Titel: Investigating social interaction dynamics as a multi-level phenomenon
Sprache: Englisch
Autor*in: Lübbert, Annika
Schlagwörter: Social sensorimotor contingencies; Predicting participant experience; Embodied cognition; Research Practice
GND-Schlagwörter: KoordinationGND
SozialkompetenzGND
ErlebenGND
MethodenmixGND
Soziale NeurowissenschaftenGND
KoordinationsspielGND
Erscheinungsdatum: 2022-07
Tag der mündlichen Prüfung: 2023-06-30
Zusammenfassung: 
Die vorliegende Doktorarbeit befasst sich mit dem Zusammenhang zwischen interaktiver Bewegungsabstimmung und dem subjektiven Erleben einer bedeutsamen sozialen Interaktion. Um diesen Zusammenhang zu erforschen habe ich zwei Labor-Experimente entwickelt die jeweils zwei Probanden in ein interaktives Spiel verwickeln: das ‘BallGame’ und das ‘Sonified MirrorGame’. Meine Herangehensweise war dabei von Körper- und Handlungsorientierten Zweigen der Kognitionsforschung inspiriert: einem interdisziplinären Forschungsfeld das geistige Funktionen als unzertrennlich mit dem Körper und dessen lebenserhaltenden, dynamischen und wechselseitigen Beziehungen mit seinem physischen und sozialen Umfeld betrachtet. Insbesondere das Konzept der sozialen sensomotorischen Kontingenten (siehe Kapitel 2 dieser Arbeit) hat für meine Doktorarbeit eine entscheidende Rolle gespielt. Beide von mir umgesetzten Paradigmen verwenden sowohl quantitative als auch qualitative Beobachtungsmethoden, um detaillierte Aufzeichnungen über die zwischenmenschlichen Bewegungskoordination und das Erleben der Teilnehmer zu erstellen. Während das BallGame eine eher zielorientierte Aufgabe darstellt und den Einfluss von komplementären gegenüber geteilten Informationen zwischen den Teilnehmern untersucht, vergleicht das Sonified MirrorGame frei geformte Leader-Follower- sowie Improvisationsdynamiken unter unterschiedlichen sensorischen Feedback Bedingungen:

Teilnehmende des BallGames (Kapitel 3) nahmen in benachbarten EEG-Laboren Platz und steuerten mit Zeigefingerbewegungen einen gemeinsamen virtuellen Ball um Hindernisregionen herum und in Richtung so vieler Ziele wie möglich. Während der Hälfte der Versuchsdurchläufe sahen die beiden Spieler dabei genau die gleichen sechs Hindernisse, und drei blieben für beide unsichtbar - in der anderen Hälfte der Zeit war ihre Sicht auf die Spielumgebung komplementär, wobei kein Hindernis vollständig unsichtbar blieb. Obwohl über die beiden unterschiedlichen Spielbedingungen informiert, wussten die Teilnehmer nicht, unter welcher Bedingung sie gerade spielten. Beim Sonified MirrorGame (Kapitel 4) wiederum standen sich die Teilnehmer an einem Tisch gegenüber und steuerten jeweils einen einfachen virtuellen Avatar über die horizontale Dimension eines Tablets. Hier war die Aufgabe, gemeinsam koordinierte Bewegungen und interessante Klänge zu erzeugen: wenn die Probanden ihre Avatare auf der Linie voneinander entfernten, hat ein rhythmischer Beat die gerichtete Distanz zu ihrem Partner signalisiert; waren sie in unmittelbarer Nähe zueinander, erzeugten ihre Bewegungen Orchesterklänge die ihre Geschwindigkeit und Position entlang der Linie widerspiegelten. Die Teilnehmer spielten das Sonified MirrorGame unter audiovisuellem, visuellen oder auditiven Feedback, sowie unter der Anweisung zu führen und folgen, oder gemeinsam zu improvisieren.

In umfassenden Analysen beider Datensätze konnte ich daraufhin zeigen, dass sich die von den Probanden abgegebenen Erfahrungsbewertungen (nach jedem bzw. einigen wenigen Spieldurchläufen) zuverlässig aus Parametern vorhersagen lassen, die zwischenmenschliche Koordination, Spielverhalten, Persönlichkeitsunterschiede sowie den Interaktionskontext der Teilnehmer beschreiben. In Varianzanalysen konnte ich des weiteren Veränderungen in der zwischenmenschlichen Bewegungskoordination und der sozialen Erfahrung im Laufe der Zeit sowie über die verschiedenen Spielbedingungen hervorheben. Die Ergebnisse aus thematischen Inhaltsanalysen von einzeln durchgeführten Interviews mit den Teilnehmern lieferten darüber hinaus differenzierte Beschreibungen der Aufmerksamkeitsqualität und Spielweise der Teilnehmer.

