wildtypproteins von 934 um 354 Aminosäuren zur Folge haben. Das so verkürzte Protein hat somit nur noch eine Größe von ungefähr 62% im Unterschied zum physiologisch exprimierten Protein. Diese Glu580à Stop Punktmutation in hMSH2 ist aufgrund der vorgenannten Befunde als ursächlich für das Lynch-Syndrom der Probandin II.5 angesehen worden.
Um nicht weitere wichtige Befunde zu übersehen, wurden alle weiteren Klone der Exon-PCR-Produkte von hMSH2 und hMLH1 trotz der bereits identifizierten Mutation sequenziert. Es konnten somit weitere, als Nebenbefunde anzusehende, Sequenzvarianten oder Polymorphismen identifiziert werden. In Exon 3 von hMSH2 ist in allen sequenzierten Klonen an Stelle 399 bp in der kodierenden Sequenz eine Thymin zu Cytosin Transition zu finden (nicht gezeigt).
 
 



Abb. 3.11: Sequenzierungsausdrucke ausgewählter Bereiche von hMLH1. A1: hMLH1 Exon 8 Wildtypsequenz (v); A2: hMLH1 Exons 8 mit Polymorphismus (â ) A zu G Transition im Codon 219 (v). B1: hMLH1 Exon 17 Wildtypsequenz (rk); B2: hMLH1 Exon 17 mit Polymorphismus (â ) G zu T Transversion im Codon 653 (rk). C1 und C2: hMLH1 Exon 12 mit variablen Poly-TA- und Poly-T-Trakten, ® markiert den Beginn von Exon 12. v: Sequenz ist vorwärts abgebildet, rk: Sequenz ist rückwärts-komplementär abgebildet.
 

Das so veränderte Basentriplett kodiert jedoch unverändert für die Aminosäure Asparagin, es muß sich somit um eine stumme Mutation oder entsprechenden Polymorphismus handeln. Im Intron 7 von hMSH2, 41 bp vor Exon 8, ist in der Hälfte der Klone eine Deletion einer Adeninbase zu finden (nicht gezeigt). Desweiteren konnte in hMLH1 Exon 8 eine Adenin zu Guanin Transition (Abb. 3.11, A1-2) und in Exon 17 von hMLH1 eine Guanin zu Thymin Transversion (Abb 3.11, B1-2) gezeigt werden, die zuvor als Polymorphismen publizierte Sequenz- varianten darstellen [27,109,202]. In Exon 8 kommt es heirbei zu einem Austasch der Aminosäre Isoleucin durch Valin. Der Polymorphismus in Exon 17 führt zu keinem Aminosäurenaustausch.
In Intron 4 von hMLH1 49 und 50 bp nach (3’-) der Spleißdonorstelle von Exon 4 sind zwei Guanin zu Thymin Transversionen als homozygot vorliegende Polymorphismen identifizierbar (nicht gezeigt). Das hMLH1 Intron 11 zeigt 76 bp vor (5‘-) Exon 12 eine Adenin zu Guanin Transition in vier von sieben sequenzierten Klonen (nicht gezeigt). Beide Veränderungen können als Nebenbefund gewertet werden, da sie weit im Intronbereich weder bei der Spleißstelle noch an der „branch-site" liegen. Die kurz vor (5‘-) Exon 12, ebenfalls in Intron 11 gelegenen, TA- und Poly-T-Trakte sind als instabil zu werten. Dies zeigt sich in einer zwischen acht und 11 schwankenden TA-Motiv Häufigkeit (Abb. 3.11, C1-2). Auch der Poly-T-Trakt ist hoch variabel mit einer zwischen 18 und 24 Thyminbasen schwankenden Anzahl (Abb. 3.11, C1-2). Alle identifizierten Sequenzvarianten der Indexpatientin II.5 sind in Tabelle 3.1 zusammengestellt.

hMSH2 Fragmente
n
Codon Veränderung
Konsequenz
Referenz
Intron 1
3/8
+9 bp 3‘- Exon 1 GCC à GCG
---
[26]
Exon 3
8/8
133 GAT à GAC
Asp à Asp
---
Intron 5
5/6
+3 bp 3‘- Exon 5 Poly-A-Trakt
Instabilität
[26]
Intron 7
3/6
-41 bp 5‘- Exon 8 AAATG à AATG
---
---
Intron 9
8/8
-9 bp 5‘- Exon 10 GTT à GAT
---
[27]
Intron 10
8/8

8/8

+6 bp 3‘- Exon 10

+10 bp 3‘- Exon 12

TGT à TGC

TCA à TCG

---

---

[27,220,230]
Exon 11
4/8
580 GAA à TAA
Glu à Stop
---
hMLH1 Fragmente
n
Codon Veränderung
Konsequenz
Referenz
Intron 4
7/7
+49 bp 3‘- Exon 4 TTGG à TTTT
---
---
Exon 8
2/7
219 ATC à GTC
Ile à Val
[109,202]
Intron 11
7/7

4/7

-8 bp 5‘- Exon 12

-76 bp 5‘- Exon 12

Poly-T und Poly-TA-Trakt

CTA à CTG

Instabilität

---

---

---

Exon 17
3/7
653 CTG à CTT
Leu à Leu
[27]
Tab. 3.1: Zusammenstellung der Sequenzvarianten nach Sequenzierung. n: Anzahl die Veränderung tragender im Verhältnis zur Anzahl aller auswertbaren, sequenzierten Klone.
 
