Titel: Vulnerabilität aus der Perspektive einer bildungstheoretisch-orientierten Sozialen Arbeit. Alltagsmathematische Praktiken im Kontext der Sozialen Schuldnerberatung
Sonstige Titel: Vulnerability from the perspective of an educational theory-oriented social work. Numeracy practices in the context of social debt counselling
Sprache: Deutsch
Autor*in: Angermeier, Katharina
Schlagwörter: Vulnerabilität; Soziale Arbeit; Überschuldung; Soziale Schuldnerberatung; Alltagsmathematik; Numeracy; Vulnerability
GND-Schlagwörter: ÜberschuldungGND
SozialarbeitGND
VerwundbarkeitGND
SchuldnerberatungGND
RechenfähigkeitGND
Erscheinungsdatum: 2021-03-15
Tag der mündlichen Prüfung: 2021-07-02
Zusammenfassung: 
In dieser publikationsbasierten Arbeit werden die Themenfelder Alltagsmathematik, Überschuldung und Soziale Schuldnerberatung miteinander verbunden und empirisch erforscht. Im Fokus stehen Personen, die aufgrund von Schulden in sozioökonomisch prekäre Lebenslagen geraten sind. Angesichts dieser persönlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten spielt das alltägliche Rechnen und Schätzen in finanziellen Angelegenheiten eine wichtige Rolle, um das knappe Budget nicht zu überschreiten. Statt einer kompetenzorientierten Sichtweise werden diese alltagsmathematischen Strategien hinsichtlich ihrer Einbettung in soziale Kontexte und ihrer subjektiven Bedeutsamkeit in der alltäglichen Anwendung untersucht. Im Rahmen einer Forschungsstudie an der HAW Hamburg wurden dazu qualitative Befragungen in der Sozialen Schuldnerberatung in München und in Hamburg durchgeführt: Zunächst erfolgten zwei fokussierte Gruppeninterviews mit den dort arbeitenden Fachkräften, bevor darauf aufbauend in fokussierten Einzelinterviews Ratsuchende (n=30) befragt wurden. Die erhobenen Daten wurden inhaltsanalytisch strukturierend ausgewertet und bilden die Basis der vorliegenden Arbeit.
Die subjektive Perspektive der von Überschuldung betroffenen Personen wird mithilfe eines lebensweltorientierten Ansatzes herausgearbeitet und in Relation zur gesellschaftlich bedingten Lebenslage gesetzt. Das entwickelte Konzept der sozioökonomischen Vulnerabilität bildet dabei den analytischen wie normativen Rahmen, um die Subjektposition angesichts benachteiligender Strukturen zu erfassen: Statt eindimensionaler Beschreibungen von Überschuldungsprozessen können die möglichen Risiken und verfügbaren Ressourcen für die betroffenen Subjekte differenziert dargestellt werden. So zeigen sich in den Ergebnissen vielfältige persönliche, soziale und gesellschaftliche Einflussfaktoren, die auf das alltagsmathematische Handeln der Personen in überschuldeten Lebenslagen wirken. Insbesondere die Einkommensarmut beeinflusst nachhaltig die Gestaltung des Alltags und begrenzt die sozialen Teilhabemöglichkeiten der Betroffenen. Angesichts der alltäglichen Belastungen greifen die befragten Ratsuchenden auf verschiedene alltagsmathematische Strategien zurück, die sich in vier Kategorien einteilen lassen: Planen und Kontrolle, Vergleichen und Abwägen, Verzichten sowie Entlasten. Die analysierten Denk- und Handlungsmuster folgen dabei nicht unbedingt einer ökonomisch-rationalen Logik, sondern einer bedürfnisorientierten, subjektiv bedeutsamen Begründung.
Die gewonnenen Erkenntnisse verdeutlichen nicht nur die Komplexität und Dynamik von Überschuldungsprozessen, sondern ermöglichen es auch, Schlüsse für die Soziale Schuldnerberatung als ein Handlungsfeld der Sozialen Arbeit zu ziehen. Dazu wird ein bildungstheoretischer Zugang genutzt, um die in der Beratung noch wenig beachtete pädagogische Dimension in Bezug auf Lernen und Vermitteln zu ergründen und ein soziales Bildungsverständnis für die Soziale Schuldnerberatung zu erörtern. Zusammen geführt zeigen die Perspektiven aus der Sozialen Arbeit und Bildungswissenschaften auf, wie sich alltagsmathematische Praktiken im Kontext von Überschuldung erforschen und verstehen lassen.

This publication-based work combines and empirically explores the topics of numeracy, over-indebtedness and social debt counselling. The focus is on people who live in socioeconomically precarious conditions caused by debt problems. In view of these personal economic difficulties, calculation and estimation in financial matters plays an important role in everyday life to avoid overspending. Instead of looking at numeracy competencies, these numeracy strategies are examined in terms of how they are embedded in social contexts and what subjective significance they have in everyday practice. As part of a research study at HAW Hamburg qualitative interviews were conducted in social debt counselling in Munich and Hamburg: First, two focused group interviews took place with the debt counselling professionals, before service users (n=30) were interviewed individually. Qualitative content analysis was used to evaluate the data collected and the results are the basis of this work.
A lifeworld-oriented approach helps to capture the subjective perspective of over-indebted individuals in relation to their socially determined life situations. The developed concept of socioeconomic vulnerability provides the analytical and normative framework to address the subject's position in the face of disadvantageous structures: Instead of simplistic descriptions of processes of over-indebtedness, the possible risks and available resources for the affected subjects can be presented in a differentiated way. The results show a variety of personal, social and societal factors that influence the everyday actions of people in over-indebted situations. In particular, income poverty has a lasting impact on the way people organize their everyday lives and limits their opportunities for social participation. In the face of daily financial pressure, the interviewed service users rely on various numeracy strategies, which can be divided into four categories: Planning and controlling, comparing and weighing, avoiding and reducing pressure. The analysed ways of thinking and acting do not necessarily follow any economic-rational logic, but rather needs-oriented, subjectively significant reasoning.
The findings not only illustrate the complexity and dynamics of processes of over-indebtedness, but also provide conclusions for social debt counselling as a field of social work. An educational theory approach is used to explore the pedagogical dimension of learning and education, which has not yet received much attention in counselling, and to discuss a social understanding of education for social debt counselling. Combined, the perspectives from social work and education show how numeracy practices can be explored and understood in the context of over-indebtedness.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/9225
URN: urn:nbn:de:gbv:18-ediss-95559
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Schreiber-Barsch, Silke
Ansen, Harald
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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