Titel: Entwicklung und Wirksamkeit einer Multikomponenten-Trainingsintervention zur Förderung motorischer und kognitiver Funktionen und des psychosozialen Wohlbefindens für nicht gehfähige BewohnerInnen in der stationären Altenpflege
Sonstige Titel: Development and investigation of effectiveness of a multicomponent exercise intervention to promote motor and cognitive functions and psychosocial well-being for nursing home residents who are unable to walk
Sprache: mehrsprachig
Autor*in: Cordes, Thomas
GND-Schlagwörter: AltenpflegeGND
PräventionGND
TrainingGND
MotorikGND
KognitionGND
Erscheinungsdatum: 2022
Tag der mündlichen Prüfung: 2022-07-27
Zusammenfassung: 
Hintergrund
Der Zustand von pflegebedürftigen BewohnerInnen der stationären Altenpflege ist gekennzeichnet durch Multimorbidität, Gebrechlichkeit und ein hohes Risiko für den Verlust von Selbstständigkeit bei Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL). Ohne körperliches Training sind die BewohnerInnen einem stetigen Abbau motorischer Ressourcen wie Handkraft, Gleichgewicht und Mobilität ausgesetzt. Der Verlust dieser motorischen Ressourcen steht zudem in Zusammenhang mit einem reduzierten Wohlbefinden und einer reduzierten Lebensqualität und einem Abbau kognitiver Funktionen. Daher haben wirksame Trainingsmaßnahmen zur Stärkung der Gesundheitsressourcen und zur Vorbeugung oder Verzögerung von Behinderungen bei älteren institutionalisierten Menschen eine hohe gesundheitspolitische Priorität. Die meisten Studien zu Trainingsinterventionen zielen jedoch auf die Förderung von noch gehfähigen BewohnerInnen ab. Da ein großer Teil der AltenpflegeheimbewohnerInnen dieses motorische Einschlusskriterium der Studien für die Teilnahme an den Trainingsinterventionen oft nicht erfüllt, entsteht eine konzeptionelle Lücke in der Gesundheitsforschung. Studien, die die Durchführbarkeit und die Wirksamkeit eines Trainingsprogramms für nicht gehfähige BewohnerInnen adressieren, fehlen bislang. Chair-based exercise (CBE) Interventionen stellen eine Möglichkeit dar, um ein Training auch für ältere Menschen mit Mobilitätseinschränkungen möglich zu machen und somit funktionelle motorische und kognitive Ressourcen bedarfsgerecht zu fördern. Die Studienqualität von Unter-suchungen zu CBE Interventionen ist jedoch oft gering und es gibt keine konkrete Anleitung für die praktische Umsetzung im Setting Altenpflege. Zudem fehlt eine adäquate Auseinandersetzung mit trainingswissenschaftlichen Prinzipien und Belastungsnormativen.
Ziel dieser Dissertation war die Entwicklung, Überprüfung der Machbarkeit und Wirksamkeit einer Trainingsintervention zur Förderung motorischer und kognitiver Funktionen und des psychosozialen Wohlbefindens für nicht gehfähige BewohnerInnen in der stationären Altenpflege.
