Titel: Identifizierung und Charakterisierung IgE-bindender Proteine in Chiasamen (Salvia hispanica L.)
Sprache: Deutsch
Autor*in: Albunni, Ben Abdulrahman
Erscheinungsdatum: 2021
Tag der mündlichen Prüfung: 2021-09-03
Zusammenfassung: 
Allergie ist eine der häufigsten chronischen Krankheiten in Europa. Mehr als 150 Millionen Menschen leiden bereits unter einer Allergie, davon 7 Millionen unter einer Lebensmittelallergie. Derzeit wird vorausgesagt, dass bis 2025 die Hälfte der gesamten EUBevölkerung von einer Allergie betroffen sein wird. Eine der wichtigsten Ursachen für diese Entwicklung ist der drastische Konsumanstieg des funktionalen Lebensmittels (engl. functional food) internationalen Ursprungs in Europa wie Lupine, Kichererbse, Sesam und Chiasamen (EAACI, 2015).
Ziel dieser Arbeit war die Identifizierung und Charakterisierung der IgE- bzw. IgG-bindenden Proteine (EBPs bzw. GBPs) in Chiasamen sowie die Isolierung ausgewählter Zielproteine mit hohem allergenen Potenzial. Des Weiteren sollten das allergene Potenzial sowie die Kreuzreaktivität zwischen Zielproteinen in Chiasamen und bekannten Allergenen in anderen Samen und Nüssen geprüft werden. Zum Schluss sollten mögliche Epitope sowie für die Translation in EBPs bzw. GBPs zuständige Gensequenzen in Chiasamen identifiziert werden.
Zunächst wurden die Zielproteine aus Chiasamen mittels einer Tieftemperaturmethode extrahiert. Diese Methode war für die Zielproteine schonend, sodass sie für weitere Untersuchungen zur Verfügung standen.
Die Identifizierung der Zielproteine erfolgte mittels SDS-PAGE und Immunblot unter Verwendung von kommerziellen Antikörpern, welche gegen Sesam- bzw. Haselnussproteine gerichtet sind, sowie 38 Blutseren von Sesam- bzw. Haselnussallergikern. Anschließend wurden die Proteinbanden mittels UHPLC-ESI-MS/MS gemessen, De Novo sequenziert und in der NCBI-Datenbank identifiziert. Der Chiasamen-Extrakt wies ein ähnliches Proteinmuster wie der Sesam und Haselnuss-Extrakt auf. Die Proteinbanden bei einem Molekulargewicht (MG) von 31 und 20 kDa werden als Majorallergene betrachtet, da diese von über 80 % der verwendeten Humanseren detektiert werden konnten. Diese Proteinbanden wurden anhand der NCBI-Datenbank als Legumin identifiziert. Als Intermediärallergene sind Proteinbanden bei 49 und 45 kDa zu bezeichnen, die nur von 20 % bzw. 30 % der Humanseren von Sesambzw. Haselnussallergikern erfasst wurden. Diese wurden in der NCBI-Datenbank den Vicilinen zugeordnet. Sowohl die Major- als auch Intermediärallergene konnten auch erfolgreich durch kommerzielle Antikörper detektiert werden.
Zur Isolierung von EBPs bzw. GBPs aus Chiasamen wurden die Proteine zunächst nach Osborne-Fraktionierung in vier Fraktionen (Albumin, Globulin, Prolamin, Glutelin) aufgetrennt. Die Zielproteine konnten nur in der Globulin-Fraktion (GLO) nachgewiesen werden, weshalb GLO bei weiteren Isolierungsmethoden eingesetzt wurde. Die Methoden der AmmoniumsulfatFällung, Gelpermeations-, Ionenaustausch-, Immunaffinitätschromatographie (IAC-MB) sowie 2D-Gelelektrophorese wurden auf ihre Eignung zur Isolierung der Zielproteine untersucht. Die aussagekräftigsten Ergebnisse wurden durch Ammoniumsulfat-Fällung, Immunaffinitätschromatographie sowie 2D-Gelelektrophorese erzielt. So konnten die Zielproteine von Begleitproteinen wie Enzymen spezifisch isoliert werden. Die Selektivität dieser Methoden wurde mittels MS-Analyse und anschließender De Novo Sequenzierung überprüft. Durch Ammoniumsulfat-Fällung konnten die Proteinbanden des Vicilins bei 49 und 45 kDa sogar von denen des Legumins bei 31 und 20 kDa abgetrennt werden. IAC-MB und 2D-Gelelektrophorese waren sehr spezifisch, wobei die Anzahl der erfolgreich sequenzierten Peptide durch 2D-Gelelektrophorese deutlich höher war als die durch IAC-MB. Die 49 kDaProteinbande präsentiert das Monomer des Vicilins, während die bei 45 kDa als eine durch posttranslationale Modifikation (PTM) entstandene Isoform identifiziert wurde. Ein weiterer Zerfall dieses Monomers wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht beobachtet. Die 31 kDaProteinbande repräsentiert die saure α-Untereinheit bzw. Legumin A, während die βUntereinheit bzw. Legumin B in der 20 kDa-Proteinbande detektiert wurde. Das Monomer des Legumins befindet sich bei 60 kDa und wurde mittels kommerzieller Sesamantikörper (SA) visualisiert. Die mittels 2D-Gelelektrophorese aufgetrennten und immunologisch detektierten Proteinspots befinden sich tendenziell im basischen oder neutralen pI-Bereich.
