Titel: Die Lernwege von Experten aus verschiedenen Handlungsfeldern in den Bereichen Erlebnispädagogik und Outdoor-Training (Aktivitäten) hinsichtlich ihrer Professionalisierung von Sicherheits- und Präventionsmaßnahmen - Eine qualitative Untersuchung anhand von explorativen Experteninterviews zur Rekonstruktion von Lernerfahrungen und Routinen der Experten aus den Bereichen Alpin, Wildwasser/Canyoning, Kajak & Rafting, Höhle, Wanderpaddeln, Kooperationsübungen, Biwak & Trekking
Sonstige Titel: The learning paths of experts from different fields of action in the areas of experiential education and outdoor training (activities) with regard to their professionalisation of safety and prevention measures - A qualitative study based on explorative expert interviews to reconstruct learning experiences and routines of experts from the fields of alpine, whitewater/canyoning, kayaking & rafting, caving, paddling, cooperation exercises, bivouac & trekking
Sprache: Deutsch
Autor*in: Mayer, Britt
Schlagwörter: Sicherheitsmaßnahmen; Unfallprävention; Sensibilisierung; Outdoor-Training; Lernwege; Wahrnehmungsfähigkeit
GND-Schlagwörter: ErlebnispädagogikGND
UrteilsfähigkeitGND
SicherheitsplanungGND
Studiengang SicherheitsmanagementGND
Repression-SensitizationGND
Erscheinungsdatum: 2024-06
Tag der mündlichen Prüfung: 2025-01-09
Zusammenfassung: 
Erlebnispädagogik und Outdoor-Training haben sich als Aktivitäten etabliert, die von professionell ausgebildeten Trainern angeboten werden. Die Aktivitäten beruhen in der Regel auf einem erlebnisorientierten Ansatz. Es werden spezifische, herausfordernde und oft naturnahe Lernsettings genutzt, um die Teilnehmer zu fördern. Gerade im Alpenraum (in der DACH-Region) sind die geografischen Naturräume prädestiniert für diesen erlebnisorientierten Umgang mit der Natur. Die besonderen Kräfte von Naturgewalten im Gebirge bringen gleichwohl herausfordernde Gefahren mit sich, woraus sich eine ebenso besondere Herangehensweise an die Risiko- und Unfallprävention ergibt. Meine Forschungsarbeit untersucht die langfristige Entwicklung der Professionalisierungsprozesse von Menschen, die sich in der Natur bewegen und dort Gruppen leiten oder führen. Dabei liegt der Fokus auf der Prävention und der Anwendung von Sicherheitsmaßnahmen in Naturerlebnisfeldern wie in Höhlen, auf Bergen, auf dem Wasser, aber auch in künstlichen Erlebnisfeldern wie Klettersteigen und Hochseilgärten.

In der deutschsprachigen Bibliografie der Outdoorsportarten existiert, vor allem in den jeweiligen Spezialbereichen, eine Auswahl an Sicherheitsempfehlungen. Besonders in Richtung Erlebnispädagogik und Outdoor-Training wurde jedoch auch auf angelsächsische Literatur zurückgegriffen, weil dort durch die jahrzehntelange Praxiserfahrung in diesem Bereich viel publiziert worden ist. Aus diesem Grunde gibt es eine einschlägige angelsächsische Bibliografie zu Präventions- und Sicherheitsmaßnahmen, die auch die Erlebnispädagogik und das Outdoor-Training in der DACH-Region beeinflusst haben. Die vorherrschenden Empfehlungen basieren vor allem auf dem Urteilsvermögen der Leitungsakteure.

Das stellt die Forschungslücke dar, denn es wurde zwar viel über Urteilskraft und Urteilsvermögen publiziert, jedoch wurde in der Forschung nicht dargelegt, wie Wahrnehmungs-, Entscheidungs- und Handlungsfähigkeiten entwickelt werden. Was machen Experten anders als Novizen? Meine Forschungshypothese ist, dass es individuelle Unterschiede geben muss, aus denen sich qualifiziertes Urteilsvermögen entwickelt. Es gibt viele Risiken (z. B. Naturgewalt, Teilnehmerverhalten, Materi-albruch etc.), bei denen Leitungsakteure vor der Herausforderung stehen, Risiken wahrzunehmen und entsprechende Entscheidungen treffen zu müssen, um Sicherheit zu gewährleisten.