 

3.4 Familienscreening mittels RFLP-Analyse
 

Nach der erfolgreichen Identifizierung der für die Erkrankung kausalen Mutation in hMSH2 bei der Indexpatientin II.5 sollten weitere Familienmitglieder speziell auf diese Glu580à Stop Mutation durch eine RFLP-Analyse untersucht werden. Da auf die molekulargenetische Untersuchung eine Befundmitteilung und Beratung der Familienmitglieder folgen sollte, sind zwei unabhängig voneinander entnommene Blutproben der zu Untersuchenden untersucht worden. Ergänzend sind bei allen Probanden zusätzliche Sequenzierungen des Genbereichs um Exon 11 durchgeführt worden, die ausnahmslos das Ergebnis des RFLP-Tests bestätigten (nicht gezeigt).
Es wurde ein Fragment im Bereich des Exons 11 von hMSH2 amplifiziert. Wie unter 2.3.18 näher beschrieben, diente der Rückwärtsprimer zur Detektion der Glu580à Stop Mutation. Bei Vorliegen der Wildtypsequenz schneidet das Restriktionsenzym Xmn I in dem folgenden Restriktionsverdau, wohingegen bei vorhandener Mutation die Schnittstelle wegfällt. Im Vorwärtsprimer ist eine zusätzliche Schnittstelle für Xmn I zu finden, die als Verdaukontrolle dient. In Abbildung 3.12 sind die möglichen Ergebnisse des RFLP-Tests schematisch dargestellt.
 
 

Abb. 3.12: Schematisch dargestellte mögliche Ergebnisse der RFLP-Analyse im Agarosegel. 1: unverdaute Probe als Kontrolle; 2: Wildtypsequenz, Xmn I schneidet im Vorwärts- und im Rückwärtsprimer; 3: Heterozygot mutierter Zustand, Xmn I schneidet das eine Allel wie die Wildtypsequenz, das andere jedoch nur im Vorwärtsprimer; 4: Homozygot mutierter Zustand, Xmn I scheidet bei beiden Allelen nur im Vorwärtsprimer. 133-184 bp gibt die möglichen Produktgrößen an.
 

Nach erfolgter Optimierung der Zyklusbedingungen für das PCR-Produktes wurden 16 Normalproben und die mutationstragende Probe II.5 in den RFLP-Test eingesetzt. Hierbei zeigten alle Normalproben nach dem Restriktionsverdau eine singuläre Bande im Agarosegel bei 133 bp, was einem zu erwartenden Normalzustand entspricht (nicht gezeigt). Die Probe der Indexpatientin II.5 weist zwei Banden der Größe 151 und 120 bp auf, was die Heterozygotie der Mutation und die Funktionsfähigkeit des RFLP-Tests bestätigt (Abb. 3.13, Spur 4). Die nicht in den Xmn I-Verdau eingesetzten PCR-Produkte zeigten eine klare Bande der zu erwarteten Größe von 184 bp (Abb. 3.13, Spur 13). Unter diesen Voraussetzungen wurde der RFLP-Test in der Folge zum Familienscreening verwendet.
Alle verfügbaren Familienmitglieder sind nach dem oben beschriebenem Ablauf untersucht worden. Aus Generation III wollten Patient 1,6 und 9 (Abb 3.14) nicht teilnehmen. Person III.11 war zum Zeitpunkt der Untersuchung minderjährig und sollte deshalb an den Untersuchungen nicht teilnehmen. Die Proben der Personen III.5 und III.7 zeigen im RFLP-Test eine einzelne Bande der Größe 133 bp, was einer Wildtypsequenz entspricht (Abb. 3.13, Spuren 10 und 11). Bei diesen beiden Personen kann somit von einem Fehlen der Mutation ausgegangen werden, womit sie nicht für die Erkrankung prädisponiert wären. Alle anderen Proben der Familienmitglieder weisen im Agarosegel eine Doppelbande bei 164 und 133 bp auf (Abb. 3.13, Spuren 1 bis 9).
 
 

Abb. 3.13: Agarosegel nach RFLP-Test. M: 100 bp Längenmarker, 1-11: RFLP-Proben der Probanden in der Reihenfolge: II.2, II.3, II.4, II.5, III.2, III.3, III.4, III.8, III.10, III.5 und III.7; 12: Normalkontrolle NC7, 13: Normalkontrolle NC7 unverdaut; 14: Leerkontrolle.
 