Insgesamt legen meine Ergebnisse nahe, dass ein Gleichgewicht zwischen zwischenmenschlicher Synchronität (Vorhersagbarkeit, Erfolg, Ähnlichkeit) und Variabilität (Überraschung, Herausforderung, Unterschiede) für soziale Involviertheit zentral ist. Meine Ergebnisse zeigen auch den konkreten Einfluss von Rahmenbedingungen auf das soziale Erleben sowie die zwischenmenschliche Bewegungskoordination. Beispielsweise hat sich die sensorische Feedback-Modalität als wichtigster Prädiktor für das Erleben im Sonified MirrorGame herausgestellt. Darüber hinaus konnten wir zeigen dass die zwischenmenschliche Bewegungskoordination im BallGame deutlich verbessert war wenn der Ball sich in unmittelbare Nähe zu sichtbaren Objekten befand (Zielen oder sichtbaren Hindernissen). Basierend auf den Ergebnissen der Interviews über lustige, frustrierende oder herausfordernde Aspekte des Spiels oder der Interaktion, sowie einzelne Begebenheiten, die von den Teilnehmern als bedeutsam oder anderweitig bemerkenswert empfunden wurden, führte ich aufschlussreiche Folgeanalysen (BallGame) durch und identifizierte zentrale Themen, die mir eine sinnvolle Übersicht über meinen Gesamtbefund ermöglichten (Sonified MirrorGame). Dadurch kann meine Arbeit zeigen, dass eine Kombination aus sorgfältiger Aufarbeit von Erfahrungsberichten, mit quantitativer Beobachtung auf mehreren Ebenen, sowie umfassenden Modellierungs-Ansätzen nicht nur möglich sondern äußerst effektiv - wenn nicht unabdingbar - ist, um dem komplexen Zusammenspiel aus Faktoren die soziales Engagement ausmachen, auf die Schliche zu kommen.

Körper- und Handlungsorientierten Zweige der Kognitionsforschung haben nicht nur maßgeblich mein experimentelles Design beeinflusst - sie wurden für mich zu kreativen Werkzeugen und haben meine tägliche Arbeit als Forscherin geprägt. Im Epilog stelle ich zwei umfangreiche Gemeinschaftsprojekte vor, an denen ich mich beteiligt habe um akademische Arbeit zu ‘entsachlichen’, und sie bewusst in unseren verkörperten und relationalen Praktiken zu verankern: der Playful Academic und die Mindful Researchers. Die Erkenntnisse die ich aus dieser angewandten Arbeit gezogen habe, passen erstaunlich gut zu den Schlussfolgerungen, die ich aus meinen empirischen Untersuchungen zur Dynamik engagierter sozialer Interaktionen gezogen habe: Sensibilität für den relevanten Kontext, eine Balance zwischen Selbst und Anderen - und vorhersehbaren und überraschenden Elementen - sowie die Integration diverser Erfahrungshintergründe sind wesentliche Faktoren, die die Qualität von Zusammenarbeit ausmachen - bei Studienteilnehmern, ebenso wie in interdisziplinären Forschungsteams. In meiner zukünftigen Arbeit möchte ich Teilnehmenden und ihren Lebensräumen deshalb auf Augenhöhe begegnen, und sie als Co-Forschende aktiv in die Gestaltung des Forschungsprozesses mit einbeziehen.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/10365
URN: urn:nbn:de:gbv:18-ediss-110584
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Engel, Andreas Karl
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

Dateien zu dieser Ressource:
Datei Beschreibung Prüfsumme GrößeFormat  
Dissertation Lübbert 2023.pdfdefe33a7bdb18588ddfe50a901de996561.72 MBAdobe PDFÖffnen/Anzeigen
Zur Langanzeige

Info

Seitenansichten

25
Letzte Woche
Letzten Monat
geprüft am 11.08.2023

Download(s)

4
Letzte Woche
Letzten Monat
geprüft am 11.08.2023
Werkzeuge

Google ScholarTM

Prüfe