Titel: Sozioökonomischer Status, Diagnosen und Versorgungspfade bei Patienten in Notfallambulanzen
Sonstige Titel: Socioeconomic Status, Diagnoses and Care Pathways of Patients in Emergency Departments
Sprache: Deutsch
Autor*in: Kraft, Christopher Torben
Schlagwörter: Sozioökonomischer Status; Notfallambulanz; Diagnosen; Versorgungspfade; Gesundheitskompetenz; socioeconomic status; emergency department; care pathways; health literacy
GND-Schlagwörter: AmbulanzGND
SozialstatusGND
DiagnoseGND
GesundheitskompetenzGND
KrankheitsverhaltenGND
Erscheinungsdatum: 2024
Tag der mündlichen Prüfung: 2024-11-13
Zusammenfassung: 
In Deutschland besteht trotz eines durchschnittlich hohen Lebensstandards und freien Zugangs zu ärztlichen Leistungen eine gesundheitliche Ungleichheit in der Bevölkerung, welche durch das regelmäßige vereinte Auftreten von schlechter Gesundheit und niedrigem sozioökonomischen Status gekennzeichnet ist. Auch das Verhalten bei Krankheitssymptomen inklusive der Beanspruchung von Strukturen des Gesundheitssystems, kann durch den sozioökonomischen Status einer Person beeinflusst werden. Diese dafür notwendige Fähigkeit, gesundheitsrelevantes Wissen zu erlangen und anzuwenden, wird in der sozialmedizinischen Forschung als Gesundheitskompetenz bezeichnet.
In den letzten Jahren kam es zu einer regelmäßigen Überbeanspruchung von Notfallambulanzen, besonders durch Patienten mit nicht-dringlichen Behandlungsanlässen. Frühere Untersuchungen zeigten dabei einen Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen Status von Patienten und der Mehrnutzung von Notfallambulanzen.
In dieser Studie wurde anhand einer Analyse aus Patientendaten der querschnittlichen Beobachtungsstudie „PiNo-Nord“ (n=1299) („Patienten in Notfallambulanzen in Norddeutschland“) (Scherer et al. 2017) geprüft, ob Diagnosen bei Patienten mit niedrig-dringlichen Beratungsanlässen eine Häufung in Bezug auf ihrem sozioökonomischen Status aufwiesen. Darüber hinaus wurde untersucht, inwieweit der sozioökonomische Status den Umgang mit dem Gesundheitsproblem vor Beanspruchung der Notfallambulanz beeinflusst hat.
Dazu wurde den Fragen nachgegangen, wo die Patienten sich vorher informiert haben, was sie selbst gegen die Beschwerden unternommen haben und wie sie die Dringlichkeit ihre Beschwerden eingeschätzt haben. Die Daten der PiNo-Studie beinhalteten dabei u.a. persönliche Interviews zu den Motiven der Notfallvorstellung, soziodemographische Daten sowie die erhobenen ärztlichen Diagnosen am Ende der Konsultation. Die Operationalisierung des sozioökonomischen Status erfolgte über das Einkommen und dem Bildungsstand der Patienten.
Der Zusammenhang von Diagnosen, Versorgungspfaden und sozioökonomischen Status wurde mit Hilfe von Chi2 -Tests sowie logistischen Regressionsanalysen ermittelt.
Zur Untersuchung von subjektiver Dringlichkeit und sozioökonomischem Status wurden multivariate lineare Regressionsanalysen durchgeführt.
Ein Großteil der Diagnosen zeigte keinen Bezug zum sozioökonomischen Status. Lediglich bei einzelnen Behandlungsanlässen mit kleiner Fallzahl waren statusbezogene Häufungen sichtbar. Herzrhythmusstörungen traten dabei vermehrt bei niedrigem sozioökonomischen Status auf. Thoraxschmerzen, Harnwegsinfekte und Ohrenschmerzen waren bei Patienten mit hohem sozioökonomischen Status häufiger.
