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Titel: Der Einfluss der Transkriptionsfaktoren Mef2c und Mef2d auf die Hämatopoese
Sonstige Titel: Influence of the transcription factors Mef2c and Mef2d on hematopoiesis
Sprache: Deutsch
Autor*in: Schlenker, Friderike
Erscheinungsdatum: 2017
Tag der mündlichen Prüfung: 2018-12-13
Zusammenfassung: 
Die Hämatopoese ist ein fein abgestimmter Prozess, in dem die Differenzierung maßgeblich durch die Aktivität von Transkriptionsfaktoren reguliert wird. Die Wichtigkeit eines Transkriptionsfaktors für die Hämatopoese wird immer dann besonders deutlich, wenn dieser Faktor fehlreguliert ist und die Hämatopoese nicht mehr regelgerecht ablaufen kann. So können Translokationen oder die irreguläre Expression eines Transkriptionsfaktors zur malignen Entartung hämatopoetischer Zellen und damit zur Ausbildung einer Leukämie führen. Eine solche Fehlregulation konnte in Genen, die für Mitglieder der MEF2-Transkriptionsfaktor-Familie kodieren, gezeigt werden. Hohe Expressionslevel von MEF2C wurden in Formen akuter myeloischer Leukämien, ausgelöst durch eine MLL-Translokation, gefunden und sind mit einer schlechten Prognose assoziiert. Auch chromosomale Translokationen des MEF2D-Gens wurden in verschiedenen akuten B-lymphatischen Leukämien gefunden. Um die Rolle dieser zwei Transkriptionsfaktoren in der Hämatopoese besser verstehen zu können, wurden Mef2c- bzw. Mef2d-Einzel-Knockout-Mausmodelle untersucht, wobei jedoch nur ein geringer Effekt auf die Hämatopoese beobachtet werden konnte. Ein Grund hierfür könnten kompensatorische Mechanismen dieser zwei eng verwandten Faktoren sein, weswegen in der hier vorliegenden Arbeit ein Mef2c/d-Doppel-Knockout-Mausmodell (Mef2c/dΔ/Δ-VavCre), in dem Mef2c und Mef2d in allen hämatopoetischen Zellen deletiert sind, untersucht werden sollte. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen zum einen, dass Mef2c und Mef2d für die Entwicklung der B-Lymphozyten und der plasmazytoiden dendritischen Zellen (pDCs) essentiell sind. Zum anderen liefern sie neue Erkenntnisse über die Linienentscheidung einzelner Populationen der Hämatopoese sowie deren Differenzierungswege.
Die ersten Ergebnisse dieser Arbeit wurden bei der Untersuchung des B-Zell-Kompartiments in Mef2c/dΔ/Δ-VavCre-Mäusen erzielt. Alle B-Zell-Populationen des Knochenmarks (proB-, präB, unreife und reife B-Zellen) waren im Vergleich zu Kontroll-Mäusen um mehr als 95 % reduziert. Andere lymphatische Linien, wie die T-Lymphozyten und die NK-Zellen, wurden durch die Deletion von Mef2c und Mef2d hingegen nur wenig beeinträchtigt. Alle drei lymphatischen Linien haben ihren Ursprung in einer gemeinsamen lymphatischen Progenitor-Population, den common lymphoid progenitors (CLPs). Interessanterweise konnten jedoch keine CLPs im Knochenmark von Mef2c/d-Doppel-Knockout-Mäusen detektiert werden. Diese Ergebnisse zeigen einerseits, dass der B-lymphatische Differenzierungsblock bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt der lymphatischen Entwicklung auftritt und andererseits, dass die T-Lymphozyten und NK-Zellen auch noch einen anderen Ursprung als die CLPs besitzen müssen. Die CLPs differenzieren aus multipotenten Progenitoren (MPPs), die zusammen mit den hämatopoetischen Stammzellen (HSC) das so genannte LSK- (Lin-Sca+c-Kit+-) Kompartiment ausmachen. Obwohl die Gesamtzellzahl der LSK-Population durch die Deletion von Mef2c und Mef2d nicht beeinflusst wurde, war der Anteil lymphatisch geprägter Zellen (Vcam-) innerhalb der LSK-Population erhöht.