Mit dieser Studie möchte ich dazu beitragen, das Wissen über die Lernwege von Experten mit jahrzehntelanger Praxiserfahrung in der Erlebnispädagogik und im Outdoor-Training (Outdoor-Sport) zu erweitern. Dabei liegt der Fokus auf der Sensibi-lisierung durch prägende Ereignisse. In meiner Forschungsarbeit gehe ich nicht nur der Frage nach, ob es schwierige Erlebnisse gab, sondern auch der Frage, welche biografisch lebensgeschichtlichen Ereignisse einen Anlass gegeben haben, dass die Experten ihr Bewusstsein über Sicherheitsaspekte verändert haben. Meine Forschungshypothese beruht auf der Annahme, dass Menschen durch prägende Erlebnisse, welche von emotionaler Bedeutung waren, für Gefahrensituationen sensibilisiert wurden. Der Prozess der Sensibilisierung baut auf emotionalen und kognitiven Fähigkeiten auf, auf deren Basis sich die Routinen der Experten entwickeln und modifizieren. Durch Sensibilisierungsprozesse bildet sich ein Urteilsvermögen, das Wahrnehmungs-, Entscheidungs- und Handlungskompetenzen bezüglich Gefahrenmöglichkeiten umfasst. Um die individuellen Erfahrungen zu untersuchen, habe ich in dieser Arbeit auf Basis der biografischen Lernwege Sensibilisierungssituationen rekonstruiert.

Damit ich die Erfahrungen und Verarbeitungsprozesse lebensgeschichtlich erforschen konnte, habe ich mit Handlungsakteuren qualitative explorative Experteninterviews geführt. Diese Akteure verfügen über jahrzehntelange Praxiserfahrung in unterschiedlichen Bereichen (Höhle, Alpin, Wasser und Kooperationsübungen). Mit den Interviews wollte ich herausfinden, wie sie als erfahrene Leitungsakteure ihre Wahrnehmungs-, Entscheidungs- und Handlungsroutinen entwickelt haben. Als Grundlage für diese Befragungen diente die Interviewstrategie zum Führen qualitativer Inter-views nach Richartz (2008). Ebenso wurde der Leitfaden nach den Faustregeln von Richartz (2008) entwickelt, um sicherzustellen, dass bei den Befragten Narrationen erzeugt werden, welche durch gezielt erzählauffordernde Fragen episodisches Wissen hervorholen sollten (Richartz, 2008, 23).

In der Auswertung habe ich mittels qualitativer Inhaltsanalyse individuelle Unterschiede, Kontraste, Gemeinsamkeiten und Veränderungsprozesse hinsichtlich ihrer Routinen und Strategien herausgefiltert. Das Ergebnis meiner Dissertationsarbeit ist die Darstellung von Sensibilisierungsprozessen zur Einschätzung von Risiken durch erfahrene Leitungsakteure. Dies basiert auf der Rekonstruktion der Lernerfahrungen und Routinen von Experten aus den Bereichen Outdoor-Training, Outdoor-Aktivitäten und Erlebnispädagogik. Die Sensibilisierungsprozesse beruhen auf bewältigten Erlebnissen, bei denen Emotionen Verarbeitungsprozesse auslösten. Herausfordernde und gefährliche Situationen wurden nicht alle selbst erlebt. Es reichte den Leitungspersonen aus der Praxis ebenso aus, nur davon zu hören, berichtet zu bekommen oder davon gelesen zu haben. Sensibilisierung erfolgt allerdings immer über Emotionen, welche bei den Befragten ausgelöst wurden. Durch negative Emotionen gab es eine kognitive Suchbewegung, welche zu bewussten Strategien der Risikominimierung geführt hat. Vor allem die Emotion der Besorgnis bewirkte durch das Gefühl, Verantwortung für die Teilnehmer zu tragen, eine Sensibilisierung. Lernanlässe führten mittels dieser längerfristigen Sensibilisierungsprozesse dazu, dass die befragten Leitungspersonen aus der Praxis ihre Routinen überprüften, für wirksam befanden oder veränderten und optimierten. Dies hat sich in meiner Arbeit als zentraler Mechanismus für die Ausbildung von qualifiziertem Urteilsvermögen mit einer gelingenden Unfallprävention im Outdoor-Bereich erwiesen.