Bezüglich des Gesundheitsverhaltens informierten sich Patienten mit hohem sozioökonomischen Status öfter zu ihren Gesundheitsproblemen und nutzten dabei häufiger das Internet. Sie informierten sich innerhalb persönlicher Netzwerke und konsultierten vor Eintritt in die Notfallambulanz eher gebietsspezifische Fachärzte und seltener Hausärzte. Ihre Selbsttherapie beinhaltete besonders Bettruhe und Schonung. Außerdem stuften sie die subjektive Dringlichkeit ihrer ärztlichen Behandlung als geringer ein.
Das gehäufte Auftreten von Kreislauferkrankungen wie Herzrhythmusstörungen bei Patienten mit niedrigem sozioökonomischen Status könnten ein Hinweis sein, dass kardiovaskuläre Risikofaktoren in dieser Gruppe häufiger vorkommen.
Die Unterschiede im Umgang mit Gesundheitsbeschwerden zeigen eine bessere Gesundheitskompetenz bei Patienten mit hohem sozioökonomischen Status und weisen zusätzlich auf eine geringere digitale Kompetenz in der niedrigen Statusgruppe hin. Die Einordnung der ärztlichen Behandlung als weniger dringlich bei Patienten mit hohem soziökonomischen Status, kann auf eine realistischere Symptomeinschätzung hinweisen, und gleichzeitig einen Bedarf anzeigen, die hausärztliche Bindung in dieser Gruppe zu stärken, um vermeidbare Vorstellungen in Notfallambulanzen bei nicht-dringlichen Beratungsanlässen zu vermeiden.

Despite a generally high standard of living and free access to medical care in Germany, there is a health inequality in the population, characterized by the frequent occurrence of poor health and low socioeconomic status.
Socioeconomic status can influence individuals' behavior regarding health symptoms and their use of healthcare structures. The ability to acquire and apply health-related knowledge is referred to as health literacy in social medical research.
In recent years, there has been a rise in emergency department crowding, particularly among patients with non-urgent conditions. Previous studies have shown a correlation between patients' socioeconomic status and the overutilization of emergency departments (ED). This study, based on an analysis of patient data from the cross-sectional observational study PiNo-Nord (n=1299) (“Patients in the emergency departments of hospitals in Northern Germany”) (Scherer et al. 2017), examined whether diagnoses among patients with low-urgent conditions showed a clustering based on their socioeconomic status. Additionally, it investigated the extent to which socioeconomic status influenced patients' management of health issues before visiting the emergency department.
This included questions about where patients sought information before attending the ED, what self-management actions they took, and how they assessed the subjective urgency of their treatment.
The PiNo study data included personal Interviews on the motives for emergency department visits, sociodemographic information, and the medical diagnoses at the end of the consultation. Socioeconomic status was operationalized based on patients' income and education levels. The relationship between diagnoses, healthcare pathways, and socioeconomic status was evaluated using chi-square tests and logistic regression. Multivariate linear regression analyses were also conducted to explore the relationship between subjective urgency and socioeconomic status.
Most diagnoses showed no association with socioeconomic status. There were only apparent status-related clusters for diagnoses with low case numbers. Cardiovascular diseases, in particular heart rhythm disorders were more prevalent among patients with lower socioeconomic status. Chest pain, urinary tract infections, and ear pain were more frequent among those with high socioeconomic status. Regarding health behavior, patients with high socioeconomic status were more likely to seek information about their health problems and frequently used the internet for this purpose. They relied on personal networks and consulted outpatient specialists and less general practitioners before visiting the emergency department. Their self-therapy regimen particularly included bed rest and avoidance of exertion. Furthermore, they perceived their subjective treatment urgency as lower.
Overall, this study did not find significant socioeconomic status differences among patients presenting with non-urgent conditions in emergency departments.
The increased occurrence of heart rhythm disorders and other cardiovascular diseases in patients with low socioeconomic status may indicate a higher prevalence of cardiovascular risk factors in this group.
The differences in handling health complaints suggests better health literacy among patients with high socioeconomic status and additionally highlight lower digital literacy in the low-status group. In patients with high socioeconomic status, their perception of medical treatment as less urgent may imply a more realistic assessment of symptoms and, at the same time, indicate a need to strengthen the commitment to general practitioners in this group to avoid unnecessary emergency department visits for non-urgent conditions.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/11387
URN: urn:nbn:de:gbv:18-ediss-124470
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Scherer, Martin
Schäfer, Ingmar
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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