Zur Identifizierung potentieller Zielgene von Mef2c und Mef2d wurden RNA-Sequencing-Analysen durchgeführt, in denen genomweite Genexpressionsprofile der LSK-Population aus Mef2c/dΔ/Δ-VavCre-Mäusen mit denen aus Kontroll-Mäusen verglichen wurden. Dabei konnten vielversprechende Zielgene von Mef2c und Mef2d identifiziert werden. Viele dieser Zielgene kodieren für Transkriptionsfaktoren, die maßgeblich an der B-lymphatischen Linienentscheidung beteiligt sind. So waren Ebf1 und Pax5 in Mef2c/dΔ/Δ-VavCre-Mäusen beispielsweise um mehr als 90 % herunterreguliert, was mittels quantitativer Realtime-PCR bestätigt wurde.
Die Untersuchung des myeloischen Kompartiments zeigte, dass alle Progenitor-Populationen (granulozytär-monozytär, megakaryozytär und/oder erythrozytär) vergrößert waren. Dies lässt vermuten, dass Mef2c und Mef2d die myeloische Differenzierung entweder inhibieren oder die Expansion des myeloischen Kompartiments unterdrücken. Interessanterweise wurden die Gene Csf1r und Socs1 im LSK-Kompartiment von Mef2c/dΔ/Δ-VavCre-Mäusen heraufreguliert. Csf1r kodiert für einen wichtigen myeloischen Rezeptor und Socs1 für einen Inhibitor des JAK/STAT-Signalweges, was die Hypothese der Unterdrückung der myeloischen Expansion unterstützen könnte.
In dieser Arbeit konnte zudem erstmals gezeigt werden, dass Mef2c und Mef2d die dendritische Differenzierung regulieren. Während die Deletion von Mef2c und Mef2d zwar keinen Einfluss auf die klassischen (c)DCs hatte, waren die pDCs hingegen sehr stark reduziert bzw. nicht vorhanden, was auch in vitro bestätigt werden konnte. Bemerkenswerterweise war die gemeinsame Progenitor-Population (CDP) ebenfalls reduziert, was damit erklärt werden könnte, dass die cDCs noch eine unabhängige Progenitor-Population besitzen. Im klassischen Modell der dendritischen Differenzierung entstammen die cDCs und die pDCs der myeloischen Linie. Ein lymphatischer Ursprung der pDCs wird jedoch vielfach diskutiert. Der lymphatische Differenzierungsblock in Mef2c/dΔ/Δ-VavCre-Mäusen könnte die Hypothese eines gemeinsamen Ursprungs von B-Lymphozyten und pDCs unterstützen. Die Analysen von Mef2c/dΔ/Δ-Cd79aCre-Mäusen, in denen die Deletion von Mef2c und Mef2d erst in den späten CLPs erfolgt, zeigten jedoch eine normale pDC-Differenzierung. Diese Ergebnisse könnten allerdings durch einen gemeinsamen Progenitor der pDCs und B-Lymphozyten oberhalb der späten CLPs (zb. innerhalb der MPP-Population) erklärt werden. Interessanterweise waren Gene, die für den dendritischen Transkriptionsfaktor SpiB und die Interferon response factors (Irf) 7 und 8 kodieren, im LSK-Kompartiment von Mef2c/dΔ/Δ-VavCre-Mäusen herunterreguliert und kommen somit als potentielle Zielgene von Mef2c und Mef2d in Frage.
Zusammengefasst zeigt diese Arbeit, dass Mef2c und Mef2d zentrale Regulatoren der Hämatopoese sind. Die Deletion dieser beiden Transkriptionsfaktoren in einem Mausmodell führt zu einem Differenzierungsblock der B-Zell- und auch der pDC-Linie. Verschiedene Transkriptionsfaktoren, die die Differenzierung dieser beiden Linien regulieren, wurden als potentielle Zielgene von Mef2c und Mef2d identifiziert. Zusätzlich unterstützt diese Arbeit die Hypothese eines gemeinsamen lymphatischen Ursprungs der B-Lymphozyten und der pDCs und unterstreicht die Variabilität der Linienentscheidungen innerhalb des stark heterogenen MPP-Kompartiments.

