Titel: Industrierestholz - Terminologie und Methoden zur Berechnung des Aufkommens auf europäischer Ebene
Sonstige Titel: Wood processing residues - terminology and calculation methods of the supply on European level
Sprache: Deutsch
Autor*in: Saal, Ulrike
Schlagwörter: Industrierestholz; Terminologiearbeit; Aufkommensberechnung; Wood processing residues; Material efficiency
GND-Schlagwörter: HolzGND
HolzwirtschaftGND
RohstoffGND
TerminologieGND
MaterialflussGND
Erscheinungsdatum: 2023
Tag der mündlichen Prüfung: 2023-10-12
Zusammenfassung: 
Die effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen gehört zu den wichtigen, aktuellen Zielen nationaler und internationaler Strategiepapiere zur nachhaltigen Entwicklung (United Nations 2015; Europäische Kommission 2018; BMBF und BMEL 2020). Der Holzrohstoff Industrierestholz (IRH) gewinnt innerhalb dieser Ziele an Bedeutung (Kunttu et al. 2020). Innerhalb der Kreislaufwirtschaft und Kaskadennutzung leistet der Sekundärrohstoff aus der Holzbe- und verarbeitung einen qualitativen und quantitativen Beitrag zur Umsetzung (BMEL 2020). Die Herausforderungen, die sich aus einer erhöhten Nachfrage nach Holzrohstoffen, der Nutzungskonkurrenz und neuen Verwendern regional und überregional ergeben, lassen sich langfristig nur wissens- und datenbasiert lösen (Mantau 2014; Camia et al. 2021).
IRH als Holzrohstoff zur stofflichen und energetischen Nutzung ist vielfach erwähnt, bisher jedoch nur wenig untersucht. Die statistische Erfassung des Aufkommens an IRH beschränkt sich auf einzelne Sortimente und einen Teil der berichtenden Länder (FAOSTAT 2021). Das IRH der Holzfertigwaren wird statistisch nicht erfasst. In der wissenschaftlichen Literatur wird IRH unterschiedlich eingeordnet und abgeschätzt. Die verfügbaren Daten und Ergebnisse zu Aufkommenspotenzialen der Holzindustriesektoren sind kaum vergleichbar. Das liegt vorrangig an unterschiedlichen Methoden der Erhebung und einer inkongruenten Terminologie. So basieren Berechnungen des europäischen und globalen IRH-Aufkommens vorrangig auf groben Schätzwerten und einzelnen, methodisch abweichenden empirischen Erhebungen. Gleichzeitig wird der Holzrohstoff IRH im englischen wissenschaftlichen Sprachgebrauch vielfältig benannt, so dass Ergebnisse und Daten nicht verlässlich vergleichbar sind. Für eine vergleichbare und reproduzierbare Berechnung des IRH-Aufkommens auf der Grundlage verfügbarer Daten fehlt bisher ein Berechnungsansatz. In der vorliegenden Dissertation werden diese entscheidenden Wissens- und Datenlücken aufgegriffen. Das übergeordnete Forschungsziel dieser Dissertation ist es, IRH innerhalb der Holzrohstoffe zu systematisieren, einheitlich zu definieren und bestehende Datenlücken zum Aufkommen rechnerisch zu schließen.
Die kumulative Dissertation besteht aus drei wissenschaftlichen Beiträgen. Die Einleitung (1), die fachliche Einordnung (2.1), der Forschungsstand (2.2) sowie die abschließende Diskussion und Schlussfolgerung aller wissenschaftlichen Beiträge (4) bilden den Rahmen der kumulativen Dissertation. Unter dem übergeordneten Forschungsziel, der Systematisierung und Berechnung des IRH auf europäischer Ebene, werden in den aufeinanderfolgenden wissenschaftlichen Beiträgen verschiedene Fragestellungen untersucht. Jeder Beitrag dient der sukzessiven Argumentation und dem wissenschaftlichen Beleg zur Wertschätzung des IRH durch Einordnung, Terminologieanalyse und einheitliche Berechnung. Die aufeinanderfolgenden Beiträge greifen Wissens- und Datenlücken auf, die sich aus der ersten umfassenden Berechnung des IRH-Aufkommens auf europäischer Ebene im Rahmen der EUwood-Studie (Mantau, 2010) sowie aus dem ersten wissenschaftlichen Beitrag (Saal et al. 2017) ergeben. Alle Beiträge verfolgen die überregionale Betrachtung auf europäischer Ebene sowie die Analyse innerhalb des englischsprachigen wissenschaftlichen Sprachgebrauchs.
Der erste wissenschaftliche Beitrag (Saal et al. 2017) untersucht im Rahmen einer Literaturstudie die Fragestellung, wie IRH innerhalb der verfügbaren Literatur systematisiert und berechnet wird und welche Daten zum Aufkommen auf verschiedenen regionalen Ebenen verfügbar sind. In der Studie wird das IRH innerhalb der Sektoren der Holzindustrie eingeordnet und in Abgrenzung zu anderen Sekundärrohstoffen definiert. Anhand einer vergleichenden Berechnung auf der Grundlage der verfügbaren Daten für die Jahre 2014, 2016 und 2018 wird das IRH für Deutschland sowie auf europäischer und globaler Ebene berechnet. Die Ergebnisse der vergleichenden Berechnungen weisen auf eine Untererfassung der offiziellen Daten und abschätzenden Methoden hin. Zudem leiten sich aus den Ergebnissen der Literaturstudie der Bedarf an einer terminologischen Untersuchung des Begriffs und einem Berechnungsansatz des IRH-Aufkommens anhand verfügbarer Daten ab.
