dc.description.abstract | Hintergrund: Die Sepsis ist gekennzeichnet durch eine gestörte Immunreaktion, sog. Immunparalyse, die mit einer Lymphopenie einhergeht. Sphingosin-1-Phosphat (S1P) steuert als bioaktives Lipid gemeinsam mit dem S1P-Rezeptor 1 (S1PR1) die Lymphozy-ten-Migration, die entlang eines S1P-Konzentrationsgradienten zwischen lymphatischem Gewebe (niedrige S1P-Konzentration) und peripherem Blut (hohe S1P-Konzentration) stattfindet. Physiologisch findet bei niedriger S1P-Konzentration eine Hochregulation und bei hoher S1P-Konzentration eine Downregulation des S1PR1 statt, so dass die Lympho-zytenzirkulation zwischen Lymphgewebe und Blutzirkulation stattfinden kann.
Ziel: Diese Dissertation sollte vier Fragestellungen beantworten: (1) Ist das Differential-blutbild von Sepsis-Patienten im Vergleich zu einer gesunden Kohorte verändert? (2) Ist die Serum-S1P-Konzentration in Sepsis-Patienten im Vergleich zu einer gesunden Kohorte verändert? (3) Ist die S1PR1-Expression in Sepsis-Patienten im Vergleich zu einer gesun-den Kohorte verändert? (4) Sind Serum-S1P-Konzentration und S1PR1-Expression in peripheren mononukleären Zellen (PBMC) miteinander assoziiert und lassen sich Verän-derungen im Differentialblutbild mit der Serum-S1P-Konzentration oder der S1PR1-Expression assoziieren?
Methode: Diese prospektive Kohortenstudie schließt 45 Sepsis-Patienten mit einem Sys-temic inflammatory response syndrome (SIRS) und/oder Infektion (n=15), einer schweren Sepsis (n=15), einem septischen Schock (n=15) und 20 gesunde Kontrollen ein. Die Se-rum-S1P-Konzentration wurde mittels Tandem-Massenspektroskopie im Institut für Klini-sche Pharmakologie und Toxikologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (U-KE) durchgeführt. Die S1PR1-Rezeptorexpression in PBMC der Sepsis-Patienten wurde mittels Echtzeit-Polymerase-Kettenreaktion (qPCR) bestimmt. Laborparameter, insbeson-dere Zellzahlveränderungen im Differentialblutbild, wurden anhand von Routineverfahren gemessen.
Ergebnisse: Sepsis-Patienten (vs. Kontrolle) zeigten erhöhte Leukozyten- (13 109/l (10-18 109/l), p≤0,05), Neutrophilen- sowie Monozytenzahlen und erniedrigte Lymphozyten-zahlen. Die Serum-S1P-Konzentration in Sepsis-Patienten (vs. Kontrolle) war signifikant niedriger, insbesondere im septischen Schock (278 nmol/l (229-302 nmol/l), p≤0,05). Die S1PR1-Expression in Sepsis-Patienten (vs. Kontrolle) war signifikant reduziert (1,40 ± 1,40 GAPDH %, p≤0,05) und korrelierte positiv mit der Serum-S1P-Konzentration. Die Se-rum-S1P-Konzentration korrelierte negativ mit der Leukozyten- (ρ=-0,44, p≤0,05) sowie der Neutrophilenzahl (ρ=-0,43, p≤0,05) und positiv mit der Lymphozytenzahl (ρ=+0,42, p≤0,05). Die S1PR1-Expression zeigte eine positive Korrelation mit der Lymphozytenzahl (ρ=+0,46, p≤0,05).
Zusammenfassung: Die Serum-S1P-Konzentration ist in Sepsis-Patienten reduziert. Niedrige S1P-Konzentrationen sind mit niedrigen Lymphozytenzahlen im peripheren Blut septischer Patienten assoziiert. Diese Beobachtung stimmt mit der S1P/S1PR-vermittelten Lymphozyten-Migration in Richtung hoher S1P-Konzentrationen überein. Eine verminderte S1P-Konzentration in Sepsis-Patienten könnte somit zur phänotypischen Lymphopenie in der Sepsis beitragen. Die von anderen Forschungsgruppen beschriebene S1PR1-Hochregulation bei niedrigen S1P-Konzentrationen, konnte in den Sepsis-Patienten im Ver-gleich zu gesunden Kontrolle nicht bestätigt werden. Aufgrund der Expressionsanalyse in PBMC konnte die S1PR1-Expression nicht spezifisch für die Lymphozyten beschrieben werden, so dass eine Interpretation somit erschwert ist. Es werden weitere Experimente benötigt, um zellspezifische Veränderungen der S1PR1-mRNA und -Oberflächenexpression zu untersuchen. Nichtsdestotrotz, kann vorsichtig spekuliert wer-den, dass eine verminderte S1P-Konzentration und/oder eine reduzierte S1PR1-Expression in Zellen zur veränderten Zusammensetzung der Immunzellen in der Sepsis beitragen. | de |