Experiential education and outdoor training have been established as activities offered by professionally trained trainers. The activities on offer are generally based on an experience-orientated approach, which is why specific settings are used to encourage participants by offering a challenging learning setting that is often close to nature. Especially in the Alpine region (DACH region), the geographical natural areas are predestined for this experience-orientated approach to nature. The unique natural forces in the mountains nevertheless bring about challenging dangers, which necessitate a special approach to risk and accident prevention.For this reason, my research focuses on the long-term development of professionalisation processes for people who are active in nature and lead or guide groups. This includes the prevention and application of safety measures in nature experience fields such as caves, mountains, and water, as well as in artificial experience fields like climbing routes and high ropes courses. 

The German-language bibliography of outdoor sports includes a selection of safety recommendations, particularly in specialised areas. However, Anglo-Saxon literature has also been utilised, especially in experiential education and outdoor training, due to the wealth of publications resulting from decades of practical experience in this area. Consequently, relevant Anglo-Saxon literature on prevention and safety measures has influenced experiential education and outdoor training in the DACH region. The prevailing recommendations are primarily based on the judgement of the leaders.This is the gap in the research. While much has been published on judgement and discernment, the development of perceptual, decision-making, and action skills has not been outlined. What do experts do differently from novices? My research hypothesis is that individual differences must exist from which qualified judgement develops. There are many potential risks (e.g., natural forces, participant behaviour, material failure) where managers face the challenge of perceiving risks and making appropriate decisions to ensure safety.

With this study, I aim to contribute to expanding knowledge about the learning paths of experts with decades of practical experience in experiential education and outdoor training (outdoor sports), particularly in relation to their sensitisation through formative events. My research work not only investigates whether there were challenging experiences but also which biographical and life-historical events led the experts to change their awareness of safety aspects. My research hypothesis is that people were sensitised to dangerous situations by formative experiences that were of emotional significance. The process of sensitisation builds on emotional and cognitive abilities that develop and modify the experts’ routines. Sensitisation processes develop a capacity for judgement, which includes perceptual, decision-making, and action skills concerning potential dangers. To investigate individual experiences, I have reconstructed sensitisation situations in this thesis based on biographical learning paths. 

To explore the experiences and processing procedures from a life history perspective, I conducted qualitative explorative expert interviews with individuals who have decades of practical experience in different areas (cave, alpine, water & cooperation exercises). These interviews aimed to understand how they have developed their perception, decision-making, and action routines as experienced leaders. The interview strategy for conducting qualitative interviews was based on Richartz (2008). The guidelines were also developed according to Richartz’s (2008) rules of thumb to ensure that narratives were generated in the interviewees, which were intended to extract episodic knowledge by asking specific questions that prompted narratives (Richartz, 2008, 23). 

In the evaluation, I employed qualitative content analysis to identify individual differences, contrasts, similarities, and change processes in their routines and strategies. The outcome of my dissertation is the presentation of sensitisation processes for risk assessment by management actors from practice, based on the reconstruction of the learning experiences and routines of experts in outdoor training, outdoor activities and experiential education. The sensitisation processes are rooted in mastered experiences where emotions triggered processing processes. Not all challenging and dangerous situations were experienced by the participants; it was sufficient for them to have heard about, been told about, or read about such incidents. However, sensitisation always occurs through emotions triggered in the interviewees. Negative emotions prompted cognitive search movements, leading to conscious risk minimisation strategies. The emotion of concern, in particular, has led to sensitisation through the feeling of responsibility for the participants. These longer-term sensitisation processes have resulted in the interviewed practitioners reviewing their routines, finding them effective, or modifying and optimising them accordingly. In my study, this has proven to be a central mechanism for developing qualified judgement, ensuring successful accident prevention in the outdoor sector.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/11668
URN: urn:nbn:de:gbv:18-ediss-128130
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Richartz, Alfred
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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