Der zweite wissenschaftliche Beitrag (Saal 2019) wurde in der Form eines wissenschaftlichen Posters veröffentlicht. Er umfasst die Ergebnisse der terminologischen Analyse des Begriffs IRH im englischen wissenschaftlichen Sprachgebrauch. Unter der differenzierten Fragestellung, welche englischsprachigen Benennungen für den Begriff verwendet werden, welche Kriterien eine äquivalente Benennung erfüllen muss und welche der Benennungen im wissenschaftlichen Gebrauch äquivalent verwendet werden, wurde der Begriff IRH terminologisch untersucht. Aufgrund des eingeschränkten Umfangs des wissenschaftlichen Posters werden der theoretische Hintergrund sowie die methodische Herangehensweise innerhalb des Rahmens der Dissertation (3.2.3) ausführlich beschrieben. Anhand der theoretischen, sachgebietsbezogenen Abgrenzung des Begriffs gelingt es mit den Untersuchungen im zweiten wissenschaftlichen Beitrag IRH rohstoffseitig zu klassifizieren und zu definieren. In der Terminologieanalyse werden 25 englischsprachige Benennungen für den Begriff IRH extrahiert. Aus dem theoretischen Hintergrund der Terminologielehre werden verschiedene Kriterien zur Bewertung der spezifischen, äquivalenten Benennung abgeleitet. Anhand der Kriterien zur Terminologieanalyse werden die 25 Benennungen analysiert und quantitativ bewertet. Anhand einer qualitativen und quantitativen Inhaltsanalyse wird die äquivalente Benennung in der englischsprachigen wissenschaftlichen Literatur untersucht und quantitativ bewertet.
Aus der quantitativen Bewertung der Kriterien ergibt sich die Empfehlung der Benennung von IRH als „wood processing residues“ (WPR). Ein weiteres Ergebnis der quantitativen Inhaltsanalyse ergibt eine wertschätzende Veränderung in der Verwendung der Benennung als „waste“ hin zu „residues“.
Der dritte wissenschaftliche Beitrag (Saal et al. 2022) greift die entscheidende Wissens- und Datenlücke der einheitlichen Berechnung des IRH auf. Unter der Fragestellung, wie das IRH-Aufkommen auf europäischer Ebene anhand verfügbarer Daten einheitlich berechnet werden kann, wird ein detaillierter Berechnungsansatz am Beispiel der Holzpackmittelindustrie erarbeitet. Der Berechnungsansatz basiert auf der Methode der Materialflussanalyse (MFA). Der Materialfluss der untersuchten, standardisierten Holzpackmittel wird anhand differenzierter Materialeffizienzkoeffizienten und Umrechnungsfaktoren quantifiziert. Als Datengrundlage dienen regelmäßig erhobene Daten der Produktionsstatistik „Prodcom. “. Das IRH-Aufkommen sowie der Materialeingang und Materialausgang werden für jeden differenzierten Prozessschritt der Halb- und Fertigwarenproduktion für die Jahre 2014, 2016 und 2018 berechnet. Der Berechnungsansatz wird innerhalb der Studie hergeleitet und zur vergleichbaren Anwendung dokumentiert. Für die europäische Holzpackmittelindustrie ergibt sich im Jahr 2018 ein IRH-Aufkommen von 29,7 Millionen m³f bei einem Holzrohstoffeinsatz von rund 70,5 Millionen m³f. Die Ergebnisse werden produkt- und länderspezifisch ausgewiesen. Mit dem entwickelten Berechnungsansatz gelingt es, das IRH-Aufkommen vergleichbar und anhand verfügbarer Daten auf europäischer Ebene zu berechnen. Gleichzeitig können die Datenlücken des Rohstoffeinsatzes und des IRH-Aufkommens der Fertigwarenindustrie abgeleitet werden.
Mit der systematischen Literatur- und Terminologieanalyse des IRH und der Entwicklung eines Ansatzes zur vergleichbaren Berechnung des Aufkommens gelingt mit der vorliegenden Dissertation eine Synthese verschiedener Forschungsfragen zur Schließung wichtiger Wissens- und Datenlücken. Die Analyse und Berechnung des IRH über einen regionalen Fokus hinaus trägt dazu bei, aktuelle Anforderungen der nachhaltigen Holzrohstoffnutzung und weitere Entwicklungen in der Nachfrage nach Holzroh- und Faserstoffen mit Datenwissen zu unterstützen. Gleichzeitig wird mit der umfassenden Untersuchung und dem damit einhergehenden wissenschaftlichen Diskurs (Saal et al. 2017; Saal 2019; Saal et al. 2022) die Bedeutung des IRH in der Entwicklung hin zu einer kreislauforientierten Bioökonomie und Kaskadennutzung gestärkt.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/10808
URN: urn:nbn:de:gbv:18-ediss-116460
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Mantau, Udo
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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