Der Genotyp dieser Personen zeigt somit einen heterozygot mutierten Zustand für die Glu580à Stop Mutation in hMSH2, was zum einen durch das Vorhandensein einer Doppelbande, zum anderen durch die, die Mutation repräsentierende, zusätzliche Bande bei 164 bp gezeigt wird.. Bei den entsprechenden Familienmitgliedern wurde somit auf ein erhöhtes Risiko für die Erkrankung geschlossen. Alle Ergebnisse wurden in der folgenden Wieder- holung verifiziert und, wie bereits erwähnt, in einer Direktsequenzierung nochmals bestätigt (nicht gezeigt). In dem modifizierten Stammbaum der Abbildung 3.14 sind die Ergebnisse des RFLP-Tests zusammengestellt.

Abb 3.14: Modifizierter Stammbaum nach RFLP-Familienscreening. Alle untersuchten Familienmitglieder mit Ausnahme der Personen III.5 und III.7 (hellgrau) sind mutationspositiv (dunkelgrau). In allen Fällen ist der gefundene Genotyp mit dem Phänotyp vereinbar.
 
 

3.5 Mikrosatelliten-Untersuchungen
 

Zur Bestätigung des funktionellen Aspekts der Glu580à Stop Mutation in hMSH2 wurde der Mikrosatelliten- status des Tumorgewebes der zur Verfügung stehenden Paraffingewebeproben untersucht. Die DNA wurde, wie unter 2.3.1.3 beschrieben, aus Normal- und Tumorbereichen des Gewebeblocks, unter mikroskopischer Kontrolle, isoliert. Mit Hilfe der unter 2.3.6.2 aufgeführten Primer wurden die ersten fünf Mikrosatelliten, BAT 25, BAT 26, Mfd 41, D2S123 und D18S58 mittels PCR amplifiziert. Als Template-DNA wurde jeweils Normal- und Tumorgewebe vom Carcinoma in situ und dem Kolonkarzinom der Probandin III.8, das Kolonkarzinom von Indexpatientin II.5 sowie Normal- und Kolontumorgewebe einer Person mit sporadischem Karzinom verwendet.
 
 

Abb. 3.15.: Acrylamidgele (Silberfärbung) der aufgetrennten Mikrosatelliten. A: BAT 25, B: BAT 26, C: Mfd 41, D: D2S123, E: D18S58; 1 und 2: III.8 Zervixnormal- und Zervixkarzinomgewebe; 3 und 4: III.8 Kolonnormal und Kolonkarzinomgewebe; 5 und 6: II.5 Kolonnormal- und Kolonkarzinomgewebe; 7 und 8: N11 Kolonnormal und Kolontumorgewebe eines sporadischen Karzinoms als Negativkontrolle; *: zusätzliche Banden als Ausdruck einer Mikrosatelliteninstabilität.
 

Nach Überprüfen der Reinheit und der Abwesenheit unspezifischer Produkte im Agarosegel (nicht gezeigt) wurden die PCR-Produkte im Polyacrylamidgel aufgetrennt. (Abb. 3.15). Es ist erkennbar, daß bei keinem Mikrosatellitenmarker der als Negativkontrolle fungierenden, Normal- (Abb 3.15, Spur 7) und Tumor-DNA (Abb 3.15, Spur 8) des sporadischen kolorektalen Karzinoms, Unterschiede im Mikosatellitenmuster vorhanden sind. Ebenso verhält es sich bei dem Carcinoma in situ der Cervix Uteri von Probandin III.8 (Abb. 3.15, Spur 1 und 2). Das Kolonkarzinom von III.8 dagegen zeigt bei allen fünf untersuchten Mikrosatelliten ein verändertes Bandenmuster im Vergleich zu dem dazugehörigen Normalgewebe (Abb 3.15, Spur 4 und 5). Mit Ausnahme des Mikrosatellitenmarkers Mfd 41 (Abb 3.15, Teil C) ist bei der Tumorprobe II.5 ebenfalls ein verändertes Bandenmuster erkennbar (Abb. 3.15, Spur 5 und 6).
Zur sicheren Beurteilung des Mikrosatellitenstatus im Carcinoma in situ der Cervix Uteri von III.8 zeigten auch Untersuchungen von fünf weiteren Mikrosatelliten (BAT 40, Mfd 26, Mfd 27, Mfd 49, D3S1293) keine Aufälligkeiten (nicht gezeigt). Die hierbei mitgeführten Normal- und Kolonkarzinomproben von III.8 hingegen lassen auch bei diesen fünf weiteren Mikrosatelliten eindeutige Instabilitäten erkennen (nicht gezeigt). Zusammenfassend läßt sich sagen, daß alle 10 untersuchten Mikrosatelliten des Zervixgewebes von III.8 keine Auffälligkeiten zeigten und somit als mikrosatellitenstabil einzuordnen sind. Das Kolonkarzinom von Probandin III.8 hingegen zeigte in 100% der untersuchten Mikrosatelliten eine Instabilität und das Kolonkarzinom von Indexpatientin II.5 in 80% der analysierten Mikrosatelliten.