Hematopoiesis is a tightly coordinated process, in which differentiation is regulated by the activity of transcription factors. The importance of a transcription factor for hematopoiesis becomes obvious when the factor is dysregulated and hematopoiesis cannot proceed regularly. Thus, disruption or abnormal expression of a transcription factor might lead to malignant aberration of hematopoietic cells and consequently to development of leukemia. Such a dysregulation has been observed in genes encoding members of the MEF2 family of transcription factors. For one, high expression levels of MEF2C are found in acute myeloid leukemia carrying MLL-translocations and are associated with poor prognosis. Also chromosomal translocations involving the MEF2D gene have been identified in different types of B-lymphatic acute leukemia. To better understand the role of these two transcription factors in hematopoiesis, single Mef2c or Mef2d knockout mice have been investigated, but only a subtle effect on hematopoiesis was observed. As this may be attributable to compensatory mechanisms of these two closely related factors, the aim of this work was to investigate a Mef2c/d double knockout mouse model (Mef2c/dΔ/Δ-VavCre), in which Mef2c and Mef2d are deleted in all hematopoietic cells. The analysis reported here demonstrates that Mef2c and Mef2d are essential for the development of two important immune cell types, B-lymphocytes and plasmacytoid dendritic cells (pDCs), but also revealed novel insight into models of lineage commitment and differentiation.
The first clear result came from examination of the B-cell compartment in Mef2c/dΔ/Δ-VavCre mice. All B cell populations of the bone marrow (proB, preB, immature and mature lymphocytes) were reduced by more than 95% as compared to controls. In contrast, other lymphatic lineages, such as T lymphocytes and NK cells were only minimally impaired by deletion of Mef2c and Mef2d. All three lymphoid lineages are postulated to arise from a common lymphoid progenitor (CLP), but interestingly, no CLPs could be detected in the double knockout mice. This result demonstrates that the severe block to B-cell differentiation occurs at a very early stage of lymphoid commitment, but also shows that T and NK lymphocytes can arise from alternative progenitors. The CLPs differentiate from multipotent progenitors (MPP) that together with the hematopoietic stem cells (HSC) are found within a so-called “LSK” compartment. Although the number of cells within the LSK compartment was not impacted by loss of the Mef2 proteins, phenotypic characterization suggested a skewing toward lymphoid-primed cells (e.g. VCAMneg). To identify potential Mef2c/d target genes, RNA sequencing analysis was performed, in which genome-wide gene expression profiles of LSKs in Mef2c/dΔ/Δ-VavCre mice were compared with the profiles of control mice. Promising Mef2 candidates target genes encoding transcription factors necessary for commitment toward B-cell differentiation were identified. Ebf1 and Pax5 were down-regulated by more than 90 % in Mef2c/d knockout mice, which was confirmed by quantitative real-time analysis.
The second observation was made within the myeloid compartment, where an overall increase in progenitors committed to megakaryocytic, erythroid, monocytic, and/or granulocytic compartments was shown, suggesting the Mef2 factors are necessary to either inhibit myeloid differentiation or to suppress their expansion. Strikingly, evidence for the later hypothesis was obtained by the observation that the Csf1r and Socs2 genes, encoding a key myeloid receptor and an inhibitor of JAK/STAT signaling pathways, respectively, are upregulated in the LSK compartment.
Finally, for the first time, the regulation of dendritic differentiation by Mef2c and Mef2d was discovered. Mef2c/dΔ/Δ-VavCre mice contained normal levels of conventional (c)DCs, but no or greatly reduced levels of pDC – a finding verified with in vitro culture experiments. Interestingly, the absolute level of their proposed common progenitor (CDP) was also reduced, raising the possibility that the cDCs arose from an independent progenitor in these mice. In the classic model of dendritic differentiation, cDCs and pDCs derive from the myeloid line. However, a lymphatic origin of pDCs is widely debated. In view of the observed differential block in B-cell development in Mef2c/dΔ/Δ-VavCre mice, these data may support a common origin of B lymphocytes and pDCs. However, analysis of Mef2c/dΔ/Δ-Cd79aCre mice, in which deletion of Mef2c and Mef2d occurs in late CLPs, did not result in compromised pDC differentiation. Nevertheless, we cannot rule out that a common progenitor of pDCs and B lymphocyte is located above the late CLP, e.g. in a MPP. Interestingly, the genes encoding the dendritic transcription factors SpiB and the interferon response factors (Irf) 7 and 8 were both downregulated in the LSK compartment of the double knockout mouse, and thus are potential key Mef2 target genes that regulate pDC differentiation.
Taken together, this work reveals Mef2c and Mef2d as central regulators of hematopoiesis. Deletion of these two transcription factors in a mouse model leads to a differentiation block in both the B-cell and pDC lineages. Several key transcription factors that regulate differentiation of these lineages were identified as potential Mef2 target genes. Finally, these data support the theory of a common lymphatic origin of these two populations and underline the fluidity of lineage decisions within the highly heterogeneous MPP compartment.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/7987
URN: urn:nbn:de:gbv:18-95067
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Fehse, Boris (Prof. Dr.)
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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