Titel: Telefongestützte Psychotherapie bei Depression: Übersetzung, Weiterentwicklung und Evaluation eines kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlungsangebots für den deutschen Sprachraum
Sprache: Deutsch
Autor*in: Steinmann, Maya
Schlagwörter: Telefongestützt; Telefonbehandlung; Fernbehandlung; Depressionstherapie; Depressionsversorgung
GND-Schlagwörter: PsychotherapieGND
DepressionGND
TelefonGND
Kognitive Verhaltenstherapie
VersorgungGND
Erscheinungsdatum: 2020
Tag der mündlichen Prüfung: 2021-09-20
Zusammenfassung: 
Depressive Störungen führen zu einer hohen Krankheitslast, großem persönlichen Leid und hohon Versorgungskosten. Um bestehenden Barrieren auf Patienten-, Behandler- und Systemebene entgegenzuwirken, werden weltweit Leitlinien zur Depressionsversorgung erstellt. Als spezifische leitliniengerechte Intervention für leicht- bis mittelgradig depressiv erkrankte Patienten wurde in dieser Dissertation ein telefongestütztes kognitiv-verhaltenstherapeutisches Programm (TPT) zum ersten Mal in deutscher Sprache adaptiert, implementiert und evaluiert. Die Intervention bestand aus einem Face-to-Face Gespräch, gefolgt von 8-12 telefonischen Sitzungen mit approbierten Verhaltenstherapeutinnen, die nach einem Manual arbeiteten. Die Patienten lasen und absolvierten zwischen den Sitzungen Übungen mithilfe eines Patienten-Arbeitsbuches. Ein Monitoring des Symptomverlaufs nach PHQ-9 wurde durchgeführt und unterstützte die Entscheidungen zur weiteren Behandlung. Zunächst wurde das Programm im Rahmen eines umfangreichen Übersetzungs- und Rückübersetzungsprozesses in die deutsche Sprache überführt. Danach wurden kulturelle und therapeutische Adaptationen durchgeführt und erste Ergebnisse zur Umsetzung im Gespräch mit den behandelnden Telefontherapeutinnen gesammelt. Patienten der TPT wurden in eine Bedingung mit zusätzlichen motivierenden Erinnerungsschreiben vs. einer Bedingung ohne Erinnerungsschreiben randomisiert. Als primärer Outcome wurden beide Gruppen hinsichtlich ihrer depressiven Symptomveränderung von Beginn bis Abschluss der TPT mithilfe eines linearen gemischten Modells verglichen, wobei kein Unterschied gefunden wurde. Auch hinsichtlich Response- und Remissionsraten unterschieden sich die beiden Gruppen nicht signifikant. Die Gesamtstichprobe aller TPT-Patienten wies jedoch eine signifikante Symptomreduktion von Beginn bis Ende sowie bis 6-Monats-Katamnese auf, was für die Effektivität der Intervention im deutschen Sprachraum spricht. Dies muss jedoch im Rahmen von randomisiert-kontrollierten Studien weiter untersucht werden. Zudem wurde die patientenseitige Wahrnehmung der TPT untersucht. Hinsichtlich der Entscheidungsgründe für TPT spielten praktische und therapeutische Gründe eine etwa gleich wichtige Rolle. Die Zufriedenheit sowie die eingeschätzte Qualität der therapeutischen Beziehung (nach dem Helping Alliance Questionnaire HAQ) waren im Allgemeinen hoch. Die Zufriedenheit mit den Telefonaten war ebenfalls sehr hoch, während das Arbeitsbuch und die praktischen Übungen gemischte Ergebnisse erzielten. Der Einfluss der TPT auf den weiteren Behandlungsprozess innerhalb des SCM wurde als hoch eingeschätzt. Die TPT wurde im Rahmen eines Stepped und Collaborative Care Modells (SCM) durchgeführt, das ein komplexes Versorgungsprogramm zur Leitlinienimplementierung darstellt. Hierbei werden Patienten je nach dem Schweregrad ihrer Depression mit einer jeweils adäquaten, möglichst wenig intensiven Intervention behandelt. Hier wurde SCM erstmals im deutschen Gesundheitssystem eingesetzt und im Rahmen einer cluster-randomisierten, kontrollierten Studie mit vier prospektiven Messzeitpunkten mit einer konsekutiven Stichprobe primärärztlicher Patienten aus der Routineversorgung evaluiert. Die Randomisierung fand auf der Ebene der teilnehmenden Hausarztpraxen statt, von denen 36 der Interventionsgruppe (SCM) und 13 der Kontrollgruppe (Treatment as Usual, TAU) zugeteilt wurden. Zudem nahmen 36 Psychotherapeuten, 6 Psychiater und 7 stationäre Einrichtungen am SCM-Netzwerk teil. Patienten in SCM wurden mithilfe einer optimierten Diagnostik, innovativen Interventionen, erleichtertem Zugang zur Sekundärversorgung und regelmäßigem Monitoring behandelt, während die Patienten in TAU im Rahmen der Regelversorgung behandelt wurden. SCM und TAU wurden mithilfe eines gemischen linearen multiplen Modells statistisch verglichen, wobei die Veränderung der depressiven Symptomatik nach dem Patient Health Questionnaire Depressionsmodul (PHQ-9) von Beginn bis 12 Monate das primäre Outcome darstellte. Es konnte bestätigt werden, dass SCM zu einer signifikant höheren Symptomreduktion führte als TAU (Effektstärkte: Cohens d = 0,46). Auch hinsichtlich zahlreicher sekundärer Outcomes erwies sich SCM als überlegen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sowohl TPT als auch SCM sich erfolgreich in der deutschen Routineversorgung implementieren ließen und hier zu einer Reduktion der depressiven Symptomatik führen. Die Effektivität der TPT muss unter Einsatz einer Kontrollbedingung weiter untersucht werden. Insgesamt stellen beide Modelle vielversprechende Möglichkeiten dar, zur Überwindung von Barrieren in der Depressionsversorgung beizutragen.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/9239
URN: urn:nbn:de:gbv:18-ediss-95701
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Härter, Martin
Watzke, Birgit
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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