Methoden
Zu Beginn des Forschungsvorhabens stand zunächst die Entwicklung der Trainingsintervention im Vordergrund. Dafür wurden Anhand von fünf qualitativen Interviews die Bedürfnisse und Ressourcen der BewohnerInnen einer Altenpflegeeinrichtung in Hamburg erhoben. Auf Basis von Empfehlungen eines Expertengremiums für ein Training mit Pflegebedürftigen, trainingswissenschaftlicher Prinzipien und den Ergebnissen aus den Interviews wurden zwei Multikomponenten-Trainingsprogramme, eins für die gehfähigen und ein CBE Multikomponenten-Training für die nicht gehfähigen BewohnerInnen in der stationären Altenpflege entwickelt (Publikation 1). Parallel zur Entwicklung der Intervention führte der Autor eine systematische Übersichtsarbeit zu CBE in der Altenpflege durch, um den aktuellen Forschungsstand zu Interventionen, die gezielt nicht gehfähige BewohnerInnen ansprechen, zu erheben (Publikation 2). Zur Überprüfung der Machbarkeit, Wirksamkeit und Akzeptanz sowie der Evaluation des entwickelten Trainingsprogramms für gehfähige BewohnerInnen diente eine Machbarkeitsstudie mit N=24 BewohnerInnen im Setting Altenpflege (Publikation 3). Auf Basis der Ergebnisse aus der Übersichtsarbeit und der Machbarkeitsstudie wurde das Trainingsprogramm für die Nichtgehfähigen modifiziert und weiterentwickelt. Das modifizierte Programm wurde im Rahmen einer weiteren Machbarkeitsstudie im Prä-Post Design mit N=7 nicht gehfähigen BewohnerInnen in einer Altenpflegeeinrichtung durchge-führt und Veränderungen in der Alltagsfunktionalität untersucht (Publikation 4). Im Anschluss folgte eine randomisierte, kontrollierte Wirksamkeitsanalyse des Trainingsprogramms (Publikation 5). Hierbei wurden die Motorik, Kognition und das psychosoziale Wohlbefinden von N=52 nicht gehfähigen BewohnerInnen aus vier Altenpflegeeinrichtungen in Bremen und Chemnitz vor und nach 16 Wochen Training untersucht.
Ergebnisse
Das untersuchte CBE Multikomponenten-Trainingsprogramm verbesserte erfolgreich die motorischen (Handkraft, Feinmotorik, Selbstständigkeit, Gleichgewicht) und kognitiven (kognitiver Status, Arbeitsgedächtnis) Funktionen und stabilisierte die psychosozialen Ressourcen (Wohlbefinden, Lebenszufriedenheit, Depressionsgrad) von nicht gehfähigen BewohnerInnen, während sich die Kontrollgruppe im Verlauf der 16 Wochen ohne Training in allen untersuchten Parametern signifikant verschlechterte. Trainingswissenschaftliche Erkenntnisse aus dieser Studie, den beiden Machbarkeitsstudien und der systematischen Übersichtsarbeit zeigen, dass ein CBE Multikomponenten-Trainingsprogramm mit einer moderate Belastungsintensität, einem Belastungsumfang von 60 Minuten pro Trainingseinheit, einer Frequenz von zweimal pro Woche an zwei nicht aufeinanderfolgenden Tagen, für einen Zeitraum von insgesamt vier Monaten als praktikabel und wirksam empfohlen werden kann. Bei der Umsetzung ist eine biopsychosoziale Herangehensweise sinnvoll, die sich an dem Rahmenkonzept zur Multimorbidität orientiert. Für eine hohe Lebensqualität bis an das Le-bensende ist dabei das Ziel individuelle motorische und kognitive Ressourcen zu fördern, um die Funktionsfähigkeiten im Alltag zu verbessern und die soziale Teilhabe zu stärken.
Schlussfolgerungen
Die aus dieser Dissertation gewonnenen Erkenntnisse tragen dazu bei, die Forschungslücke zu Trainingsinterventionen für nicht Gehfähige zu schließen, da hierfür gezielt die in der Forschung unterrepräsentierte Gruppe der nicht Gehfähigen adressiert wird. Dadurch entstehen neue Erkenntnisse für die Trainingswissenschaft durch Empfehlungen für eine gezielte und bedarfsgerechte Gestaltung und Steuerung eines wirksamen Trainings zur Förderung der gesundheitlichen Ressourcen. Zudem liefert die Dissertation einen besonderen Mehrwert durch Handlungsempfehlungen für Akteure in der Gesundheitsversorgung zur Umsetzbarkeit einer Trainingsintervention im Setting Altenpflege, die auch die in der Forschung unterrepräsentierten, mobilitätseingeschränkten BewohnerInnen adressiert.
URL: https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/9775
URN: urn:nbn:de:gbv:18-ediss-102738
Dokumenttyp: Dissertation
Betreuer*in: Wollesen, Bettina
Enthalten in den Sammlungen:Elektronische Dissertationen und Habilitationen

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