Des Weiteren sind an der IgE- bzw. IgG-Bindungsfähigkeit der Zielproteine keine Zuckerreste beteiligt, da keine Zielproteinbanden nach Spaltung mit Periodat mit Hilfe des Schiffschen Reagenzes gefärbt werden konnten. Das bedeutet, dass die Monomere des Vicilins bzw. Legumins keine Zuckerreste tragen.
Anschließend wurde der Einfluss technologischer Veränderung auf die IgE- bzw. IgG-Bindung der Zielproteine untersucht. Hierbei zeigten EBPs bzw. GBPs eine hohe Hitzestabilität, wobei eine Schwächung der Detektion nach thermischer Behandlung von 100 °C für 15 min beobachtet wurde. Der Druck mittels French Press konnte die IgE- bzw. IgG-Bindungsfähigkeit schwächen aber nicht löschen. Nur die Veränderung des pH-Werts konnte die Visualisierung dieser Zielproteine erschweren.
Inhibitionstests bestätigten eine klare Kreuzreaktivität zwischen Chiasamen einerseits und Sesam- bzw. Haselnuss andererseits. GLO konnte sowohl unter nicht reduzierenden als auch reduzierenden Bedingungen stärker mit Sesamprotein als Haselnussprotein konkurrieren. Die Zielproteine in GLO regierten mit den Sesamallergenen verfügbaren Sesamantikörpern und führten zur stärkeren Inhibition und somit zu einem niedrigeren C50-Wert im Vergleich zum Inhibitionstest mit Haselnussprotein und -Antikörpern. Dies zeigt, dass die Epitope auf Globulinen in Chiasamen ähnlichere Strukturen zu denen auf Sesamallergenen aufweisen als zu denen auf Haselnussallergenen.
Die De Novo sequenzierten Peptide wurden in der FARRP-Datenbank mit bekannten Allergensequenzen in Samen und Nüssen verglichen. Sesamallergene zeigten die höchste Sequenzähnlichkeit mit Legumin- bzw. Vicilin-ähnlichen Proteinen aus Chiasamen, gefolgt von Haselnuss-, Mandel- und Pistazienallergenen. Legumin- bzw. Vicilin-ähnliche Proteine aus Chiasamen wiesen eine hohe Sequenzähnlichkeit mit mehreren linearen Epitopen bekannter Allergensequenzen auf, die vermutlich zur Kreuzreaktivität führen könnten. Die höchste Verwandtschaft, basierend auf in dieser Arbeit sequenzierten Chiasamenpeptiden, konnte zwischen Chiasamen und Sesam festgestellt werden, obwohl beide Spezies aus unterschiedlichen Familien, jedoch aus der gleichen Pflanzenordnung (Lamiales) stammen. Die Verwandtschaft mit anderen Spezies konnte anhand des phylogenetischen Baums erfolgreich dargestellt werden.
Anhand der hohen Sequenzhomologie der Chiasamenpeptide mit bekannten allergenen Vicilinen bzw. Leguminen anderer Spezies wurden in den homologen Sequenzbereichen Primer entworfen, welche mit der aus Chiasamen isolierten DNA zur PCR verwendet wurden.
Hierbei wurde ein PCR-Produkt (155 bp) erfolgreich amplifiziert und in der NCBI-Datenbank als Vicilin identifiziert. Diese DNA-Sequenz zeigte in der FARRP-Datenbank eine Sequenzhomologie zu 45 bekannten Allergensequenzen. Am stärksten war die Sequenzhomologie zu Vicilin aus Sesam und Walnuss. Darüber hinaus konnte eine weitere Proteinsequenz identifiziert werden, welche eine Übereinstimmung mit dem Gräserpollenallergen (S13, engl. grass pollen allergen) aus Bahiagras aufwies.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/9373
URN: urn:nbn:de:gbv:18-ediss-96320
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Fischer, Markus
Paschke-Kratzin, Angelika
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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